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1.3 Drei

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Als Silke am nächsten Tag von der Arbeit nach Hause kam, war sie müde und erschöpft. Der Tag war anstrengend gewesen, viele ihrer Kunden hatten Extrawünsche gehabt und sie fühlte sich mit jeder Behandlung unwohler.

Der Nachmittag auf dem Friedhof steckte ihr ebenfalls in den Knochen. Sie hatte das Gefühl, krank zu werden, obwohl sie tatsächlich nicht anfällig für Erkältungen war.

Seufzend zog sie die Ballerinas aus und ging in die Küche, um für ihre Freunde, die jeden Augenblick auftauchen würden, Kaffee zu kochen.

Während dieser durch die Maschine lief, öffnete Silke den Medizinschrank, um eine Kopfschmerztablette zu nehmen. Sie schluckte sie mit etwas Wasser und lehnte sich anschließend gegen die Arbeitsplatte.

Auch an diesem Tag hatte sie nicht die Kraft dafür, ihren Freunden unter die Augen zu treten. Aber wenn sie es nicht tat, würden sie bemerken, dass etwas nicht mit ihr stimmte. Und niemand sollte sehen, dass es ihr nicht gut ging.

Es klingelte und Silke marschierte in den Flur, um den Türsummer zu betätigen. Sie öffnete die Tür, lehnte sie nur an und verschwand in der Küche, wo sie vier Tassen aus dem Schrank nahm.

Die Stimmen ihrer Freunde hallten durch das Treppenhaus und sie atmete tief durch. Sie würde das hinbekommen, sie musste einfach.

Mit einem gespielten Lächeln auf den Lippen wartete Silke im Flur, als ihr bester Freund die Tür öffnete. Sofort strahlte er sie glücklich an und schloss sie in die Arme, während er die Tüten vom Bäcker in der linken Hand jonglierte.

»Noch einmal alles Liebe zum Geburtstag, viel Glück und Gesundheit und dass alle deine Wünsche in Erfüllung gehen.« Er küsste sie auf die Wange und gab sie frei.

»Danke.« Silke schenkte ihm ein gequältes Lächeln und wandte sich Jana zu. Die beiden Frauen schlossen sich in die Arme.

»Herzlichen Glückwunsch nachträglich«, gratulierte Jana und reichte ihr eine Geschenktüte und einen Strauß pinkfarbene Gerberas, ihre Lieblingsblumen.

Zuletzt umarmte auch Jessi sie und wünschte ihr nur das Beste. Sie überreichte Silke eine violette Orchidee, in der ein Umschlag steckte.

»Danke schön«, lächelte sie angestrengt.

Ihre Freunde liefen ins Wohnzimmer, wo Silke die Geschenke auf einer Kommode abstellte. Eric legte die Bäckertüten auf den Tisch und folgte seiner besten Freundin in die Küche, während Jana und ihre Schwester auf der Couch Platz nahmen.

»Geht es dir besser?«, fragte Eric. Er holte kleine Kuchenteller aus dem Schrank und zog das Besteckfach auf. Dass er sich die Frage hätte schenken können, bemerkte er schnell. Die dunklen Ringe unter Silkes Augen sprachen Bände, genauso wie die hängenden Mundwinkel.

»Alles bestens«, flüsterte sie. »Auf Arbeit ist es gerade stressig.«

Eric sah Silke an der Nasenspitze an, wenn sie log. »Bist du sicher, dass es nichts mit F...«

»Nein!«, schnitt sie ihm bissig das Wort ab und stellte die Kaffeemaschine aus. Sie nahm die Kanne und die Tassen und marschierte ins Wohnzimmer. Eric folgte ihr mit den Tellern, Besteck sowie Milch und Zucker.

Schweigend aßen die Freunde den Kirschkuchen und tranken eine Tasse Kaffee. Jana entging die angespannte Stimmung zwischen Eric und Silke nicht und tauschte einen Blick mit ihrer kleinen Schwester. Jessi zog die Schultern in die Luft. Sie hatte keine Ahnung, was vorgefallen war.

