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Kapitel 7
ОглавлениеHartmut, Wolfgang und die Räuber umritten den Höcherberg und legten eine Rast in der Nähe des Dorfes Bexbach ein.
„Wir werden uns dort mit Vorräten eindecken. Heute Abend erreichen wir den Homburger Wald, wo wir uns auf die Lauer legen.“
„Der Lange soll mit dem Wagen in den Ort fahren und sich als Händler ausgeben. Er kann von dem Tuch verkaufen und im Gegenzug Brot, Speck, Rüben und Wein erwerben“, schlug Sveti vor.
„Das ist ein guter Einfall. Er soll noch Seifenpulver mitbringen. Wolfgang und ich, wir rasieren uns die Bärte ab, damit uns niemand erkennt. Jetzt wo wir so nahe an der Homburg sind, müssen wir aufpassen. Es ist zwar schon ein paar Jahre her, seit wir das letzte Mal hier gewesen sind, aber wie der Zufall will, läuft uns doch noch einer über den Weg, der uns kennt.“
„Da haben wir aber Glück, dass wir noch nie hier waren, sonst müssten wir uns auch noch die Bärte stutzen. Könnt ihr euch Smolek ohne Bart vorstellen?“
„Nie und nimmer! Passt auf, heute Nacht, wenn er schläft, rasieren wir ihm alle Haare aus dem Gesicht!“
„Untersteht euch! Wenn ihr das macht, schlitze ich euch eigenhändig mit dem Rasiermesser die Kehle auf!“, drohte Smolek und erhob wütend die Faust.
„Reg dich wieder ab!“, das war doch nur ein Scherz, beruhigte Sveti ihn. In der Zwischenzeit war der Lange aufgebrochen und lenkte das Fuhrwerk in den kleinen Ort.
„Gutes Tuch! Feines Tuch für die Damen!“, rief er. Ein paar Bewohner traten auf die Gassen und sahen neugierig, was der vermeintliche Händler zu bieten hatte.
„Was willst du für fünf Ellen von dem grünen Stoff?“, fragte eine Bäuerin und ließ den weichen Stoff durch ihre Finger gleiten. Der Lange nannte einen Preis.
„Was? Das ist doch viel zu viel! Für die Hälfte würde ich ihn nehmen.“
„Für die Hälfte, Weib, kannst du mir den Buckel runterrutschen!“
Die Bäuerin erhöhte ihr Angebot und der Lange schlug ein. Er wurde noch ein paar Ellen des Stoffes los.
„Sag mir, wo bekomme ich hier etwas zu essen?“
„Du kannst mit mir kommen“, forderte ihn die Bäuerin auf. Er lenkte das Fuhrwerk Richtung Bauernhof und erwarb Schinken, Käse, Brot, Rüben, Äpfel, Wein und Seife. Dann fuhr er zurück zu der kleinen Lichtung am Bexbach, wo ihn seine Kumpanen schon erwarteten.
„Na, hast du uns etwas mitgebracht?“
„Ja, die Bauern haben mir einiges von dem Tuch abgekauft, sodass ich uns einen großen Vorrat an Essen besorgen konnte.“
Sveti und die anderen blickten anerkennend auf die Vorräte.
„Was man mit ehrlicher Arbeit alles erreichen kann!“, wunderte sich Smolek.
„Ganz ehrlich war das nicht! Oder woher stammte der Stoff?“, fragte Hartmut.
„Lasst uns etwas essen, bis sich die Herren Ritter rasiert haben.“
Die Räuber aßen Brot mit Käse. Beim Wein hielten sie sich zurück. Als sich Hartmut und Wolfgang gegenseitig das letzte Haar aus dem Gesicht geschabt hatten, brachen sie auf.
„Euch erkennt niemand mehr. Das mit dem Bart war eine gute Idee“, begutachtete Sveti die Ritter. Sie ritten durch den Wald, bis sie schon von Weitem den hohen Berg mit der Homburg erblickten.
„Wir müssen einen Umweg durch den Wald machen, damit man uns auf der freien Ebene vom Bergfried aus nicht sieht.“
„Wir sehen doch aus wie ganz gewöhnliche Reisende.“
„Trotzdem soll sich niemand an uns erinnern. Fremde sind immer verdächtig, wenn ein Verbrechen geschieht!“
„Das stimmt.“
Sie lenkten das Fuhrwerk und ihre Pferde durch den dicht gewachsenen Wald und hatten Glück, dass ihnen niemand begegnete.
„Dort vorne müssen wir über die Bergnase und dann schlagen wir unser Lager am Lambsbach auf.“
„Wie kriegen wir heraus, wann die Gräfin alleine unterwegs ist?“
„Einer von uns sollte hoch zur Burg und auskundschaften, was die Dame so treibt.“
„Das macht am besten der Lange, der ist schon einmal als Händler durchgegangen und sieht am harmlosesten aus.“
Als sie einen gut versteckten Rastplatz gefunden hatten, stiegen sie von ihren Pferden und richteten ihr Nachtlager her.
„Zum Glück hat der Lange so gut für uns eingekauft. Jetzt können wir kräftig zuschlagen.“
„Aber lasst noch etwas für die nächsten Tage übrig. Wir wissen nicht, wann wir wieder etwas besorgen können.“
Die Räuber aßen Brot, Käse und Speck und sprachen reichlich dem Wein zu, bis Wolfgang sie ermahnte:
„Macht nicht einen solchen Lärm, oder wollt ihr, dass man euch bis zur Burg hört?“
„Schon gut, schon gut! Der Smolek kann den Rest im Krug haben, dann legen wir uns nieder.“ Hagen reichte Smolek, der kaum noch stehen konnte, den Krug und sah zu, wie dieser gierig den Rest hinunterkippte.
