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C. Dämpfe.
ОглавлениеWie unsere sämtlichen Wasseranwendungen, so wirken auch die Dämpfe in der gelindesten Form und deshalb durchaus ungefährlich und unschädlich. Gleichwohl erheischt die Anwendung der Wasserdämpfe große Vorsicht. Was den Kranken, der richtig und nach Vorschrift anwendet, gesund macht, kann bei Nachlässigkeit und Sichgehenlassen einen Gesunden krank machen. Wer z. B. unmittelbar nach einem Dampfbade ohne vorhergehende Abkühlung ins Freie, an die kühle Luft tritt, kann nicht nur krank, er kann tödlich krank werden, die Anwendung ist daran so unschuldig wie ein neugeborenes Kind. Diese erste Bemerkung soll zur Vorsicht, nicht zur Ängstlichkeit ermahnen. Ich wiederhole, daß bei richtigem Gebrauche niemals eine, selbst nicht die leiseste Gefahr zu befürchten ist.
Sind Dämpfe zur Heilung überhaupt notwendig? Wenn eine Hausfrau ihre Wäsche reinigt, so gebraucht sie warmes und kaltes Wasser. Das warme Wasser soll das zu Entfernende auflösen, das kalte Wasser soll das Gelöste wegschwemmen. Ein ähnlicher Prozeß (Vorgang) vollzieht sich beim Heilverfahren. Auch bei Krankheiten muß Verschiedenes, wie Blutanstauungen, verdorbene Säfte usw. auf- und ausgelöst werden. Das geschieht durch die Wärme. Sodann muß der Körper gekräftigt und widerstandsfähig gemacht werden. Das geschieht durch die Kälte.
Jeder Körper muß demnach ein gewisses Quantum, ein gewisses Maß von Wärme haben, wenn seine Arbeit vonstatten gehen soll.
Der gesunde Körper besitzt in sich Naturwärme genug, er braucht keine Zutat.
Jeder kränkelnde Körper fühlt sehr bald den Abgang, das Fehlen der notwendigen inneren Wärme. Dieselbe muß auf irgend eine Art ersetzt werden. Bei vielen Patienten genügen die Wickelungen und Umschläge; bei anderen tun die Dämpfe, diese künstliche Zufuhr, ich möchte sagen Einpressung der Wärme, bessere Dienste.
Worin besteht das richtige Dampfverfahren?
Diese Frage zu beantworten ist nicht leicht. Ich teile lediglich meine Erfahrungen mit und gestehe gleich im Anfange, daß ich dieses Verfahren öfters änderte.
Anfangs schloß ich mich der allgemeinen Praxis an, welche ganze Dampfbäder vorzog, und diese befolgte ich 13 Jahre lang. Da ich indessen im Verlaufe dieser Jahre die erwarteten Wirkungen nicht sah, änderte ich daran. Innerhalb drei Jahren geschah dies sogar dreimal, bis ich endlich die jetzige überaus gelinde, alles Schroffe sorgfältig vermeidende Art, den Dampf nicht gleichzeitig auf den ganzen Körper, sondern nur auf Teile desselben einwirken zu lassen, als die vortrefflichste und vorteilhafteste anerkannte und schon seit vielen Jahren mit dem besten Erfolg praktiziere.
Doch ich muß etwas weiter ausholen.
Vor ungefähr 30 Jahren kamen auch bei uns in Süddeutschland die russischen Dampfbäder in Übung. Da viele Familien nicht imstande waren, diese damals nur Großstädten eigenen Gesundheitsbäder zu gebrauchen, so erfand man, wie ich mir die Sache erkläre und denke, als Ersatz dafür den bekannten Schwitzkasten, der ähnliche Schweißtreibungsdienste leisten sollte.
