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3.1.3. Die Perspektive

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Als letzten inhaltlichen Geltungsbereich der Quaestio wird an dieser Stelle die Bedeutung der Quaestio für die Perspektive behandelt. Wir haben bislang gesehen, dass die Quaestio Vorgaben für die Schaffung eines referentiellen Rahmens schafft, innerhalb dessen sich der Antworttext auf eine redeeinleitende Frage bewegt. Ebenso hat die Quaestio Auswirkungen auf die Wissensorganisation.

Zu betonen ist an dieser Stelle nun, dass die Quaestio einen Sachverhalt nicht in einer neutralen Weise einführt (von Stutterheim 1997: 25), sondern stets ein bestimmter Blickwinkel bzw. eine Perspektive oder viewpoint mit der Thematisierung des eingeführten Sachverhalts verbunden ist. Es geht dabei um einen subjektiven Betrachtungswinkel, der die Gültigkeit einer dargestellten Information auf eine bestimmte Person innerhalb eines Diskurses beschränkt (Sanders und Redeker 1996). Graumann und Kallmeyer geben folgende Defintion für Perspektive:

With ‚perspective’ and ‚viewpoint’ we refer to a position from which a person or group view something (things, persons or events) and communicate their views. (Graumann und Kallmeyer 2003: 1)

Jede Äusserung in einem Diskurs enthält eine Perspektive, die entweder durch grammatische Phänomene oder durch die Wahl bestimmter lexikalischer Einheiten zum Ausdruck kommt (Sanders und Redeker 1996: 290ff.). In Bezug auf den grammatikalischen Ausdruck einer Perspektive soll hier das Beispiel des viewpoints angebracht werden.

Im Falle des grammatikalischen Aspekts wird durch den viewpoint beispielsweise ausgedrückt, welche temporale Eigenschaft einer darzustellenden Situation hervorgehoben wird. Dazu schreibt Smith (1991):

Aspectual viewpoints function like the lens of a camera, making objects visible to the receiver. Situations are the objects on which viewpoint lenses are trained. And just as the camera lens is necessary to make the object available for a picture, so viewpoints are necessary to make visible the situation talked about in a sentence.

Selbst wenn das metaphorische Moment des »Sehens« nur bedingt für die tatsächliche Erfassung von aspektuellen Kategorien nutzbar gemacht werden kann (vgl. die Kritik von Sasse 2002 und Klein et al. 2000), soll hier hervorgehoben werden, dass mit der Wahl bestimmter grammatischer Kategorien eine bestimmte Perspektive auf ein Geschehen deutlich gemacht werden kann. Durch die Kodierung eines Verbs mit dem progressiven Aspekt (vgl. die Form stare + gerundio im Italienischen) wird beispielsweise zum Ausdruck gebracht, dass sich das Ereignis, auf das referiert wird, im Verlauf befindet.

Die Perspektive, im Sinne einer »Blickpunkt bezogenen Verarbeitung kognitiven Materials« (von Stutterheim & Klein 2008: 220), hat folgende Auswirkungen auf die sprachliche Darstellung eines Sachverhalts (von Stutterheim 1997: 24ff.):

1 Sie schafft eine Auswahl für das Wahrnehmbare. Innerhalb des Wahrnehmbaren wird eine Menge durch die Perspektive ausgewählt.

2 Durch die Perspektive werden Relationen zwischen den beteiligten Grössen einer Konfiguration festgelegt.

3 Mit der Perspektive verleiht der Sprecher einzelnen Komponenten einer Sachverhaltsdarstellung eine bestimmte Gewichtung.

Die Quaestio wirkt sich dahingehend auf die Sprachproduktion aus, die für die vorliegende Arbeit von besonderem Interesse ist, dass der Aufbau einer konzeptuellen Struktur immer unter einer bestimmten Perspektive erfolgen kann. Die Quaestio bestimmt Auswahl, Anordnung und Gewichtung der Informationen, die für die Darstellung eines Sachverhalts relevant sind.

Zusammenfassend soll hier festgehalten werden, dass mit der Quaestio ein conceptual perspective point auf den darzustellenden Sachverhalt festgelegt wird, der in seiner Reichweite unendlich spezifiziert sein kann. Die durch die Quaestio eingeführte Perspektive gilt global und bildet in gewisser Weise den default-Wert für die sprachliche Umsetzung, in der Weise, dass Abweichungen davon explizit markiert werden müssen. (von Stutterheim 1997: 26)

Zu bemerken ist hierbei, dass der Sprecher jederzeit von den Vorgaben der Quaestio abweichen kann. In diesem Fall muss er allerdings in Kauf nehmen, dass der produzierte Text nicht mehr als Antwort auf eine Frage betrachtet wird und somit im Sinne der Frage auch kein kohärenter Text entsteht (von Stutterheim und Klein 2008).

Nachdem in den vorangegangenen Abschnitten der Einfluss der Quaestio im Hinblick auf ihre inhaltlichen Auswirkungen behandelt wurde, stehen im folgenden Unterkapitel strukturelle Faktoren im Vordergrund, die die Quaestio für den Antworttext macht.

Informationsorganisation und makrostrukturelle Planung in Erzählungen

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