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Die Bezwingung der Donau.

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Flach und offen liegt die ungarische Tiefebene von Belgrad bis Bazias zu Füßen der serbischen Gebirgszüge, die dicht an das Südufer der Donau herantreten. Hier, wo die Annäherung und Überschiffung am unmöglichsten erschien, wurde der Angriff an fünf Stellen unternommen. Von den serbischen Bergen aus spähten die Posten meilenweit in die verträumte Puszta. Kein Eisenbahnzug entging ihnen, kaum ein Fuhrwerk auf der Landstraße. Eine Überraschung schien ausgeschlossen. Die Serben hatten die denkbar günstigste Verteidigungsstellung. Einige Wochen vor Beginn der Offensive waren deutsche Truppen am Donau-Ufer aufgetaucht. In unauffälligen Verkleidungen wurden an den für den Übergang bestimmten Stellen die Tiefen des Stromes ausgelotet, die Flussgeschwindigkeiten gemessen. Brandungsboote, die an der Ostsee ihre Proben bestanden, näherten sich als Busch-Werk der Donau. Die nächtlichen Straßen waren von anmarschierenden Truppen belebt. Es war ein Heer von Fledermäusen, die das Taglicht scheuten und vom Erdboden verschwanden, wenn die Morgensonne das Bild des Ungarufers auf die serbischen Berge trug. Es waren ganz kleine Verbände. Sie bewegten sich eifrigst, marschierten am Tag gegen das Ufer zu, fuhren nachts zurück und marschierten am Tag wieder zur Donau. Sie klapperten mit Blechen, als ob Pontons herangeschafft würden. Die paar Bataillone machten einen Lärm und eine Unruhe, als ob eine Armee aufmarschiere. Die Serben setzten ihre Divisionen von der bulgarischen Grenze her in Bewegung. Da wurde mit einem Male wieder alles still auf dem ungarischen Ufer. Französische Flieger berichteten, dass sie keine Truppenansammlungen feststellen konnten. Die Serben atmeten auf. Serbische Divisionen marschierten wieder an die bulgarische Grenze, wo neue Gefahr drohte. Die Serben waren eingeschläfert, und unterdessen war Zeit gewonnen für die Vorbereitung der Donau- und Save-Übergänge, die Uferbauten, die Heranschaffung der Dampfer, des Brückenmaterials.

Die Donau hat stromabwärts Belgrad eine Kraft und Breite, wie sie kein deutscher Strom aufweist. Mit der Strömung von 4 ½ Meter wälzen sich — 1 bis 2 Kilometer breit — die gelblichen Fluten dahin. An den zum Übergang geeigneten Stellen waren sie durch Minen verseucht. Aus den Talschluchten, die die transsilvanischen Alpen von den Ausläufern der Balkangebirgszüge trennen und der Donau den Durchbruch aus der ungarischen Tiefebene in die Niederungen der Walachei ermöglichen, bricht um die Herbstzeit zudem ein orkanartiger Sturm ins Land, der Kossova, der die Donau vollends unbenutzbar macht. Er treibt Wellen bis zu 2 Meter Höhe. Unser landläufiges Brückengerät reichte für diese schwierigen Aufgaben nicht aus. Es wurde daher ergänzt, vervollkommnet und in reicher Fülle an die Übergangsstellen gebracht. Mit Holzkreuzen wurde das Wasser nach Minen abgetastet, die Pontons wurden mit Scheren versehen. Später haben dann Marinetruppen die verseuchten Stellen einer gründlichen Reinigung unterzogen. Statt der üblichen Pontons, die dem hohen Wellengang der Donau nicht gewachsen waren, wurden neuartige Boote beschafft und verwandt. So war alles vorgesehen, um den Kampf mit dem Strom zu bestehen. Gefährlicher war der zweite Feind: der serbische Uferschutz.

