Читать книгу Seewölfe Paket 10 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 47

10.

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Das war tatsächlich der Fall, denn die Dinge hatten sich zur selben Zeit abgespielt, und es ging alles erstaunlich schnell.

Als das Geschrei schlagartig aus zwanzig Kehlen erfolgte, war der spanische Kapitän wie gelähmt.

Er verstand nicht, daß seine Leute plötzlich brüllten, als würden sie am Spieß gebraten, zumal ihnen keiner etwas tat.

Das begriff er einfach nicht, und als er endlich merkte, daß sie in die Falle gegangen waren, da war es für ihn und die restlichen Männer in dem Boot längst zu spät.

Hasard hatte ja etwas erwartet und wußte, daß die Seewölfe sich keinen Augenblick kampflos geschlagen geben würden, aber das urplötzlich einsetzende Geschrei verwunderte auch ihn.

Daher nutzten sie den Augenblick.

Vor Schreck hatten ihre Bewacher die Musketen gesenkt und starrten sprachlos aus offenen Mündern auf die Szene, die da vor ihren entsetzten Augen ablief.

Hasard schlug hart aus dem Schultergelenk zu und erwischte einen der Spanier, dem die schwere Muskete entglitt. Der Mann riß durch den harten Schlag einen anderen mit um.

Während der eine über Bord fiel, geriet das kleine Boot ins Schaukeln, und damit hatten die anderen nicht gerechnet, weil alles so schnell ging.

Dan drehte sich blitzschnell um, hieb dem spanischen Kapitän erst die linke, dann die rechte Faust in den Magen und schlug ihm die Fäuste ins Genick, als er zusammensackte.

Dan war ein guter, harter und schneller Kämpfer, und er verschenkte nichts. Schon flogen seine Fäuste dem zweiten Spanier an den Schädel, der mit einem Stöhnen zusammenbrach.

„Hinter dir!“ schrie der Seewolf, der gerade einen weiteren Spanier bediente, der in panischer Angst zurückschlug.

Eine Sekunde lang war Dan abgelenkt.

Das genügte dem bulligen Profos, der mit einem Satz über die Ducht flankte und eine der fallengelassenen Musketen von der Gräting ergriff. Er drehte sie um und holte zu einem mörderischen Schlag aus, der Dans Schädel in zwei Teile gespalten hätte.

Der Warnruf des Seewolfs erfolgte gerade noch rechtzeitig.

Dan O’Flynn ließ sich blitzschnell zur Seite fallen, und so entging er dem tödlichen Schlag um Haaresbreite.

Die schwere Muskete sauste nieder und fetzte Holzsplitter aus dem Boot. Der Schlag war mit solcher Wucht geführt, daß der bullige Profos das Gleichgewicht verlor.

Aber er war wendig und schnell und stand schon wieder auf den Beinen.

In solchen Situationen hatte Dan O’Flynn, damals noch das Bürschchen genannt, schon immer rot gesehen. Diesmal war die Farbe noch viel greller.

Er fintete, nahm die Faust zurück und ließ den Profos in die andere rennen, mit der er nicht gerechnet hatte. Dem Profos knallte die Faust auf die breite Nase, und der harte Schlag trieb ihm die Tränen ins Gesicht.

Er brüllte auf und schlug zurück.

Dan war eine Idee schneller, und so zischte die Faust wieder dicht an seinem Schädel vorbei, und er spürte noch den Luftzug.

Dann landete er seinen zweiten Schlag auf der Nase, genau an derselben Stelle. Er war so hart geführt, daß Dan das Gefühl hatte, sein Schultergelenk würde ausgerenkt. Jeden Nerv spürte er im Arm.

Den Profos warf dieser harte Schlag über Bord. Mit nach hinten geneigtem Schädel flog er ins Wasser, tauchte wieder auf und begann zu paddeln.

Er hielt auf Land zu und stieß laute Flüche aus.

Jetzt war nur noch ein einzelner Mann übrig, und als der sah, wie die beiden vermeintlichen Landsleute hier gewütet hatten, erfaßte ihn nackte Angst.

Nein, hier kämpften Teufel, dachte er. An Bord waren Teufel und hier auf dem Boot befanden sich die Höllenfürsten persönlich, die alles kurz und klein schlugen.

Noch bevor Hasard sich ihm zuwandte, duckte er sich und sprang freiwillig ins Wasser. Dann schwamm er seinem Profos nach, der immer noch lästerliche Flüche ausstieß.

„Alles in Ordnung?“ fragte Hasard.

„Alles in bester Ordnung“, sagte Dan schnaufend. „Und bei dir, Sir?“

Der Seewolf lächelte, daß seine weißen Zähne blitzten. Er strich sich die schwarzen Haare aus der Stirn und deutete auf die „Isabella“, auf der jetzt das Geschrei verstummt war.

