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Der zarte Riese

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Es war einmal ein Riese, der war so zart, so zart! Und nun ging er durch die Menschen. Wie sanft nur setzte er seine Schritte, wie sanft. Und noch mit seinem allersanftesten zertrat er so viele nette freundliche Menschen: Frau Direktor Buller ganz platt, ganz platt; Herrn Geheimrat Wersch; Herrn Omnibuskutscher Koppke; so nette Menschen zertrat vorsichtig der zarte Riese. Da weinte er. Wie Wolkenbrüche, aber salzig, stürzten seine Tränen auf gute, liebe Menschennaturen. Die Kinderschule, ja die Kinderschule kam ins Schwimmen, brach ein, sank. Der Riese weinte, Mütter schrieen, Versicherungsgesellschaften starben. Der schmerzlich bewegte Riese warf sich zu Boden, aber die Erde bebte: London, Madrid, Zehlendorf und Nowawes fielen zusammen wie Kartenhäuschen. Gut, gut meine ich es, beteuerte der zarte, so zarte Riese, und seine reuige Stimme erzeugte einen solchen Luftdruck, daß achtzig junge und alte Kellner des Luna-Parkes weggeweht wurden wie Papierschnitzel. Der Riese stieß einen tiefen Seufzer aus seiner grameswunden Brust, es explodierte davon ein Krematorium nebst vier Friedhöfen, ein Hagel von Asche und Gebeinen wirbelte durch die Lebendigen. Und es graute dem Riesen vor sich selber, als er, von Witwen und Waisen umgraupelt, auf flachem Felde hingestreckt lag; unter ihm ein Gutshof mit einer Meierei, alles voll verröchelnder Tiere und Menschen. Tötet, o tötet ihr kleinen, feinen Leute mich, den sanften Mörder eures Glücks, bat der Riese. Da hatte er gut bitten, sein Wimmern zerpuffte ein Wöchnerinnenheim, eine Grenadierkaserne, die natürlich in der Nähe lag, einen regierenden Herrn, der mit herrlichem Auto daherbrauste, und ein paar alternde Mädchen, die zum Postamt eilten. Aber, lächelte der Riese, und überirdische Wehmut brach aus seinem Blick – aber kann ich Sanfter, der ich nur zu groß bin, viel zu groß bin um der guten, dieser lieben, so kleinen, so niedlichen, munteren Leute willen, mich nicht selber töten? Hallelujah, lallte er ganz leise aus Furcht, jemanden zu verletzen; Heureka, lächelte er bei sich, wohlan! Er nahm einen tollen Anlauf, sprang himmelhoch, vollführte in den Wolken einen Salto mortale und fuhr kopfüber so blitzlings mit dem Schädel auf die nächste Kirchturmspitze, daß seine Seele gar nicht ohne Salbung von hinnen ging. Der Turm schlug mit dem prachtvollen Gigantenleib zwei Stadtteile in Trümmer: der Dichter Promethke starb bei dieser Gelegenheit. Und nun begann – nasus teneatis! – das Zeitalter der Verwesung, das noch bis auf die heutige Nacht fortdauert. – So kann wahre Sanftmut wirken wie höllischste Teufelei – sollte sie von einem Riesen herrühren.

Rosa, die schöne Schutzmannsfrau

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