Die Theorien der Flussbezwingung haben sich überlebt. Früher kannte man nur das Mittel, den Gegner durch einen Scheinbrückenschlag an eine bestimmte Stelle zu locken und dann an anderem unbewachten Ort den Übergang zu vollziehen. Diese List ist durch die heutige Fliegeraufklärung entwertet. Überlegene schwere Artillerie gibt heute Gewähr für Landung an jeder erwünschten Stelle. Die englischen Schiffsgeschütze ermöglichten die Landung auf Gallipoli und die Sicherung der rückwärtigen Verbindungen. Dieser Schutz versagt aber naturgemäß, je weiter der Kampf landeinwärts dringt. Zunächst wird der Verteidiger durch einen Feuerüberfall vom Ufer vertrieben, dann durch weitergreifendes Feuer immer mehr zurückgedrängt. Ein eiserner Vorhang senkt sich zwischen Verteidiger und Angreifer wie die Rollwand eines verschließbaren Schreibtisches. Und unter diesem durch die Luft zuckenden und fauchenden Feuerdach vollzieht sich die Überwindung des Stromes. Die Entscheidung über das Wagnis muss erst erkämpft werden, wenn das feindliche Ufer gewonnen ist. Darum genügt es nicht, Truppen über den Strom zu schaffen, sie müssen mit Munition und Verpflegung versehen, von der Verbindung nach rückwärts unabhängig gemacht werden und den besetzten Userstreifen zu einem starken Brückenkopf erweitern. Sobald sich der Gegner von der ersten Überraschung erholt und Verstärkungen herangezogen hat, pflegt er zu erbitterten Gegenstößen auszuholen, um den Angreifer in den Strom zu werfen und ihm das Eindringen in das Land zu verwehren, indem er zugleich den Stromübergang unter Feuer hält. In diesen Kämpfen erst entscheidet sich das Schicksal der Flussbezwingung.

Die Armee Gallwitz hat den Donauübergang an drei Stellen, für die Serben völlig überraschend, vollzogen: bei Palank, an, der Donauinsel und bei Semendria. Bei Palank verlässt die Donau die ungarische Tiefebene. Sie macht einen letzten Bogen um den auf dem serbischen Südufer gelegenen Gorica-Berg und wendet sich dann den Hochgebirgsschluchten zu.

Auf dem 350 Meter hohen Gorica-Berg standen zwei ältere französische Geschütze der Serben mit einer kleinen Besatzung. Auf einer Anhöhe des Nordufers, die einen weiten Rundblick gewährt, wohnten Generalfeldmarschall v. Mackensen, der Armeeführer General v. Gallwitz und drei deutsche Herzöge dem Donauübergang bei. Am Morgen des 7. Oktober, um 6.25 Uhr, erhob unser schweres Geschütz seine drohende Sprache gegen den Gorica. Um 6.40 Uhr konnte bereits mit dem Übersetzen begonnen werden. An drei Stellen stießen je 12 Pontons mit 20 Mann vom nördlichen Ufer. Sie landeten bei Ram. Die Bemannung sprang aus den Booten und stürmte mit Handgranaten den Gorica-Berg hinauf. Sie überrumpelte die Bedienungsmannschaft der Geschütze und nahm die erste serbische Artilleriebeute in Besitz. Die Reste der hier völlig überraschten feindlichen Uferbesatzungen hatten sich vor dem Feuer unserer Mörser in die weit rückwärts gelegenen Anatemaberge geflüchtet. Unsere Verluste betragen 3 Tote und 40 Verwundete.

Die zweite Übergangsstelle liegt östlich der Einmündung der Morava in die Donau. Hier ist in den Strom eine langgestreckte, ziemlich breite Insel eingebettet, aus die im Frühjahr die österreichischen Serben ihre Schweine zur Mast treiben.

Die Insel ist besiedelt und gehört zur habsburgischen Monarchie. Nur ein dünner Arm trennt das Eiland vom serbischen Ufer, der Hauptstrom fließt zwischen der Insel und dem ungarischen Land, die Donau ist durch die Insel der feindlichen Sicht entzogen.



Belgrader Hafen.



Die Donau im Kasan (bei Orsova).



Die zerstörte Belgrader Eisenbahnbrücke.



Die nun fertiggestellte Eisenbahnbrücke während des Baues.