„Alles klar, Dan. Ich habe nur einen leichten Treffer abgekriegt. Aber den Kerl nehmen wir jetzt mit. Wir werden ihm seine Hinterhältigkeit nachdrücklich austreiben, damit sein Größenwahn in erträglichen Grenzen bleibt.“

„Und die anderen?“ fragte Dan.

„Nehmen wir auch mit. Los, pullen wir.“

Sinona war immer noch bewußtlos. Seine Mundwinkel zuckten und seine Hände bewegten sich, aber er befand sich noch in einer anderen Welt und würde noch eine Weile zur Rückkehr brauchen.

Als sie an der Bordwand anlegten, nahm Carberry ihnen die bewußtlosen Männer ab und hievte sie hoch. Als auch Sinona oben war, folgten Hasard und Dan.

„Eine feine Sache, Sir“, sagte der Profos strahlend. „Die Kerle habt ihr schnell erledigt.“

„Ihr habt euch auch ziemlich beeilt“, erwiderte Hasard. „Weshalb schrien denn die Burschen so entsetzlich? Sind die in brennende Holzkohle getreten?“

Carberry hob grinsend eine Planke hoch, die mit Nägeln über und über gespickt war.

„Stammt von Ferris“, sagte er trokken. „Und die Dons liefen wie blinde Hühner hinein.“

Dan lachte laut los, während Hasard belustigt den Kopf schüttelte.

„Das ist allerdings mehr als unangenehm“, sagte er. Dann deutete er auf Sinona.

„Das ist der Kapitän. Bindet ihn an den Fockmast. Die anderen Kerle verschwinden in der Vorpiek.“

„Alle?“ fragte Ed.

„Alle, bis auf den Kapitän. Dem werden wir noch eine kleine Predigt halten.“

„Soll er ausgepeitscht werden, Sir?“

Der Seewolf schüttelte den Kopf. „Nein, das nicht. Wir werden die Burschen noch einfangen, die an Land herumstehen und nicht wissen, was sie tun sollen. Danach werden wir die gesamte Clique auf der benachbarten Insel aussetzen, damit sie hier kein Unheil mehr anrichten. Allerdings nehmen wir ihr Boot mit, damit sie keine Möglichkeit haben, zu verschwinden. Und nun packt die Burschen und bringt sie nach vorn. Zwei Mann werden sie bewachen, Smoky und Stenmark. Wie viele sind es?“

„Neunzehn, Sir. Einer ist noch unterwegs und sucht sein Ohr, das er verloren hat.“

„Sein Ohr?“ fragte Hasard.

„Naja, da war angeblich ein goldener Ring drin, nur deshalb. Er ist schon fast am Strand, also wird er es auch finden.“

Viele der Spanier waren wieder auf den Beinen, aber sie sahen aus, als wären sie in Windmühlenflügel geraten. Einigen schwollen die Gesichter an, andere blinzelten ängstlich aus zugeschlagenen Augen, und wieder andere hielten sich die Hände über den Schädel.

Der Profos musterte sie gallig.

„Wie kann man bei solch herrlichem Wetter nur an Kopfschmerzen leiden, ihr Hosenscheißer“, sagte er. „Oder waren euch eure Helme zu eng, was, wie?“

Sie zuckten vor ihm zurück, denn schließlich hatten viele am eigenen Leib erfahren, wie dieser Narbenmann mit dem gewaltigen Amboßkinn mit ihnen umsprang. Und wenn er die Augen zusammenkniff und die Hände in die Hüften stemmte, dann sah er so aus, als fresse er täglich einen Spanier nach dem anderen.

Immer noch nahmen sie an, daß es Landsleute waren, aber einer war dabei, der dem Braten nicht mehr so richtig traute, denn er hatte in dem Kampfgetümmel ein paar englische Worte vernommen, und jetzt wußte er überhaupt nicht mehr, was hier gespielt wurde.

Die Spanier wurden in die Vorpiek getrieben. Sie hatten ängstliche Gesichter und gehorchten jedem Wort, das Smoky oder Stenmark sagte.

Als sie alle verschwunden waren, band Ferris Tucker den Kapitän an den Mast. Dann goß er ihm einen Eimer Wasser über den Schädel, bis Sinona endlich die Augen aufschlug und verwirrt um sich blickte.

Er brauchte noch ein paar Minuten, ehe er wieder klar denken konnte. Er blickte auf die Kuhl, sah keinen einzigen von seinen Leuten und war sicher, daß er jetzt zumindest ausgepeitscht oder aber gar gefoltert werden würde.

