Читать книгу Glutheiße Küsse/Verstohlene Leidenschaft - Shirlee Busbee - Страница 18

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10. KAPITEL

Das Gelächter und die lauten Stimmen der Neuankömmlinge übertönten das Schlagen der Autotüren. Sloan ging zur Haustür, öffnete sie und rief Shelly zu: »Du brauchst dir keine Sorgen mehr zu machen. Es sind Nick, seine Mutter und Acey.« Er warf noch einen Blick nach draußen. »Wie es aussieht, haben sie noch zwei Leute mitgebracht.«

Acey und Maria, Nicks Mutter, waren mit Lebensmitteltüten und einem soliden Karton beladen, den ein köstlicher Duft umgab. Acey Babbitt und Maria Rios arbeiteten schon so lange für Shellys Familie, wie sie denken konnte. Sie war unter ihrer Obhut aufgewachsen, und seit dem Freitod ihres Bruders Josh Anfang März und ihrer Rückkehr ins Tal einige Wochen später betrachtete sie die beiden als ihre Familie. Und auch Nick, Marias Sohn, der Josh so unglaublich ähnlich sah.

Nick folgte seiner Mutter und Acey ins Haus. Er hielt eine schmale Kühltasche in der Hand. Als er Shelly sah, betrachtete er sie liebevoll. Seine grünen Augen hatten denselben Farbton wie die ihren. Er küsste sie leicht auf die Wange. »Willst du es noch immer tun? Heute Nacht?«, raunte er.

Shelly legte ihre Hand auf seinen Jackenärmel und nickte. »Ja. Und du?«

Er holte tief Luft. »Ja. Wir haben es schon zu lange geheim gehalten.«

Hinter ihm räusperte sich jemand vernehmlich. »Oh, das hätte ich fast vergessen.« Er drehte sich lächelnd herum. »Darf ich dir den Grund für unsere Verspätung zeigen?«

Nick trat zur Seite, und gab den Blick auf das Paar frei, das hinter ihm auf der Veranda stand. Shelly breitete die Arme aus. »Roman!«, kreischte sie begeistert. »Und Pagan! Was für eine tolle Überraschung!« Sie stürzte auf die beiden zu.

Jeb sah Sloan an. »Pagan?«, murmelte er.

Sloan grinste. »Shelly meint, das wären typische Namen für Südstaatler. Einer ihrer Onkel heißt Fritzie und ihre Tante Lulu. Es sind Pagans und Romans Eltern. Tom, der Älteste, ist der Einzige, der einen gewöhnlichen Namen trägt. Ein anderer Bruder von Roman heißt Nobel, und seine Schwester Angelique. Ich habe die ganze Sippe kennen gelernt, als Shelly und ich auf Hochzeitsreise in New Orleans waren. Sie hat außerdem noch einen ganzen Haufen Cousins. Mal sehen, ob ich die Namen zusammenkriege ... Da waren Storm, Hero, ach ja, und Wolfe. Das sind längst nicht alle, aber deren Namen sind mir gerade entfallen.«

»Und ich habe Mingo schon für einen ausgefallenen Namen gehalten.« Jeb schüttelte den Kopf. Im nächsten Moment pfiff er leise durch die Zähne. Pagan war eingetreten, hatte ihren Mantel ausgezogen, und er sah sie zum ersten Mal richtig. »Oh, oh, das bedeutet Ärger. Und nicht nur für die Männer aus dem Tal, sondern, wenn ich mich nicht allzu sehr täusche, für alle, hundert Meilen über die Talgrenzen hinaus. Mindestens.«

Roxanne schossen ganz ähnliche Gedanken durch den Kopf, als sie Romans jüngster Schwester vorgestellt wurde. Roxanne hatte mit den berühmtesten Models auf der ganzen Welt zusammengearbeitet und hatte viele schöne Frauen gesehen. Pagan war eine der schönsten, die ihr je begegnet waren.

Dabei war Pagan Louise Granger nicht besonders groß, knapp einsfünfundsechzig, doch zwischen Scheitel und Sohle gab es eine Menge zierlichen und dennoch üppig proportionierten Körper zu bewundern. Ihr Busen zog bei den meisten Männern einen zweiten Blick auf sich. Und trotz ihrer geringen Körpergröße hatte sie lange, wohl geformte Beine. Ihre Hüften waren schlank und kurvig. Und sie bewegte sich mit der gleichen katzenhaften Geschmeidigkeit wie Roman.

Trotz ihres perfekten Körpers jedoch erregte gewöhnlich ihr Haar die größte Aufmerksamkeit. Pagan war mit unglaublichem rotem Haar gesegnet, oder wie sie meinte, gestraft. Dass es ihre Naturfarbe war, machte es noch bemerkenswerter. Heute trug sie es offen, und es fiel wie ein Schleier aus dunklem Feuer um ihre Schultern. Es war rot und so dunkel, dass bei bestimmtem Lichteinfall pflaumenfarbene und burgunderrote Strähnen durchschimmerten.

Ebenso auffallend war das herzförmige Gesicht, das von dieser Mähne umrahmt wurde. Unter dem Blick der großen, beinahe lilafarbenen Augen mit den langen Wimpern waren schon starke Männer schwach geworden. Für ihre elegante, zierliche Nase hätte die schöne Helena einen Mord begangen, und ihre vollen Lippen brachten selbst puritanische Männer auf sündige Gedanken. Beim Anblick ihrer Wangenknochen griffen Bildhauer unweigerlich zu Hammer und Meißel. Ihre alabasterfarbene Haut vollendete das Gesamtbild, und ihr strahlendes Lächeln hätte eine mittelgroße Stadt erleuchten können.

