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3.2. Strukturelle Vorgaben: Haupt- und Nebenstruktur

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Die Eigenschaften, die oben in Bezug auf den referentiellen Rahmen, die Wissensbasis und die Perspektive beschrieben wurden, lassen sich nicht nur auf Erzählungen, sondern auch auf andere Texte anwenden (wie beispielsweise Beschreibungen oder argumentative Texte). Diese Angaben definieren die »konstitutiven makrostrukturellen Eigenschaften eines Textes«, die, so von Stutterheim und Carroll (2018), als »Gerüst« zu verstehen sind, in das Informationen auf mikrostruktureller Ebene implementiert werden. Aus diesem »Gerüst« ergibt sich dann eine Auswahl an Informationen und Ausdrucksmitteln, die für jede Frage-Antwort-Konstellation angewandt werden kann. Darin enthalten sind folgende Elemente:

1 Die zu spezifizierenden Kategorien in den relevanten konzeptuellen Domänen (wie Zeit und Raum).

2 Die referentielle Bewegung innerhalb der Domänen (die Bewegung von einer Hauptstrukturäusserung zur nächsten).

3 Die Zuweisung von spezifischen Bedeutungselementen zur Topik- oder Fokuskomponente.

Zu bemerken ist, dass diese Angaben die Wahlmöglichkeiten einschränken, aber dem Sprecher auch Wahlmöglichkeiten eröffnen, innerhalb derer sprachspezifische Einschränkungen wirksam werden, die in dieser Arbeit in Bezug auf die Informationsorganisation im Vordergrund stehen.

In Bezug auf die bereits besprochenen konzeptuellen Domänen des referentiellen Rahmens gelten folgende strukturellen Angaben:

1 Modalität Der zugewiesene Status wird beibehalten (faktisch oder fiktiv).

2 Zeit Die einzelnen Bezüge auf die Zeit erfahren eine Verschiebung (gemäss der Anordnung der Ereignisse, auf die referiert wird) und bewirken so die Progression der Information.

3 Raum Den Raum betreffend sind die Bezüge nicht festgelegt (sie können beibehalten und verschoben werden oder unspezifiziert bleiben).

4 Entitäten Bezüge auf Entitäten werden entweder eingeführt oder beibehalten.

5 Prädikate Müssen jeweils neue Informationen einführen.

Sie werden im Folgenden anhand eines kurzen Textes erläutert, der auf die folgende Frage eine Antwort gibt. »Was habt ihr gestern Nachmittag eigentlich gemacht?«

Wir sind nach der Vorlesung in die Stadt gegangen. Ich bin noch in das Schreibwarengeschäft gegangen, Lea in die Bibliothek und Luca hat eine Eisdiele gesehen und hat dann noch Lust auf ein Eis bekommen. Das Wetter war ja zum Glück bis zum Abend noch sehr schön und warm. Dass wir auch noch Keren, Ninaund Lenny getroffen haben, war der Knaller. Kurzerhand sind wir noch ins Schwimmbad gefahren. Der Nachmittag war echt schön.

Die Modalität bleibt faktisch, es geht nicht um ein fiktives, sondern um ein »reales« Ereignis. Die Bezüge auf die Zeit sind auf der Zeitachse entsprechend der chronologischen Abfolge der Ereignisse, auf die referiert wird, in Bezug aufeinander verschoben. Alle Ereignisse liegen vor dem Sprechzeitpunkt und sind als abgeschlossen zu betrachten.

1___ 2___ 3___ 4___ 5___ 6___

1 nach Vorlesung in die Stadt fahren

2 ins Geschäft gehen

3 in die Bibliothek gehen

4 Eis essen

5 Keren, Nina und Lenny treffen

6 ins Schwimmbad gehen

Die Bezüge auf den Raum, die nicht festgelegt sind, werden in diesem Beispiel verschoben: Universität, Stadt, Schwimmbad. Die Entitäten (individuelle, spezifizierte Personen) werden eingeführt (zunächst Lea und Luca, dann Keren, Nina und Lenny) und beibehalten. Die Prädikate enthalten entsprechend der Ereignisse, auf die sie referieren, jeweils neue Informationen und umfassen sowohl Zustände als Ereignisse.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es in Bezug auf die strukturellen Vorgaben der Quaestio um eine »strukturierte Informationsentfaltung« handelt. Die Quaestio macht Vorgaben für die Kohärenzrelationen zwischen den Äusserungen, indem Muster für die referentielle Bewegung geschaffen werden (von Stutterheim 1997).

Dabei können des weiteren Haupt- und Nebenstrukturen des Textes unterschieden werden. Die Hauptstruktur des Textes wird von jenen Äusserungen gebildet, die eine direkte Antwort auf die Quaestio liefern. Nebenstrukturen hingegen werden von jenen Äusserungen gebildet, die von dem Rahmen abweichen, der von der Quaestio gesetzt wird. Darunter werden Informationen gefasst, die von Stutterheim (1997: 29) als rahmensetzend und beschreibend bezeichnet. Nehmen wir erneut das oben besprochene Beispiel: »Was habt ihr gestern Nachmittag eigentlich gemacht?«:

1 Wir sind nach der Vorlesung in die Stadt gegangen.

2 Ich bin in das Schreibwarengeschäft gegangen.

3 Lea ist in die Bibliothek.

4 Luca hat dann eine Eisdiele gesehen und Lust auf ein Eis bekommen.

Das Wetter war ja zum Glück bis zum Abend noch sehr schön und warm.

6 Dass wir auch noch Keren, Nina und Lenny getroffen haben,

war der Knaller.Kurzerhand sind wir noch ins Schwimmbad gefahren.

Der Nachmittag war echt schön.

Anhand dieses Abschnitts wird deutlich, dass nicht alle Äusserungen eine Antwort auf die redeeinleitende Fragen geben. Die in kursiv abgedruckten Äusserungen wie »das Wetter war ja zum Glück bis zum Abend noch sehr schön und warm«, »war der Knaller« und »Der Nachmittag war echt schön« geben Auskünfte, die nicht zur Beantwortung der Frage dienen, sondern stellen zusätzliche Informationen dar. Die Hauptstrukturäusserungen hingegen geben eine unmittelbare Antwort auf die Frage und sind entsprechend des Linearisierungskriteriums der chronologischen Abfolge der Ereignisse organsiert.1

Informationsorganisation und makrostrukturelle Planung in Erzählungen

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