Читать книгу Sizilianische Gesetze - Ruth Broucq - Страница 15

Klägliche Versuche mit verbotenem Glücksspiel

Оглавление

Darüber dass der Tübinger Ute mit einem besonderen Auftrag aus Am­sterdam losschickte, war der Italiener kotzsauer. Für Vito hatte der Tübinger keine Verwendung, er hatte ihn einfach übersehen! Und das wurmte den geltungsbedürftigen Vito sehr.

Auf der Heimfahrt kam es zu einem heftigen Streit. Während Ute ihrem Begleiter Vorwürfe machte, weil er sie in eine fatale Situation gebracht hatte, er widerte der nur abfällig: „Ach halt doch dein Maul, dumme Kuh. Du bist zu dämlich eine günstige Situation zu nützen, stattdessen lässt du dich von so einem Arsch für kleines Geld ausnutzen. Der Kerl ist steinreich, dem fallen die paar Mille weniger doch nicht einmal auf. Aus Angst, der große Tübinger könnte denken, dass du geklaut hast, konntest du vor Schiss kaum ein Wort rausbringen. Bleib so nur so blöd, wirst schon sehen wohin du damit kommst. Aber ich bin nicht so doof, ich nehme mir was ich haben will. Egal auf welche Art und Weise.“

Während der ganzen Fahrt schimpfte Vito wütend über ihren Brötchengeber. Der wäre doch in sei­nen Augen nur blöd. Es sei doch ein Schwachsinn, ausgerechnet einer Frau diesen Auftrag zu geben. Nämlich durch das Land zu reisen, um Karten-Casinos aufzukaufen.

Das wäre doch ein Auftrag für einen Mann wie ihn gewesen. Schließlich habe eine Frau keine Ahnung, mit welchen Summen solche Läden gehandelt würden. Besonders sie nicht. Aber ihm wäre schon klar, warum der Tübinger ihn nicht damit beauftragt habe. Nur aus Angst, dass er, Vito, ihm Konkurrenz machen könne. Eines Tages würde er das sowieso tun.

Genervt über Vitos maßlose, übertriebene Selbstüberschätzung schwieg Ute lieber und dachte sich, dass es sinnlos sei ihm klar zu machen, dass er dazu weder die Mittel noch die Intelligenz hatte.

Zu Hause angekommen, war Vito ausgetobt. Zum Schluss hatte er sich damit getröstet, dass er den Tübinger gar nicht nötig habe. Er werde sich jetzt wieder um ‚seinen’ Würfel-Laden kümmern, dort wäre er schließlich sein eigener Herr. Listig riet er ihr, schön den Anweisungen ihres Chefs zu folgen. Dann hätte sie wenigstens eine sinnvolle Beschäftigung. Falls sie jedoch seinen Rat brauchen würde, stünde er ihr selbstverständlich zur Verfügung.

Sie dachte: >das könnte Dir so passen. Damit Du, mit Deinem grenzenlosen Geltungsdrang in meinem Job rumfummeln, und vielleicht wieder in die Kasse greifen kannst? Anschließend würdest Du dann großspurig verbreiten, dass Du es ja schon vorher gewusst hättest, dass eine schwache Frau einer solchen Aufgabe alleine nicht gewachsen wäre. In Deiner großzügigen Gutmütigkeit habest Du alles gemanagt. Den Teufel würde ich eher bitten, als dich. Ich komme auch alleine zurecht. Bleib Du mal in Deiner geliebten Würfel-Bude und pass schön auf, dass ich Dir nicht in die Karten gucken kann. Denn Du wirst mich sowieso belügen und betrügen. Nach den Erfahrungen der letzten Monate bin sie froh, wenn Du mir endlich nicht mehr auf den Füssen stehst, und mich nicht in deine kriminellen Taten reinziehst. Ich kann Deine impertinente Art einfach nicht mehr ertragen! Wenn du mir nur aus dem Weg gehst, soll mir der finanzielle Verlust aus Deiner Tätigkeit ganz egal sein. Auch wenn mir eigentlich die Hälfte davon zustehen würde<.

Da ihr ohne große Erklärungen der Sinn ihres Auftrages klar war, kam Ute eine scheinbar gute Idee, wie man enorme Kaufsummen sparen und trotzdem mehrere Läden eröffnen könnte. Also rief sie ihren Auftraggeber und klärte diesen über ihren Plan auf. Ute wollte einen Spiel-Club gründen und ins Vereins-Register als e. V. eintragen lassen. In den Statuten sollte verankert werden, dass dieser Verein berechtigt sei, überall in Deutschland Filialen zu errichten.

Eddi gab sofort grünes Licht für ihr Vorhaben, und schlug Bielefeld oder Osnabrück vor. Zwei äußerst schwierige Städte, behördlich gesehen. Er empfahl einen großen Konferenzraum in einem Hotel zu mieten. Da gäbe es keine langfristigen Verträge und spare zeitraubende Renovierungs-Arbeiten.