Roxanne riss sich verwirrt aus ihren Betrachtungen, als sie merkte, dass dieses Lächeln ihr galt. Meine Güte, dachte sie amüsiert. Die Jungs werden sich überschlagen, um dich zu beeindrucken, Mädchen. In dem Moment sah sie den Blick, mit dem Jeb Pagan bedachte, und ihre Belustigung verflog. Nicht Jeb, dachte sie. Eine merkwürdige Panik überkam sie bei der Vorstellung, dass er dieser Southern Belle verfallen könnte. Sie wollte nicht darüber nachdenken, warum sie dieser Gedanke so aufregte, und stellte Pagan hastig Nick vor, der gerade aus der Küche kam.

Dann verschwand sie selbst in diese Richtung. Sie brauchte einen Moment Ruhe, um sich wieder zu sammeln. Roxanne war gewohnt, dass ihr die Männer zu Füßen lagen. Deshalb war ihr Eifersucht so gut wie fremd. Aber was genau empfand sie denn gerade? Ich bin doch nicht eifersüchtig!, dachte sie. Schon gar nicht wegen Jeb. Klar haben wir miteinander geschlafen, aber das hat nichts zu bedeuten. Es war rein körperlich, und es hatte keine Auswirkungen auf meine Gefühle, richtig? Stimmt’s? Sie biss sich auf die Lippe. Dieser leidenschaftliche Sex auf dem Küchentresen sollte ihre Gefühle Jeb gegenüber nicht verändert haben. Und erst recht hatte sie keinen Grund, eifersüchtig zu werden, wenn Jeb eine andere Frau anschaute. Ich bin nicht eifersüchtig!, wiederholte Roxanne. O doch, das bist du, flüsterte eine hinterhältige Stimme in ihrem Kopf. Vielleicht bedeutet er dir ja mehr, als dir klar ist. Hast du das schon einmal in Betracht gezogen? Vielleicht ist das, was damals zwischen euch passiert ist, ja nicht nur unvernünftiger, leidenschaftlicher Sex gewesen. Roxanne schüttelte heftig den Kopf, als sie versuchte, die Stimme zum Schweigen zu bringen. Vergeblich. Vielleicht fühlst du dich ja insgeheim zu Jeb Delaney hingezogen, flüsterte die Stimme hartnäckig. Nicht nur körperlich. Vielleicht gibt es da viel mehr zwischen euch beiden. Roxanne biss sich auf die Lippen, um ein Stöhnen zu unterdrücken. O bitte, dachte sie, für so etwas habe ich keine Zeit. Ich will keine ernsthafte Beziehung, schon gar nicht mit Jeb.

Aufgewühlt marschierte Roxanne aus der Küche und trat neben Jeb. Er betrachtete immer noch Pagan, die gerade über eine Bemerkung von Nick lachte, während er ihr einen Becher heißen Cidre reichte.

Roxanne rammte Jeb ihren Ellbogen in die Seite. »Fahr deine Zunge wieder ein«, fauchte sie. »Hat dir denn niemand gesagt, dass es unhöflich ist, Leute so anzuglotzen?«

Jebs Blick glitt von Pagan zu ihr, und Roxanne wünschte sich, sie hätte den Mund gehalten. Meine Güte, sie hörte sich an wie eine eifersüchtige Ehefrau. Und der männlich-überhebliche, selbstzufriedene Ausdruck in Jebs Augen machte es noch schlimmer. Roxanne wurde zunehmend nervöser. Sein anzügliches Grinsen trug ein Übriges dazu bei. »Eifersüchtig, Prinzessin?«

»Eher friert die Hölle zu«, schnauzte sie ihn gereizt an und drehte sich auf dem Absatz herum. Sie wollte so viel Abstand wie möglich zwischen sich und diesen Neandertaler bringen.

Sie kam nicht einmal einen halben Meter weit. Ein kräftiger, männlicher Arm schlang sich um ihre Taille und zog Roxanne zurück. Jeb grinste in ihr empörtes Gesicht. »Komm schon, Roxy, du musst zugeben, dass die Kleine hinreißend ist.« Er hob spöttisch eine Braue. »Und meines Wissens bin ich Single und frei wie ein Vogel. Ich darf sie ansehen. Und auch mehr, wenn mir danach ist.«

Roxannes Augen sprühten flüssiges, glühendes Gold. Unwillkürlich ballte sie die Hände zu Fäusten. »Von mir aus. Nur zu! Plündere die Wiege, wenn dich das anmacht!«, zischte sie.