Mit einem Schrei auf den Lippen versuchte er, sich loszureißen, doch die Stricke saßen fest.

„Nun, mein lieber Sinona“, sagte Hasard freundlich. „Jetzt hat sich der Wind wieder gedreht, und Sie werden merken, daß ich auch weiterhin das Kommando habe. Halten Sie den Mund“, sagte er, als Sinona etwas erwidern wollte. „Sie antworten nur, wenn ich Sie frage, und dann antworten Sie ehrlich!“

„Sinona heißt der Kerl“, sagte der Profos zu Ben Brighton. „Das wird sicher ein Halbbruder von Medina Sidonia sein, was den Namen betrifft, oder ein abgebrochener Enkel.“

„Sie sprachen von einer Insel, die Sie irrtümlich anliefen“, fuhr Hasard fort, ohne die Worte des Profos zu beachten. „Wie groß ist diese Insel, und wie weit ist sie entfernt?“

„Nur ein paar Stunden“, sagte der Spanier. Immer noch stand nackte Angst in seinem Gesicht. „Sie ist nicht sehr groß, es lebten nur ein Dutzend Eingeborene dort.“

„Lebten?“ fragte Hasard gefährlich leise. „Heißt das, sie leben jetzt nicht mehr?“

„Sie flüchteten, als wir die Insel anliefen.“

„Das werde ich überprüfen“, versprach Hasard. „Sie haben natürlich alles plündern lassen, nicht wahr?“

Sinona wand sich unbehaglich in seinen Stricken.

„Meine Leute haben ein paar Nüsse mitgenommen – und eine Handvoll Hühner, die da herumflatterten.“

Hasard sah den Kerl voller Verachtung an.

„So wie ich Sie einschätze, haben Sie alles zerstört. Wahrscheinlich selbst die armseligen Hütten der Insulaner. Ist das richtig?“

„Meine Leute“, sagte Sinona lahm, „ich habe es nicht gesehen.“

Er versuchte, dem Seewolf in die Augen zu blicken, aber er schaffte es nicht, er hielt dem Blick nicht stand.

„Wir sind doch Landsleute“, sagte er sehr leise. „Wir können uns doch nicht gegenseitig behindern, nur weil ein paar Insulaner …“

Verwirrt sah er sich um, blickte von einem zum anderen und sah in harte, abweisende Gesichter.

Da versetzte Hasard ihm den nächsten Schlag.

„Landsleute?“ höhnte er. „Mein lieber Sinona, Sie befinden sich an Bord einer englischen Galeone. Hier gibt es nur die Spanier an Bord, die eben Prügel bezogen haben.“

Er ließ die Worte wirken und sah den Spanier unverwandt an.

Sinonas Lippen bewegten sich, seine Augen irrten hin und her, er wollte es nicht glauben, andererseits war an den Worten des schwarzhaarigen Mannes nicht zu zweifeln, der hatte nicht den geringsten Grund, ihm etwas vorzulügen.

Sein Gesicht nahm eine ungesunde graue Farbe an. Dann schoß ihm eine Blutwelle über das Gesicht, und er begann zu würgen.

„Das ist nicht wahr, Senor.“

Er zitterte so stark, daß er nicht weitersprechen konnte. Der Gedanke, der ihn überfiel, war so ungeheuerlich, daß er ihn nicht zu Ende denken mochte.

„Engländer“, wiederholte er tonlos nach einer Ewigkeit. „Das Schiff heißt ‚Isabella‘ und Sie – Sie sind …“

„El Lobo del Mar“, sagte der Profos grinsend. „Der Seewolf, du Rübenschwein, jener Seewolf, der eurer Allerkatholischsten Majestät immer wieder zu Magenschmerzen verhilft und euch Affenärschen die Haut abzieht. Und jetzt reiß nicht gleich den Mast aus dem Kielschwein, du verlauste Wanderratte.“

Selten hatten die Seewölfe eine derartige Betroffenheit im Gesicht eines Mannes gesehen, wie es hier der Fall war.

Sinona bäumte sich auf, und es sah wirklich so aus, als wollte er vor lauter Angst den Mast aus dem Kielschwein reißen.

„Dann werden wir alle hängen“, murmelte er mit zuckenden Lippen. „Wir sind verloren.“

„Sie sind verloren“, wiederholte Hasard. „Verlorene der Meere, Verdammte der Inseln. Haben Sie schon Brotfruchtpflanzen ausgraben lassen?“

„Bevor wir Ihr Schiff sahen“, hauchte der Kapitän entnervt. „Aber nur ein paar, wir wollten noch warten.“

„Dann werden Sie sämtliche Pflanzen wieder an Ort und Stelle eingraben, und zwar Sie persönlich, und mein Profos wird dabeistehen und die Arbeit überwachen. Sie sind mir für jede einzelne Pflanze persönlich verantwortlich. Haben Sie das begriffen?“

„Ja“, kam es kläglich über Sinonas Lippen. „Ich werde alles tun, bevor Sie mich hängen.“

„Das würde ich Ihnen auch empfehlen. Mit einem guten Gewissen hängt es sich viel ruhiger“, sagte Hasard.

