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2.2.5 Die Funktion eigenstrukturellen „Know-howKnow-hows“

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Obwohl wir uns mit dem Vers Johannes 19, 27 bisher nur ein einziges Ereignis beziehungsweise seine sprachliche Entäußerung angeschaut haben, sind wir einen recht langen Weg gegangen, um herauszustellen, über welche Kenntnisse eine Interpretin verfügen muss, um aus einer gesprochenen oder geschriebenen Äußerung zu einer komplexen VorstellungVorstellung von diesem Ereignis zu gelangen. Diese Vorstellung sollte in den pertinentenPertinenz Aspekten – WasWas steht womit in welcher Beziehung? steht womit in welcher Beziehung? – mit derjenigen des Produzenten der Äußerung geteilt werden. Dabei hat sich gezeigt, dass eine Interpretin entscheidend auf die Kenntnis der sprachlichen Eigenstruktur angewiesen ist. Es könnte zwar sein, dass sie allein mit ihren vorsprachlichen interpretativen Fähigkeiten, ihren Vorstellungsfähigkeiten und der Einsicht in die symbolischesymbolische Auslagerung Auslagerung die Beziehungen zwischen den Vorstellungen und Vorstellungsteilen in der Äußerung in (4) erfolgreich interpretiert, doch die vorangegangenen Ausführungen sollten gezeigt haben, dass dies ohne die Kenntnisse der sprachlichen Eigenstruktur ein großer Zufall wäre. Die Interpretin könnte keine hinreichenden Kriterien angeben, warum diese Interpretation und keine andere die korrekte sein sollte. Wenn das Verstehenverstehen nicht regelmäßig gelingt, können wir bei ihr nicht von einer Fähigkeit sprechen, sprachliche Äußerungen zu verstehen.

Die Kenntnis der sprachlichen Eigenstruktur spielt insofern eine herausragende Rolle für diese Fähigkeit, als sie Verlässlichkeit für die Interpretation herstellt. Die folgenden sind die wichtigsten eigenstrukturellen HinweiseHinweiseigenstrukturell in einer öffentlichen Entäußerung von Vorstellungen, damit eine Sprachbenutzerin zuverlässigHinweiszuverlässig zu deren korrekter Interpretation gelangen kann:

 WortkategorienWortart

 KasusKasus- und KongruenzmorphologieKongruenzMorphologie

 ReihenfolgeReihenfolge (Kombinierbarkeit und relative Positionen)

Der Wert sprachlicher Eigenstrukturen lässt sich noch von einer anderen Seite her erhellen. Der Schreiber unserer Äußerung in (4) hatte eine bestimmte Vorstellung des entsprechenden Ereignisses. Für ihn, in seiner Vorstellungswelt, war völlig klar, wasWas steht womit in welcher Beziehung? womit in welcher Beziehung steht. Wir sahen, dass diese Klarheit und Bestimmtheit durch die Entäußerung dieser Vorstellung verloren geht, was ich auf die TreueTreue (vs. Sparsamkeit)- und SparsamkeitszwängeSparsamkeit (vs. Treue) zurückführte, denen das öffentliche Verkehrsmittel Sprache ausgesetzt ist. In den symbolischensymbolische Auslagerung Auslagerungen identifizierte ich eine Kompromisslösung für diese Zwänge der Öffentlichkeit. Sie führen zu DependenzbeziehungenDependenz zwischen Ausdrücken und sogar zwischen Ausdrucksteilen. Die Einheit, die eine Auslagerung eines Aspektes aus einer Vorstellung symbolisiert, ist dann abhängig von der Einheit, aus der dieser Aspekt ausgelagert wurde. Für die Beziehungen in unserem Beispielsatz habe ich dies so ausgedrückt, dass die Auslagerungen offen, unbestimmt oder ergänzungsbedürftig sind und durch andere Elemente geschlossen, bestimmt beziehungsweise ergänzt werden müssen. Dies ist, was die Ebene „Vorstellen von etwas“ in Abbildung 6 illustriert. Wir sahen aber ebenfalls, dass eine Interpretin nur mit der Kenntnis der WortartenWortart identifizieren kann, welcher Ausdruck überhaupt ein Etwas und welcher nur einen Aspekt von einem Etwas bezeichnet, also welche Ausdrücke oder Ausdrucksteile überhaupt Auslagerungen darstellen. Das galt selbst dann, wenn die Ausdrücke in der Äußerung schon unabhängig von den Wortarten Vorstellungen in der Interpretin hervorrufen.

Vor allem anhand ihrer Kenntnis der kasusKasus- und kongruenzmorphologischenKongruenz, kombinatorischen und positionsbezogenen Eigenstruktur kann sie dann identifizieren, welche Ausdrücke oder Ausdrucksteile mit welchen anderen in einer Auslagerungsbeziehung stehen und welche qualitativen Beziehungen zwischen ihnen bestehen. Die Tatsache, dass mehrere Ausdrücke in einem Satz jeweils mehrere Auslagerungen haben können, führt dazu, dass diese Ausdrücke und ihre Auslagerungen nicht immer direkt nebeneinander stehen können. So interveniert beispielsweise der zwischen nahm und Jünger, aber sowohl der als auch nahm sind beide Auslagerungen aus dem Jüngergegenstand. Die Vorstellung zu zu ist ergänzungsbedürftig unter anderem durch die Vorstellung zu nahm, doch dazwischen stehen der, Jünger, die, Mutter und Jesu. Dieses Geflecht von Beziehungen zwischen verschiedenen Einheiten, die zudem zu größeren Einheiten zusammengebunden werden können und auf den verschiedenen Ebenen Beziehungen miteinander eingehen können, bringen das Bezugsproblem hervor, nämlich zu bestimmen, was eine Auslagerung wovon ist.

Diese Verhältnisse sind in Abbildung 6 in dem Überbau über der Äußerung, das heißt auf den Ebenen (b) bis (e) dargestellt. Die Überstrukturiertheit der sprachlichen Eigenstruktur war daran erkennbar, dass wir die Wortarten, die uns vor allem anzeigen, was wir uns vorstellen sollen (a), nicht ohne Bezug auf die anderen Aspekte der Eigenstruktur identifizieren können, die ihre Leistungen für eine Interpretin vor allem auf den anderen Ebenen erbringen ((b) bis (e)). Umgekehrt können wir diese anderen instruktiveninstruktive MittelWortart Mittel nicht ohne die Kenntnis der Wortarten gebrauchen.

Der Mensch und seine Grammatik

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