Er lachte und streifte, ohne auf die anderen zu achten, ihren Mund mit den Lippen. »Ganz meine Meinung. Sie ist ein echter Hingucker, aber sie ist noch ein Baby.« Sein Blick heftete sich auf die Lippen, die er gerade geküsst hatte. »Ich bevorzuge gewöhnlich eher reifere Frauen.« Er ignorierte ihren wütenden Blick und lachte sie an. »Wenn es dich beruhigt, sie ist nicht mein Typ.« Er schaute kurz zu Pagan hinüber. »Aber Prinzessin, gib zu, dass Pagan unglaublich sexy ist.« Bevor Roxanne antworten konnte, küsste er sie erneut, diesmal gründlicher. Als er seinen Mund von ihren Lippen löste, lachte er nicht mehr. »Trotzdem kann sie dir nicht das Wasser reichen«, sagte er heiser. »Das kann niemand.«

»Als wenn mir das etwas bedeuten würde«, erwiderte Roxanne mit belegter Stimme. Wenn ihr nur bei seinen Worten nicht so heiß würde. Was war los mit ihr? Normalerweise war sie nicht eifersüchtig. Doch als Jeb Pagan mit dieser unverhohlenen Bewunderung angeschaut hatte, hatte sie etwas empfunden, was Eifersucht gefährlich nahe kam, das musste sie ehrlich zugeben.

Im Moment waren alle damit beschäftigt, sich vorzustellen und das Essen auszupacken, das Nick und die anderen mitgebracht hatten. Roxanne und Jeb standen etwas abseits in einer Ecke des Wohnzimmers. Roxanne kam es vor, als würde ein intimer Schleier sie beide umhüllen, hinter dem alles andere verblasste, und nur noch sie beide existierten.

»Ich glaube, das tut es«, sagte Jeb leise. Seine Miene war undurchdringlich.

»Was?«

»Es bedeutet dir etwas.«

Roxanne legte den Kopf in den Nacken und funkelte ihn giftig an. »Bist du verrückt? Du weißt genau, dass ich dich nicht leiden kann. Und du mich genauso wenig.«

»Wie erklärst du dann, was zwischen uns passiert?«, fragte er ruhig. »Seit diesem Tag. Ob du es zugibst oder nicht, seitdem hat sich etwas zwischen uns verändert.«

Roxanne wünschte sich erneut, sie hätte den Mund gehalten und dieses Gespräch niemals angefangen. Sie war verwirrt. Vor wenigen Minuten war sie eifersüchtig gewesen, obwohl sie das normalerweise nie war. Sie konnte Jeb nicht leiden und konnte doch diese Zeit in seinen Armen nicht vergessen. Gleichzeitig wollte sie auf keinen Fall über diesen irrsinnigen Tag im September reden. Sie suchte ihr Heil in der Flucht, doch als sie Anstalten machte, sich von Jeb zu lösen, verstärkte er den Griff um ihre Taille.

»Es hat sich etwas verändert, gib es zu!«, forderte er sie auf.

Sie hob trotzig den Kopf. »Spielst du auf dieses ... Mal an, an dem wir ... in meinem Haus waren?«

»Als wir uns auf deinem Tresen geliebt haben?«

»Wir haben uns nicht geliebt. Wir hatten Sex.« Sie presste die Worte zwischen den Zähnen heraus.

»Warum fällt es dir leichter, es Sex zu nennen?«

Roxanne fuhr sich durchs Haar, um das Zittern ihre Hände zu verbergen. » Weil es genau das war.« Beinah verzweifelt redete sie weiter. »Es kann nichts anderes gewesen sein.« Sie holte tief Luft. »Ich will nicht weiter darüber reden«, erklärte sie dann. »Schon gar nicht hier und jetzt.«

»Einverstanden«, erwiderte Jeb liebenswürdig und ließ sie los. »Dann reden wir später darüber.«

Roxanne schoss wie aus der Kanone abgefeuert von ihm weg. Doch seine letzten Worte verfolgten sie wie eine Drohung.

Maria und Shelly stellten gerade die Speisen auf den Tisch, und Roxanne half ihnen nur zu gern. Sloan und Shelly hatten eine Vielzahl von Snacks zubereitet, die man mit den Fingern essen konnte. Die anderen hatten ebenfalls etwas Besonderes mitgebracht. Der Esstisch bog sich förmlich unter der Last von Tellern, Besteck und einer Vielzahl von Leckereien.

Die Auswahl reichte von süßsaueren Fleischbällchen, über Rohkost, Spinat-Quiches, Marias Chili-Käse-Taschen und natürlich Roxannes Artischockenauflauf. Dazwischen türmten sich Chips auf kleinen Tellern, neben denen viele kleine Schälchen mit Dips standen. Zu trinken gab es neben Wein und Bier heißen, gebutterten Rum und gewürzten warmen Cidre. Selbstverständlich kamen auch die Naschkatzen nicht zu kurz. Maria hatte vier Apfelkuchen gebacken, was besonders Acey entzückte. Wer keinen Apfelkuchen mochte, hatte die Möglichkeit, auf Zitronen- und Käse-Sahne-Kuchen auszuweichen. Außerdem hatten Pagan und Roman noch eine große Schachtel feinster Pralinen aus New Orleans mitgebracht. Es war kein mehrgängiges Dinner, doch niemand würde hungern müssen ...

Die letzten Speisen wurden gerade aufgetragen, als die Courtland-Zwillinge eintrudelten. Auch sie brachten etwas zu essen mit. Brezeln, Cracker und eine körnige Guacamole, die Jason zubereitet hatte. Morgan hatte sich an Mais-Salsa versucht. Sie drückten Shelly die Speisen in die Hand, und Sloan nahm ihnen die Jacken ab.