Die Truppen konnten hier ohne große Schwierigkeiten an sechs Stellen in Pontons übergesetzt werden. Unter dem Schutze schweren Artilleriefeuers wurden alsdann von der Insel nach dem serbischen Ufer Brücken geschlagen. Durch unser wohlgezieltes Feuer war das Uferdorf gesäubert worden. Die Serben wichen auf die Höhe Kostolac zurück, die sie stark verschanzt hatten, die aber unseren 30,5-Kalibern nicht standhalten konnte. Nachdem so auch an dieser Stelle das serbische Ufer genommen war, stürmte unsere Infanterie das Dorf Petka. Die serbischen Truppen selbst hatten sich nach Kurjac zurückgezogen, aber das Dorf Petka war damit nach nicht preisgegeben. Es waren darin Frauen und alte Männer zurückgeblieben, die mit ehrwürdigen Türkengewehren nutzlosen Widerstand leisteten. Der Franktireurkrieg ist in dieser Heftigkeit und in diesem Umfang nur im Grenzgebiet aufgetreten, wo die nationalen Leidenschaften sich stets besonders tatenlustig gebärdeten. In der Regel hatten wir es bei den älteren Männern, die sich an diesen Dorfkämpfen beteiligten, zudem mit Soldaten der 3. Linie, dem serbischen Landsturm, zu tun. Die meisten dieser Landstürmer, die uns in die Hände fielen, waren ohne Uniform. Sie trugen Zivilkleidung und eine Soldatenmütze, zuweilen auch einen russischen oder englischen Mantel. Ihre Waffen, uralte Steinschlossgewehre arabischen Stils, bedeuteten nicht viel mehr als einen vernehmbaren Protest gegen unser Eindringen. Diesem ersten Vorstoß folgten weiter landeinwärts alsbald ernste Kämpfe mit den gutausgerüsteten serbischen Linientruppen.

Die stärkste feindliche Gegenwehr an der Donau hatte das Korps zu überwinden, das an der dritten Übergangsstelle, bei Semendria, das serbische Ufer stürmen sollte. Die alte türkische Festungsanlage selbst war das geringste Hindernis, das sich ihm entgegenstellte. Ein paar glückliche Treffer unserer schwersten Geschütze vertrieben die Besatzung in alle Winde. Die Hauptstellungen des Feindes lagen in den Weinbergen versteckt, die sich um das sonnige, verträumte Landstädtchen herumziehen. Von diesen beherrschte die serbische Artillerie weithin die Donau. Trotzdem gelang einer Division die Landung unmittelbar bei der Festung.

Eine zweite Division vollführte weiter stromabwärts, außerhalb des feindlichen Feuerbereiches, das Wagnis auf großen Dampfern, die sich trotz der Minengefahr und der schwierigen Strömung im Dunkel der Nacht herangeschlichen hatten. Auch hier musste der Erfolg erst nach der Landung endgültig erfochten werden. Aus den Weinbergen und den im Moravatal sich anschließenden Maisfeldern machte der Feind starke, verzweifelte Vorstöße, den Eindringling abzuwehren. Das gewonnene serbische Ufer musste in erbitterten Kämpfen behauptet werden.

Auf breiter Front war der Übergang gelungen. Kaum waren die ersten Truppen auf serbischem Boden, brach der Kossova, der herbstliche Südoststurm, los, der in den entscheidenden Tagen freundlich wohlwollend stillgehalten’ hatte. Er wirbelte durch das Donautal und pfiff und heulte wie eine toll gewordene Orgel. Er schnitt jeden Verkehr auf der Donau ab. Für die Braven, die sich in heldenhaften Kämpfen am serbischen Ufer festgesetzt hatten, entstand die Gefahr, von dem Munitions- und Verpflegungsnachschub abgeschnitten zu werden. Aber unsere listenreichen Pioniere wussten die schwachen Stunden des Wüterichs zu nützen. Die Optimisten in Nisch erkannten jetzt den verzweifelten Ernst ihrer Lage. Vielleicht klammerten sie sich nun an die Hoffnung, dass Bulgarien mit seinen Drohungen nur grausamen Scherz treibe. Jedenfalls warfen sie eiligst ihre Kerntruppen nach der Donau. Das schützende Band des Stromes hatten sie aber endgültig verloren, und in dem Gebirgsland, in das sie sich kämpfend zurückziehen mussten, wurden sie, ohne zum Besinnen zu kommen, sofort mit starken Kräften von mehreren Seiten angefasst.

Der serbische Feldzug

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