Читать книгу Seewölfe Paket 4 - Roy Palmer - Страница 44

10.

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Etwas später langten die ersten Seewölfe unten an. Es war ein halsbrecherischer Abstieg gewesen, bei dem sie alle paar Yards ihre Knochen riskiert hatten.

Das Wrack lag fest, niemand würde es mehr auf See hinausbringen. Es krachte und knackte protestierend in allen Verbänden und neigte sich leicht zur Seite.

Stenmark, Morgan und Matt Davies enterten auf. Ravella war tot, Rahim Baa lebte nicht mehr und den Unbekannten hatte es ebenfalls erwischt. Und Sidi Mansur lag tot unter der Gaffelrute.

Matt Davies fand ein Beil. Er reichte es Stenmark und zeigte auf den schwankenden Mast.

„Laß ihn über Bord gehen, Sten“, sagte er, „sonst brennt der Kahn aus und die Goldbarren versinken. Und die wollen wir uns doch wiederholen, oder?“

„Klar“, sagte der blonde Schwede und packte das Beil fester.

Matt Davies konnte mit der Hakenprothese nicht so gut zuschlagen, deshalb übernahm Stenmark die Arbeit.

Schlag um Schlag hieb er gegen den Mast, der am Topp immer noch brannte. Holz splitterte und barst, bis sich der schwere Mast zur Seite neigte.

Matt Davies half mit. Sein scharfgeschliffener Haken hackte in das Holz, zerrte und fetzte große Splitter dort heraus, wo Stenmarks Beil gewütet hatte.

Und Luke Morgan pützte Wasser und goß es auf die stiebenden Funken.

Mit einem letzten Schlag fetzte Stenmark das Holz auseinander. Der Mast ging über Bord, riß das stehende Gut mit sich und verschwand zischend in den Fluten.

Stenmark hieb auch noch das stehende Gut auseinander, dann erst stiegen sie in den Laderaum.

Niemand sagte ein Wort. Da lagen die Schätze, verschrammte Silberund Goldbarren, manche an den Kanten eingedellt, andere abgeschürft durch den Sturz über die scharfkantigen Felsen. Alles lag in einem wüsten Haufen durcheinander.

„Wo lassen wir die Toten?“ fragte Morgan. „Sollen wir die Kerle etwa mit Seilen die Klippen hochziehen?“

„Das soll der Seewolf entscheiden, oder die Korsarin“, erwiderte Matt Davies. „Im übrigen können das die anderen verlausten Kakerlaken besorgen. Wird sowieso eine verdammt harte Arbeit werden, das ganze Zeug wieder nach oben zu schaffen.“

„Eine tagelange Arbeit“, sagte Luke Morgan. „Man kann die Brokken ja nicht einfach wieder ’raufschmeißen.“

Das Feuer war gelöscht, das Wrack konnte nicht mehr brennen. Was Hasard damit tat, wußten sie noch nicht, aber vermutlich würde er es später verbrennen lassen, sobald die Leichen und der Gold- und Silberschatz geborgen waren.

Oben, nicht weit von dem Seewolf entfernt, stand Muddi und heulte sich die Seele aus dem Leib. Er zitterte an allen Gliedern, als er das Ergebnis sah. Alle waren sie tot, und ihn hätte es auch erwischt, wäre er an Bord geblieben. Jetzt stand ihm allerdings eine verdammt harte Bestrafung vor, die er gern in Kauf nehmen wollte, wenn nur sein lausiges Leben erhalten blieb.

Vorsichtig näherte er sich dem Seewolf. Sein Grinsen war demütig und unterwürfig, am liebsten wäre er auf allen vieren herangerutscht und hätte sich in den Hintern treten lassen wie ein räudiger Hund, der seinem Herrn das letzte Stück Brot geklaut hat, und jetzt seine Prügel erwartet.

„Sir“, sagte er leise, „Sir, ich möchte Sie bitten, mich mit mindestens fünfzig Hieben zu bestrafen oder noch mehr, wenn Sie wollen. Ich bin ein Schwein, Sir, ein …“

„… ein dreckiges, stinkendes Schwein“, half der Boston-Mann nach. „Und du verdienst es nicht, daß man dich schont. Wenn Mister Kilhgrew dich nicht aufhängt, kannst du ihm sein ganzes Leben lang dankbar sein, du Ratte.“

Hasard sah den winselnden Mann verächtlich an, den die Angst fraß und dessen Zähne klapperten.

