Читать книгу CLIL in der Fächerfusion Englisch und Bildnerisches Gestalten in heterogenen Primarschulklassen - Silvia Frank Schmid - Страница 32
3.2.2 Communication
ОглавлениеMit communication ist das Lernen und der Gebrauch der (Fremd-)Sprache gemeint. Seit der kommunikativen Wende Mitte der 1970 Jahren mit der Verbreitung des methodischen Ansatzes des ‘Communicative Language Teaching’ (CLT), somit einer Abkehr der Betrachtung von Sprache als rein linguistisches System hin zu einem vermehrt funktionalen, kommunikativen Sprachgebrauch, nimmt die Anwendung der Sprache in Form von Kommunikation im Fremdsprachenunterricht eine fundamentale Bedeutung ein (z. B. Halliday 1985, S. xiii; Nunan 2004, S. 27). CLT überwindet somit die jahrzehntelange Dichotomie von Sprachkorrektheit (focus on form) versus Sprachgebrauch (focus on meaning) und betont folglich die Tatsache, dass es für ein erfolgreiches Sprachenlernen sowohl vielfältige kommunikative Anwendungssituationen als auch explizites Sprachwissen braucht. Auch der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen, der die Grundlage für Lehrpläne und Lehrmittel in ganz Europa und darüber hinaus bildet, unterstreicht diese Wichtigkeit und betrachtet die Sprachlernenden als sozial Handelnde, die dank ihrer kommunikativen Kompetenzen befähigt sind, mit Hilfe spezifisch sprachlicher Mitteln in der Gesellschaft zu interagieren (Europarat 2001, S. 21). Ein focus on form steht demnach im Dienste des Sprachgebrauchs und ist immer dann von grosser Wichtigkeit, wenn die Lernenden bestimmte linguistische Strukturen benötigen, um sich kommunikativ auszudrücken (Müller-Hartmann & Schocker-von Ditfurth 2011, S. 51).2 Dabei gilt «using language to learn is as important as learning to use language». Dies trifft ebenso für das duale Lernen im CLIL-Unterricht zu, wo Sprache sowohl Medium (communication) als auch eigentlicher Lerninhalt (content) ist. (Coyle et al. 2010, S. 33–35)
Ausgehend der Annahme, dass (Fremd-)Sprache immer durch rezeptives und produktives sprachliches Handeln in authentischen, fachlichen Anforderungssituationen erlernt wird (Leisen 2015a, S. 45–46) – und sich daraus eben auch diese expliziten Sprachlernmomente ergeben können – ist jeder Unterricht zugleich auch Sprachunterricht. Denn die Alltagskommunikation unterscheidet sich stets von der Bildungssprache im Unterricht. Letztere muss folglich im fachspezifischen Unterricht immer mit den Lernenden erarbeitet werden (Leisen 2017, S. 1). Der CLIL-Unterricht bildet dabei keine Ausnahme. Im Gegenteil, der bilinguale Unterricht verstärkt diese Tatsache, weil die Bildungssprache gleichzeitig eine Fremdsprache ist. Die Herausforderung besteht im CLIL-Unterricht nun darin, die fachbezogenen Inhalte fremdsprachlich aufzubauen und dann Lernsituationen zu schaffen, in denen die Lernenden mit ihren limitierten fremdsprachlichen Kompetenzen kommunizieren können (Vollmer 2013, S. 125–26) .
Um diese zusätzlichen fremdsprachlichen Hürden zu überwinden, gibt es grundsätzlich zwei didaktische Vorgehensweisen: Entweder proaktiv, indem zentrale linguistische Inhalte vorgängig den Lernenden bewusst gemacht, mit entsprechendem Scaffolding eingeführt und geübt werden. Oder reaktiv, indem die Lehrpersonen auf die Sprachhandlungen der Lernenden mit korrigierendem Feedback reagieren. (Lyster 2007, S. 46–47) Als besonders effektiv wird ein ausgewogenes Vorgehen von proaktiven und reaktiven Massnahmen betrachtet. Dieser sogenannte ‘counterbalanced approach’ stellt sicher, dass im CLIL-Unterricht sowohl der kommunikative Sprachgebrauch als auch die Korrektheit beachtet werden. In Lysters Worten ausgedrückt bedeutet das: «In keeping with socio-cognitive view of second language development, scaffolded interaction with its many opportunities for learners to negotiate language through content serves to fuse content and language» (Lyster 2007, S. 137). Leisen (2015a, S. 45–48) knüpft hier an und spricht von ‘sprachsensiblen CLIL-Unterricht’. Er betont die Wichtigkeit Sprachanforderungen knapp über dem individuellen Sprachvermögen und ein breites Angebot an Sprachhilfen bereitzustellen, sowie vielfältige Sprachlernsituationen zu schaffen, die Lernende zum verschiedentlichen fremdsprachlichen Handeln ermutigen.
Anknüpfend an letzteren Aspekt gibt es im CLIL-Unterricht drei Arten von Sprachgebrauch: Die ‘language of learning’, ‘language for learning’ und ‘language through learning’ (Coyle et al. 2010, S. 36–38; Coyle 2007b, S. 552–56). Sie werden in der nachfolgenden Übersicht vorgestellt und zur Illustration mit Beispielen aus dem CLIL-Kontext von BG und Englisch verdeutlicht.
