Читать книгу Studienführer Medizin - Saskia Christ - Страница 8
Gute Gründe für ein Medizinstudium
ОглавлениеWenn Du Dich mit dem Gedanken an ein Medizinstudium trägst, solltest Du folgende Voraussetzungen mitbringen:
ØDu magst Menschen Klingt banal, ist es eigentlich auch. Als zukünftiger Mediziner wirst Du viel Kontakt mit Menschen haben. Du musst mit ihnen reden, Du musst sie anfassen, Du musst ihnen zuhören können. Nicht jeder Deiner zukünftigen Patienten ist jung, dynamisch und gutaussehend. Solltest Du nicht gerade in der Kinderheilkunde landen, so ist ein nicht zu vernachlässigender Teil Deiner Patienten alt, oft auch dement und nicht selten eine Herausforderung für alle Sinnesorgane. Selbst in Fachrichtungen wie Chirurgie und Anästhesiologie, wo man oft mit schlafenden Patienten zu tun hat, kommt man um ein Mindestmaß an Kommunikation und Empathie nicht herum.
ØDu hast kein Problem damit, Dein Leben lang zu lernen Der Ausdruck »lebenslanges Lernen« mag etwas abgegriffen klingen, aber Du wirst ihn während Deines Medizinstudiums und danach noch oft hören. Natürlich bringt es jeder Beruf mit sich, dass man sich weiterbilden muss, aber in keinem Bereich ist es so offensichtlich und unvermeidlich wie in der Medizin. Allein aus Deiner Verantwortung den Patienten gegenüber wird von Dir erwartet, dass Du Dich regelmäßig weiterbildest und auch nach dreißig Jahren noch up to date bist. Die Medizin wandelt sich schnell, was Du vor fünf Jahren noch als Standardtherapie gelernt hast, kann heute schon völlig veraltet sein. Natürlich musst Du als Augenarzt nicht die aktuelle Operationsmethode für den gebrochenen Unterschenkel kennen, aber Dein Fach solltest Du schon beherrschen. Dies ist nicht nur ein innerer Zwang, sondern auch ein äußerer. Wenn Du gerade den Prüfungsmarathon am Ende des Studiums hinter Dich gebracht hast, geht es nämlich auch schon wieder von vorne los. Du beginnst Deine Facharztausbildung und musst Dich da erst einmal richtig einarbeiten. Wenn Du den ganzen Anforderungskatalog abgearbeitet hast, kommt die Facharztprüfung auf Dich zu. Für die darfst Du noch einmal richtig ranklotzen – und das neben Deiner Vollzeitstelle. Wenn Du die Facharztprüfung dann endlich hinter Dich gebracht hast, bereitest Du Dich bestimmt auf irgendeine Zusatzbezeichnung vor und das Spiel geht wieder von vorne los. Bis Du dann mal alle Prüfungen hinter Dich gebracht hast, bist Du fast in Rente. Aber eines kann ich Dir zur Beruhigung versichern: Man gewöhnt sich dran. Irgendwann nimmst Du es einfach als gegeben hin, dass Du andauernd irgendein Fachbuch mit Dir herumschleppst oder in regelmäßigen Zeitabständen für die nächste Prüfung lernst. Nichtsdestotrotz ist eine gewisse Leidensfähigkeit sehr hilfreich.
ØDu kommst gut mit Hierarchien klar Wenn Du Dein Studium beendet hast, wirst Du erst einmal einige Zeit im Krankenhaus arbeiten müssen. Hier wirst Du ein streng hierarchisches System erleben. Es gibt einen Chef, ein paar Oberärzte, Fachärzte, erfahrene und nicht so erfahrene Weiterbildungsassistenten und Dich. Je weiter unten Du in dieser Hierarchie stehst, desto schmaler ist Dein Entscheidungsspielraum. Du wirst lange Zeit keine relevanten Therapieentscheidungen treffen und selbst wenn Du mal so weit bist, eigene Entscheidungen treffen zu können, so ist der Rahmen, in dem Du Entscheidungen treffen kannst, doch sehr genau vorgegeben. Du solltest also in einem gewissen Maße in der Lage sein, Dich unterordnen zu können, wenn Du nicht permanent anecken willst.
ØDu denkst, Schlaf sei überbewertet Das ist eine absolute Grundvoraussetzung! Bereits während Deiner ersten Praktika im Studium wird Dir leider auffallen, dass der Arbeitstag in der Medizin verdammt früh anfängt. Stell Dich schon mal darauf ein, dass Dein Arbeitstag in der Regel zwischen sieben und acht Uhr beginnt – und das für die nächsten vierzig Jahre! Die Hoffnung, dass Du dementsprechend früher nach Hause gehen kannst, erfüllt sich leider meist auch nicht. Hinzu kommen später noch die Nachtdienste. Hier kannst Du durch geschickte Fachwahl noch einiges steuern – wenn Du zum Beispiel in der Dermatologie arbeitest, sollten sich nächtliche Ruhestörungen in Grenzen halten. In der Regel wirst Du jedoch mehrmals aus dem Schlaf gerissen, um Notfallpatienten zu sehen.
ØSpontaneität ist für Dich ein Fremdwort Ist es das noch nicht, so wird es das bald werden! Deine Freunde wollen am Sonntag eine Bergtour machen? Du hast garantiert Dienst oder bist »Zustand nach Dienst«, das heißt, Du bist zu nichts zu gebrauchen. Dein Yogastudio bietet im Herbst einen Retreat im Schwarzwald an? Der wird ohne Dich stattfinden, denn Du musstest Deinen kompletten Jahresurlaub schon ein Jahr zuvor planen und leider hast Du nicht Ende, sondern Anfang Oktober die Woche frei, die Du jetzt gut gebrauchen könntest. Tauschen geht nicht, denn Deine Wunschwoche liegt in den Herbstferien und die haben sich schon die Kollegen mit Familie reserviert. Das mag von Abteilung zu Abteilung leicht variieren, aber Du kannst generell davon ausgehen, dass Deine Arbeits- und Urlaubszeiten zu einer ernsthaften Belastungsprobe für Deine Beziehung werden. Vom Schichtdienst ganz zu schweigen.
Sollten Dich all diese Punkte noch nicht abgeschreckt haben, so bist Du auf dem richtigen Weg. Und eins ist vor allen Dingen ganz wichtig: man wächst da rein. Es ist natürlich gut, sich diese Punkte vor Augen zu führen, aber wenn Du Freude am Medizinstudium und dann an der Arbeit als Arzt hast, so fallen diese Dinge gar nicht mehr so ins Gewicht. Im Gegensatz dazu gibt aber auch ein paar ganz schlechte Gründe für die Aufnahme des Medizinstudiums und es ist nur fair, auch diese einmal anzusprechen.