Читать книгу Der Satansgedanke - Rudolf Hans Bartsch - Страница 9

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Erzbischof Ernst saß erregt zwischen den beiden Gelehrten. Seine fahle Gesichtshaut war gerötet, sein langer Bart zitterte.

„Nimmer hätt’ ich vermeint,“ sagte er, „daß solch ein Nichts, so ein Zehntel Tröpflein, den ungeheuerlichen Erzkloben würd’ in Trümmer zerreißen. Da grauet einem! Aber jetzt gebt mir, wie Ihr versprochen habt, das Rezept preis, Faust. Ich wills Euch ebenso lohnen, wie ich es zugesagt. Aber niemand, außer des römischen Königs und des deutschen Kaisers Majestäten und wir allein, darf das Geheimnis wissen; das schwört Ihr mir unter Preisgab’ Eures Lebens!“

Faust reichte dem erregten Bischof feierlich seine Rechte hin und begann dann:

„Erstlich, wir brauchten Braunstein in großer Meng’; derselbe, den die Glasmacher nutzen, um die schöne, violene Farb’ in ihre Ziergläser zu brennen und den man von dessenthalben Glasmacherseifen nennt. Mit demselbigen legt man den Grund. Sodann übergießet man ihn mit spiritus salis Basilii Valentini, langsam und bedächtlich; da kommet eine grüne Luft hervor, erschrecklich stickig und stinkig, darein kein Wesen vermöcht’ zu atmen. Ein bissel nur daran gerochen und man vergibt sich vor Husten. Ein halber Atemzug davon, und der stärkste Mann bekömmet einen Bluthusten, der tödlich sein kann. So ist diese grüne Luft.“

„Es ist vielleicht dieselbe, die in der Höll’ die Verdammten atmen mögen,“ sagte der Bischof leicht erschaudernd. Dann raffte er sich wieder auf: „Weiter,“ sagte er.

„Item,“ fuhr Faust fort, „wenn diese grüne Luft, die man in einer offenen Flaschen halten kann wie Wasser, denn sie sinket schwer zu Boden, wenn man also diese grüne Luft erzeuget hat, dann vermengt man sie mit spiritus salis ammoniacum, kanns aber nicht durcheinandertreiben! Sondern alles muß langsam und unbewegt geschehen, sonst zersprengt es sich schon in statu nascendi. Da wird also, von denen beiden Höllenstänken, ein gelbes Öl und das ist nun dasselbige, von welchem Eure Fürstbischöfliche Gnaden eben in so grausamer Weis’ ein winzig Tröpflein eine Bomben zerspritzen gesehen haben, zu deren Sprengung dreihundert Pfund Pulver vergeblich angewandt worden wären.“

„Wahr, das ist wahr.“ sagte der Erzbischof nachdenklich.

„Wann mir Eure Bischöfliche Gnaden nun auch in Herablassung die seltsame Stell’ angeben wollten, wo sich so viel Braunstein hat finden lassen? Man könnt’ das Öl ganz im Großen herstellen, alsdann.“

„Ich hab’ Euch schon gesagt, es war fast untunlich, solchen Braunstein zu gewinnen und zu fördern,“ sagte der Erzbischof. „An der Stelle im Lande Tirol, wo sich die Alpen, so aus Brennkalk bestehen, von dem roten Porphyrstein scheiden, da haben wir goldhaltigen Quarz eingesprengt gefunden und dabei Eure Glasmacherseif’, damit wir ja das Gold gleich herausscheiden konnten. War aber so wenig Goldes, daß es sich nicht gelohnt hätte. Nun ist uns aber da ein Naturwunder kund worden. Es muß, als Gott den Kalk und den Porphyrstein voneinander schied, ein Riß durch die halbe Erden gegangen sein. Ja. Recht als wie des Tempels Vorhang, da der Heiland starb, scheinet da die Erden auseinandergerissen. Es hat sich besagte Kluft dann zum Teil wohl wieder angefüllet, denn nur ein enger Schlurf führt dort in die grausame Tiefe, und ist eben jenes Braunsteines eine ungeheure Meng’ ins Bodenlose gerollt; denn je weiter unten, desto mehr haben unsere Knappen, die sich hinuntergewagt, davon gefunden. Aber das Loch geht dermaßen tief in die Erden, daß sie es zuletzt vor lauter Hitz’ nicht mehr ausgehalten haben, obwohl immer noch kein Ende war. Und keine Schnur hat den Grund abreichen können; dagegen ist ein Wachslicht, das man hinabgelassen hat, gänzlich verschmolzen. Woraus mir zu schließen deucht, daß dort, unter jener Tiefen, das ewig’ und höllische Feuer beginnen mag. Es ist diese Kluft vielleicht derselbe Eingang zur Höllen, den der italienische Dichter Dante beschreibt. Denn er hat weder Grund noch Ende.“

