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Kapitel 1 Ein erschreckendes Geschenk

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Es begann an einem der 52 Sonntage, die das Jahr so bietet. Eigentlich sollte es ein Tag der Ruhe und Besinnung werden. Normalerweise besuchen wir den Gottesdienst und verbringen den Rest des Tages im trauten Heim. Ein Spaziergang zur Körperertüchtigung ist meist auch angesagt.

Was an diesem besagten letzten Julisonntag anders war? Ich war mal wieder ein Jahr älter geworden. Dies war für mich weiter kein Grund zur Beunruhigung, denn es steht jedem jährlich einmal bevor. Dass aber ausgerechnet an diesem Sonntag die Verabschiedung meines Mannes nach 16-jährigem Wirken in einer großen Gemeinde stattfand, gab diesem Tag ein besonderes Gewicht. Außerdem stand ein Wohnortswechsel bevor. Unsere Kinder mussten neue Schulen besuchen und viele Umzugskartons sollten gepackt werden. Ein neues Pfarrhaus, eine neue Gemeinde, neue Leute warteten auf uns. Würden wir uns schnell einfinden? Würde man uns akzeptieren? Viele Fragen begleiteten uns im Vorfeld.

Nach einem traumhaften Abschiedsgottesdienst wanderten wir mit einem großen Teil der Besucher zu einem kleinen Imbiss in das benachbarte Gemeindehaus. Mein Mann erhielt einige Geschenke mit auf den Weg. Dann passierte etwas, das mein Leben von heute auf morgen veränderte. Vom CVJM bekamen wir einen Hühnerstall mit zwei Hühnern und einem Hahn geschenkt. Da der Kirchturm in dieser Gemeinde keinen Hahn hatte, erhielten wir ihn symbolisch für unseren neuen Wirkungsort. Wir sollten sozusagen den „Stallgeruch“ aus der alten Gemeinde in die neue Gemeinde hineintragen. Der Gockel hatte die Menschen für das Evangelium wach zu krähen.

In den meisten Fällen ist eine Geschenkübergabe ganz einfach: Man erhält von jemand anderem ein Geschenk in die Hände gedrückt, dann freut man sich und sagt freundlich Danke. In meinem Fall stand ich wie gebannt da und konnte nicht glauben, was ich sah. Wegen Allergien in unserer Familie hatten wir bisher keine Tiere gehabt, obwohl ich sehr tierlieb bin. Instinktiv nahm ich den Hahn in meine Arme. Noch nie hatte ich Hühner oder einen Hahn angefasst. Wie ich das in meiner Unkenntnis und meinem Schockzustand geschafft hatte, bleibt mir bis heute ein Rätsel. Meine Hausärztin befand sich auch unter den Gästen. Sie sagte mir hinterher, dass ich ganz bleich geworden sei und sie sich gesorgt habe, ich fiele in Ohnmacht. Im Nachhinein war es für mich sehr beruhigend, solche Freunde zur Seite gehabt zu haben.

Trotz allem nahmen wir die beiden Hühner und den Hahn als Geschenk an, auch wenn wir nicht wussten, worauf wir uns da einließen. Als der Hühnerstall samt Inhalt abends in unserem Garten zu besichtigen war, stellten wir nüchtern fest: „Unsere Familie hat sich vergrößert, einfach so, von heute auf morgen.“

Geburtstag, Verabschiedung und Hühnerzuwachs – alles an einem Tag. Das passiert nicht jeden Tag. Somit blieb dieser Sonntag ein herausragender gegenüber seinen 51 Brüdern.

Zwischen Huhn und Himmel

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