Читать книгу Skalpjäger - Saven van Dorf - Страница 6

4

Оглавление

Kriminalhauptkommissar Ferdinand Krüger zeigte ein besonders grimmiges Gesicht, als er sich den Tatort ansah, denn das Erste, was ihm ins Auge fiel, war Beckmanns Visage. Beckmann von der Spurensicherung, dieser unerträgliche Spießer. Im Moment stocherte der mit gerümpfter Nase in irgendwelchen Müllcontainern. Obwohl Krüger eine entsprechende Bemerkung auf der Zunge lag, nahm er sich vor, den Kerl vorerst zu ignorieren. Statt dessen schlurfte er zu seinem Kollegen, der in sicherer Entfernung um einen wie üblich leblosen Körper auf dem Pflaster herumstromerte.

„Morgen Alex“, gähnte er.

„Morgen, alter Junge. Wie geht’s?“

„Frag mich das noch mal, wenn ich aufgewacht bin. Was haben wir hier?“

„Eine weibliche Tote, Todesursache noch unbekannt, gegen sechs Uhr dreißig von einem Fußgänger entdeckt. Halt dich fest: Man hat ihr sämtliche Haare ausgerissen. Sie ist praktisch skalpiert worden, oder wie man das nennt. Du weißt schon, was die Indianer früher immer gemacht haben.“

„Indianer, hm? Und wo sind die Haare? Beziehungsweise der Skalp?“

„Sieht so aus, als hätte der Mörder sie mitgenommen. Bisher haben wir jedenfalls nichts gefunden.“

„Oh Mann.“ Er sah sich in der fensterlosen Gasse um. „Zeugen?“

„Bis jetzt hat sich niemand gemeldet.“

„Dann müssen wir nachher Klinken putzen gehen.“

„Die Gegend sieht nicht so aus, als wenn abends hier noch viel los wäre.“

„Wenigstens kommen wir so bei dem schönen Wetter auch mal raus. Und vielleicht hat doch jemand was gehört oder gesehen.“ Krüger sah zur Leiche hinüber und trat zwei Schritte näher, um einen genaueren Blick auf das Opfer zu werfen.

„He, Kommissar, zurück bitte!“, bellte Beckmann ihn sofort an.

„Was denn, hier ist doch nichts.“

„Das können Sie gar nicht beurteilen! Es ist unsere Aufgabe, Spuren zu sichern, und da hilft es nicht, wenn Sie überall herumtrampeln!“

„Jaja.“ Übertrieben vorsichtig machte er zwei Schritte rückwärts, dann wandte er sich an einen Streifenbeamten.

„Ein paar Häuser weiter ist eine Bäckerei, könnten Sie mir da einen Becher Kaffee besorgen? Schwarz?“, flüsterte er, allerdings nicht leise genug.

„Das müssen Sie nicht tun!“, rief Beckmann dem Polizisten zu. „Der Herr Kommissar hat gar kein Recht dazu, Sie zum Kaffeeholen zu schicken!“

„Kein Problem“, antwortete der Beamte grinsend, zwinkerte seinem Vorgesetzten zu und würdigte Beckmann keines Blickes.

„Vielen Dank. So wie ich unseren Kollegen von der SpuSi kenne, kann das nämlich noch Stunden dauern. Da muss man doch irgendwie wach bleiben.“

„Ich arbeite eben gründlich. Und Sie sollten vielleicht früher ins Bett gehen, dann sind Sie morgens auch früher frisch.“

„Ich muss bis spät in die Nacht Mörder fangen, ich habe da keine Zeit zum Schlafen.“

„Wenn Sie gründlicher arbeiten würden, könnten Sie Ihre Fälle auch schneller lösen, und um so mehr Zeit haben Sie für Ihre Nickerchen.“

„Die habe ich ja jetzt.“

„Sie irren sich, Kommissar, wie so oft.“ Beckmann ließ den Blick noch ein letztes Mal umherschweifen und zog seine Latexhandschuhe aus. „Wir sind fertig.“

„Na endlich. Dann können Sie mir vielleicht jetzt mal ein paar Details liefern.“ Er trat an den Tatort. Der Teint der Toten war bläulich-wächsern, die Kopfhaut eine mit dunklen Klecksen verzierte Glatze.

