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PROLOG

Als ich durch die Wüste dieser Welt zog, gelangte ich an einen Ort, in dessen Nähe eine Höhle war. Dort legte ich mich zum Schlafen nieder und hatte einen Traum, als ich schlief.

Ich sah einen Mann, der ein schmutziges und zerrissenes Kleid trug; er stand da, von seinem Haus abgewandt, mit einem Buch in der Hand und einer großen Last auf seinen Schultern. Ich sah, wie er das Buch öffnete und darin las, und während er las, weinte er, und er zitterte, und als er nicht länger an sich halten konnte, brach er in lautes Klagen aus und rief: »Was soll ich nur tun?« In diesem traurigen Zustand ging er ins Haus und beherrschte sich, solange es ihm möglich war, damit Frau und Kinder seine Not nicht bemerkten. Aber dann hielt er es nicht mehr aus. Seine Unruhe zwang ihn, sein Herz vor ihnen auszuschütten. »Ach, liebe Frau und meine lieben Kinder, es ist aus mit mir. Die Last, die ich tragen muss, ist zu schwer. Aber das ist nicht alles: Man hat mir berichtet, dass Feuer vom Himmel unsere Stadt verzehren wird und dass wir alle – ich, du, meine gute Frau, und ihr, meine Kinder – bei dieser schrecklichen Katastrophe elend umkommen werden, wenn wir nicht einen Weg zu unserer Rettung finden, den ich nur noch nirgends sehe.«

Da machte seine Familie sich große Sorgen; nicht etwa, weil sie glaubte, was er sagte, sondern sie meinte, er sei verrückt geworden. Doch da gerade die Nacht hereinbrach, hofften sie, der Schlaf würde ihm helfen, wieder zu sich zu kommen, und so sorgten sie dafür, dass er sich bald zur Ruhe legte. Doch die Nacht war für ihn so unruhig wie der Tag. Statt zu schlafen, weinte und seufzte er unentwegt, und als ihn seine Familie am nächsten Morgen fragte, wie es ihm gehe, antwortete er: »Nur schlimmer und schlimmer!«, und fing aufs Neue an, ihnen zuzureden. Aber sie weigerten sich, ihn anzuhören. Ja, um ihn von seiner Verstimmung zu kurieren, verspotteten sie ihn, dann wieder fielen sie zornig über ihn her, und schließlich beachteten sie ihn gar nicht mehr. Da zog er sich in sein Zimmer zurück, um für sie zu beten und sein eigenes Elend zu beklagen, ging danach hinaus aufs Feld und verbrachte lesend und betend einige Tage. So sah ich ihn in meinem Traum in seinem Buch lesen und hörte ihn aus tief bekümmertem Herzen rufen: »Was soll ich nur tun, dass ich gerettet werde?« Er blickte umher, als wollte er fliehen, blieb jedoch stehen, ungewiss, welchen Weg er einschlagen sollte. Da sah ich einen Mann auf ihn zukommen. Der fragte ihn: »Warum weinst du?«

»Ach, Herr, ich lese in diesem Buch, dass ich verurteilt bin, zu sterben und dann vor Gericht zu erscheinen, und bin doch weder zu dem einen willig noch zu dem anderen bereit.«

Darauf antwortete der Evangelist – so hieß der Mann: »Warum bist du nicht bereit zu sterben, da dieses Leben doch so hart und voller Übel ist?«

»Weil ich fürchte, die auf meinem Rücken liegende Last wird mich tiefer sinken lassen als in das Grab und mich in die Höllengrube hinabstürzen; und wie ich mich fürchten würde, in ein Gefängnis zu gehen, so fürchte ich mich auch vor dem Gericht und vor dem Vollzug der Strafe. Diese Gedanken sind’s, die mich verzweifeln lassen.«

»Wenn das so ist«, sagte der Evangelist, »warum bleibst du dann hier?«

»Ach, ich weiß nicht, wohin ich gehen soll.«

Daraufhin gab ihm der Evangelist einen Briefbogen, auf dem stand: »Entfliehe dem zukünftigen Zorn.«

Der Mann las dies, sah den Evangelist besorgt an und fragte: »Wohin soll ich denn fliehen?«

Der Evangelist deutete mit dem Finger weit, weit hinaus über das Feld. »Siehst du jene enge Pforte?«

»Nein«, erwiderte der Mann.

»Siehst du auch nicht das Licht?«

»Doch, ich glaube, ich sehe es.«

»Behalte jenes Licht im Auge und geh gerade darauf zu. So wirst du bald die kleine Pforte sehen; und wenn du dort anklopfst, wird man dir sagen, was du zu tun hast.«

Pilgerreise S. 13-15


Liebe Leserin, lieber Leser,

mit diesen einleitenden Worten aus der Pilgerreise möchten wir dich herzlich zu unserer 40-tägigen Wanderschaft durch eines der meistverkauften und einflussreichsten Werke der Weltliteratur begrüßen. Unzähligen Menschen wurde John Bunyans Pilgerreise schon zum Segen, unzählige Menschen lernten durch dieses Buch wichtige Prinzipien des christlichen Lebens kennen. Seit der Erstveröffentlichung des englischen Originals im Jahr 1678 wurde es immer wieder neu aufgelegt – und wie wir meinen, vollkommen zu Recht. Es ist ein Werk, das uns persönlich in unserer eigenen Nachfolge gestärkt, getröstet und herausgefordert hat.

