Читать книгу Ein schlechter Geschmack in ihrem Mund - Ruth Shala - Страница 4

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Gegen Abend kam Beatrix endlich ins Büro. Es hatte sie viel Zeit gekostet, die Szenerie am Tatort einigermaßen zu erfassen, denn es war nicht einfach, in dem Gewirr an Hunderten Gegenständen, Hausrat, Gurkengläsern, Müll und Papierstapeln das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen. Schließlich war es ihr gelungen, am Kühlschrank eingeklemmt zwischen Bohnendosen, Büchern, einigen alten Fernbedienungen und unter einem Kamm ein Handy zu finden, das der Tote wahrscheinlich verwendet hatte. Die Kriminaltechniker waren über das Gerät gegangen und hatten ihr nach der Sicherung allfälliger Spuren erlaubt, es zur Auswertung mitzunehmen. Es war ein älteres Modell und musste nicht mit einem Code oder Muster geöffnet werden. Vorsichtig drückte Beatrix so lange herum, bis sie das Anrufsprotokoll fand. Es war jeweils nur der letzte Anruf jedes Kontaktes mit Datum und Uhrzeit gespeichert, aber die Häufigkeit der Telefonkontakte konnte später über den Handyanbieter erhoben werden. Der letzte Anruf war von diesem Handy ausgegangen und wendete sich an eine österreichische Mobilnetznummer, die mit dem Namen „Iwona“ abgespeichert war. Dann fand sich noch ein weiterer Frauenname, Ilse, es gab einen eingehenden Anruf, der eine Woche zurücklag. Vor vier Tagen hatte ein Jürgen Spitek angerufen, zwei Wochen zurück lag ein Anruf an „Hausverwaltung“. Beatrix notierte alle Nummern aus den letzten vier Wochen. Es war eine sehr überschaubare Liste, sodass sie diese Anrufe wenigstens schnell erledigt hätte. Entweder Iwona oder Ilse würde sich wohl als die nächste Angehörige herausstellen.

Dann legte Beatrix auch den Ausweis ab, den sie in der Geldtasche des Toten in seiner Hosentasche gefunden hatte. Er war auf „Ing. Ernst Haberkorn“ ausgestellt. Das Foto war wohl schon ein paar Jahre alt. Haberkorn hatte darauf noch kaum ergraute hellbraune Haare, die er in nicht gerade modischen Wellen über den Kopf gelegt trug. Aus dem Geburtsdatum errechnete Beatrix, dass Haberkorn 65 Jahre alt gewesen war. Im Übrigen enthielt die Geldtasche einige Straßenbahnfahrscheine, benutzt und unbenutzt, etwa dreißig Euro an Bargeld und keine Hinweise auf den Beruf des Opfers; vermutlich war Haberkorn schon in Pension gewesen.

Das Telefon klingelte. Es war Aufpaß, der Gerichtsmediziner. Sie begrüßten sich höflich, dann sagte Aufpaß: „Ich hab ihn mir soweit angeschaut. Um dreizehn Uhr war er vielleicht sechs oder acht Stunden tot. Die Todesursache kann ich natürlich noch nicht genau sagen, er kommt morgen früh auf den Tisch. Aber das Loch in der Schädeldecke spricht ja Bände. Es würde mich sehr wundern, wenn es etwas anderes gewesen wäre.“ Pause. „Ich melde mich wieder.“ „Danke, auf Wiederhören“, sagte Beatrix geistesabwesend und legte auf.

Sie öffnete die Fallakte im Computer und sah nach, was sich hier schon an Informationen gesammelt hatte. Insbesondere las sie den Bericht der Streife, die zuerst zu dem Todesfall gerufen worden war. Ausgerechnet die bulgarische Putzfrau hatte Haberkorn gefunden. Beatrix fragte sich, was die in der Wohnung gemacht hatte, denn aufgeräumt hatte die Wohnung ja nicht gerade ausgesehen. Allerdings erinnerte sich Beatrix, dass tatsächlich wenig Staub zwischen all den Stapeln herumgekrochen war. Das WC und das Bad hatten, abgesehen von den auch dort vorhandenen „Reichtümern“ des Ernst H., sauber gewirkt. In der Küche hatte es keine vergammelten Lebensmittel gegeben, und nirgends fanden sich Abfälle, die zu stinken begonnen hätten. Anscheinend gab es doch eine Art von Ordnung in diesem Sammlerrefugium, und Maria Stoeva hatte dafür gesorgt, dass diese Ordnung zwischen den Stapeln aufrecht erhalten blieb. Beatrix würde sie am nächsten Tag zur Vernehmung laden. Als erstes musste sie nun die nahen Angehörigen finden. Sie tippte die Nummer von „Iwona“ in ihr Diensttelefon. Es war sieben Uhr abends.

Ein schlechter Geschmack in ihrem Mund

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