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Wechselbad der Gefühle

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Zwei Wochen später trat Ute ihren neuen Arbeitsplatz an. Mangels Wohnung konnte sie bei dem befreundeten Ehepaar, John und Marga unterkommen. Sie kannte John durch Ulf, da er auch einmal bei ihr in Wülfrath gewohnt hatte, nahm sie das Angebot gerne an.

Leider hatte sie nur drei Wochen Ruhe, dann stand Vito plötzlich vor ihr. Er bettelte und schwor dass sich so ein Ausraster nie wieder ereignen werde. Dummerweise bot John auch Vito die Unterkunft an. Er glaubte wohl dass er Ute damit einen Gefallen tat. Das Gegenteil war der Fall. Dadurch hatte sie diese Klette wieder am Hals.

Es wurde ihr unsäglich peinlich, weil Vito versuchte sich bei dem Chef einzuschmeicheln, was ihm allerdings nicht gelang. Heribert blieb auf Distanz.

Leider machte Vito mir durch seine penetrante Anwesenheit diesen Job kaputt, da er an meiner Schleppe kleben blieb, weil seine Geschäfte in Deutschland mal wieder der polizeilichen „Schließung“ zum Opfer gefallen waren.

Es dauerte nicht lange, bis die beiden Veranstalter „Heribert und der Tübinger“ diese „Wanze“ loswerden wollten, weil sie erkannten, dass Vito ein lästiges Hindernis war. Deshalb wurde Ute gekündigt und war erneut ohne Arbeit. Ute wusste, dass ihr Chef lieber auf sie verzichtete, als ihren herumlungernden arbeitslosen Anhang, Vito und John im Casino sitzen zu haben. Das konnte Ute ihm nicht einmal übel nehmen.

Da auch John arbeitslos war, kamen er und Vito auf den Gedanken ihr Glück in Breda zu versuchen. Angeblich kannte John einen dortigen Veranstalter sehr gut, sodass sie dort alle vier Arbeit fänden, versicherte er.

Ob Ute wollte oder nicht, sie musste mit, weil ja auch Johns Frau mitkam.

In Breda gab es keine Arbeit, nur Vito wurde überraschender Weise fündig. Ein paar Tage hockten auch John und Freundin mit Ute in einem Ferien-Bungalow, dann reisten die beiden ab. Nun saß sie alleine dort, weit außerhalb von dem Ortskern, und Vito arbeitete die ganze Nacht und schlief am Tage. Damit sie nicht heimlich abreiste, beauftragte Vito Annette, die Kleine zu uns zu bringen. Ute wurde einfach nicht gefragt. „Ich bin der Mann – ich bestimme, Basta!“ war sein einziger Kommentar.

Dann hockte Ute mit Kleinkind in einem dünnwandigen Sommer-Bungalow und fror. Zu ihrem Glück bekam Vito nach einer Woche plötzlich die Kündigung, weil er einen größeren Verlust verschuldet hatte. Einen Tag später hatte die Heimat sie wieder.

Leider hatte Ute ab dem Moment ihr Bett wieder belegt. Denn Vito zog ungefragt wieder bei ihr ein. Dass seine Ehefrau ihn rausgeworfen hatte, erfuhr sie durch Gerüchte, was ihr aber nichts nützte. Für Vito war es selbstverständlich, dass er sich seine Wohnung aussuchte.

So ging das Hin und Her zwei Jahre lang weiter. Vito wechselte die Seiten, wo es ihm gerade besser ging oder gefiel. Wenn Ute sich weigern wollte flog er auch durch die geschlossene Etagentür, schlug sie und warnte sie dabei, sollte sie noch einmal Anzeige erstatten, das werde er ihr nicht noch einmal verzeihen. Er drohte, wenn er noch einmal ihretwegen eine Geldstrafe bezahlen müsse, werde er sie töten. Sie hatte keinen Grund ihm nicht zu glauben.