Als wir angefragt wurden, ein Andachtsbuch zu diesem Klassiker zu schreiben, haben wir deshalb voller Freude zugestimmt. Auch wenn uns schon im Vorfeld klar war, dass wir in diesem Buch auf keinen Fall die tausend Nuancen von Bunyans Allegorien erschöpfend beschreiben können, gingen wir dieses Abenteuer dennoch begeistert an.

Ja, es sind fragmenthafte Gedanken zur Pilgerreise, die wir hier aufgeschrieben haben, dennoch hoffen wir, dass sie für dich ein Segen sein dürfen – und ein Anreiz, dich noch tiefergehender mit dem Original zu befassen.

Wir sind davon überzeugt, dass die Pilgerreise manche notwendige Korrektur für die deutsche Christenheit des 21. Jahrhunderts bereithält. Deshalb haben wir uns entschieden, in 40 ausgewählten Abschnitten besonders vier Aspekte der Pilgerreise zu betonen, die unserer Meinung nach in der heutigen Verkündigung oftmals untergehen, aber auch für unser christliches Leben, also für unsere eigene Pilgerreise, so entscheidend sind:

Unsere Pilgerreise ist eine Antwort auf Gottes Wort. Es ist immer wieder notwendig, dass wir auf die Bibel als Wort Gottes hören und entsprechend handeln. In insgesamt zehn Abschnitten stellen wir uns deshalb der Frage, warum wir Gottes Stimme hören müssen.
Unsere Pilgerreise ist ein Gemeinschaftsprojekt. Den Weg der Nachfolge können wir nicht alleine gehen, wir brauchen vielmehr Geschwister, mit denen wir die Reise gemeinsam beschreiten können. In zehn Abschnitten wollen wir darauf eingehen, warum wir einander so sehr brauchen.
Unsere Pilgerreise ist ein Dauerlauf. Bunyan macht an vielen Stellen deutlich, dass das Christsein mehr einem Marathonlauf als einem Sprint gleicht. Zehn Abschnitte sollen die Frage beantworten, warum Kampf und Ausharren notwendig sind.
Unsere Pilgerreise hat die Perspektive Ewigkeit. Als Christen sind wir Fremdlinge in dieser Welt, wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern suchen die zukünftige. Weitere zehn Abschnitte zeigen auf, warum wir den Himmel im Blick haben sollen.

John Bunyan wusste um die Wichtigkeit dieser Aspekte nicht nur aus der Bibel, sondern auch aus seinem eigenen Leben. Als Sohn eines ungläubigen Kesselflickers wuchs Bunyan zur Zeit des britischen Bürgerkriegs auf. Er konnte aufgrund der familiären Situation nur kurz zur Schule gehen, sodass es vermutlich gerade zum Lernen von Lesen, Schreiben und Rechnen reichte. Während seiner Zeit in der Armee begann er, in der Heiligen Schrift zu lesen. Zu einer Veränderung in seinem Leben kam es allerdings zunächst noch nicht. Erst als er in der Gemeinschaft mit echten Christen die biblischen Wahrheiten immer wieder hörte und im Leben der einfachen Gläubigen bezeugt sah, wurde er von Gottes Gnade überwältigt. Bunyan begann, auf Gottes Wort zu antworten, und war ab diesem Moment sowohl von dem Ziel der himmlischen Ewigkeit als auch dem Kampf gegen irdische Anfechtungen geprägt. Er erlebte heftige Ablehnung wegen seines Glaubens und harrte dennoch in der Gnade Gottes aus bis zum Ende. An vielen Stellen der Pilgerreise beschreibt er seine eigenen Gefühle und Erfahrungen. Bunyan war ein empfindsamer Mensch, der viele Eindrücke und Träume hatte, was sich auch in seinem Roman widerspiegelt.1

Es ist unsere Hoffnung und unser Gebet, dass dir dieses Andachtsbuch hilft, deine persönliche Pilgerreise bis zum Ziel weiterzuführen. Dabei kannst du ganz frei entscheiden, wie du dieses Buch lesen möchtest: Du kannst der Handlung der Pilgerreise folgen und dabei die verschiedenen Themenbereiche abwechselnd betrachten oder du wählst einen der Themenbereiche aus und liest gezielt, was es mit dieser Fragestellung auf sich hat. Du kannst das Buch alleine oder mit anderen zusammen lesen. So wie es dir und deiner Pilgerreise am besten dient.

Ein Hinweis noch vorweg: Die Kapitel wurden jeweils von einem von uns geschrieben und vom anderen Korrektur gelesen. Und da jeder von uns seinen eigenen Stil hat, zeigen sich auch in unseren Texten gewisse stilistische Unterschiede. Wir hoffen, dass unsere unterschiedlichen Herangehensweisen und Blickwinkel dein Leseerlebnis bereichern. Außerdem möchten wir dir Mut machen: Sei bereit, alles, was wir schreiben, an Gottes Wort zu prüfen und mit Geschwistern darüber zu diskutieren. Und nun mach dich gemeinsam mit uns und Christian2, dem Hauptcharakter der Pilgerreise, auf den Weg, Etappe für Etappe.

Gott segne dich dabei!

Simon und Simone Mayer

40 Tage Wanderschaft

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