„Fünfzig Hiebe?“ fragte er gedehnt. „Die machen aus dir auch keinen besseren Menschen, du Laus! Aber ich habe etwas Besseres für dich. Weil du so eifrig mitgeholfen hast, die Goldbarren über die Klippen zu werfen, wirst du sie auch genauso eifrig wieder nach oben bringen. Alle, bis auch der letzte wieder in dem Tempel liegt. Und vorher wirst du deine verdammten Kumpane irgendwo begraben. Dann werde ich von einer Bestrafung absehen Verstanden?“

„Zu gütig, Sir, zu gütig“, winselte Muddi unter den verächtlichen Blikken seiner Kumpane.

Siri-Tong trat neben ihn. Ihre schwarzen Mandelaugen blitzten.

„Steh auf, du Jammerlappen!“ fuhr sie ihn an. „Und tu das, was Mister Killigrew dir aufgetragen hat! Und ihr werdet mithelfen!“ rief sie laut. „Alle, angefangen vom Boston-Mann bis zu Bill. Ihr alle werdet die Barren heraufholen und die Halunken an den Klippen begraben, sonst hole ich mir einen nach dem anderen vor den Degen. Und das wird bestimmt kein Spaß für euch sein!“

„Sie haben recht, Madame“, sagte der Boston-Mann. „Nur so können wir wieder gutmachen, was wir diesen Männern hier angetan haben. Wir verdanken unseren Anteil an der Beute den Seewölfen, und das werden wir nicht vergessen. Wir fangen gleich mit der Arbeit an.“

„Tut das“, sagte der Seewolf.

Er sah in die Gesichter, aber in keinem las er Protest oder Unwillen. Der Rest, der jetzt noch lebte, schien nicht schlecht zu sein, und sie boten sich geradezu an, die Scharte wieder auszuwetzen.

Zwischen den schroffen Felsen wurden die Leichen begraben. Muddi häufte Lavagestein über die Körper, bis sie bedeckt waren.

Der Rest des Tages verging damit, das auseinanderbrechende Wrack zu entladen. An den Klippen, halb im Wasser, türmten sich die Barren.

Der Boston-Mann band sie an ein langes dünnes Seil, Muddi und die anderen zogen sie herauf und trugen sie in den Tempel. Es war eine Knochenarbeit, und sie dauerte den ganzen Tag, aber dann waren die Barren wieder an dem sicheren Platz im Schlangentempel.

Am späten Nachmittag erschien der Seewolf und überzeugte sich vom Fortgang der Arbeiten.

Die kleine Karavelle barst immer weiter auseinander. Kleine harte Wellen schlugen gegen ihren eingeklemmten Rumpf, lösten die Planken und schlugen sie heraus.

„Mit dem Wrack können wir nichts mehr anfangen“, sagte der Seewolf. „Und ich will es auch nicht hier liegen lassen, sonst verfällt vielleicht noch jemand auf dumme Gedanken. Ich denke, wir stecken es in Brand, und dann ist der Fall erledigt.“

„Sollen Batuti wieder schießen in Brand wie vorhin?“ erkundigte sich der Neger in seinem Kauderwelsch bei Hasard. Er hatte noch seinen Bogen und ein paar Brandpeile.

Hasard nickte. Wenn das Wrack verschwunden war, kam keiner auf die Idee, nachzusehen, falls ein Schiff an der Insel vorbeisegelte.

Batuti schoß einen Brandpfeil ins Deck. Er schlug in die Planken, und die im Pfeilschaft befindliche Pulverladung entzündete sich.

Einen zweiten Pfeil setzte der Gambia-Neger ins Vorschiff. Auch dort züngelten gleich darauf kleine Flammen hoch, die sich rasch ausbreiteten und durch das Holz fraßen.

Es dauerte nicht lange, bis die kleine Karavelle in Flammen stand. Gierig fraß das Feuer das kleine Schiff, auf dem sich eine große Tragödie abgespielt hatte.

Hasard und Batuti sahen zu, wie die Flammen schließlich kleiner wurden, nur noch träger Rauch aufstieg und die Reste der Karavelle zwischen den Klippen versanken.

Zurück blieben geschwärztes Lavagestein, ein paar kleine Trümmer, die im Wasser trieben, und herausgerissene Planken. Und dicht daneben ruhten die Toten, schon vergessen von den anderen, denen sie so übel mitgespielt hatten.

Die restlichen Männer kehrten an Bord zurück. Am Strand erwartete Hasard die Rote Korsarin.

„Wie geht es weiter, Pirat?“ fragte sie lächelnd. „Wenn Sie lossegeln, werde ich Ihnen nicht mehr folgen können. Mir fehlen Leute, ich bin stark unterbemannt.“

„Bleiben Sie doch hier und passen Sie auf das Gold auf“, sagte Hasard.