Roxanne beobachtete, wie die Zwillinge Pagan vorgestellt wurden, und hätte beinah laut über ihre Gesichter gelacht. Als sie sah, wie die Courtlands um Fassung rangen, fand sie ihren Humor wieder. Jeb hatte Recht. Pagan war tatsächlich unglaublich sexy. Am meisten beeindruckte Roxanne jedoch, dass sich Romans Schwester offenbar nichts aus ihrer Wirkung auf ihre Mitmenschen machte.

Wie erwartet trafen M.J. und Tracy als Letzte ein. Ilka, Ross und Sam waren kurz nach den Courtland-Zwillingen gekommen, und Shelly hatte ungeduldig auf die letzten Gäste gewartet. Als die beiden Frauen, die eine blond, die andere rothaarig, endlich hereinkamen, lief Shelly ihnen entgegen und umarmte sie. »Ich bin so froh, dass ihr da seid!«, rief sie. »Ich hatte mir schon Sorgen gemacht. Wegen des Schnees und überhaupt.«

Sloan trat hinter seine Frau und legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Und ich bin erst froh, dass ihr da seid«, sagte er. »Shelly war die letzte halbe Stunde so nervös, dass ich schon befürchtete, sie würde mich in den Blizzard hinausjagen, um euch zu suchen.« Unter Gelächter und Shellys halbherzigen Protesten nahm er den Frauen ihre dicken Daunenjacken ab und schob sie in das Wohnzimmer zu den anderen, nachdem er sich bei Tracy erkundigt hatte, ob mit dem Kalb alles in Ordnung war.

Tracy Kingsley nickte lächelnd. Sie war die Tierärztin in St. Galen’s und arbeitete sowohl für Shelly als auch für Sloan. Sie hatte auf ihrem Grundstück eine kleine Tierklinik eingerichtet, wo sie Katzen und Hunde behandelte. Ihr Spezialgebiet waren jedoch Pferde. Sloan war sehr erleichtert gewesen, als sie sich vor etwa zehn Jahren für dieses Tal entschieden hatte. Er züchtete äußerst kostspielige American Paints, die er selbst zu Cowboypferden ausbildete. Bevor Tracy nach St. Galen’s gezogen war, hatte der nächste Tierarzt mehr als anderthalb Stunden zu Sloans Ranch gebraucht. Wenn eine Stute fohlte und ein Problem auftauchte, kam es jedoch oft auf die Minute an. Für Sloan war es ein Gottesgeschenk, endlich eine Tierärztin im Tal zu haben.

Tracy machte allerdings keinen Hehl daraus, dass ihr Kühe nicht sonderlich am Herzen lagen. Da sie jedoch Tierärztin war und ihren Lebensunterhalt verdienen musste, zählten hier im Tal viele Rinderzüchter zu ihren Klienten. Shelly und Nick gehörten ebenfalls dazu. Tracy war eine der ersten neuen Bekanntschaften, die Shelly nach ihrer Rückkehr ins Tal geschlossen hatte. Die Tierärztin war ihr auf Anhieb sympathisch gewesen, und die beiden Frauen hatten sich rasch angefreundet.

Die Silvesterparty war großartig. Es gab reichlich zu essen, und die so unterschiedlichen Gäste gestalteten die Gespräche sehr interessant und lebhaft. Alle waren glücklich über Roxannes Rückkehr, und Pagan zog die Männer magnetisch an. Was den anderen Frauen reichlich Stoff für Spekulationen gab.

»Sie ist wirklich hinreißend!«, erklärte M.J. bestimmt schon zum zehnten Mal an diesem Abend. Sie saß am Kamin, hatte eine Schale mit Salzgebäck auf dem Schoß, betrachtete Pagans entzückendes Gesicht und seufzte. »Ich kann genauso gut in Sack und Asche herumlaufen, solange sie hier ist. Niemand wird mich auch nur eines Blickes würdigen.«

»Red keinen Unsinn!«, widersprach Roxanne. »Du hast eine ganze Menge Vorzüge. Du bist süß, und das weißt du auch genau. Erzähl mir nicht, dass die Männer nicht auf deine großen braunen Augen und deine blonde Mähne fliegen.« Sie hob fragend eine Braue. »Und für deine Kurven würde ich glatt einen Pakt mit dem Teufel eingehen.«

M.J. sah sie fassungslos an. »Du nimmst mich auf den Arm, stimmt’s?«

»Nein. Glaub mir, wenn man groß und schlank ist, hat das auch Nachteile.«

»Sie hat Recht.« Tracy trötete in dasselbe Horn. »Ich bin fast eins achtzig und weiß noch genau, wie es war, das größte Mädchen auf der ganzen Highschool zu sein.« Sie lächelte M.J. an. »Damals hätte ich dich gehasst. Du wärst die süße kleine Cheerleaderin geworden, hinter der die Jungs vom Footballteam her gewesen wären. Große, knochige Mädchen wie ich hatten da keine Chance.«

M. J. verzog das Gesicht. »Ich hatte leider nie Gelegenheit, Cheerleaderin zu werden. Shelly und ich haben eine Privatschule besucht.« Sie schaute zu Pagan hinüber, die von den Courtland-Zwillingen, Ross und Nick umringt war, seufzte erneut und schnitt ein finsteres Gesicht. Jedenfalls so düster, wie ihr das mit ihren kecken Gesichtszügen gelingen konnte.