„Also, was ist hier passiert?“

„Wer weiß. Keine eindeutigen Spuren, abgesehen von der Leiche. Man hat ihr sämtliche Haare ausgerissen, mit Teilen der Kopfhaut. Hautabschürfungen an Armen und Beinen, offenbar Fesselspuren. Geldbörse und Schmuck sind noch vorhanden, also wohl kein Raub.“

„Todesursache?“

„Unbekannt.“

„Ersticken?“

„Hören Sie mir eigentlich zu? Todesursache unbekannt! Ich werde hier mit Sicherheit nichts sagen, worauf Sie mich später irgendwie festnageln können. Warten Sie auf die Gerichtsmedizin.“

„Jaja, schon gut. Aber die Frau ist blau wie ’n Schlumpf, was soll das denn anderes sein?“, murmelte er mehr zu sich selbst und sah sich weiter um. Sein Zeigefinger schoss vor. „Was ist das da?“

Eine schwarze Schnur verlief von irgendwo unter der Leiche zu einem kleinen weißen Häufchen ein paar Meter weiter, das Alex gerade mit seiner Schuhspitze anstupste.

„Das ist ihr Hund“, rief er herüber. „Und jetzt kommt’s: Dem hat man auch alle Haare ausgerissen. Zuerst dachte ich, es wäre einer von diesen Nackthunden, wie heißen die doch gleich? Diese kleinen Hunde ohne Fell?“

„Weiß ich nicht. Ist doch egal.“

„Ja, so kennen wir unseren Kommissar Krüger. Ein Musterbeispiel an Unwissenheit und Desinteresse“, mischte sich Beckmann ein.

„Ach ja? Was ist das dort am Schuh der Toten?“

„Ich tippe auf Hundescheiße, Herr Kommissar.“

„Ich denke, ich bekomme Fakten und keine Vermutungen von Ihnen? Ich will eine vollständige Analyse. Ich will wissen, von welchem Hund dieser Haufen stammt. Ich kann nämlich nicht glauben, dass der kleine Pinscher so einen Riesenberg produziert haben soll.“

„Der sieht bestimmt nur so klein aus, weil das Fell ab ist“, warf Alex ein und sah zwischen den beiden Männern hin und her, die sich wütend anfunkelten.

„Ich glaube nicht, dass das den Ermittlungen dienlich wäre, Herr Kommissar“, schnappte Beckmann.

„Das können Sie gar nicht beurteilen. Ich arbeite eben doch gründlich. Was, wenn der Mörder nun auch mit einem Hund unterwegs war und dieser Haufen uns auf seine Spur bringen könnte? Zeigen Sie mal ein wenig Phantasie, Beckmann.“ Er schob das mehr schlecht als recht rasierte Kinn vor, richtete sich zu seiner vollen Größe von einem Meter fünfundachtzig auf und bemühte sich, aus seinen blauen Augen einen eiskalten und harten Blick abzuschießen, musste dabei jedoch blinzeln, weil gerade in diesem Moment die Morgensonne über ein Hausdach trat und ihn blendete.

Wutschnaubend füllte der Spurensicherer mit einem winzigen Schäufelchen eine Probe in einen Plastikbeutel und stapfte davon.

„Du zeigst auf jeden Fall viel Phantasie“, lobte Alex.

„Klar. Wenn ich diesem Kerl eins auswischen kann, wachse ich über mich selbst hinaus.“ Sie grinsten sich an.

„Wie lange geht das eigentlich schon so mit euch?“

„Das klingt ja, als hätte ich eine Affäre mit dem Arschloch.“

„Es ist so eine Art Hassliebe, oder?“

„Das trifft es schon eher, ist aber nur halbwahr.“

„Und welche Hälfte davon ist wahr?“

„Die erste natürlich.“

„Dachte ich mir. Ich finde das jedenfalls toll, wie ihr euch immer anzickt.“

„Du findest das toll?“

„Ja, dagegen kommt mir meine Ehe fast normal vor.“

„Ich bin immer froh, wenn ich helfen kann.“ Krüger blickte auf die sterblichen Überreste zu seinen Füßen. „Hat die Tote einen Namen?“

„Und was für einen. Hildegard Waschinski, nein, Moment, ich hab’s mir aufgeschrieben. Hier ist es: Waszciewski.“ Er buchstabierte und Ferdinand seufzte.