„Das kann doch nicht Ihr Ernst sein“, fauchte sie aufgebracht.

„Warum denn immer gleich so aufbrausend?“ Hasard lächelte. „Es gibt ja schließlich noch eine andere Möglichkeit.“

„Aus Ihnen möchte ich schlau werden“, sagte sie seufzend. Ihr Atem ging flach und schnell. „Welche andere Möglichkeit gibt es noch?“

„Ich leihe Ihnen ein paar von meinen Leuten aus. Kommen Sie mit an Bord, auf den Schreck hin werden uns ein paar Flaschen Wein guttun, Freibeuterin. Meine Männer haben es verdient und Ihre auch.“

„Sie wollen wirklich ein paar Männer ausleihen?“ fragte sie ungläubig.

Hasard zuckte mit den Schultern.

„Warum nicht? Das ist immer noch besser, als wenn Sie hierbleiben müssen. Und in Tortuga können Sie eine neue Mannschaft anheuern. Halt, fallen Sie mir bloß nicht um den Hals“, wehrte der Seewolf ab, als es in ihren dunklen Augen aufglühte. Er drehte sich um und grinste. „Ich tu das nur, damit Sie nicht hierbleiben und mir das Gold klauen, Piratin!“

Wieder wechselte ihre Stimmung schlagartig. Fauchend wie eine Katze ging sie auf ihn los, aber Hasard stand schon im Boot und grinste immer noch. Da erst beruhigte sie sich wieder.

An Bord der „Isabella“ brachte Hasard die Seekarten herauf an Deck. Er rollte sie auseinander und wollte ihr gerade etwas erläutern, als er sah, daß er die falsche Karte heraufgebracht hatte. Es war jene, die sie an Bord eines rätselhaften Schiffes im Sargassomeer gefunden hatten, die Karte mit den geheimnisvollen Zeichen, die kein Mensch lesen konnte.

„Moment“, unterbrach ihn Siri-Tong überrascht. „Woher stammt diese Karte? Woher habt ihr sie?“

„Auf einem Wrack gefunden, aber wir können nichts mit ihr anfangen. An Deck des Schiffes befand sich ins Holz eingeritzt dieser Spruch, den ich abgemalt habe.“

Erstaunt sah er wie ihre zierlichen Finger nach der Karte griffen. Ihr Mund öffnete sich leicht, und ein verwunderter Ausruf drang über ihre Lippen.

Hasard, Brighton, Carberry und Tucker blickten verblüfft auf die Rote Korsarin, mit der eine seltsame Veränderung vorgegangen war.

Ihr Blick verschleierte sich, ihr Finger fuhr über die Stelle der Karte, an der der rätselhafte Spruch stand.

„Wer hier eingeht, des Leben ist für immer verwirkt“, las sie leise vor. „So heißt dieser Spruch!“

Hasard war mehr als verblüfft.

„Woher kennen Sie diese Schrift?“ wollte er wissen. „Sie haben sie mühelos entziffert.“

„Ich kenne sie“, antwortete sie leise, und ihre Gedanken waren ganz woanders. „Ich kann auch die Karte lesen und kenne das Land, das diese Karte zeigt.“

Der Seewolf schüttelte den Kopf.

„Und da sagen Sie, Sie möchten aus mir schlau werden“, murmelte er versonnen. „Sie sind ein rätselhaftes Mädchen, Siri-Tong, genauso rätselhaft wie diese Karte mit den Schriftzeichen. Woher stammen Sie wirklich?“

Sie lächelte mit verträumten Augen. „Aus einem Land, das Sie nicht kennen. Es ist ein schönes Land, aber es ist auch gefährlich. Wie viele Männer wollten Sie mir leihweise geben?“

Hasard war augenblicklich ernüchtert. Sie liebte es, sich mit rätselhaften Andeutungen interessant zu machen, aber er brauchte jetzt keine Fragen zu stellen, eine Antwort würde sie erst später geben, das wußte er aus Erfahrung.

„Vier Mann“, sagte er knapp. „Und morgen laufen wir aus, mit Kurs auf Tortuga. Sind Sie nun zufrieden?“

„Sehr“, sagte sie leise.

Der Abend senkte sich über die Schlangen-Insel, es wurde Nacht und wieder Morgen.

Am anderen Tag segelten sie los, das Wasser in der Passage reichte gerade aus, um auch die entladene Galeone hinauszulassen.

Ihr Kurs war Tortuga. Dort wollte Siri-Tong eine neue Crew anheuern, bessere Leute als die, die sie gerade verloren hatte.

Seewölfe Paket 4

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