Читать книгу Mit Feuer vom Himmel - Ruth Zenkert - Страница 29

Es ist ein Geschenk, einen Liebling zu haben In schweren Stunden halten wir nicht viele Menschen aus. Wer stützt dich dann? Wen möchtest du in der Stunde des Todes in deiner Nähe haben?

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Georg Sporschill

In diesen Tagen wäre Prälat Leopold Ungar hundert Jahre alt geworden. Gestorben ist er vor zwanzig Jahren, am frühen Morgen. Er wollte, dass ich in der Nacht bei ihm blieb. Es waren Stunden der Erschütterung, wie am Ölberg.

Am Nachmittag des Vortages hatte ihn noch Kardinal König besucht, sein Chef und Weggefährte. Der Prälat richtete sich auf, geistesgegenwärtig und gesprächsbereit. Dass die Caritas das Studentenheim in der Annagasse verkauft hatte, ärgerte ihn. Abends klopfte es an der Tür des Krankenzimmers. Sein Nachfolger, der Präsident der Caritas, wollte ihn besuchen. »Der Prälat kann nicht«, musste ich ihm ausrichten. Nur ich durfte bei ihm bleiben. Halbernst trug er mir noch auf, ich solle mich um seine Schwester Vilma, er nannte sie Medi, kümmern, denn sie könne nicht mit Geld umgehen. Bis zu ihrem Tod konnte ich sie mit diesem Auftrag ärgern. Sie war auch schon fast achtzig und hatte als Jüdin Flucht und Nazigefängnis hinter sich. Der Abend wurde für den Sterbenden mühsam. Hilflos fragte ich ihn, ob ich ihm aus dem Brevier das Nachtgebet vorlesen solle. »Für heute habe ich mich dispensiert«, ein Spaß mit letzten Kräften. Als es hell wurde, wollte der Prälat aufstehen. Er tastete zum Gitter an seinem Bett und befahl mir mit schwacher Stimme: »Nimm den Blödsinn weg.« Was sollte ich tun? Ich war allein mit ihm. Der Schwerkranke ließ sich helfen und schlüpfte in die ledernen Hausschuhe. Im Bad betrachtete er sich im Spiegel und schüttelte den Kopf, erschüttert darüber, wie der Tod ihn gezeichnet hatte. Ermattet sank er aufs Sterbebett. Dann kam seine Schwester, um mich abzulösen.

Wer ist bei Jesus in der Nachtstunde, als er das Letzte Abendmahl verlässt und hinausgeht zum Ölberg? Drei Personen treten aus dem Kreis seiner Schüler, in den er die unterschiedlichsten Persönlichkeiten aufgenommen hat, hervor. Der eine ist der Schüler, der ihn überliefern wird, Judas. Eine Verantwortung, die diesen völlig überfordert. Der zweite ist der eine Schüler, der »an der Seite Jesu« lag, es war der, »den Jesus liebte«, Johannes. Die dritte Person ist Simon Petrus, der Leiter der Gruppe.

Einer der Jünger aber wird für ihn in der schwersten Stunde am wichtigsten. Mit ihm verbindet ihn eine besondere Nähe, eine Liebe, die man nicht herstellen kann. Sie ist keineswegs selbstverständlich. Ein anderes Mal, als Jesus einen jungen Mann als Mitarbeiter gewinnen wollte, weil er ihn liebte (Markus 10,21), entschied dieser sich gegen ihn. Der begabte und reiche Jüngling ging traurig weg. Diese Liebe war Jesus nicht geschenkt. Zu seinem ganzen Kreis an Schülern und Mitstreitern hat er eine tiefe Beziehung. »Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung.« (Johannes 13,1b) Trotzdem rückt in der Stunde der Erschütterung der Liebling in seine Nähe. Er trägt Jesus.

In schweren Stunden halten wir nicht viele Menschen aus. Wer stützt dich dann? Wen möchtest du in der Stunde des Todes in deiner Nähe haben?

Einer von den Jüngern lag an der Seite Jesu; es war der, den Jesus liebte.

JOHANNES 13,23

Mit Feuer vom Himmel

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