„Es sollte verboten werden, Leute mit komplizierten Namen umzubringen.“

„Du sagst es.“

„Wir nennen sie ab jetzt nur noch Hildegard.“

„Oder vielleicht nur Hilde?“

„Ist okay für mich. Wissen wir, wo sie wohnt? Wohnte?“

„Jupp.“

„Dann warten wir jetzt noch kurz auf meinen Kaffee und machen uns auf den Weg.“

*

Die Durchsuchung der Wohnung brachte außer einer beunruhigenden Vorliebe des Opfers für lebensechte Kinderpuppen keinerlei Hinweise. Eine Befragung der Nachbarn über Hildes Leben skizzierte das Bild einer älteren, zurückgezogen lebenden Frau, deren soziale Kontakte sich auf gelegentliche Streitereien beschränkte. Sicher wurden irgendwo Leute wegen eines zu lauten Fernsehers ermordet, hier jedoch zweifelten die Ermittler an einem derartigen Motiv. Gewissenhaft notierten sie trotzdem alles, bevor sie ins Büro zurückkehrten. Der vorläufige Obduktionsbericht wartete bereits in Krügers E-Mail-Postfach. Er leitete ihn die drei Meter zu seinem Kollegen weiter, und gemeinsam gingen sie durch die Angaben, jeder an seinem Schreibtisch sitzend.

„Entfernung der Kopfhaare durch starken Zug.“

„Hautabschürfungen, hauptsächlich im Bereich der Hand- und Fußgelenke.“

„Zum Zeitpunkt dieser Verletzungen war sie noch am Leben.“

„Autsch. Und dann: Todeszeitpunkt vermutlich zwischen 23.30 Uhr und 1.30 Uhr. Todesursache: Einführung eines bislang unbekannten Objektes in den Hals des Opfers, was zum Erstickungstod führte.“

„Denkst du dasselbe wie ich?“

„Schwein.“

„Und das hier ist auch seltsam. Man hat in Hildes Hals und Lunge diverse Haare gefunden, und zwar offenbar nicht ihre eigenen. Zwar steht die Analyse noch aus, aber sie scheinen von verschiedenen Personen zu stammen.“

„Du meinst, eine Horde Zombies hat sie umgebracht?“

„Nein. Ich meine verschieden im Sinne von unterschiedlich.“

„Ach so. Sieh mal, auch an den Hautabschürfungen sind Haare gefunden worden.“

„Mysteriös.“

„Nicht, wenn man bedenkt, dass direkt neben der Gasse ein Friseursalon ist. Und in den Müllcontainern, bei denen wir Hilde gefunden haben, könnten Haarabfälle aus dem Salon sein. Beim Kampf mit dem Mörder sind vielleicht ein paar herumgeweht und sie hat welche eingeatmet. Da liegen bestimmt überall Haarschnipsel rum.“

„Klingt logisch. Warten wir mal, was Beckmann zum Tatort zu sagen hat.“

Krüger stand auf und dehnte seinen Rücken. Endlich wieder ein interessanter Fall. Das Geheimnis seltsamer Umstände, die es zu entschlüsseln galt. Oft genug entpuppten sie sich als bizarre Zufälle, doch diesmal sagte ihm sein Gefühl, dass mehr dahintersteckte. Er trat ans Fenster, spähte hinaus in den wolkenlosen Himmel, dann nach unten auf die Straße. Irgendwo dort draußen wusste er seine Beute.

„Wir machen uns jetzt auf die Suche nach Zeugen in der Nähe des Tatorts. Es war eine laue Sommernacht, vielleicht spazierte da doch jemand herum und hat was gesehen.“

Alex erhob sich ebenfalls. „Welches Foto sollen wir nehmen, um es den Leuten zu zeigen? Eins aus dem Fotoalbum aus Hildes Wohnung oder eins aus dem Obduktionsbericht?“

„Sehr witzig. Such mal ein hübsches aus dem Album raus.“

„Das wird schwer, auf den meisten guckt sie so böse.“

„Hilde hat wohl nicht viel zu Lachen gehabt. Nimm ruhig eines von den Fotos, auf denen sie böse guckt. Die Leute sollen sie schließlich auch erkennen.“

*

Krüger betrachtete mit Wohlgefallen das junge Mädchen, das auf ihn zukam. Anfang zwanzig, blonde Locken, ein hübsches Gesicht mit Stupsnase, und ihre Kleidung ließ keinen Zweifel an ihrer guten Figur. Manchmal bot sein Leben als ewiger Junggeselle doch ein paar Lichtblicke, Raum für Träumereien – und mehr. Gelegenheiten für eine andere Art von Jagd, die er nicht missen mochte, selbst wenn er sie nicht immer nutzte. Vor allem nicht unter solchen Umständen.

