Читать книгу Wach auf und finde den Arzt in deinem Herzen - Sabine Lesse - Страница 7
Sei dankbar für jede Enttäuschung
ОглавлениеIch glaube, was es besonders schwer macht, andere Menschen so zu akzeptieren, wie sie sind, ist, dass wir mehr oder weniger alle gleich aussehen. Zumindest gehören wir derselben Spezies an.
Wenn wir Tiere sehen, ist es für uns recht einfach und klar. Wir wissen, welche Eigenschaften und Verhaltensweisen zu ihnen gehören und erwarten diese dann auc
h nur.
So würden wir von einem Pferd nie erwarten, dass es fliegt, von einer Katze nicht, dass sie bellt, von einem Hund nicht, dass er auf Bäume klettert, usw.. Wir würden eine Katze auch nicht dafür verurteilen, dass sie Mäuse tötet und mit ihnen spielt, denn wir wissen ja, sie kann nicht anders, sie ist ja eine Katze.
Wenn wir es schaffen, zu erkennen, dass die Menschen zwar der gleichen Spezies angehören, jedoch dennoch verschieden sind, so wie die unterschiedlichen Tiere, dann fällt es uns leichter, sie zu lassen, wie sie sind. Es liegt dann bei uns, ob wir, nachdem wir erkannt haben, wie ein Mensch ist, mit ihm näheren Kontakt wünschen oder nicht.
Wir sprechen aber dann von genau diesem Menschen, mit all seinen Eigenschaften und nicht von dem, der er werden könnte, wenn er sich nur Mühe geben würde und wir nur genügend Zeit hätten, um ihn zu verformen.
Meist ist es jedoch so, dass wir etwas von jemandem erwarten, was er nicht sein kann. Er ist einfach noch nicht so weit oder vielleicht sogar schon weiter.
Dann sind wir bitter enttäuscht.
Super, das ist das Beste was uns passieren kann, denn Enttäuschung bedeutet das Ende einer Täuschung.
Also absolut positiv, denn wir haben zuvor sehr viel Zeit und Energie an etwas verschwendet, was es nicht wirklich gab, sondern nur in unserem Kopf.
Es ist immer der „Fehler“ des Menschen, der enttäuscht ist, denn er hat etwas anders gesehen, als in Wirklichkeit da war.
Denn wenn du 16 Jahre lang mit einer Katze verheiratet bist und darauf wartest, dass sie bellt, ist das bestimmt nicht das Problem der Katze!
Zum Thema Partner gibt es eine schöne Geschichte aus dem Buch „Die Kuh die weinte“ von Ajahn Brahm, einem buddhistischen Mönch.
Die Geschichte geht sinngemäß wie folgt.
Nach einer Trauung nimmt sich der Vater der Braut den jungen Bräutigam zur Seite und fragt ihn, „du liebst meine Tochter wirklich, nicht wahr?“ „Ja, von ganzem Herzen“, erwidert dieser.
„
Und du kannst dir nicht vorstellen, dass es irgendwo eine bessere Frau gibt als sie?“
„
Nein, sie ist die beste, liebste und hübscheste von allen.“
„
Ja, ja, so ist es wenn man frisch verliebt ist“, erklärt der alte Mann und fährt fort, „aber in einigen Jahren wird gewiss der Tag kommen, an dem du auch alle Fehler und Schwächen meiner Tochter siehst. Und genau an diesem Tag mein lieber Schwiegersohn bedenke, hätte sie all die Fehler und Schwächen nicht von Anfang an gehabt, hätte sie einen besseren Mann als dich geheiratet!“
Nun, auch wenn diese Geschichte zum Schmunzeln ist, so steckt in ihr auch sehr viel Wahrheit, denn es ist genauso.
Wir kommen immer mit den Menschen zusammen, die für unsere Entwicklung wichtig sind.
Das bedeutet nicht, dass das für uns angenehm sein muss. Im Gegenteil, gerade die unbequemen, nervenden Menschen sind die wichtigsten für uns.