Die sieben Gründungs-Mitglieder waren schnell gefunden. Aus alten, vorhandenen Unterlagen hatte sie die Vereinsstatuten schnell geschrieben. Auch der Eintragungs-Antrag, durch einen Notar, ging problemlos von statten.

Schnell fand Ute in einer angesehenen, weltweiten Hotelkette in Bielefeld freundliches Entgegenkommen. Nach telefonischer Termin-Vereinbarung mit dem Direktor fuhr sie in Begleitung ihrer Freundin Annette hin. Lag es an ihrer eleganten Erscheinung oder an Utes selbstsicherem Auftreten? Woran auch immer, der Direktor küsste ihr die Hand und nannte sie „gnädige Frau“. Das ging runter wie Öl.

Ute trug dick auf! Betitelte sich als erste Vorsitzende des Deutschen Zweiges, eines europäischen Spiel-Vereins mit Niederlassungen in Holland, Belgien, England und Spanien. Sie log ohne Hemmungen das Blaue vom Himmel herunter. Er ging ihr auf den Leim! Fraß ihr fast aus der Hand und Ute mit den Augen auf!

Schnell wurden sie sich einig. Sie erreichte sogar, dass alle im Hause tätigen Club-Mitglieder einen Sonderpreis für Übernachtung bekommen konnten. Für Ute galt das natürlich auch. Den Beginn vereinbarten sie für in zehn Tagen. Beide erhofften sich ein gutes Geschäft. Jeder auf sein Geschäft bezogen.

De Erfolgsmeldung übermittelte sie schnellstens telefonisch nach Amsterdam. Eddi lobte sie und wies sie an, sich erst einmal mit dieser Sache zu befassen. Sie solle Bescheid geben, wann er ihr die Spiel-Anlage und Geld schicken müsse. Da Ute sie das behördliche Genehmigungsverfahren umgehen wollte, aber für die Eröffnung Reklame machen musste, versuchte sie einen Trick. Ute rief das zuständige Ordnungsamt an und erklärte der Sachbearbeiterin die Sache aus ihrer Sicht.

Für die eventuelle Niederlassung einer Filiale ihres Vereins hatte sie zu Reklame-Zwecken einen Hotel-Raum für kurze Zeit angemietet. Dort wollte der Verein eine Spiel-Anlage aufstellen, natürlich nur zu Vorführungs-Zwecken um Interessenten als Mitglieder anzuwerben. Sie hätte doch sicher nichts dagegen einzuwenden, dass man durch dementsprechende Anzeigen in der örtlichen Tageszeitung Mitglieds-Werbung betreiben wolle? Freundlich bestätigte ihr die Beamtin, dass dies keinerlei Genehmigung von behördlicher Stelle bedürfe und wünschte Ute noch viel Erfolg.

Die restlichen Vorbereitungen, Annoncen aufgeben, die Anlage aufbauen, sowie Personal zusammenzustellen, waren ebenfalls schnell erledigt. Der Chef und Ute waren sehr zufrieden.

Am Eröffnungstag, einem Samstag, reisten, außer den Croupiers, ihr mit Annette überraschenderweise noch drei, nicht gern gesehene, Gäste an. Der großspurige Österreicher Ringo mit Freundin und ein weiterer, zurzeit beschäftigungsloser, ehemaliger Teilhaber von Eddi, der Holländer Jan Willams.

Der Erfolg des ersten Tages war kläglich. Es kamen nur wenige Leute. Dass ausgerechnet an diesem Wochenende ein großes Stadtfest stattfand, hatte Ute nicht gewusst. Sie war sauer!

Enttäuscht rief Ute meinen Chef an. Der Tübinger vertröstete sie jedoch, sie müsse Geduld haben, der Erfolg komme schon noch. Bis jetzt hätte sie es als Erste geschafft, in dieser Stadt ein Casino zu eröffnen. Aus diesem Grunde wären auch die neugierigen, unerwarteten Gäste angereist.

Am nächsten Abend rief Ute nur in Bielefeld an. Sie erfuhr, dass der geschäftliche Erfolg auch nicht besser war als am Tage zuvor. Ute versprach am folgenden Abend zu kommen, da sie am Montagvormittag einiges zu erledigen hätte.

Um acht Uhr morgens riss die Türglocke Ute aus dem Schlaf. Im Bademantel, ziemlich verschlafen, staunte Ute, wer vor ihrer Wohnungstür stand. Der Sachbearbeiter für Gastronomie- und Spielhallen-Genehmigungen des Ordnungsamtes unserer Stadt. Als sie erstaunt fragte, was er von ihr wolle, sagte er streng, er habe einen Hinweis erhalten, dass Ute in meiner Wohnung einen Spiel-Club eröffnet hätte. Dort würde sie das genehmigungspflichtige Zwölfer-Roulette veranstalten.

Lachend erklärte sie ihm dann müsse sie entweder das Schlafzimmer ausräumen oder den Saal runterlassen. Ansonsten hätte sie dafür keinen Platz frei. Spontan bot sie ihm an, sich selbst davon zu überzeugen, dass dieser Hinweis Unfug sei. Also stiefelte Herr Pohlig durch ihre Wohnung, und fand natürlich keine Spielanlage.

