Читать книгу Meine Wasserkur - Sebastian Kneipp Kneipp - Страница 13
II. Halbbäder.
ОглавлениеIm allgemeinen verstehe ich unter Halbbädern jene Bäder, welche den Körper im höchsten Falle bis zur Mitte des Unterleibes, ungefähr bis zur Magengegend herauf bespülen, aber sehr oft unter diesem höchsten Wasserstande bleiben. Ich mußte ein Mittelding haben zwischen den Vollbädern, die mir zu viel, und zwischen den Fußbädern, die mir zu wenig bieten. Für dieses Mittelding wählte ich mit Verlaub den Namen Halbbäder.
Die Anwendung kommt in dreifacher Art vor:
1. ins Wasser stehen, so daß dieses reicht bis über die Waden oder über die Knie;
2. ins Wasser knien, so daß die ganzen Schenkel mit ins Wasser kommen;
3. ins Wasser sitzen. Die dritte Art nur verdient mit Recht den Namen des eigentlichen Halbbades; es reicht bis zur Mitte des Unterleibes, bis in die Nabelgegend.
Alle drei Anwendungen, die stets nur in kaltem Wasser vorgenommen werden, zählen in erster Linie mit zu den Abhärtungsmitteln. Sie betreffen demnach Gesunde, die noch stärker, Schwächlinge, die stark, Rekonvaleszenten, die vollends gesund und stark werden wollen. In Krankheitsfällen muß ihr Gebrauch speziell und ausdrücklich vorgeschrieben sein, sonst soll man damit keine Versuche anstellen, sie könnten unter Umständen nicht gut ausfallen.
Bei jeder Art des Verwendens, sie betreffe Gesunde oder Kranke, ist die Anwendung stets eine Teilanwendung, d. h. sie kommt nur in Verwendung mit anderen Anwendungen vor und darf die Gebrauchszeit ½–3 Minuten nie übersteigen.
Die Nummern 1 und 2, ins Wasser stehen und ins Wasser knien, habe ich bei solchen Personen, die an Kraft durch die verschiedensten Ursachen gänzlich heruntergekommen waren, beim Beginne der Wasserkur stets mit großem Erfolge angewendet. Ich will diese Ursachen nicht nennen, sondern nur andeuten, daß es viele gibt, welche den Druck des Wassers bei Vollbädern anfangs ohne die unangenehmsten Folgen nicht ertragen können. Man gehe über diesen Punkt nicht mit vornehmem Naserümpfen oder mit Lachen hinweg. Ich wäre gerne bereit, nicht einige, nein, Hunderte von schlagenden, lebendigen Beispielen aus den verschiedensten Klassen und Ständen anzuführen. Gerade solche (wegen zu großer Schwäche und Armseligkeit) Kranke haben mich auf diese zwei Anwendungen gebracht; ihr Zustand erforderte diese diskrete, maß- und rücksichtsvollste Wasserbehandlung — manchmal durch lange Wochen hindurch, so lange, bis sie mehr gekräftigt auch mehr aushalten konnten.
Als zweite abhärtende Übung wird mit beiden Nummern gewöhnlich verbunden das Eintauchen der Arme bis zu den Achseln (s. Abhärtungsmittel S. 29). Neben Stählung der Natur verordne ich diese eine ganze (aus zwei Teilanwendungen bestehende) Anwendung speziell gegen kalte Füße.
Die Nummer 3, das eigentliche Halbbad ist wohl zu beachten; ich empfehle dieses allen Gesunden auf das eindringlichste. Die Unterleibsschwächen und Unterleibskrankheiten — und deren Zahl ist Legion, deren Ursache im Grunde nur eine: Mangel an Abhärtung, Verweichlichung — werden durch sie im Keime erstickt, die schon seßhaften beseitigt. Diese Halbbäder kräftigen den Unterleib, erhalten und mehren die Kraft. Tausende und Tausende von Menschen tragen eine, zwei, mehr Leibbinden und anderes. Machen die es besser? Oft schlimmer; sie binden die Verweichlichung, das Gebrechen erst recht sozusagen in den armen Leib hinein. Man probiere einmal langsam, aber entschieden unser Halbbad! Die Klagen über Hämorrhoiden, Windkolik, Hypochondrie, Hysterie usw. werden sich in Bälde bedeutend mindern, Übel, die jetzt im kranken und geschwächten Unterleib ihr geistverrückendes Spiel treiben.
Gesunden gebe ich den Rat, sie sollen morgens beim Aufstehen den Oberkörper waschen, nachmittags oder abends sodann unser Halbbad nehmen. Haben sie zur Waschung in der Frühe keine Zeit, so mögen sie im Halbbade selbst die Waschung des Oberkörpers (der Brust und des Rückens) vornehmen.
Über den Gebrauch der einen oder anderen unserer drei Anwendungen in Krankheitsfällen mögen Beispiele ein Wort sagen.
Ein junger Mann wurde durch den Typhus derart geschwächt, daß er zu jeder Arbeit unfähig war. Längere Zeit hindurch kniete er jeden 2. oder 3. Tag 1, später 2–3 Minuten ins Wasser.
Er erholte sich von Woche zu Woche mehr und wurde kräftig wie früher.
Jemand leidet an heftigen Kongestionen, die vom Unterleibe (es kommt dieses häufig vor) ausgehen. Er wäscht den einen Tag den Oberkörper kräftig ab, den andern Tag kniet er ins Wasser. So setzt er es eine geraume Zeit fort und wird frei.
Magenleiden, die von Blähungen, verhaltenen oder versessenen Winden herrühren, werden ebenso geheilt.
Das Austreiben solcher Gase, die nach Krankheiten zu den belästigendsten Übeln gehören können, ist ein Spezifikum, d. i. eine ganz besondere Wirkung unseres Halbbades.