Der Bischof hatte wieder das blasse und kränklich versorgte Aussehen bekommen, das er immer zeigte, und atmete schwer und müde. „Für heute mags genug sein, Ihr lieben Herrn,“ sagte er.

„Halten mir Eure Bischöfliche Gnaden noch eine Frage zugute: ‚Kennt man jene Stell’ im Lande Tirol an irgendeinem äußerlichen Zeichen?‘“

„Es steht die erste italienische Zypressen dort, wenn man vom Grat gegen Waidbruck herzukömmet; aber sie ist ein ganz verkümmert Bäumel und vielleicht gar schon erfroren.“

Und damit gab der Bischof den beiden Männern Urlaub und segnete sie.

Faust atmete schwer.

„Wozu gebrauchet Ihr den Braunstein in so ungeheuerlichen Mengen?“ fragte Paracelsus verwundert. „Mit ein paar Dutzend Pfund ist dem Bischof und dem Kaiser geholfen.“

„Mich hat bloß jene erstaunliche Sag’ vom Eingang in die Unterwelt mit Neugier erfüllt und die wollt ich bei solcher Gelegenheit erfahren.“

„Ihr wollet doch nicht am Ende Gott versuchen und dort in frevelhaftem Vorwitz einfahren?“ rief Paracelsus.

„Glaubt der Mann, der gesagt hat, das ganze Leben wär nichts als ein alchymischer Prozeß, denn an einen persönlichen Gott? Und an eine greifbar materielle Höll’?“ fragte Faust erstaunt.

„Ich habe überall ein unerbittlich getreues Gesetz gefunden, wohin ich geforschet und was immer ich ergründet hab’. Und wo ein unerbittlich Gesetz stehet, da stehet darob ein unerbittlicher Richter. Mag Gott immerhin gänzlich anders sich formieren, als Pfaffen und Laien in ihrer Einfalt sich darstellen, er ist da,“ sagte der Arzt feierlich und nahm sein Barett ab.

„Es tröstet mich sehr, das zu wissen und von einem so abgründig studierten Mann dazu; das ist mir wichtiger und glaublicher, als alle alten Bücher aus dumpfer Zeit. Wenn man einmal Fehde angesagt hat, dann wärs doch gar zu lächerlich, wenn man zuletzt erfahren müßt, daß mans gegen leere Luft und blauen Pfaffendunst getan.“

„Fehde gegen Gott, Herr Kollega?“

„Fehde gegen Gott,“ sagte Faust leise, aber nachdrücklich. Und als sich Paracelsus verfärbte und ein Kreuz schlug, schloß er mit den Worten: „Wenn sich der schönste der Engel ehedem gegen seinen Schöpfer aufstemmte, wie dürft’ es nicht ein innerlich zerrissener und äußerlich buckliger Mensch?“

„Armer, armer Fauste,“ sagte Paracelsus mit tiefem Ernst. „Ich hab’ Euch für meinen Nebenbuhler gehalten im Wissen und Erforschen, auch für einen unehrlichen, der nichts ernst nimmt und dem alles bloß geschenkt wäre ohne ehrenhafte, heiße Arbeit. Jetzt müßt ich froh sein, wenn ich Euch für einen armen Narren halten dürft’.“

„Ein Narre vielleicht, Herr Doktor. Arm sicherlich, Herr Doktor. Und dennoch tauschet ich mein wildes Herz nicht mit dem Weisesten und Zufriedensten. Und nun gehabt Euch wohl, mein guter Herr.“

Der Satansgedanke

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