Bei einem Kaffee klärte sie dann die Angelegenheit. Er war sehr freundlich. Ihm gefiel es offenbar so gut bei mir, dass er (weil es zu regnen begann) bis zum Mittag sitzen blieb und ihr, wie einer alten Bekannten, seinen Lebenslauf erzählte. Den aus Höflichkeit angebotenen Kaffee genoss er reichlich.

Endlich ging er! Endlich konnte sie duschen.

Noch bevor Ute aus dem Haus gehen konnte kam die Hiobs-Botschaft um fünfzehn Uhr per Telefon! Die Kripo samt Ordnungsamt waren in dem Bielefelder Club-Raum erschienen. Sie hatten wegen verbotenem Glückspiel die Anlage beschlagnahmt und wollten gerade den Raum versiegeln.

Sofort verlangte Ute den Einsatzleiter der Kripo zu sprechen. Den klärte Ute über die rechtlichen Folgen auf, dass sie gegen sein grundloses Eingreifen vorgehen würde. Da sie sich beide im Recht fühlten, stritten sie per Telefon. Er hatte nicht die Absicht seine Handlung rückgängig zu machen.

Auch durch den Hinweis, dass die zuständige Sachbearbeiterin des Ordnungsamtes über die Angelegenheit Bescheid wusste und es erlaubt hatte, ließ er sich nicht beeindrucken. Selbst Utes Drohung, dass er es verantworten müsse, dass sie Schadenersatz für entstehende Kosten sowie die Miete für den Raum einklagen würde, konnten ihn nicht von seinem Entschluss abbringen. Gelassen riet er ihr, sich an den zuständigen Staatsanwalt zu wenden. Ute ließ sich dessen Namen geben. Die Kripo versiegelte den Raum.

Nachdem Ute zwei Tage später den Staatsanwalt sowie den Leiter des Ordnungsamtes persönlich aufgesucht und auch mit Klage gedroht hatte, konnte sie nur einen Teil-Erfolg verbuchen. Der Staatsanwalt veranlasste sofort die Öffnung des Raumes sowie die Freigabe der Spiel-Anlage. Der Verdacht des verbotenen Glückspiels hatte sich nicht bestätigt.

Die Ordnungsbehörde machte ihr jedoch deutlich, sollte sie die erforderliche Genehmigung beantragen und erhalten, dass man uns so lange Schwierigkeiten machen würde, bis sie freiwillig aufgeben würden. Man machte keinen Hehl daraus, dass man diese Art Geschäft in dieser Stadt mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern würde. Über diesen Misserfolg war Ute stocksauer.

Den Tübinger konnte das wenig beeindrucken. Dann müsse sie eben was Neues suchen, gab er den Auftrag. Doch das dafür erforderliche Bewegungs-Geld blieb aus

Vito war voller Schadenfreude und versteckte dies nicht einmal. Diese Freude hielt jedoch nur solange an, bis ihm klar wurde, dass Utes Misserfolg für ihn finanzielle Nachteile hatte. Er hatte nun die Unterhalts-Pflicht für das Kind und Ute wieder am Hals. Aus purem Protest gegen ihn, sowie mangelndem neuen Wirkungskreis blieb Ute einige Wochen zu Hause und genoss das Zusammenleben mit der Kleinen. Zähneknirschend gab Vito ihr Geld um das sie das Nötigste einzukaufen.

Vito hielt ihr ständig Vorträge über ihre Unfähigkeit sich selbst zu versorgen. Dabei war es nur einige Monate her, dass er sich über ihren Wunsch selbst zu verdienen, bis zur Ektase aufgeregt hatte, ja, Ute sogar verprügelt hatte. Wie sich die Zeiten geändert hatten. Von Liebe und dem ersehnten Kind war keine Rede mehr. Er beachtete die Kleine nicht einmal.

Sie war umso glücklicher, als sie erleben konnte, wie die kleine Romina die ersten Schritte machte und zu sprechen begann. Obwohl die Kleine ihrem Vater immer ähnlicher wurde, liebte Ute das süße Sorgenkind heiß und innig. Wenn sie Mama rief und ihr mit strahlendem Lachen die Ärmchen entgegenstreckte, vergaß Ute für Augenblicke ihre Sorgen und Probleme. In solch glücklichen Momenten nannte Ute die Kleine: meine letzte Liebe. Dann schwor sie sich in Gedanken, dafür zu kämpfen, dass dieses Baby eine sorglose, glückliche Kindheit erleben könne.

Nachdem Annette und Ute mit ihrem Fress-Stand die Pleite erlebt hatten, war der Frust bei den Beiden groß. Als Annette ihr Gewerbe abgemeldet hatte, war sie gezwungen gewesen, wieder zum Sozialamt zu gehen. Schließlich hatte sie vier Kinder zu ernähren. Diesen Weg wollte Ute nicht einschlagen, das war ihr Prinzip. Also waren die Beiden wieder auf der Suche.

Sizilianische Gesetze

Подняться наверх