»Hast du dich schon entschieden, ob du in der Wohnung bleibst?«, ergriff Jessi die Initiative.

»Nein«, antwortete Silke kurz angebunden.

»Warst du in der letzten Zeit bei Wohnungsbesichtigungen?«, fragte sie weiter, um die Situation zu entspannen.

»Nein. Darauf habe ich keine Lust. Ich komme klar.«

»Ich werde meinen Vermieter im Laufe der Woche anrufen und fragen, ob es eine Möglichkeit gibt, eher aus dem Mietvertrag zu kommen. Ich möchte nicht mehr allein wohnen.«

Jana betrachtete ihre Schwester und wusste, dass sie das nur sagte, damit Silke nicht mehr allein war. Jessi liebte ihre Freiheit, aber sie machte sich Gedanken um Silke. Es ging ihrer Freundin nicht gut, das sah sogar ein Blinder.

Silke hatte sich in den letzten Monaten zurückgezogen, Jana verstand das. Was kurz nach Weihnachten vorgefallen war, hatte ihr den Boden unter den Füßen weggezogen. Das war nun über ein halbes Jahr her, aber für Silke war es offenbar noch so schmerzhaft wie am ersten Tag.

»Wegen mir musst du das nicht tun. Ich komme, wie gesagt, klar.«

Eric schüttelte kaum merklich den Kopf und verkrampfte seine Hand, mit der er die Kaffeetasse hielt. Silke kam nicht klar, doch anstatt sich ihm anzuvertrauen, zog sie sich immer weiter von ihm zurück. Er hasste diese Situation, aber wenn sie ihn nicht an sich heranließ, war er machtlos.

Jana bemerkte die Reaktion ihres Freundes und legte ihm beruhigend eine Hand auf den Oberschenkel.

Stumm stand Silke auf und räumte den Tisch ab. Kaum, dass sie den Raum verlassen hatte, stützte Eric sein Gesicht in die Hände und stieß einen leisen Fluch aus.

»Fuck!« Er massierte seine Schläfen und sah auf. »Irgendetwas stimmt nicht.«

»Sie hat es nicht überwunden«, flüsterte Jana. »Ich spreche mit ihr.« Sie nahm den Rest des Kuchens und folgte Silke in die Küche. Diese stand über das Waschbecken gelehnt und hielt den Kopf gesenkt. Jana stellte den Kuchen ab und trat an ihre Freundin heran, bevor sie ihr eine Hand auf die Schulter legte.

»Du weißt, dass du jederzeit mit uns reden kannst. Du musst nicht so tun, als wäre alles in Ordnung, wenn es das nicht ist.«

Silke wandte sich um und Tränen glitzerten in ihren Augen. »Ich will nicht reden, versteht ihr das? Ich will meine Ruhe haben und allein sein. Nicht mehr und nicht weniger. Ist das zu viel verlangt?«, fuhr Silke aus der Haut und rauschte an ihrer Freundin vorbei. Jana zuckte leicht zusammen.

Sekunden später knallte die Wohnungstür ins Schloss.

Silke rannte die Treppe nach unten, verließ das Wohnhaus am Wasaplatz und sprang in die erstbeste Straßenbahn, die vor ihrer Nase hielt.

Warum versuchte jeder, sie zu verstehen, obwohl sie allesamt keine Ahnung hatten, was in ihr vorging?

Stundenlang fuhr und lief Silke durch Dresden, ohne ein Ziel vor Augen zu haben. Sie genoss die Ruhe und kehrte erst in ihre Wohnung zurück, als es bereits dämmerte.

Wie erwartet, waren ihre Freunde gegangen.

Silke ließ sich auf die Couch sinken, winkelte die Beine an und blieb sitzen, bis das letzte Sonnenlicht erloschen war und ihre Wohnung in Dunkelheit lag.

Sommerregengeheimnis

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