Nervös blickte sie ihn aus grünen Augen an. Als ob sie wüsste, was ihre Chefin ihm gerade erzählt hatte.

„Sie wollten mich sprechen?“

„Ja. Ferdinand Krüger, Kriminalpolizei.“ Er steckte seinen Ausweis weg, nachdem er sicher war, dass sie das schmeichelhafte Bild von ihm darauf zur Kenntnis genommen hatte. „Sie sind Dini Leuwarden?“

„Ja. Worum geht es?“

„Kennen Sie diese Frau?“

Sie betrachtete das Foto und senkte dann kurz den Blick. „Oh. Verstehe. Sie war gestern hier.“

„Und was wollte sie?“

Sie zuckte mit den Schultern. „Nichts Besonderes. Färben und Schneiden. Normalerweise wird sie von einer Kollegin bedient, Sandra, aber die ist gerade krank.“

„Das geht zur Zeit um.“

„Was?“

„Eine Sommergrippe. Bei uns sind auch eine Menge Kollegen krank.“ Ein paar alltägliche Bemerkungen halfen stets, die Situation etwas aufzulockern.

„Aha.“

„Ihre Chefin sagte mir, dass Sie sich mit dieser speziellen Kundin nicht so gut verstanden haben?“

Dini stemmte die Hände in die Seiten und nahm einen herausfordernden Gesichtsausdruck an. „Hören Sie, worauf wollen Sie eigentlich hinaus? Lassen Sie doch diese Spielchen! Hat dieses Miststück mich tatsächlich angezeigt? Wegen was? Körperverletzung? Ich habe mich höchstens übermenschlicher Geduld schuldig gemacht, so wie die herumgezickt hat.“ Sie wurde ein wenig unsicherer. „Brauche ich jetzt einen Anwalt?“

„Ich weiß nicht, ob Sie einen brauchen. Ist aber Ihr gutes Recht, einen einzuschalten, wenn Sie möchten. Aber Sie helfen mir mehr, wenn Sie meine Fragen beantworten. Wann haben Sie Hilde … also diese Frau zuletzt gesehen?“

„Gestern Nachmittag, als sie aus dem Laden ging.“

„Ist Ihnen irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen?“

„Wie meinen Sie das, ungewöhnlich? Nein. Sie war extrem unfreundlich, aber das ist bei dieser Person offenbar normal.“

„Wo waren Sie gestern Nacht zwischen 23.30 Uhr und 1.30 Uhr?“

„Was hat das denn damit zu tun? Ich war zu Hause.“

„Allein?“

„Sie gehen ganz schön ran, was, Herr Kommissar? Ja, ich war allein zu Hause.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn trotzig an. „Hat sie mich nun angezeigt, oder was?“

„Nein, sie hat Sie nicht angezeigt.“

Er konnte sehen, wie sie erleichtert aufatmete.

„Frau Leuwarden, Sie stehen unter Mordverdacht.“

*

Alex grinste ihn an und legte die Füße auf den Schreibtisch. „Du bist ein fieser Hund.“

„Naja, immerhin habe ich sie gleich darauf beruhigt und ihr gesagt, dass für mich sowieso erstmal grundsätzlich jeder Mensch verdächtig ist.“

„Ich auch?“

„Kommt drauf an. Wo warst du gestern in der fraglichen Zeit?“

„Zuhause und hab meine Frau gebumst.“

„Gibt’s dafür Zeugen?“

„Ja. Meine Frau. Sie ist zwischendurch aufgewacht, hat auf die Uhr gesehen und gesagt: ‚Du bist ja immer noch dabei, und wir haben schon Mitternacht!‘ Ist das Beweis genug?“

