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Die 150 Freiwilligen.

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Der Gewitterregen hat sich ausgetobt. Das Regiment ist nach dem mühseligen Anmarsch bei den 15 Kähnen angelangt, die es zum serbischen Ufer tragen sollen. Auch der Wind hat sich gelegt. Hoch oben am nächtlichen Firmament aber jagen sich wie fiebernde Gedanken die schwarzen Wolkenschatten. Ein schmerzvolles Stöhnen erfüllt die Luft. Auf den Inseln und am serbischen Ufer ist es mäuschenstill. Ist der Feind noch ahnungslos? Da, ein klirrender Schlag — eine Salve, wieder eine, dann heftiger Gewehrkampf, wie knisterndes Feuer, das gierig trockene Tannenzweige verzehrt. Auf der save=abwärts, links gelegenen Zigeunerinsel ist das Nachbarregiment gelandet. Das Feuer lässt nach, die Landung ist geglückt, in dem Buschwerk geht der Kampf Mann gegen Mann. Rasch in die Kähne, es ist die höchste Zeit. Der Gegner ist auf der ganzen Front alarmiert. Das Regiment auf dem rechten Flügel hat keine Insel vor sich, muss die 800 Meter breite Save mit Pontons überqueren und bei Morgengrauen auf serbischem Boden stehen. Die feindlichen Schützengräben ziehen sich, wie man weiß, unmittelbar am Flusse hin, dahinter sind weitere dicht besetzte Gräben, an einer rückwärts gelegenen Straße ist eine starke Stellung ausgebaut. Hunderte von Gewehren starren auf die Fluten der Save, wach und lauernd, jedes sich nähernde Fahrzeug zu durchsieben.

Auf dem ungarischen Ufer füllen sich eilig die mühsam herangebrachten 15 Pontons. An den Rudern sitzen Pioniere. Außer diesen birgt jeder Kahn 10 Mann. Sie legen sich platt auf den Boden, um ein möglichst geringes Ziel zu bieten. Die Ruderer können sich diesen Schutz nicht gönnen, sie müssen hoch aufgerichtet sitzen und ihr Letztes an Kraft aufbieten, um die starke Strömung ohne Zeitverlust zu überwinden. Die Bemannung der ersten Überfahrt besteht aus 150 Freiwilligen. Aus den überreichlichen Meldungen waren die Schwimmkundigsten ausgesucht. Unsere Artillerie belegt das feindliche Ufer mit schwerem Feuer. Von der seitwärts gelegenen Zigeunerinsel steigen Hilfe rufend serbische Leuchtraketen auf, schlechtes französisches Material, sie zischen auf und verlöschen in der Luft. Bis hinunter zur Donau rasselt und trommelt das Gewehrfeuer. Der Feind ist rings um Belgrad festgepackt. Seine Hauptstadt ist aus dem Schlafe gerüttelt. Der Gerichtstag ist hereingebrochen.

Nach kaum einer Viertelstunde ist der reißende Strom durchschnitten. Die 15 Pontons nähern sich dem serbischen Savedamm, bisher unentdeckt von der feindlichen Uferbesatzung. Jede Sekunde erwartet man den dichten Hagel tödlichen Bleis. Die Boote müssen gesichtet sein. Plant der Gegner eine List? Ist das Ufer unterminiert? Eine Leuchtrakete faucht aus den Kähnen in die Luft. Es ist das verabredete Zeichen für unsere Artillerie, das Feuer am Uferrand einzustellen und nach rückwärts zu verlegen. Das Landungsgebiet ist eine Minute lang grell beleuchtet. Erschreckt tauchen die serbischen Mühen aus den Gräben hervor. Einen Augenblick herrscht lähmendes Entsetzen, dann fahren die Gewehre an die Backen, ein wütendes Schießen setzt ein. Die 150 Freiwilligen sind aus den Booten gesprungen, die rasch zurückgerudert werden. Sie schwimmen an die steile Uferböschung heran, während die Geschosse das Wasser peitschen, klettern die Wandung hinauf und graben sich in ihr fest, die Füße fast noch in den Wellen der Save. Hurra, das serbische Ufer ist erreicht, besetzt ohne große Verluste. Dreizehnmal stürmt der Gegner an, um die Eindringlinge ins Wasser zu werfen. Sie lassen ihn nicht an sich herankommen. Die rückwärtigen serbischen Gräben werden durch unsere Maschinengewehre und Gebirgsbatterien vom ungarischen Savedamm aus unter Feuer gehalten. Nach einer halben Stunde kommen die Pontons zurück mit der ersten Verstärkung. Wieder sind die Verluste gering. Als aber nach 4 Uhr der neue Tag seine Sendboten ausschickt und die dunklen Boote sich vom schimmernden Wasser abzeichnen, wird ihnen die nächtliche Tarnkappe abgestreift. Nun schlagen die Geschosse massenhaft auf sie ein, verwunden und töten Ruderer und Mannschaften, durchbohren die Wände, sodass die Pontons wegsacken. Und manch ein Kahn treibt, führerlos geworden, stromabwärts. Charon steuert ihn in das Reich des Friedens. Gegen 6 Uhr morgens sind von den 15 Booten noch 6 übrig geblieben. Das Übersetzen muss eingestellt werden.

