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Montag, 6. August 2007, 13 Uhr 42

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Nach wie vor arbeitet es in mir bezüglich meines Selbstbildes und meiner beruflichen Orientierung. Doch während des heutigen Lauftrainings ging plötzlich das Licht an in meinem Kopf und ich konnte einiges sehr viel deutlicher erkennen als zuvor.

In einem normalen Job käme ich niemals klar. Geistige Unterforderung in Kombination mit sozialer Überforderung, das würde nur wieder dazu führen, dass mein zartes Ich-Pflänzchen niedergetreten würde. Die einzige Arbeitsstelle, an der ich mich jemals wohl fühlte, das war ein Praktikum als Programmierer. Es war vor allem das qualifizierte und eigenständige Arbeiten und das Gefühl, auf ein für mich neues Gebiet vorzustoßen, das mich motivierte.

Alle anderen beruflichen Tätigkeiten erlebte ich nur als demütigend und zwanghaft. Immer musste ich mich während der Arbeitszeit regelrecht ausschalten. Mein wirkliches Leben fand in der Freizeit statt. Doch eine Leistung nur deswegen zu erbringen, um danach eine erträgliche Freizeit zu haben, das bringt mich um. Solange eine Arbeit mich intellektuell nicht fordert und meine Neugier anspricht, mir nicht die Möglichkeit bietet, meine Grenzen beständig zu erweitern, gehe ich dabei ein.

Als ich meinem damaligen Psychotherapeuten mal davon erzählte, wie sehr mich das Baugerüst gereizt hatte, das zu jener Zeit an der Kirche gegenüber meiner damaligen Wohnung hochgezogen worden war, dass ich einfach eines nachts nicht mehr anders gekonnt hatte, als diesen Turm hinaufzuklettern, da musste ich zu meinem Erstaunen erfahren, dass diesbezüglich nicht jeder Mensch so ist wie ich. Als ich mich später ein wenig mit dieser Thematik befasste, erfuhr ich, dass es zwei Grundtypen von Menschen gibt: die Gewohntsüchtigen und die Neusüchtigen. Evolutionstechnisch ist das sinnvoll. Es muss jemanden geben, der das Feuer hütet und andere, die nachsehen, was sich hinter dem nächsten und dem übernächsten Hügel verbirgt.

Das Entdecken eines neuen Kontinents fällt wohl inzwischen als Thema weg. Bleibt für mich also nur das Abitur, gefolgt von einem Studium. Ich will mit dem Kopf arbeiten, ständig meine geistigen Grenzen erweitern. Es ist vor allem die Neugier, die mich antreibt. Es wäre mir gleichgültig, falls ich meinen Studienabschluss erst jenseits der Fünfzig erhielte. Wenn ich auf meinem Sterbebett sagen kann, dass ich wirklich ich geworden bin, dann reicht das zur Not. Angesichts meines äußerst speziellen Starts ins Leben wäre das eine anerkennenswerte Leistung.

Ob ich dann als Informatiker abtreten würde, das ist allerdings eine andere Frage. Meine Ambitionen bezüglich des Drehbuchschreibens liegen derzeit zwar auch weiterhin auf Eis. Doch ich will mein Dasein nicht mehr in dem bisherigen Ausmaß von den Computern beherrschen lassen. Die Welt ist größer als fünfzehn Zoll.

Die Rentenversicherung sähe in dem Versuch, das Abitur nachzumachen, keinen Grund, eine Erwerbsunfähigkeit anzuzweifeln. Und vielleicht würde ich mir durch einen dreijährigen Schulbesuch genug soziale Kompetenz für meinen weiteren Weg aneignen können. Doch in Aachen gibt es kein Oberstufen-Kolleg für Erwachsene. Lediglich im Nachbarort Würselen existiert eines. In den achtziger Jahren hatte ich dort schon einmal einen Anlauf gemacht, war aber bereits am ersten Semester gescheitert. Im Frühling des vergangenen Jahres bewarb ich mich erneut an diesem Kolleg und wurde sogar angenommen. Mein Antrag auf eine finanzielle Unterstützung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz - kurz BAFöG - wurde jedoch auf dem dafür zuständigen Amt abgelehnt. Grundsätzlich wäre eine solche Förderung zwar möglich gewesen, wobei meine Rente, aufgrund ihrer geringen Höhe, auch gar nicht als Einkommen angerechnet worden wäre. Doch nach dem dreißigsten Lebensjahr erhält man kein BAFöG mehr.

Unter diesen Umständen waren die Monatskarten für die Busfahrten zu dem in einem anderen Ort liegenden Kolleg für mich nicht finanzierbar. Zudem wäre ich wegen meiner Sozialphobie sowieso auf Dauer überfordert gewesen damit, täglich für insgesamt zwei Stunden mit Menschen in einem vollen Bus zusammengepfercht zu werden. In Berlin sind dagegen eine ganze Reihe von Kollegs angesiedelt. Das wäre ein weiterer Grund, dorthin umzuziehen.

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