„Das beweist sogar mehr, als ich wissen wollte.“

„Also, was ist jetzt mit dieser Friseuse? Sie hat Zoff mit Hilde. Hilde droht sogar, sie zu verklagen oder anzuzeigen. Abends wird Hilde genau neben diesem Friseursalon umgebracht. Und der Mörder klaut ihr die Haare. Ich meine, das ergibt schon einen Sinn. Auf eine abartige Weise.“

„Ich glaube nicht, dass sie es getan hat.“

„Warum nicht?“

„Sie ist süß.“

„Die Gefängnisse sind voll von süßen Mörderinnen.“

Ferdinand schüttelte den Kopf. „Aber so, wie sie reagiert hat … Sie hat nicht gewusst, dass Hilde tot ist. Da bin ich mir ziemlich sicher. Sie hatte natürlich von dem Mord gehört, schien aber ehrlich überrascht, als sie erfuhr, wer das Opfer ist. Außerdem wurde erhebliche Gewalt angewendet. Der Mörder muss ziemlich stark gewesen sein.“

„Passt! Die Kleine hat doch einen starken Eindruck auf dich gemacht.“

„Stimmt. Aber besonders kräftig wirkte sie nicht.“

„Unterschätze Frauen nicht“, warnte Alex und wedelte mit dem Ausdruck des Obduktionsbericht herum. „Haare in Büscheln herausgerissen? Blutergüsse und Abschürfungen? Früher, als ich noch jedes Wochenende auf die Piste gegangen bin, haben sich die Mädels ständig so um mich geprügelt. Außerdem: Wenn sie tatsächlich eine so scharfe Braut ist, hat sie vermutlich einen Freund. Sie kommt nach Hause, heult sich bei ihm aus, wie ungerecht sie von Hilde behandelt wurde und so weiter, und die beiden beschließen, Hilde umzubringen.“

Ferdinand rieb sich das Kinn. „Klingt ziemlich weit hergeholt. Vielleicht wollten sie ihr nur ein wenig Angst machen und die Situation ist außer Kontrolle geraten? Möglich wär’s. Ich habe sie für morgen früh herbestellt, dann werden wir sie in Ruhe in die Mangel nehmen.“

„Super. Dann kann ich mir die Kleine ja mal persönlich anschauen.“

„Anschauen, aber nicht anfassen.“

„Ich fasse doch keine Beweismittel an, nachher verwische ich noch irgendwelche Fingerabdrücke.“

„Du weißt hoffentlich, wenn es heißt: ‚Wir nehmen von der Verdächtigen Fingerabdrücke‘, dann meint man: von den Fingern der Verdächtigen. Man sucht nicht auf dem Körper der Verdächtigen nach Fingerabdrücken.“

„Du nimmst mir den ganzen Spaß bei der Arbeit.“

„Aber ich rette dir das Leben. Stell dir vor, deine Frau würde von so einer Aktion erfahren. Du wärst in Nullkommanichts auf dem Seziertisch.“

„Auch wieder wahr. Und ich wäre wesentlich übler zugerichtet als Hilde.“

Ferdinand schenkte sich noch etwas Kaffee nach und hockte sich hinter seinen Schreibtisch. „Also hast du bei deiner Befragung der Anwohner auch nichts Neues herausgefunden?“

„Ein Paar, das zwei Häuser weiter wohnt, hat letzte Nacht nur eine Frau mit Hund gesehen. Sie sind sich aber nicht sicher, ob es sich dabei um Hilde gehandelt hat, und sie wissen auch nicht genau, wann das war. So gegen Mitternacht, meinten sie, aber genau konnten sie es nicht sagen. Das ist alles, oder besser gesagt: nichts. So wie’s aussieht, ist deine kleine Friseuse im Moment die einzige heiße Spur.“

„Im wahrsten Sinne des Wortes.“

„Solange dir die letzten paar Gehirnzellen nicht wegschmelzen.“

Übertrieben langsam lehnte sich Krüger zurück, nahm die Sonnenbrille aus der Brusttasche seines Hemdes und setzte sie auf. „Ich bin cool. Ganz cool.“

„Ist auch besser so, bei hohen Temperaturen ticken die Leute aus.“ Alex deutete mit dem Daumen zum Fenster. „Ich sage dir, wenn das Wetter so bleibt, werden wir in nächster Zeit ’ne Menge zu tun haben. Das wird ein ganz heißer Sommer.“

Skalpjäger

Подняться наверх