Etwa ein Bataillon ist an das serbische Ufer gebracht. Es liegt, mangelhaft eingedeckt, am Saveufer, 50—80 Meter von der ersten starken serbischen Stellung entfernt, im ununterbrochenen schärfsten Feuerkampf. Gegen Mittag geht die Munition zur Neige. Ein Mann schwimmt durch den breiten brandenden Strom, um den Mangel zu melden. Ein Sanitätssoldat folgt ihm, um Verbandsmaterial heranzuschaffen. Sie werden entdeckt und beschossen. Das Wasser spritzt um sie auf, aber sie erreichen unversehrt das ungarische Ufer. Ein Ponton wagt sich am helllichten Tag hinüber. Der Feind wird während der Überfahrt durch Maschinengewehr- und Geschützfeuer in seine Deckung geduckt. Die Munitionsnot ist beseitigt. Das Bataillon vermag nun wieder jeden Ansturm im Keime niederzuhalten. Die Uferböschung ist zerfetzt. Die Leichen der Kameraden schützen die mühsam Gedeckten. Als endlich der Abend kommt und die Save im Dunkel untertaucht, gleiten wieder Pontons hinüber mit den Verstärkungen. Aber der Feind kennt nun ihren Weg, er leuchtet ihnen auf der Wasserstraße und wirft Schrapnells und Geschosse auf die Boote. Die Verluste sind nicht gering. Doch es gelingt, bis zum nächsten Morgen, es ist der 8. Oktober, fast das ganze Regiment überzusetzen. Um 6 Uhr morgens ertönt brausendes Hurra. In schnellem Anlauf ist der feindliche Straßendamm erklettert. In blutigem Handgemenge wird ein großer Teil der Serben niedergemacht und der Rest gefangen genommen. Dieser Durchbruch hat zur Folge, dass der in seinen Flanken bedrohte Feind die ganze Save=Uferstellung auf mehrere Kilometer Länge ausgibt und sich fluchtartig nach Süden zurückzieht. Das Regiment hat nach 27stündigem Kampfe den Saveübergang erzwungen und die serbische Uferstellung vom Feinde gesäubert. Die Nachbarregimenter stehen noch auf den Inseln mit dem Gegner im Feuergefecht. Zwei Bataillone des Regiments schwenken daher in der Richtung auf die Stadt Belgrad links ein und zwingen den Feind durch die seitliche Bedrohung zum schleunigsten Rückzug von den Inseln und der ganzen Savefront, wo er ohnedies stark erschüttert ist. Hierbei werden zahlreiche Gefangene gemacht.

Von der Banovo-Höhe beherrscht der Serbe aber noch immer die Saveniederung. Das Braunschweiger Regiment, das zuerst das feindliche Ufer erreicht hat, erhält daher den Befehl, den Berg zu stürmen. Erst muss eine 2 Kilometer breite baumlose Sumpfniederung vor den Augen des Feindes überschritten werden. Nur langsam kommen die ausgeschwärmten Linien in dem weichen Boden voran. Knietief sinken die Beine in den Schlamm ein. Dennoch sind die Verluste gering, da unsere schwere Artillerie die Besatzung der Banovohöhe veranlasst, sich vor allem mit sich selbst zu beschäftigen. Das Regiment erreicht den Fuß des Berges und hat nun einen etwa 30 Meter hohen schroffen Abhang zu erklimmen, der oben von einem gut ausgebauten Schützengraben gekrönt ist. Trotz seiner günstigen Stellung vermag der Feind nicht standzuhalten. Seine Gräben werden überrannt, die dahinter liegenden Befestigungen gleichfalls gestürmt. In eiliger Flucht verlassen die Überreste der feindlichen Besatzung die festungsartige Kuppe des Berges. Der Hauptstützpunkt der Serben südwestlich vor den Toren Belgrads war genommen. In nur zwei Stunden war der schwierige Sturmangriff geglückt. Aufsteigende Leuchtkugeln melden dies den anderen Regimentern und der schweren Artillerie, deren gewaltiges Feuer sofort verstummt. Die Häuser und Fabriken saveabwärts stehen in lodernden Flammen. Über die Große und die Kleine Zigeunerinsel sind deutsche Truppen am gleichen Tage in die Stadt Belgrad eingedrungen.

Der serbische Feldzug

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