Sinona rang sich zu einem Entschluß durch. Er zitterte immer noch sehr stark, und sein Blick irrte hin und her.

„Würden Sie mir Pardon gewähren, Senor?“ fragte er bebend.

„Das Wort kenne ich nicht. Es fehlt in meinem Sprachschatz.“

„Ich weiß“, murmelte der Spanier. „Ich weiß es, aber ich habe Angst um mein Leben.“

„Das hat jeder. Sogar die Insulaner haben Angst um ihr Leben und um ihre Existenz, wenn man ihnen die Grundlage dazu entzieht.“

„Ich flehe Sie an, Senor, bitte. Ich will nicht hängen, nein, ich will nicht hängen!“ schrie er laut.

Niemand dachte auch nur entfernt daran, ihn zu hängen, Hasard hätte ihn nicht einmal auspeitschen lassen. Aber das wußte dieser Don natürlich nicht, und so wurde seine Angst immer größer, und er versuchte erneut, sich von seinen Stricken loszureißen, um wenigstens über Bord springen zu können.

Da müssen ja schöne Schauergeschichten über El Lobo del Mar in Umlauf sein, dachte Hasard. Ganz besonders bei den Spaniern, die ihn schon lange zu ihrem Todfeind erklärt hatten.

Er sah Sinona noch vor sich, arrogant und überheblich, wie er die „Isabella“ requirieren wollte, und bei diesem Gedanken lachte er leise.

Sinona nahm es jedoch als Beweis dafür, daß er bald hängen würde, und diese unbeschreibliche Angst ließ ihn fast wahnsinnig werden.

„Ich habe noch einen Beutel Perlen an Bord der ‚Kap Hoorn‘ versteckt“, sagte er. „Er befindet sich in meiner Kammer. Niemand weiß es. Den gebe ich Ihnen für mein Leben.“

Hasard sah seine Männer der Reihe nach an, wie sie verächtlich auf den zitternden Kerl blickten.

„Ach, Sie möchten sich freikaufen?“

„So ist es, Senor“, keuchte Sinona.

„Mag einer von euch Perlen?“ fragte Hasard die Seewölfe.

Alle schüttelten die Köpfe.

Da sah Sinona ein, daß seine letzte Stunde geschlagen hatte. Nein, dachte er, dieser schwarzhaarige Teufel kannte keine Gnade. Er hatte ihn beleidigt, und jetzt erhielt er die Rechnung von ihm. Namenlose Angst würgte ihn, er lief grünlich an, und danach wich wieder alle Farbe aus seinem Gesicht.

Nie im Traum hätte er daran gedacht, sich einmal an Bord jenes Schiffes zu befinden, das dem Seewolf gehörte, über den soviel Gerüchte und Legenden kursierten.

„Bindet ihn los und bringt ihn ins Boot“, sagte Hasard. „Und damit Sie nicht mit vollen Hosen von Bord gehen, Sinona, verspreche ich Ihnen, daß Sie nicht hängen werden. Auch Ihre Leute nicht. Wir werden Sie auf der Nachbarinsel aussetzen oder auf einer anderen, die nicht bewohnt ist, damit Sie keinen Schaden mehr anrichten können und die Insulaner um ihre Existenz bringen. Aber zuvor regeln Sie das mit den Brotfruchtpflanzen und sorgen dafür, daß Ihre Leute am Strand die Waffen niederlegen, sonst erleben Sie die Hölle.“

Sie hatten ihn kaum losgebunden, als er vor dem Seewolf auf die Knie fiel und sich bekreuzigte.

„Ich danke Ihnen, Senor!“ rief er. „Ich werde Ihnen das nie vergessen, nie Senor.“

Hasard ließ ihn winseln. Er hörte nicht mehr hin, er wollte auch nichts mehr hören, der Kerl widerte ihn an.

Leise lachend drehte er sich um und ging zum Achterkastell.

Von dort aus sah er, wie der Profos Sinona am Genick packte und vor sich herschob. Er begleitete Sinona mit schauderhaften spanischen Flüchen, von denen „Rübenschwein“ noch das harmloseste war.

Jetzt kann auch Don Alfredo aufkreuzen, dachte Hasard. Dann würde das Großreinemachen weitergehen …

Seewölfe Paket 10

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