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Montag, 24. September 2007, 22 Uhr 10
ОглавлениеBis letzte Woche Donnerstag war es Stück für Stück bergab gegangen mit mir. Ich hatte keine Hoffnung mehr, in absehbarer Zeit diese verfickte Stadt zu verlassen. Ein Leben ohne Perspektive, ohne Hoffnung. Doch an jenem Donnerstag geschah etwas Unfassbares.
Kurz nach meiner Rückkehr aus Österreich hatte mir Selina per E-Mail berichtet, dass Martin ebenso wie ich zu der Einschätzung gelangt sei, dass ich schleunigst aus Aachen heraus muss. Und am genannten Donnerstag kündigte Martin an, mir zweitausend Euro zu leihen, damit ich den Umzug nach Berlin realisieren kann. Ich soll dieses Darlehen im Laufe der nächsten Jahre mit Hilfstätigkeiten in seiner Werkstatt abarbeiten. Und heute ist das Geld tatsächlich auf meinem Konto eingegangen.
Das ist ein echtes, gottverdammtes Wunder! Dass es so einen Menschen überhaupt gibt! Dass mir jemand so viel Vertrauen entgegenbringt! Anfangs reagierte ich darauf mit einem schlechten Gewissen. Doch der schwarze Abgrund, auf den ich zuvor in Zeitlupe, aber dennoch unweigerlich zugeschlittert war, zerstreute diese Bedenken schließlich. Vielleicht ist es an der Zeit für mich, das Annehmen zu üben.
Heute habe ich ein Einschreiben an meinen Vermieter abgeschickt, mit dem ich meine Wohnung kündige. Ende Dezember werde ich sie räumen, mit einem gemieteten Lieferwagen die Nacht über nach Berlin fahren und meinen Hausrat bei einer Einlagerungsfirma unterbringen. Dann begebe mich dort in Berlin auf die Suche nach einer Wohnung. Schlafen werde ich wohl in einer Jugendherberge.
Meine Schwester Franka hat diese Phase, in der ich ab Januar ohne richtigen Ruhe- und Rückzugsraum als Sozialphobiker im winterlichen Berlin eine Bleibe suchen werde, in einem Telefongespräch mit mir als eine voraussichtlich «spannende Zeit» umschrieben. Da dürfte sie Recht haben. Franka wird mir bei all dem nicht helfen können, sie lebt in Bochum. Petra wird jedoch netterweise in Berlin bis zu meiner Ankunft Wohnungen für mich besichtigen, falls ich im Netz fündig werde und sie bei ihr in der Nähe liegen.
Ich erblühe gerade innerlich.