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Ein paar Kilometer von Meride entfernt, auf einer Waldlichtung oberhalb des Dorfs Arzo, öffnete Emma ihre Augen. Sie lag im Dachzelt ihres gelben Campingbusses. Viel frische Luft, dünner Stoff nur, der sie vom Himmel und den Geräuschen des Laubmischwaldes trennte. Ihr Kopf schmerzte ein wenig. Karin hatte am Abend zuvor großzügig nachgeschenkt, während sie bis spät nachts Muster prüften: geometrische Anlagen, in sich verschlungene Ornamente, Motive aus Flora und Fauna. Ein Mosaik sollte künftig den Sitzplatz von Karins Rustico schmücken, und für Emma war klar: Da mussten Fische, Pfauen und Löwen hin, halbnackte Frauen und Männer mit Trauben und Weinkrügen. Karin hingegen verschloss sich allen Argumenten und bestand auf dem Labyrinth in Kreisform. Schwarz-weiß. Langweilig. Emma hatte kurz ihre spontane Entscheidung bereut, Karin zu besuchen, weil sie Mosaike-Legen so sehr liebte. Sich zusammen mit dieser Bekanntschaft aus einem Workshop die Knie wund scheuern, schwitzend Steinchen an Steinchen legen, im Minimum zwei mal zwei Meter groß: Wer wollte heiße Sommertage so verbringen? Sie. Emma Tschopp, einundfünfzig, alleinstehend und kinderlos, Ermittlerin bei der Polizei Basel-Landschaft mit dreiundzwanzig Tagen Ferienguthaben, die sie noch dieses Jahr nehmen musste. Emma seufzte und schloss die Augen. Sie sollte noch ein wenig schlafen, bevor es heiß wurde.

Rubio schlief unten im Bus. Emma richtete ihm jeden Abend das Lager für zwei Personen ein. Ein Mal nur war sie in ihrem Dachzelt in tiefen Schlaf gesunken, ohne für ihn den Rücksitz zum Kingsize-Bett umzubauen. Rubios Rache war Scheiße, anders war es nicht zu nennen. Emma hatte den Bus mit viel Shampoo gereinigt, bis er wieder so gut roch wie damals, als sie ihn gebraucht gekauft hatte.

Der Labrador zog es vor, auf seiner Decke im Arisdorfer Bauernhaus zu schlafen. Die Decke hatte ein paar Löcher, in denen er sich manchmal verhedderte, aber sie roch nach Zuhause. Dort wusste Rubio, was ihn erwartete. Emma, die ihm die Tür öffnete, wenn er von seinem Rundgang durch die benachbarte Hofstatt zurückkehrte oder aus dem Wäldchen weiter oben. Vertraute Wege auch zu zweit, manchmal ein Ausflug nach Basel, wenn Emmas Dienstplan es zuließ. Wartestunden auf der Decke, faul verdöst, und Freude, wenn sich der Schlüssel im Schloss drehte. Alles viel besser als dieser Bus. Ein unstetes Ding, das ihn an Orte führte, die er nicht kannte, und ihm Nächte fern der warmen Küche aufzwang. Elsässische Wildschweine, die ihn aufschreckten. Baselbieter Bauern, die mitten in der Nacht an die Windschutzscheibe klopften, weil Emma es nicht lassen konnte, frei zu campen. Rubio vermochte keinen zu vertreiben. Emma musste jeweils vom Dach klettern und die Situation klären, mit ihrer Stimme, die so lieb klingen konnte und so streng. Von Emma selbst hatte Rubio kein Bild. Er konnte ihre violette Trainingsjacke nicht sehen, die sie seit Jahren begleitete, die braunen Locken mit Silberfäden, nie in Form gebracht, das runde Gesicht mit den vielen Fältchen um die Augen. Ein weicher Körper, der davon erzählte, was Emma gern mochte: Pasta und Rotwein, Entrecôte mit Kräuterbutter, viel französische Sauce am Salat, Pommes Allumettes, Würste weiß oder pikant, Blauschimmelkäse. Alles in edle Fettpölsterchen verwandelt, besonders am Bauch und an den Hüften, etwas unbeholfen mit Kleidung kaschiert. Das kümmerte Rubio nicht. Er umrundete auch gelassen die Bücherberge und schmutzigen Kaffeetassen im Wohnzimmer. Emma roch fein, das reichte. Und zwar überall, von innen her. Alles an ihr war Weide und Wild, in tausend Nuancen stieg sie ihm in die Nase, durch und durch gut.

Tessiner Verwicklungen

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