Shelly lachte. M.J. und sie waren seit frühester Kindheit Freundinnen, und sie kannte diesen Gesichtsausdruck. »Sei ehrlich, M.J.. Wenn du auf einen von diesen Burschen scharf gewesen wärest, hättest du schon vor Monaten, was sag ich, Jahren etwas unternommen. Tu jetzt nicht so, als wärest du wirklich neidisch.«

M.J.s Kichern war ansteckend wie immer. »Du hast Recht. Es ist schwierig, sich ernsthaft für Männer zu interessieren, die man noch in Windeln kennen gelernt hat.«

»Ich dachte, du hättest von Männern gründlich die Nase voll«, warf Sam ein. »Wie ich.« Sie hockte neben M.J. auf dem Boden.

M.J. und Sam waren geschieden. Beide Scheidungen waren 1999 rechtskräftig geworden, und es waren schmerzhafte Trennungen gewesen. Sam war nicht einmal vier Jahre verheiratet gewesen. Sie war froh, dass sie herausgefunden hatte, was für ein Dreckskerl ihr Ehemann war, bevor sie Kinder bekommen hatten. M.J.s Ehe dagegen hatte über zehn Jahre gedauert, und sie war jeden Tag dankbar für ihre zwei Kinder. Sie teilte sich das Sorgerecht mit deren Vater, einem Highway-Polizisten, und schätzte jede Stunde, die sie mit ihren Jungs verbringen konnte. Sam war nach ihrer Scheidung in Novato geblieben und züchtete Zwergschnauzer. Pandora war eine Hündin aus ihrer Zucht. M.J. dagegen war ins Tal zurückgekehrt. Ihre Familie besaß den größten Lebensmittelladen im Oak Valley, deshalb war der dortige Beruf wie für M.J. gemacht.

Ilka hockte wie eine ägyptische Katze auf einem Schemel vor M.J.. Sie trug eine eisblaue Bluse und eine handgeschneiderte schwarze Hose. »Ich glaube nicht, dass ihr euch wegen Pagan ernstlich Sorgen machen müsst«, warf sie jetzt nachdenklich ein. »Erstens ist sie nur zu Besuch hier, und zweitens scheint sie sehr freundlich und nett zu sein.«

»Ich habe gesehen, wie ihr beide euch vorhin unterhalten habt«, sagte Roxanne. »Worüber habt ihr geplaudert?«

»Oh, es war nur ein höfliches Schwätzchen. Es ging um das Wetter und die Unterschiede zwischen Oak Valley und New Orleans. Pagan wirkt sehr natürlich, fast schon ein bisschen schüchtern, und hat gar nichts von einer femme fatale.« Sie schaute zu Pagan hinüber. »Ich wette, sie wäre erleichtert, wenn eine von uns sie vor der Meute retten würde.«

»Glaubst du?« M.J. schien nicht überzeugt.

Ilka nickte. »Ich wäre jedenfalls froh. Du nicht? Stell dir vor, du kommst neu in eine Stadt, und alle Männer stürzen sich auf dich, während sich die Frauen gemütlich in einer dunklen Ecke zusammenrotten und sich das Maul über dich zerreißen. Pagan ist nicht dumm. Sie weiß, dass wir über sie reden.«

Schuldbewusst drehten alle ihre Köpfe in Pagans Richtung.

»Ilka hat Recht.« Roxanne war überrascht. »Pagan scheint sich wirklich ein bisschen bedrängt zu fühlen. Ich rette sie.«

»Ich helfe dir.« M.J. sprang auf.

»Ich auch.« Sam reihte sich in die Phalanx ein. »Wir Frauen müssen schließlich zusammenhalten.«

Die Männer wussten nicht, wie ihnen geschah. Eben noch glaubten sie, Pagan mir für sich zu haben, und im nächsten Moment hatte man ihnen ihre Beute vor der Nase weggeschnappt und in die Frauenecke vor den Kamin dirigiert. Und keiner der Helden wägte den Versuch, sie zurückzuerobern.

Shelly rückte ein Stück zur Seite und machte Pagan Platz vor dem Kamin. »Wir dachten, du könntest eine Pause von deinen Bewunderern vertragen.«

»Sind alle Männer hier im Westen so nett und charmant?« Pagans Stimme klang warm und honigweich. Ihre unglaublich lilafarbenen Augen funkelten amüsiert. »Ich dachte, dass die Südstaatler-Galane alle Finessen beherrschen, aber diese Cowboys hier ...«

»Die sind ebenfalls ganz schön raffiniert, was?« M.J. grinste.

Pagan ließ sich von Ilka ein Glas Wein geben und nickte. »Allerdings. Meine Mom hat mich zwar vor Yankees gewarnt, aber sie hat nie ein Wort über Cowboys verloren. Wow!«

Sie lächelte M.J., Sam und Roxanne an. »Vielen Dank, dass ihr mich gerettet habt.«

Die Frauen löcherten Pagan jetzt mit Fragen. Wie lange sie hier auf Besuch bleiben wollte? Zwei Wochen. Es hing von Roman ab. Und wo sie lebte? In New Orleans. Was sie arbeitete? Sie war Computerprogrammiererin.