„Das tut gut, was?“
„Ja“, sagte Smolek von einem lauten Rülpsen begleitet und ließ sich auf sein Nachtlager sinken.
„Schnell Sveti, den kriegen wir jetzt dran!“, rief Hagen spitzbubenhaft.
Der Räuberhauptmann holte Seifenpulver, Wasser und ein scharfes Messer hervor. Mit einem diebischen Grinsen bereiteten Sveti und Hagen Rasierschaum und strichen ihn auf Smoleks Bart.
„Morgen früh wirst du Augen machen“, grinsten sie und rasierten die schmutzig verfilzten Haare aus dem Gesicht. Noch lange lachend legten sie sich nieder.
Der Morgen dämmerte, als plötzlich ein Schrei durch den Wald erschallte.
„Wer von euch Mistkerlen hat das gemacht? Wer war das? Wartet, bis ich euch in die Finger kriege!“, schrie Smolek wütend. Der Wein hatte ihm einen Brummschädel beschert, den er in dem kühlen Wasser des Baches abkühlen wollte. Als er an dem Gewässer angelangt war, erblickte er sein bartloses Antlitz auf der glatten Wasseroberfläche. Er traute seinen Augen kaum und rannte schnellen Schrittes zum Lager zurück.
„Wer war das? Ich schlag euch krumm und bucklig!“
„Ich war´s!“, rief Hagen, der Bucklige. „Da brauchst du nicht mehr zu schlagen. Bucklig bin ich schon!“
„Warte nur!“ Smolek stürzte auf Hagen, der ihm geschickt auswich.
„Bist wohl zu langsam? Was?“, neckte Hagen und ließ sich mehrmals durchs Lager jagen, bis Sveti schließlich dem ganzen Einhalt gebot:
„Schluss! Es reicht jetzt! Wenn ihr so weiter macht, wird wirklich noch die ganze Burg auf euch aufmerksam! Die paar Haare wachsen schneller nach, als du sehen kannst und so bist du wenigstens deine Filzläuse los.“
Smolek, der ganz außer Puste war, ließ sich besänftigen.
„Der Lange soll aufbrechen“, befahl Sveti. Dieser richtete die Stoffe auf dem Fuhrwerk, spannte die Pferde ein und brach auf. Als er oben am Burgtor angelangt war, bat er beim Torwächter um Einlass:
„Ich möchte den Herrschaften meine schönen Stoffe feilbieten. Sie werden bestimmt ein paar Ellen gebrauchen können.“
Der Wächter besah sich die Ladung und winkte den Langen durch.
„Stoffe, schöne Stoffe, fein gewebt!“, rief er auf dem Unterhof. Neugierig begutachteten die Mägde die Ladung des Fremden. Johanna, die Hauswirtschafterin, trat aus dem Gesindehaus und begrüßte den Händler.
„Schöne Stoffe hast du. Ich werde den Edelfrauen und Gräfinnen Bescheid sagen, dann können sie auch einen Blick auf deine Waren werfen.“
„Gerne“, der Lange war vom Wagen gestiegen und verneigte sich. Es dauerte nicht lange, bis Mechthild, Irmgard und die anderen Damen auf den Hof traten.
„Oh, welch schöner Stoff!“, rief Irmgard. „Da könnte ich ein schönes Kleid davon nähen.“ Sie ließ einen blauen, feinen Stoff durch ihre Finger gleiten.
„Ja, der hat etwas, aber der Rote ist auch schön.“
„Ich glaube du wirst heute gute Geschäfte machen, Tuchhändler“, meinte Mechthild.
„Ich hoffe es, werte Gräfin!“
Die Damen erwarben einige Ellen Tuch und schickten den Langen in die Küche, um sich etwas zu essen geben zu lassen. Emma reichte ihm Brot, Schinken und Wein.
„Vielen Dank. Zu euch kommen wohl nicht oft Händler?“
„Nein, nur hin und wieder verirrt sich einer hierher.“
„Ich habe gehört, ihr habt hier zwei Grafen.“
„Ja, Konrad und Friedrich.“
„Und die beiden Damen auf dem Hof sind ihre Gattinnen?“
„Ja, Mechthild und Irmgard.“
„Die Jüngere ist die hübscheste Gräfin, die ich je gesehen habe.“
„Ja, wir sind sehr stolz auf unsere Mechthild, obwohl sie auch ein ganz schöner Sturkopf sein kann.“
„Wie meinst du das?“
„Sie lässt sich von niemandem etwas sagen. Ich bin nur froh, dass sie jetzt doch ein wenig auf Konrad hört. Sie ging immer so gerne alleine mit ihrem Sohn in den Wald, doch nun hat sie versprochen, nur noch in Begleitung eines Ritters loszuziehen. Es gibt einfach zu viele Räuber.“
„Da habt ihr recht. Ich bin auf meinen Reisen auch schon vielen Leuten begegnet, die überfallen wurden. Geht sie weit von der Burg weg?“
„Meistens nur Richtung Merburg, aber das reicht schon.“
„Ja, man kann nie vorsichtig genug sein! Ich muss nun sehen, dass ich weiterkomme, vielen Dank für das Mahl.“ Der Lange trank noch einen Schluck Wein, wischte sich mit dem Ärmel den Mund ab und verließ die Küche. Zufrieden stieg er auf den Wagen und lenkte ihn zurück zum Räuberlager.