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Das Spiel mit dem Abschied Wann kann ich das Kind, die Nachfolgerin, den Schützling gehen lassen?

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Georg Sporschill

Wenn man tausend Kinder von der Straße holt, stehen einem natürlich einige besonders nahe. So ist es auch Robert gelungen, mein Herz zu gewinnen. Er kam zu uns, nachdem seine Eltern ihre Wohnung verloren hatten. Robert schloss die Schule mit der Matura ab, studierte Wirtschaft und erwarb einen Bachelor-Titel. Er ist begabt, spricht Deutsch und Englisch, spielt so gut Fußball, dass er sogar Profi werden wollte. Und er hat seine eigene Band auf die Beine gestellt. Mitreißend klingt es, wenn er in seiner Muttersprache Romanes singt. Robert kann Menschen gewinnen, er sieht gut aus, alle Blicke sind auf ihn gerichtet. Dass ihn die Mädchen anhimmeln, versteht sich von selbst. Bei so begabten jungen Leuten stelle ich mir oft die Frage, ob sie meine Nachfolger werden könnten. Wie wunderbar wäre es, einen so talentierten, sympathischen, witzigen Menschen neben sich zu haben und ihm Leitungsaufgaben anzuvertrauen!

Nun suchen wir für unsere Musikschule in Hosman einen Leiter. Er soll die Schüler aus den bettelarmen Roma-Familien und die besten Lehrer aus dem Milieu zusammenführen und den Unterricht organisieren. Er soll einen Blick für die verletzten Seelen haben und die Ärmsten hereinholen. Ideal wäre es, wenn er die Roma-Sprache beherrschte. Eine Kombination solcher Voraussetzungen ist selten. Robert würde das alles mitbringen. Aber er hat einen anderen Weg eingeschlagen. Er hat jetzt einen Ausbildungsplatz bei einer großen österreichischen Firma und strebt eine Karriere als Manager an. Und neben der Arbeit will er noch seinen Master-Abschluss machen. So wie es aussieht, wird er das schaffen.

Natürlich kennt Robert die Hoffnungen, die ich in ihn setze. Bei unserem letzten Zusammentreffen tröstete er mich: Wir sind Freunde und bleiben Freunde, egal, was wir machen. Ich werde es dir beweisen, wenn du einmal alt und krank bist und nicht mehr gehen kannst; dann werde ich dich schleppen.

Manche unserer Schützlinge würden am liebsten direkt nach der Ausbildung bei uns arbeiten. Die Versuchung ist groß, wenn wir dringend jemanden brauchen, dem wir vertrauen. Aber ich bin überzeugt, dass sie zuerst in die Welt hinaus müssen, um sich in fremden Gewässern zu bewähren. Und wir dürfen sie nicht zurückhalten.

Jesus soll seinen Schülern den bevorstehenden Abschied erklären und dessen Sinn erschließen. Das politische Netz zieht sich zusammen und wird ihm den Tod bringen. Werden seine Schüler das verkraften, werden sie beisammen bleiben, werden sie das Werk, für das er sie geschult hat und das er ihnen übergeben muss, fortführen? Werden sie im Dunkel die Hoffnung bewahren und ihn dann empfangen, wenn er in ganz neuer Gestalt wiederkommt?

Sozialarbeit ist ein Spiel mit dem Abschied. Ähnliches gilt für Eltern und ihre Kinder, für Unternehmer und ihre Nachfolger. Der Abschied im rechten Moment ermöglicht die Rückkehr als Freund. Wann muss ich jemanden gehen lassen? Wann muss ich ihn in die Verantwortung stoßen? Wann muss Distanz sein?

Ihr habt gehört, dass ich zu euch sagte: Ich gehe fort und komme wieder zu euch.

JOHANNES 14,28a

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