M.J. spitzte die Ohren. »Du hättest nicht zufällig Lust, Arbeitsurlaub zu machen und mir im Geschäft zu helfen? Wir haben im Herbst ein neues Computersystem installiert. Das raubt mir den letzten Nerv.«

»Doch, gern«, erwiderte Pagan bereitwillig. »Das macht mir nichts aus.« Sie lächelte reumütig. »Ich muss zugeben, dass ich ein Computerfreak bin. Ich werde richtig unruhig, wenn ich nicht alle paar Tage eine Tastatur in die Finger bekomme.«

Das konnten die anderen Frauen zwar nicht nachvollziehen, aber das Gespräch drehte sich bald um andere Themen. Die Oak-Valley-Ladys waren sich rasch einig. Pagan war zwar ein richtiger »Vamp«, aber dennoch sehr intelligent. Zudem nahm sie sich selbst und ihr Aussehen nicht übermäßig wichtig. Obwohl eine halbe Stunde sehr kurz für eine endgültige Entscheidung war, kam die Gruppe zu dem einmütigen Schluss, dass Pagan gut zu ihnen passte.

Plötzlich sah sich M.J. verwirrt um. »Wo sind eigentlich Mingo und Danny? Ich kann sie nirgendwo sehen.«

»Mingo hat eine heiße Verabredung mit einer Schönheit in Santa Rosa, und Danny hat heute Dienst«, antwortete Shelly. »Ich habe auch Cleo eingeladen. Aber die hat nur geheimnisvoll getan und mir mitgeteilt, dass sie schon eigene Pläne habe.«

»Wirklich? Glaubst du, dass Hank und sie Ernst machen?«

»Das kann man bei Cleo nie wissen.« Roxanne lächelte. »Da sie schon fünfmal verheiratet war, würde mich nichts überraschen.«

»Und Bobba? Was war seine Entschuldigung?«, erkundigte sich M.J. ruhig. Ihre braunen Augen wirkten besorgt.

M.J., Shelly, Danny und Bobba waren seit frühester Kindheit die besten Freunde. Schon ihre Familien waren befreundet gewesen, und als kleine Kinder steckten sie pausenlos zusammen. Das Band aus diesen frühen Tagen hielt bei den dreien, nur Bobba schien etwas auszuscheren.

Shelly seufzte. »Ich habe ihn gefragt. Seine Frau hat mir erklärt, sie wollten irgendeine Gala in San Francisco besuchen.«

»Das gefällt Bobba bestimmt nicht«, mutmaßte Ilka. »Bess sollte wissen, dass er lieber mit uns gefeiert hätte als mit ihren Freunden und ihrer Familie vornehm herumzuparlieren.«

M.J.s Blick verfinsterte sich. »Es interessiert Bess kein Stück, was Bobba möchte. Habt ihr sie schon mal reden hören? Es geht ununterbrochen nur um sie, und sie versucht alles, um ihn von seinen Freunden und seiner Familie fern zu halten. Sie verbringen jede freie Minute mit ihrer Familie und deren Freunden. Wenn Bobba seine Freunde besuchen will, haben sie laut Bess gerade zu viel zu tun. Und Bobba, der Blödmann, hält sie auch noch für wundervoll.«

»Immerhin ist sie seine Frau«, tadelte Ilka sie sanft. »Die meisten Männer halten ihre Frauen nicht für so wundervoll.«

M.J. warf ihr einen finsteren Blick zu. »Erinnere mich bloß nicht daran. Mir ist schleierhaft, was er in ihr sieht.«

»Sie hat Kultur, vergesst das nicht«, meinte Shelly scheinheilig.

»Kultur?«, fragte Roxanne fasziniert.

Shelly nickte. »O ja. Und Oak Valley hat absolut keine Kultur. Das hat sie mir bei unserem ersten Zusammentreffen gesteckt. Nicht einmal einen Hauch von Kultur. Bess zufolge ist das Tal in dieser Hinsicht Brachland, und sobald ihr Daddy es einrichten kann, wird er Bobba einen ordentlichen Job in San Rafael anbieten, wo sie alle möglichen kulturellen Veranstaltungen besuchen können.«

»Und Bobba, der süße Trottel, wird den dämlichen Job annehmen und sich hundeelend dabei fühlen«, sagte M.J. traurig. »Er liebt das Tal. Es wird ihn umbringen, wenn er es verlassen muss, aber für Bess wird er es tun.«

»Niemand steckt in dem Leben der anderen«, warf Pagan ein. »Vielleicht bedeutet ihm das Glück seiner Frau mehr als sein eigenes.«

M.J. und Shelly sahen sich an und seufzten. »Wahrscheinlich stimmt das«, gab M.J. zu. »Nur kennen wir ihn halt schon so lange ...« »Und du kannst seine Frau nicht ausstehen.« Roxanne lächelte unmerklich.

»Das kannst du wohl sagen!«, grunzte M.J.. »Keine von uns mag Bess besonders.«

Damit war das Thema erschöpft, und kurz darauf redeten die Frauen über die Play-Offs der Superbowl. Alle hatten ihre besonderen Favoriten. Pagan hoffte natürlich, dass die New Orleans Saints das Rennen machten, Shelly und Roxanne outeten sich als eingeschworene Raiders-Fans, und die anderen drückten den Forty-Niners die Daumen.

