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Nicht für möglich gehalten. Chance und Risiko des eigenen Weges
ОглавлениеWenn wir Männer uns weiter entwickeln wollen, werden wir nicht darum herumkommen, Risiken einzugehen. Es macht dabei wohl einen erheblichen Unterschied, aus welchen Motiven wir das tun. Wollen wir uns verändern, weil wir glauben, wir müssten? Weil es unsere historische Pflicht ist? Weil wir nur so anerkannt und geliebt werden? Weil wir uns nach wie vor als Mann beweisen müssen? Oder weil wir ein eigenes Bedürfnis damit verbinden? Was motiviert uns nachhaltig, lässt uns wirklich etwas wagen? Risiken einzugehen, etwas Neues anzupacken und dabei über sich selbst hinauszuwachsen, all das gehört zum klassisch-männlichen Klischee, das in Hollywood immer noch gern beschworen wird. Die Filmindustrie bietet allerdings inzwischen auch differenziertere Bilder an und zeigt Männer, die in ihrem Heldenmut gebrochen und widersprüchlich sind. Sie werden nicht nur in ihrer Größe, sondern auch in ihrer Menschlichkeit gezeigt, wie in Ziemlich beste Freunde oder in The King’s Speech.
Noch menschlicher wird es beim wöchentlichen Krimi. Die Männer, die uns im Tatort als Identifikationsfiguren angeboten werden, haben fast ausnahmslos ein massives Problem mit Frauen und Beziehungen, baggern wie blöde, können sich nicht einlassen, werden verlassen oder sind mit ihrem Job verheiratet.
Das sich verändernde, irritierende Geflecht von Mythen und Klischees, von Wünschen, Erwartungen und Enttäuschungen, wie es in den Medien zum Ausdruck kommt, bildet das kollektive Umfeld, in dem wir Männer uns als sexuelle Wesen erfahren und definieren. Es sieht so aus, als könnten wir dabei mehr falsch als richtig machen. Wir stehen unter dem Generalverdacht des Triebtäters, unsere Sexualität gilt als etwas sehr einfach und zu zielorientiert und wir werden unmissverständlich aufgefordert, auf jeden Fall die Grenzen der Frau zu respektieren. Noch besser aber sind wir so unwiderstehlich männlich, dass eine Frau nur noch eines im Sinn hat: sich uns grenzenlos hinzugeben oder sogar zu unterwerfen. Shades of Grey49 lässt grüßen.
Aus diesem zuweilen paradoxen Umfeld50 kommen wir nicht ohne weiteres heraus, und dies kann selbst schon einiges in uns in Gang bringen. Wir können uns jedoch auf unsere eigene Entdeckungsreise begeben und unserem Selbstbild eine lebendige, von innen unterstützte Grundlage verschaffen. Wir können Verantwortung für unsere Entwicklung übernehmen. Es ist uns nicht egal, was von uns erhofft, erwartet oder erwünscht wird, aber all dies muss nicht das letzte Kriterium sein, an dem wir uns orientieren.
Einen solchen Weg einzuschlagen schaffen wir Männer nicht im Alleingang. Wir brauchen dafür ein wohlwollendes Umfeld, in dem wir nicht ständig unter Rechtfertigungsdruck geraten. In unseren Gesprächen lag es uns am Herzen, ein solches Umfeld anzubieten. Die Männer, die Sie bald näher kennenlernen werden, ringen mit sich, ihrer Lust, ihren Ängsten und vor allem auch mit ihren Partnerinnen und Partnern. Sie waren bereit, an diesem Buchprojekt mitzuwirken, weil sie selbst gerne früher in ihrem Leben von dem in ihnen schlummernden Potenzial gewusst hätten. Sie wollen anderen Männern ermöglichen, möglichst frühzeitig davon zu erfahren. Sie sind keine Vorbilder, aber vielleicht Impulsgeber.
Nicht in einem klar umrissenen Set erstrebenswerter Eigenschaften liegt unser Reichtum als Mann, sondern in unserer Vielfalt, mit der wir hier und da auch anecken. Im Bestreben, ein richtiger Mann zu sein, verpassen wir diesen Reichtum. Was sollte das sein, ein richtiger Mann?
Der „richtige Mann“ ist ein Phantom, das wir zwar bewundern können, das uns aber davon abhält, unsere eigenen Lieben und Vorlieben zu erforschen und diese zu leben. Wie liebenswert ist dagegen ein ganz realer Mann?