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Dienstag, 23. Oktober 2007, 19 Uhr 40
ОглавлениеEs fing eigentlich ganz harmlos an: die üblichen Berlin-Recherchen im Netz, immer wieder unterbrochen durch Sprünge in die Excel-Tabelle, mit der ich meine Einnahmen und Ausgaben kalkuliere, gefolgt von der wachsenden Erkenntnis, dass es finanziell so auf Dauer nicht weitergeht.
Im vorigen Jahr war hier in Aachen ja mein Antrag auf BAFöG aufgrund meines zu hohen Alters abgelehnt worden. Wie ich aber kürzlich von einer guten Forenbekannten erfuhr, werde das mit der Altersgrenze in Berlin trotz bundeseinheitlicher Gesetze anders gehandhabt. Heute begab ich mich auf eine ausgiebige Netz- und Telefonrecherche zu diesem Thema. Ein Berliner Kolleg in der Nähe meiner zukünftigen Wohnung und das dafür zuständige BAFöG-Amt waren schnell ausfindig gemacht. Durch zahlreiche Telefongespräche mit Kolleg-Sekretariaten und BAFöG-Bezirksämtern vermochte ich schließlich in Erfahrung zu bringen, dass man in Berlin tatsächlich BAFöG erhalten kann. Voraussetzung dafür ist lediglich, dass man zuvor an einem Berliner Kolleg einen halbjährigen Vorkurs absolviert hat. Dann erhält man für die Dauer des dreijährigen Hauptkurses BAFöG, und das auch jenseits des dreißigsten Lebensjahres. Um den Vorkurs wäre ich sowieso nicht herumgekommen, alleine schon wegen der Jahrzehnte, die seit meinem letzten Schulunterricht verflossen sind.
Bei der bundesweiten BAFöG-Hotline wusste allerdings keine der drei von mir befragten Mitarbeiterinnen etwas über die Berliner Verfahrensweise. Laut deren Auskunft sei so etwas durch keinen Paragraphen gedeckt. In Berlin hatte man mir auch nicht so recht klarmachen können, auf welcher Grundlage das dort anders gehandhabt wird als in Aachen. Schließlich klingelte ich sogar im Berliner Kultusministerium an, um eine endgültige Klärung zu erreichen. Dort war die Dame in der Telefonzentrale zwar sehr bemüht, sonst hob jedoch niemand den Hörer ab. Daraufhin entschied ich mich genervt, meine Nachforschungen einzustellen.
Wenn die auf den Berliner Bezirksämtern mir übereinstimmend sagen, dass ich BAFöG kriegen würde und die in den Sekretariaten der Kollegs mir zudem bestätigen, dass ihre über dreißigjährigen Schüler auf dieser Grundlage tatsächlich ihr BAFöG erhalten, dann kann mich das bundesweite geltende BAFöG-Gesetz mal gepflegt am Arsch lecken.
Dass meine niedrige Rente aufgrund eines Freibetrages nicht bei der Ermittlung meines BAFöG-Satzes angerechnet werden würde, weiß ich schon länger. Ebenso, dass mir dadurch mehr Geld zur Verfügung stände als jetzt.
Es kostete mich am Ende keine große Überwindung mehr, das Bewerbungsformular des Kollegs herunterzuladen und auszufüllen, ein Begleitschreiben und einen tabellarischen Lebenslauf auszudrucken, Zeugnisse kopieren zu gehen und zwei Passfotos beizufügen, die ich kürzlich in einer Fotokabine anlässlich der Beantragung meines neuen Personalausweises aufgenommen hatte. Irgendwie mache ich ja in letzter Zeit sowieso schon nichts anderes mehr als solche Dinge. Zur Post habe ich es allerdings nicht mehr rechtzeitig geschafft. Das erledige ich dann noch morgen.
Jeweils im Januar beginnen die Vorkurse. Ende dieser Woche läuft die Bewerbungsfrist aus. Ab Dezember in Berlin, ab Januar auf dem Weg zum Abitur. Da hat mich wohl jemand von der Kette gelassen.
Nicht, dass ich keine Ängste mehr hätte, aber ich kann ganz einfach nicht mehr anders.