»Ihr liegt alle falsch«, unterbrach sie eine männliche Stimme. »Ich setze auf die Broncos.«

Die Köpfe der Frauen flogen wie von einer Schnur gezogen zu Acey herum. Seine blauen Augen glitzerten herausfordernd, sein weißes Haar glänzte silbern im Licht, und er ließ seinen gepflegten Schnauzbart amüsiert tanzen. »Ich nehme euch nur ungern aus, Ladys, aber wenn ihr unbedingt auf ein Verliererteam setzen wollt, dann nur zu. Die Broncos werden es packen.«

Nach dieser Bemerkung ergossen sich Hohn und Spott über ihn, doch Acey grinste nur überlegen und setzte sich auf den letzten freien Stuhl in der Nähe des Kamins. »Schöne Party«, sagte er zu Shelly. »Eine tolle Idee von dir und Sloan.«

Maria schlenderte ebenfalls zu ihnen und setzte sich dankbar auf den Stuhl vor dem Kamin, den Shelly für sie freimachte. Dann musterte sie Acey tadelnd. »Du findest doch jede Party gut, auf der es Apfelkuchen gibt«, zog sie ihn auf.

Acey tat, als müsste er nachdenken. »Nur, wenn du ihn gebacken hast«, konterte er listig.

»Worum geht’s?« Sloan zog zwei Stühle für sich und seine Frau heran.

»Um Marias Apfelkuchen.« Samantha lächelte ihren ältesten Bruder an.

»Fangt ihr etwa jetzt schon mit den Desserts an?« Jason trat mit den anderen Männern im Schlepptau zu ihnen. »Ich habe noch nicht mal alle Hauptgerichte probiert.«

Irgendwie fanden alle Platz vor dem Kamin. Einige Männer hockten sich auf den Boden, andere folgten Sloans Beispiel und zogen sich Stühle heran. Alle hatten gut gegessen, fühlten sich warm und behaglich, und die Atmosphäre war entspannt und fröhlich. Sie erzählten sich Geschichten, spekulierten über die schlechte Wirtschaftslage und stellten Mutmaßungen an, welche Auswirkungen sie auf die Rinderzucht und das Leben im Tal haben würde. Das Gespräch sprang angeregt von einem Thema zum nächsten, konzentrierte sich auf Pagan und Roxanne, dann auf Morgans Immobiliengeschäft, auf die Zahl der Fohlen, die Sloan im Frühling erwartete, diskutierten die Fortschritte von Nicks und Shellys Rinderzucht, und kehrte dann wieder zu den Abenteuern zurück, die sie miteinander erlebt hatten. Zwischen ihnen herrschte die natürliche Kameraderie von Leuten, die sich ein Leben lang kannten und mochten.

Schließlich stand Sloan auf und holte einige Holzscheite von der Veranda. »Brr«, sagte er, als er wieder hereinkam. »Es ist eisig da draußen.« Er warf die Scheite aufs Feuer und setzte sich erneut neben Shelly. »Gut, dass ihr alle über Nacht bleibt. Es schneit immer stärker.«

»Schon. Aber wieso hast du uns in der Scheune einquartiert?«, warf Nick spöttisch ein. »Ist das fair? Du schläfst hier allein unter Frauen, und wir werden in die eiskalte Scheune verbannt?«

Sloan lächelte. »Mein Haus, meine Regeln. Außerdem ist die Scheune geheizt, wie du sehr wohl weißt. Ihr werdet nicht frieren.«

»Aber vielleicht ruiniere ich mir meine empfindliche Haut.« Jasons Augen blitzten schelmisch.

»Jason hat Recht«, warf Ross ein. »Es ist nicht nett, uns in die Scheune abzuschieben. Wer weiß, vielleicht platzen uns ja vor Kälte die Lippen auf.«

»Ich kannte einen Kerl, den es mal wirklich übel erwischt hatte«, grinste Acey. »Das war der schlimmste Fall von aufgesprungenen Lippen, die ich je gesehen habe.«

Shelly verdrehte die Augen. »Und du möchtest die Geschichte gern zum Besten geben, hm?«

»Wenn ihr mich höflich bittet.«

Sloan gluckste leise. »Bitte, wir können es kaum noch erwarten.«

»Na ja, es hat sich folgendermaßen zugetragen«, begann Acey. Mit einem kurzen Blick in die Runde vergewisserte er sich, dass alle zuhörten. »Das war damals, in den guten alten Zeiten, wisst ihr, bevor es diesen modernen Lippenbalsam gab und all den Schnickschnack. Da wir draußen im Freien arbeiteten, bei Sonnenschein und Regen, gab es manchmal Probleme mit aufgesprungenen Lippen. Jedenfalls arbeitete ich damals auf der alten Bar-T-Ranch und war in die Stadt geritten, um mir ein Bier und ein Sandwich zum Essen zu holen. Es war kein übler Tag für Januar. Die Sonne schien, und ich saß mit zwei anderen Jungs auf der Veranda des alten Hotels, als wir diesen alten Kuhhirten vorbeireiten sahen. Wir begrüßten ihn und beobachteten, wie er abstieg und das Pferd vor der Tränke anband.« Er betrachtete seine aufmerksamen Zuhörer. »Damals gab es noch solche Pferdeholme.«

»Wann war das denn?«, erkundigte sich Nick. »Noch vor unserer Zeitrechnung?«

»Nick!«, schalt ihn seine Mutter. »Lass Acey die Geschichte zu Ende erzählen!«

Acey feixte sie an. »Danke. Wie gesagt, dieser alte Cowboy stieg von seinem Pferd und band es an den Holm. Und dann machte er das Erstaunlichste, was ich je gesehen habe. Er ging um sein Pferd herum, hob den Schwanz des Tieres hoch, und schob ihm seinen Arm halb ...« Er unterbrach sich und sah die Frauen an. »Na ja, ihr könnt euch ja denken, wohin er seinen Arm schob. Ich will verdammt sein, wenn er sich danach nicht mit den Fingern das Zeug auf die Lippen schmierte.«

Dafür erntete er einen Chor angewiderter Laute von den Frauen.