Auch ich ließ mir einen solchen Schwitzkasten fabrizieren, d. i. einen Kasten mit einer schließbaren Eingangstüre und einer Öffnung dem Himmel zu, durch welche man bequem den Kopf stecken konnte. Die Zufuhr des Dampfes geschah von außen; der Patient oder Schwitzlustige saß oder stand im Innern des Kastens und betrachtete mit stiller Resignation (Ergebung in sein Schicksal) das vor ihm angebrachte Thermometer. Ein trockenes Tuch umhüllte den Hals, um das Entweichen des Dampfes zu verhindern; nasse Kompressen oder Umschläge bedeckten den Kopf, um ihn, während der ganze Körper schon nach 10–15 Minuten in größtem Schweiße war, kühl zu erhalten. Das Dampfbad beschloß ein Vollguß (eine Gießkanne Wasser) oder ein Vollbad. So oft größere Schweiße erwünscht waren, ließ ich zweimal, je 15 Minuten lang, in dem Kasten Aufenthalt nehmen mit jedesmaliger rascher, eine halbe Minute währender Abwaschung.
Die Art und Weise der Bereitung dieser Ganzdampfbäder schien mir unübertrefflich, mir war nur unbegreiflich, daß die Erfolge nicht ebenfalls vorzügliche waren. Zur Winterszeit insbesondere hatte die Sache große Schwierigkeiten. Innerhalb weniger Minuten brachte der heißeste Dampf, welcher den ganzen Körper gleichmäßig einhüllte, von allen Seiten ihn gleich heftig angriff, auch den ganzen Körper in starken Schweiß und damit in große Empfindsamkeit der Kälte gegenüber. Mir wenigstens war es stets sehr schwer, nach dem Bade die ganze Hautfläche gegen die frische kalte Winterluft so zu schützen, daß nicht irgend ein Fleck der Haut Schaden gelitten und längere Zeit Beschwerden, zuweilen heftige Schmerzen bereitet hätte.
Ich probierte viel, wie diesem Übelstande abzuhelfen sei, und dachte noch mehr darüber nach.
Da führte mich gerade zur Winterszeit einmal der Weg nach München; ich litt an ziemlich heftigem Katarrh. Der Zufall spielte mir ein Blatt in die Hand, welches auf der letzten Seite die ans Wunderbare grenzenden Wirkungen der russischen Dampfbäder in einem überschwenglichen Lobeshymnus pries. Unter anderem hieß es: Man probiere es nur; ein einziges Dampfbad ist imstande, den heftigsten Katarrh zu heilen. „Das muß ich doch mal sehen,“ dachte ich, und — gedacht, getan. Ich suchte die Anstalt auf, nahm ein solches Bad und in der Tat, ich fühlte nach der allerdings russischen Dampfkur keine Spur mehr von meinem Katarrh. Aber nur langsam! Kaum waren 5–6 Stunden verflossen, da saß im ganzen Körper ein neuer Katarrh, doppelt so heftig als der alte, den ich im russischen Bade zurückgelassen.
„Ah so!“ dachte ich und sagte mir leise ins Ohr: „Diese Art Dampfbäder zu nehmen kann nicht die richtige sein. Ich sehe ganz ab von mir selbst; wie aber soll ein Geschwächter, ein Kranker, vollends ein Schwerkranker etwas anwenden, was selbst einen kräftigen, gesunden Mann erschaudern macht? Fürwahr, ein solcher muß anders bedient werden.“
All die weiteren Forschungen und Versuche brachten mich zu der Überzeugung, daß derselbe Grundsatz, welcher für sämtliche Wasseranwendungen gilt, auch bei den Dämpfen Geltung hat, daß nämlich die gelindeste Anwendung auch stets die beste ist. Die gelindeste Anwendung nenne ich die einfachste und die den Körper am meisten schonende. Niemals werde ich (z. B. zur Vermehrung der Naturwärme) irgend einen Dampf gebrauchen, wo eine kleine Wasseranwendung, ein Guß oder ein Halbbad ausreicht; niemals werde ich den ganzen Körper durch ein Ganzdampfbad quälen und ausmergeln in Fällen, in denen Dämpfe auf einzelne Körperteile genügen. Ne quid nimis, d. h. ich bleibe auch beim Dampfverfahren auf der goldenen Mittelstraße: nichts der Natur abzwingen wollen, sondern ihr an die Hand gehen, sie freundschaftlich stützen und durch kleine Hilfsmittel einladen, daß sie selbst und allein und freiwillig den Dienst tue.
