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»Für deine Serviette.« (F)leckereien

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SIEEssen muss nicht bloss schmecken, Essen soll auch gut aussehen. Und der, der isst, der sollte das ebenfalls. Also gut aussehen.

Schneider ist grundsätzlich ein Geniesser und hat mich schon am Anfang unserer langen Liebe in wundervolle Restaurants ausgeführt. Ich schätzte es, wie bedacht und langsam er ass, wie er Fische behutsam filetierte, Salat nicht klein schnitt, sondern zerbrach und Spaghetti nur mit der Gabel aufdrehte. Ein Könner. Ein Schlemmer. Ein Gourmet.

Einzig eine Hürde gab und gibt es immer noch: Der Weg vom Teller zum Mund ist weit, und genau dort passiert es – er kleckert.

Kaum ein Hemd, ein Pullover, ein T-Shirt, auf dem seine Gaumenfreuden keine eindeutige Spur hinterlassen haben.

»Du musst aufpassen«, sage ich jeweils vor dem Essen. Nützt leider nichts.

Ich erinnere mich, vor vielen Jahren mit einigen Managern zu Abend gegessen zu haben, als einer dieser steifen Anzugmenschen ein kleines Etui aus seiner Jacke zückte und eine Silberkette samt zwei Klammern herauszog. Die Kette hängte er sich um den Hals, befestigte die Stoffserviette dran und löffelte das Kürbissüppchen, als wäre nichts dabei.

Damals fand ich das sehr albern, ein Mann mit Lätzchen.

Jetzt finde ich, es hat durchaus Stil.


EREin Geschenk für mich? Ohne Anlass, einfach so beim Mittagessen? Schreiber kichert. Ich öffne die Schatulle, darin liegt eine Schmuckkette mit zwei Klammern.

»Für deine Serviette«, klärt mich Schreiber auf.

In meine Fassungslosigkeit mischt sich Interesse. Denn Schreiber hat recht: Ein erwachsener Mann sollte beim Essen nicht kleckern.

Deshalb kleckere ich auch nicht. Zumindest fast nicht. Also wenn, dann nur unbeabsichtigt.

Denn es kommt darauf an, was gemeinsames Essen sein soll. Für Schreiber ist das klar: Informationsaustausch. Sie will reden, sie lacht, sie prostet mir zu. Und genau das wirft mich aus der Bahn. Darum kleckere ich.

Dabei kann Essen auch Konzentration auf das Wesentliche sein. Das ist mir klar geworden, als ich letztes Jahr einige Tage im Kloster zugebracht habe.

Dort wurde beim Essen geschwiegen.

Ich war ausserordentlich achtsam.

»Ich würde nie wieder kleckern, wenn wir schweigend essen würden«, sage ich.

»Um Gottes willen! Reden ist doch Teil des Vergnügens«, entfährt es Schreiber, während sie vehement ihre Gabel mit der Pilzrahmsauce samt Rösti zu ihrem Mund schiebt, als ein Tropfen auf ihrer Bluse landet. »Mist!«, sagt sie und greift zur Serviette.

Ich reiche ihr grosszügig das Etui mit der Kette: »Ich hätte da etwas Schmuck für dich.«

Paarcours d'amour

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