»Das denkst du dir doch aus, du Ferkel!«, beschuldigte ihn Roxanne.

»Nein, mach ich nicht. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Der Kerl hat sich Pferdesch ... Pferdeäpfel auf die Lippen geschmiert.«

»Und warum?« Roxanne war ebenso misstrauisch wie angeekelt.

»Genau diese Frage habe ich ihm gestellt«, antwortete Acey ernsthaft. »Ich sagte: >He, Mann, wofür soll das gut sein?< Er erwiderte, seine Lippen wären aufgesprungen und täten höllisch weh. Natürlich war ich neugierig und hab ihn gefragt, ob das ... Mittel helfen würde. Er wusste nicht, ob Pferdemist seinen Lippen half oder nicht, meinte er. Aber eines wäre klar: Es würde ihn auf jeden Fall daran hindern, sich ständig die Lippen zu lecken.«

Schallendes Gelächter brandete auf, und Roxanne drohte Acey mit dem Finger. »Du bist ein hinterhältiger Schuft, Acey Babbitt.«

»Aber ich habe euch drangekriegt, oder?« Acey gackerte vergnügt, und seine blauen Augen funkelten fröhlich.

»Das kannst du wohl sagen.« Jeb lachte immer noch.

Sie erzählten sich weitere haarsträubende Geschichten und amüsierten sich königlich. Als es Mitternacht schlug, prosteten sie sich zu, umarmten sich, und Sloan brachte einen Toast auf das neue Jahr aus.

Als sie die Gläser sinken ließen, trat Shelly neben Nick. Sie blieben nebeneinander stehen und hielten sich an den Händen. Ihre Ähnlichkeit war frappierend. Shelly warf Sloan einen Blick zu, und der nickte aufmunternd. Nick schaute seine Mutter an. Maria seufzte und nickte ebenfalls. Acey setzte sich neben sie und nahm ihre Hand in seine knorrige Faust. Sie lächelte ihn dankbar an.

Shelly räusperte sich. »Wir möchten euch etwas verkünden. Wir dachten, an Neujahr können wir das gut mit einem Knalleffekt tun.« Alle fixierten sie neugierig. Nervös sprach sie weiter: »Wie ihr alle wisst, gehen schon lange die Gerüchte um, dass mein Bruder Josh Nicks Vater wäre. Wir fanden, der heutige Tag wäre ein geeigneter Zeitpunkt, diese Gerüchte ein für alle Mal zum Schweigen zu bringen. Wir haben euch eingeladen, weil ihr unsere Freunde seid. Und weil wir wollten, dass ihr die Wahrheit erfahrt und uns helft, sie zu verbreiten.«

Shelly holte tief Luft. »Josh wurde auf eigenen Wunsch hin eingeäschert. Deshalb konnten wir ihm keine DNA-Probe entnehmen, die bewiesen hätte, ob Nick sein Sohn ist oder nicht. Letzten Sommer haben Roman, Nick und ich von unserer DNA Proben nehmen lassen, um diese Frage ein für alle Mal zu klären. Meine Probe allein genügt, um die Verwandtschaft zwischen mir und Nick zu beweisen. Aber wir wollten noch mehr. Roman hatte seine DNA freiwillig zur Verfügung gestellt, und dann habe ich beschlossen, den Leichnam meines Vaters zu exhumieren und auch von seinen sterblichen Überresten eine DNA-Probe entnehmen zu lassen.« Sie lächelte wehmütig. »Zum Glück hielt mein Dad nichts von Einbalsamierung, und wir haben trotz der geringen Chancen eine gültige Probe bekommen.«

Nick schluckte. Er war blass und hielt Shellys Hand so fest, dass er sie beinahe zerdrückte. Auf diesen Moment hatte er lange gewartet, und jetzt, so kurz vor dem Ziel, überwältigten ihn seine Gefühle beinahe. Wollte er wirklich seine Vergangenheit offen legen? Würde er es ertragen, wenn die Leute ihn und seine Mutter anstarrten? Oder hinter ihrem Rücken über sie tuschelten? Nach Shellys Eröffnung gab es kein Geheimnis mehr – und auch keinen Weg zurück.

Shelly spürte seinen inneren Aufruhr, drückte seine Hand und lächelte ihn an. Ihr herzliches, liebevolles Lächeln beruhigte ihn.

Sie schaute die Menschen rundum an, die sie gespannt betrachteten. »Es hat eine Weile gedauert, bis wir das Ergebnis bekommen haben, und es war ein anderes, als wir erwartet haben. Wir waren wie vor den Kopf gestoßen und konnten kaum glauben, was diese DNA-Proben enthüllten. Obwohl sie nicht unsere Erwartungen bestätigten, waren sie wunderbar.« Sie schaute Nick liebevoll an. »Ich möchte euch Nick vorstellen«, sagte sie leise, während sie sich erneut auf ihre Freunde konzentrierte. »Und zwar nicht meinen Neffen Nick, wie alle dachten, sondern Nick Rios, meinen – »Bruder.«

Glutheiße Küsse/Verstohlene Leidenschaft

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