Language of learning | Language for learning | Language through learning |
Bei diesem Aspekt geht es um die genaue Analyse jener Sprache, die die Lernenden für das Erlernen des inhaltlichen Themas brauchen, damit sie sich kompetent im CLIL-Thema bewegen können. Hier steht je nach Situation die formale Korrektheit oder die funktionale Anwendung der Zielsprache im Vordergrund. Beispiele können sein: Materialien, Werkzeuge oder Verfahren aus dem BG (brush, paper, crayons, sketch, …), Vokabular für die inhaltliche Beschreibung von un-/gegenständlichen Bildern (shapes, colours, prepositions,…), Vokabular (adjectives) und sprachliche Strukturen für Bildbeschreibungen und für die Mitteilung von persönlichen Eindrücken. | Dieser Aspekt beinhaltet funktionale Sprache, um sich im CLIL-Unterricht in der Fremdsprache zu bewegen. Damit sind all jene sprachlichen Handlungen gemeint, die die Lernenden für die Bewältigung der Lernaufgaben benötigen. Language for learning befähigt die Lernenden die Zielsprache bei Gruppenarbeiten aber auch beim selbstständigen Lernen kompetent verstehen und anwenden zu können. Zum Beispiel sind das Funktionen, mit denen die Lernenden Verständnisfragen stellen, Anweisungen von Lernaufgaben verstehen, Gruppenarbeiten auf Englisch ausführen, und einander Rückmeldungen geben können. | Dieser Aspekt betont, dass sich Denken und Sprache aktiv beeinflussen. Sprache entwickelt sich durch kognitiv herausfordernde Aufgaben, gleichzeitig bildet sich durch die Versprachlichung von Denkprozessen Wissen (vgl. Vygotsky 1978, S. 42). Wie Lernende Sprache verwenden, gibt der Lehrperson hilfreiche Einblicke in ihr Verstehen (Mohan & van Naerssen 1997). Language through learning passiert dann, wenn die Lernende ihr Denken über die Unterrichtsinhalte durch Sprache ausdrücken können. Es lässt sich nicht immer planen, da sich Wissen individuell entwickelt und so auch unterschiedliche Sprache notwendig wird. Dies gelingt zum Beispiel, indem die spontan auftauchende Sprache der Lernenden aufgegriffen wird. |
Abbildung 5:
Drei Arten von Sprachgebrauch im CLIL-Unterricht (Coyle et al. 2010, 36–38; Coyle 2007b, 552–56)
Auch wenn es bei dieser Unterteilung etwas an Trennschärfe fehlt, verdeutlichen die drei Arten von Sprachgebrauch die Vielfältigkeit der sprachlichen Anforderungen im CLIL-Unterricht. Auf den ersten Blick erscheint es oftmals so, als ob im CLIL-Unterricht explizit fachspezifische Sprache (language of learning) erlernt werden muss, die etwas weit weg von der Alltagssprache der Lernenden erscheint. Jedoch erweitert sich dank deren Anwendung im Unterricht auch das ganz alltägliche fremdsprachliche Repertoire, dass sich bei Interaktionen rund um diesen Sprachgebrauch ergibt (language for learning) oder das dann entsteht, wenn «CLIL students are being stretched to think» und das Gelernte in ihren eigenen Worten ausdrücken müssen (language through learning) (Llinares et al. 2012, S. 9). Wie es auch für die Umsetzung des sprachsensiblen CLIL-Unterrichts gefordert wird (Leisen 2015a, S. 47), gilt es diese vielfältige Sprache im Rahmen der CLIL-Planung systematisch zu analysieren und das für eine gelungene Umsetzung relevante Scaffolding zu antizipieren (Coyle et al. 2010, S. 36). Erneut gilt es dabei die zuvor aufgezeigte Prämisse des Sprachlernens als sozialer, interaktiver Prozess in Erinnerung zu rufen. Damit es eben wirklich zu diesem vielseitigen, kommunikativen Sprachgebrauch kommt, brauchen die Lernenden genügend und längere Sprechmöglichkeiten. Dies kann zum Beispiel aus methodisch-didaktischer Sicht vermehrt mit offenen Fragen und kooperativen Gruppenarbeiten gelingen. Letzteres ist besonders gewinnbringend: Nicht nur um die Sprechzeiten für die einzelnen Lernenden zu erhöhen, sondern auch um den Lernenden die Gelegenheit zu geben freier und unbeobachteter, auch mutiger mit der fremden Sprache zu experimentieren (Llinares et al. 2012, S. 33; Nikula et al. 2013, S. 80; Allen et al. 1983, S. 236).
In diesem Abschnitt wurde Kommunikation bislang hauptsächlich auf das Erlernen der Zielsprache Englisch bezogen, jedoch soll im Zeitalter der Förderung der Mehrsprachigkeit das gesamte linguistische Repertoire der Lernenden miteinbezogen werden. Diese sogenannte plurilinguale Kompetenz beinhaltet, dass Lernende ihr unterschiedliches linguistisches Vorwissen aktivieren können, um sich flexibel zwischen Sprachen zu bewegen. Die Schulsprache soll in diesem Sinne nicht aus dem CLIL-Unterricht verbannt werden, denn die Forschung zeigt, dass gerade während Gruppenarbeitsphasen die Schulsprache rasch überhandnimmt (Dalton-Puffer 2007, S. 31). Die Befürchtung der Lehrpersonen, dass Lernende bei Gruppenarbeiten ausschliesslich die Schulsprache anwenden ist einerseits berechtigt, anderseits kann dem entgegengewirkt werden, wenn die Lernenden ihre Erkenntnisse in die Zielsprache zurückführen müssen, um diese dann am Schluss einem realen Publikum präsentieren zu müssen (Allen et al. 1990, S. 75–76). Insofern soll im CLIL-Unterricht neben dem fremdsprachlichen Lernen der gezielte Einsatz der Erst- oder Schulsprache im Sinne von Code-Switching oder Sprachmittlung Platz haben (Coyle 2007b, S. 552; Council of Europe 2018, S. 32).