Читать книгу Ist der Ruf erst ruiniert... - Ruth Broucq - Страница 5

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Erst zwei Monate waren nach meiner Trennung vergangen, doch diese lange Beziehung hatte zwar acht Jahre gehalten, aber nur in den ersten beiden Jahren wirklich die Bezeichnung Beziehung verdient.

Was alle möglichen Leute damals zu Beginn gesagt hatten, hatte sich als voll und ganz richtig erwiesen, ich hatte nur das Abenteuer gesucht. War es leid gewesen, mein Leben nach den Bedürfnissen meiner Familie auszurichten, wollte ausbrechen. Jahrzehnte hatte ich nur gekämpft- geschuftet- aufgebaut. Immer mit einem männlichen Anhang, der in der Regel mehr die Erfolge meiner Arbeit genossen hatte, als mir dabei behilflich zu sein. Dann erfasste mich das Ägypten-Fieber. Ich verliebte mich in Ramsis und ließ alles hinter mir um mit ihm am Roten Meer zu leben. Nach 2 Jahren war ich zwar zu der Erkenntnis gelangt, dass die Beziehung in eine Schieflage geraten war, ich mich in diesem Land nicht weiter wohlfühlen konnte und kehrte nach Deutschland zurück. Aber die Verbindung hielt ich als Fernbeziehung noch über sechs Jahre bei, bis ich endlich eingesehen hatte, dass die Vorteile eindeutig auf Ramsis Seiten lagen, mir dieser Anhang nur noch Last war. Ich zog einen Schlussstrich.

Eigentlich hatte ich nach Ramsis keine neue Beziehung mehr anknüpfen wollen, hatte geglaubt, dass es ein ganz normaler Vorgang sei wenn das Liebesleben und die damit verbundenen Gefühle im Rentenalter vorbei wären. Meine beste und einzige Freundin, Esther, war schließlich das lebendige Beispiel für Altersfrigidität. Auch meine eigene sexuelle Gleichgültigkeit der letzten Jahre, während der unbefriedigenden Fernbeziehung mit Ramsis, zeugten eigentlich von dem Ende derartiger Bedürfnisse.

Aber dann passierte das unvorhergesehene, ich war zu neuem Leben erweckt worden. Zwar hatte ich meinem Erlöser nichts von meinen Gefühlen sagen können, aber ich hoffte doch inständig dass er es wusste und genau das Gleiche für mich empfand. Also wartete ich voller Sehnsucht auf den Mann meiner Träume und hoffte, Märchenähnlich dass Holger der Prinz und ich das Dornröschen sei.

Stundenlang saß ich am Fenster und starrte Tag für Tag wie gebannt auf die Straße ohne zu wissen was ich mir zu sehen erhoffte. Denn in dieser belebten Gegend, am Rande der Fußgängerzone, floss der Verkehr so schnell dass ich keine Fahrzeuginsassen erkennen konnte. Aber das störte mich nicht, schließlich hatte ich sonst nichts Erquickendes zu erwarten.

Dabei durchdachte ich wohl Hunderte Male was ich dem Glücklichen sagen, wie ich ihn empfangen würde. Musste ich denn überhaupt irgendetwas sagen? Nein, er würde wissen was ich empfand schließlich käme er ja deshalb, der Liebe wegen, meinetwegen.

Unterbewusst entwickelten sich sexuelle Bedürfnisse, ja geheime Gelüste, deren ich mir anfangs noch nicht richtig bewusst war, hatte mein Gefühlsleben die Seite gewechselt, von der Kälte zur Hitze.

Weil ich aber dringend Geld brauchte wartete ich weiterhin auch auf Kundschaft in der Hoffnung diese möge genau so nett sein wie mein Holger.

Als sich fast die zweite Woche mit endlos leerer Wartezeit dem Ende zuneigte, ich wiederum einigen neuen Kunden vorsichtshalber die Massage versagt hatte, sah ich mich schon in düsteren Gedanken einer finanziell grauen Zukunft entgegen steuern. Gerade war ich zu dem Entschluss gelangt, dieses zu abzuwenden in dem ich in der einschlägigen Zeitungsrubrik ein Inserat aufgeben und um Kunden werben wollte, als es klingelte.

Das freundliche, wenn auch vor Frost gerötetes Gesicht eines Herrn in meinem Alter lächelte mir entgegen. „Brrr ist das kalt. Gut das es hier bei euch so gemütlich warm ist. Ist die Carina da?“ fragte der nette Kunde und rieb sich die gefrorenen Hände während er eintrat.

Bedauernd schüttelte ich den Kopf und lud ihn mit einer Handbewegung ein in den Bizarr-Bereich weiter durch zu gehen.

Ortskundig nahm er gleich den Besuchersessel in Beschlag und knöpfte seinen Mantel auf.

„Nein, das tut mir leid, es ist keine Masseurin mehr im Haus. Wir haben den Geschäftsbetrieb aus Baurechtlichen Gründen zum Ende letzten Jahres aufgeben müssen.“ Erklärte ich dem erstaunten Gast. „Ich bin nur hier um den Kunden bescheid zu sagen und meine Stammgäste zu bedienen.“ Baute ich ihm eine Brücke in der Hoffnung er möge sie nutzen.

Sofort wich das Erstaunen einem freudigen Lächeln als er spontan fragte: „Darf ich denn hoffen, das ich auch zum Stammgast werden und gleich mit der ersten Massage beginnen kann, Chefin?“

Ich nickte zustimmend und gab mich zugänglich: „Ja, ich habe zufällig gerade Zeit, weil ein Termin abgesagt wurde.“ Und log dreist weiter: „Normalerweise geht das bei mir nur auf Termin weil ich viele Vorbestellungen habe. Aber heute bin ich mal ausnahmsweise nicht ausgebucht. Was machen wir denn?“

„Ich hatte immer eine halbe Stunde.“ Sagte er und hielt mir einen Fünfzig-Euro-Schein hin.

Ich nahm das Geld und dachte: Schon wieder so ein Kleckerkram. Ob ich hier jemals Geld verdiene? antwortete aber laut: „Okay- dann komm mal mit mir und sag mir doch bitte deinen Namen.“ dabei ging ich auf dem langen Gang zu den Massage-Räumen voraus und führte dieses Mal den Gast nach rechts ins China-Zimmer.

Der Zwölfquadratmeter-Raum war ganz in Rot-schwarz-weiß im asiatischen Design eingerichtet. Ein großer chinesischer Fächer auf einer roten Wand und schwarze chinesische Schriftzeichen auf den weißen Raufaser-Wänden dienten ebenso als Deko wie der kleine schwarze Chinalack-Schrank mit den Schnitzereien, dem japanischen Lackstuhl und der Einmeterfünfzig großen geschnitzten, vergoldeten Holzfigur die eine Thailändischen Tempeltänzerin darstellte. Auch die original chinesische Hängelampe diente nur der Dekoration, denn während der Massagen wurden eine kleine rote Tischlampe und eine Rotlichtlampe benutzt, was dem Zimmer einen erotischen Touch verlieh.

„Michael. Ich heiße Michael. Kann ich vorher kurz das Bad benutzen?“ erkundigte der Gast sich freundlich.

Ist der Ruf erst ruiniert...

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