Auch geschäftlich und dadurch finanziell ging es Bergauf und Bergab. Mal Würfelzock, mal Roulette-Casino, mal in Deutschland oder wenn das gerade nicht ging, in Holland. Überschnitt es sich, dass Vito gerade gut im Würfelgeschäft war, und sie wieder einen Job in Holland angefangen hatte, kam er hinterher sobald seine „Anschaffe“ zu Ende war. Sie stand immer unter dem Druck, egal wie, sie musste ihr Kind ernähren.

Vito klebte an ihr wie eine Klette, er saugte ihre gesamte Abwehrkraft und Energie aus. Und Ute hatte keine Möglichkeit sich zu befreien, dazu hätte sie ihn töten müssen. Sie war verzweifelt, aber wehrlos.

Sie schwankte zwischen Angst und Hass, zerbrach sich den Kopf nach einem Ausweg, vergebens.

Allerdings dauerten ihre wechselnden Gefühle nicht lange, denn als Vito sich wieder ausschließlich mit „seinen“ Geschäften befasste, und plötzlich wieder umzog, erwachte erneut ihre Energie.

Er ging zu seiner Ehefrau zurück, weil er sich dort wohl mehr finanzielle Unterstützung erhoffte. Dadurch hatte Ute ihre Freizeit und die Möglichkeit sich nach neuer Arbeit umzusehen. Sie erfuhr, dass in dem Amsterdamer Casino der Inhaber gewechselt hatte, der Tübinger hatte den Laden übernommen. Das war gut für Ute.

Endlich sah sie wieder eine Chance, dem ständigen Kampf ums Haushaltsgeld und Vitos aggressiven Launen zu entgehen, deshalb rief sie nach einiger Zeit wieder den Tübinger an. Nur bei ihm konnte sie wieder an Arbeit und Brot kommen.

Auf ihren Anruf reagierte Eddi kurz angebunden aber positiv. „Komm nach Amsterdam, ich kann dich brauchen, aber ohne deinen abgebrochenen Riesen.“ Sagte er nur. Schon am nächsten Tag war sie unterwegs.

Erleichtert die finanzielle Belastung los zu sein, ließ Vito sie diesmal widerspruchslos fahren.

Die nächsten vier Wochen, in Amsterdam, waren für Ute chaotisch, dennoch glücklich ohne Druck. Weil an der Kasse Überbesetzung vorhanden war, sodass man dort die Vier-Tage- Woche eingeführt hatte, war dieser Job für Ute nicht zu haben. Das wunderte sie, weil sie nicht verstand wieso er gesagt hatte, er könne sie brauchen? Was hatte der Tübinger mit ihr vor? Wollte er ihr nur helfen? Denn er kannte Utes Situation ja.

Ute wurde mit lächerlichen, überflüssigen Arbeiten beauftragt. Der Chef erfand extra für sie eine neue Tätigkeit. Er machte sie zur Aufsicht über das Service-Personal. Außer die Einkäufe und Tätigkeit dieser Leute zu überwachen hatte sie nichts zu tun. Von zehn Stunden stand sie mindestens sieben dumm rum. Seltsame Sache.

Beliebt war sie durch diese Aufgabe bei den Kollegen natürlich auch nicht gerade. Man sah in ihr einen Spitzel und hielt sie (wie sie selbst auch) für überflüssig, sogar störend.

Da sie auch keine Wohnung fand, musste sie im Hause auf der dritten Etage hausen. Dort gab es zwei Zimmer mit spärlicher Möblierung, welche eher Rumpels-Kammern glichen. Ständig hatte sie das Gefühl von niedlichen kleinen Kriechtieren (Wanzen oder Läusen) umgeben zu sein. Nachts hatte sie am ganzen Körper Juckreiz. Sie zwang sich zum Durchhalten!

Nach vier Wochen stellte man plötzlich ein zweites Bett in ihren Schlafraum. Man erklärte ihr, ein neuer Croupier aus England (männlich) müsse darin schlafen. Sofort beschwerte sie sich bei meinem Chef. Sie sagte ihm, dass dies unzumutbar sie und erhielt die unfreundliche Antwort: wenn mir etwas nicht passe, könne sie ja gehen.

Sie ging auf der Stelle, nachdem sie ihm ein paar boshafte Worte gesagt hatte.