Meine sämtlichen Dämpfe sind eigentlich nur Teildämpfe, d. h. sie berühren direkt nur Teile des Körpers; dennoch bleibt keiner derselben ohne Einwirkung auf den ganzen Körper. Gerade darin scheint mir der große Vorteil zu liegen. Die Dämpfe berühren oder, wenn man will, schwächen nur die leidende Körperstelle und lassen den übrigen gesunden Körper intakt, unberührt, ungeschwächt. Dieser behält seine volle Kraft und ruht, während der leidende, vom Dampf angegriffene Teil in voller Arbeit ist, unterdessen gleichsam eine Weile aus, um dem geschwächten Mitgenossen alsbald von seiner Kraft mitzuteilen.
Viele meiner Dampfanwendungen dienen lediglich dazu, den Wasseranwendungen vorzuarbeiten, dieselben, z. B. durch Steigerung der Körperwärme, zu ermöglichen, vielleicht wirksamer zu machen oder im Innern des Körpers (z. B. durch Auflösung in Luftröhre und Lunge) den von außen tätigen Wasseranwendungen in die Hand zu arbeiten. Ganz selten nur kommt einer der Dämpfe für sich allein als abgeschlossene ganze Anwendung vor.
Die notwendigen Vorsichtsmaßregeln bezüglich der Abkühlung, Bekleidung, Bewegung enthält die spezielle Beschreibung der einzelnen Dämpfe.
Noch muß ich warnen vor einer Täuschung.
Sehr oft kommt es vor, daß einer der verschiedenen Dämpfe, insbesondere der Kopf- und Fußdampf, in besonderer Weise günstig wirkt. Sie machen, weil sie stark auflösen und ausscheiden, sehr leicht, ungemein behaglich, viele Patienten überaus froh und glücklich. Die Gefahr liegt nahe, daß sie das Gute mißbrauchen, den betreffenden Dampf zu häufig vornehmen und so unüberlegterweise ihrer Gesundheit großen Schaden zufügen. Modus est in rebus! Nur immer weise Maßhaltung sich zur Regel und Pflicht machen!
Zur Belehrung will ich einige besondere Fälle anführen.
Ein Rekonvaleszent nach Typhus oder einer anderen schweren Krankheit hat noch bedeutende Anstauungen am oder im Kopfe oder anderswo. Dämpfe täten da treffliche Dienste. Ganz gewiß, aber sehr sparsame und leichtere Kopf- oder Fußdämpfe; denn wir haben es mit einem blut- und säftearmen Individuum zu tun. Um ein Zündhölzchen auslöschen, brauche ich keinen Schmiedeblasbalg, der leise Atem reicht aus.
Dasselbe gilt von allen blutarmen Personen. Die wärmenden Dämpfe bereiten ihnen Wohlbehagen; zu viele Dämpfe aber wären ebenso viele Blut-Wärme- und Lebenssauger.
Aber starke, korpulente Leute können sicherlich viele Dämpfe, vieles Schwitzen ertragen?
Diese sehr oft am allerwenigsten, aus dem einfachen Grunde, weil sie blutarm sind. Gerade bei solchen Individuen bin ich mit Dämpfen überaus sparsam und greife mit Vorliebe nach den Wickeln, um auf gute Transpiration (Ausdünstungen) der Haut hinzuwirken. Wo diese in Ordnung ist, ist Vielschwitzen nicht notwendig.
Ein Patient klagt über heftige Schmerzen in den Füßen. Er wünscht Fußdämpfe auf die ausgemergelten, spindeldürren Beine. Wie töricht, wollte man seinem Wunsche willfahren! Ein solcher in der Tat armer „Häuter“, wie die Tiroler bezeichnend sagen, hat nichts Weiters auszuschwitzen und herzugeben. Man appliziere ihm statt der Dämpfe Halbbäder und öftere Kniegüsse.
Die von mir angewendeten Dämpfe sind der Reihe nach folgende: