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2.3. Zur Struktur von Erzählungen

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Erzählungen lassen sich in verschiedene Komponenten aufteilen, deren Organisation hierarchisch strukturiert ist. Von der Organisation der Komponenten lassen sich bestimmte narrative Strukturen ableiten, die für die Erzählung typisch sind. Die Struktur von Erzählungen wird hier aufgrund dreier Grundlagen skizziert:

1 Gesamtstruktur von Erzählungen

2 Strukturierende Elemente innerhalb der Erzählung

3 Struktur der Erzählung als Ergebnis einer Textplanung

In Bezug auf die Gesamtstruktur von Erzählungen hat sich im Bereich der textlinguistischen Fragestellungen der Ansatz des narrativen Schemas (narrative schema) von Labov & Waletzky etabliert (vgl. den Band von Bamberg 1997, der sich mit der Nachhaltigkeit dieses Ansatzes in der Forschung auseinandersetzt). Die grundlegende Studie von Labov & Waletzky (1967) verdeutlicht einerseits, dass mündliche Erzählungen, wie oben ausgeführt, temporal aufgebaut sind, da sie durch die Verknüpfung von Ereignissen eine temporale Sequenz bilden (vgl. I shot and killed him). Andererseits werden funktionale Einheiten bestimmt, aus denen sich Ereignisse zusammensetzen. Für mündliche Erzählungen stellen Labov und Waletzky fest, dass ihre Komponenten häufig in einer bestimmten Anordnung organisiert werden.

 Abstract (abstract)

 Orientierung (orientation)

 Komplikation (complication)

 Evaluation (evaluation)

 Auflösung (resolution)

 Coda (coda)

Im Abstract, das nicht zwingend vorhanden ist, wird ein Gesamtüberblick über den Inhalt der Erzählung angegeben. In der Phase der Orientierung werden Angaben zu Personen, Ort, Zeit und Handlungssituation gemacht, die an der dargestellten Ereignissequenz beteiligt sind (Komplikation). Die Komplikation enthält folglich einen Verweis auf eine Ereigniskette, die schliesslich in der Evaluation reflektiert wird. In der Evaluation sind Kommentare oder expressive Ausdrücke in Bezug auf die Komplikation enthalten. Auf die Evaluation folgt die Auflösung, in welcher der Ausgang der Komplikation geschildert wird. In der Coda wird die Sprecherperspektive wieder auf den Zeitpunkt der Gegenwart gelenkt und schlägt den Bogen zum Abstract zurück.

Um mündliche Erzählungen zu strukturieren, können grammatische, lexikalische und intonatorische Mittel ausgeschöpft werden (Gülich 2004). Über grammatikalische Markierungen am Verb kann in Bezug auf dargestellte Ereignisse verdeutlicht werden, welche Ereignisse als Hintergrundhandlungen bzw. als Vordergrundhandlungen zu verstehen sind (vgl. das Inzidenzschema bzw. aspektuelle Oppositionen zwischen passé simple und imparfait im Französischen, vgl. hierzu Pollak 1988 und insbesondere Weinreich 1964).

Zu den lexikalischen Mitteln gehören beispielsweise die sogenannten Gliederungssignale, die als universales Merkmal der gesprochenen Sprache eine ordnende Funktion innerhalb des Erzählungsaufbaus haben. Durch diese Form der Gesprächswörter werden innerhalb des Textes Markierungen geschaffen, die den Anfang einer Erzählung, ihren Abschluss oder Exkurse in Bezug auf das Hauptthema signalisieren (vgl. Gülich 1970, Quasthoff 1979, Berretta 1984, Bazzanella 1994). Für die Festlegung von Relevanz und für die Hervorhebung von bestimmten Komponenten innerhalb einer mündlichen Erzählung können u.a. intonatorische Verfahren genutzt werden (vgl. Gülich 2004).

Weitere Ansätze für die Beschreibung der Struktur von Erzählungen beziehen eine Planungskomponente ein. Van Dijk, der in diesem Sinne eine Vorreiterrolle einnimmt, setzt für Texte und somit auch für Erzählungen eine Planung voraus, die für den Sprecher semantisch fundiert, aber noch nicht linear ist. Danach besteht jeder Text aus einer Makrostruktur, die hierarchisch aufgebaut ist und sich aus Mikrostrukturen zusammensetzt. Makrostrukturen bilden zum einen den semantischen Rahmen eines Textes (van Dijk, 1972, Kintsch & van Dijk, 1978) und umfassen Propositionen, die das »Informationsskelett« des Textes bilden. Ferner konstituieren schematische Makrostrukturen die formale Struktur eines Textes (Bierwisch, 1965; van Dijk, 1995). Jeder Text stellt für van Dijk das Produkt von angewandten »Makroregeln« dar, nach denen die Konstituenten eines Textes zu einem übergeordnetem Ganzen verbunden werden. Ein Text beruht in diesem Sinne auf einer »vom Sprecher programmierten noch nicht linearen, semantisch basierten Struktur (…), die dann durch Transformationen schrittweise in eine Textoberflächenstruktur überführt wird« (Vater 2001: 67).

Nach diesem einleitenden Kapitel, in dem Erzählungen definiert und im Hinblick auf ihre Struktur beschrieben wurden, werden in den folgenden Abschnitten die Funktionen aufgezeigt, die Erzählungen innehaben.

Informationsorganisation und makrostrukturelle Planung in Erzählungen

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