Zu Hause angekommen, war sie ziemlich mutlos. Erst der Anblick meines Babys gab ihr ihre Energie zurück. Krampfhaft überlegten Annette (die auch mal wieder im finanziellen Engpass war) und Ute wie sie nun Geld verdienen könnten. Da Annette auch gerade arbeitslos geworden war und in Scheidung stand, lebte sie mit ihren Kindern von Sozial-Hilfe. Diesen Zustand wollte sie ändern.

Auch Ute wollte nicht wieder von Vitos Launen abhängig zu sein. Ihn ständig um Geld anbetteln zu müssen, obwohl er immer noch ihre gemeinsame Geschäftsgelder verwaltete. Sein Gestöhne über die schlechten Zeiten ging ihr gründlich auf die Nerven. Lieber wollte sie selbst sehen, wie sie zurechtkommen konnte.

Durch ein Telefonat mit einer Freundin, welche sie lange Zeit nicht gesprochen hatte, wurde sie auf die Idee gebracht. Agatha lebte seit Jahren vom Verkauf von allerlei alter Sachen und Antiquitäten auf Trödel-Märkten. Voller Begeisterung klärte Ute die erstaunte Annette nun über diese Möglichkeit auf. Gebrauchte Sachen hätten sie bestimmt auch genug zu verkaufen. Gedacht -getan!

Einige Wochen verdienten die Beiden sich mit dem Verkauf von Babysachen, Gardinen, Kleidern, Hausrat, und was ihr Haushalt, sowie der Haushalt und Keller ihrer Eltern alles an abgelegten Sachen hergab, ein nettes Taschengeld. Spaß machte ihnen der Verkauf auf den Trödel-Märkten auch noch. Als ihr Angebot erschöpft war, war auch diese lustige Trödel-Zeit beendet, was beide sehr bedauerten. Aber was nun? Und schon wieder hatten die Beiden eine neue Idee.

Sie hatten gesehen, dass die Fress- und Sauf-Buden auf allen Märkten am besten liefen. Also entschlossen sie sich, Bergische Waffeln und Reibekuchen zu verkaufen. Denn Würstchen-Buden gab es mehr als genug.

Der Gedanke ließ sich aber nicht so leicht in die Tat umsetzen, wie sie gedacht hatten. Die Markt-Veranstalter hatten mit den Wurstverkäufern Festverträge. Überall bekamen sie telefonische Absagen.

Nirgendwo war ein Standplatz für Speisen und Getränke frei. Annette hatte dann den Einfall bei Fußball-Vereinen anzufragen. Von vielen Anfragen bekamen sie tatsächlich von einem Verein eine Zusage: Bayer-Leverkusen. Die Geschäftsleitung des Leverkuseners Fußball-Verein war interessiert das Erfrischungs-Angebot für die Fans zu erweitern.

Auch die Platzmiete war im erträglichen Rahmen, sodass sich die Beiden begeistert ins nächste Abenteuer stürzten.

Für die Investition, wie Platzmiete, Stand, Pfannen, Kocher usw. musste wieder ein Schmuckstück von Ute dem Beleihen zum Opfer fallen. Bei der Gelegenheit sagte sie zu ihrer Freundin: „Eigentlich muss ich dem Ulf mal Dankeschön sagen, ohne seine Vorliebe für Schmuck hätte ich diese vielen kostbaren Stücke gar nicht. Damals fand ich seine Vorliebe für dieses ganze Zeug furchtbar, und die ganzen Brillies hässlich. Gut dass sie die noch habe.“

Dann machten sie sich voller Hoffnung und Elan an die Arbeit! Das Ergebnis war mehr als kläglich!

Als sie nach einigen Wochen Bilanz zogen, mussten sie feststellen, dass dies kein Geschäft sondern ein Hobby war. Die Verkaufs-Zeit in der Halbzeit-Pause war einfach zu kurz um genügen braten und verkaufen zu können. Investition, Standmiete und Arbeit waren im Gegensatz zu dem lächerlichen Umsatz gewaltig gewesen. Frustriert gaben sie unser Hobby auf.

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