Читать книгу "Alljährlich im Frühjahr schwärmen unsere jungen Mädchen nach England" - Simone Müller - Страница 25

Eine Schwaninger

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Viele Erinnerungen an die «Talrose» in Guntmadingen sind gut. «Es war schön daheim, als ich jung war. Man kannte sich im Dorf, wir sind mehr oder weniger alle zusammen aufgewachsen.» Vor Weihnachten trafen sich die Mädchen in einer der grossen Bauernstuben, strickten, halfen einander mit den Handarbeiten. «Und später, als wir älter waren, gingen wir manchmal am Sonntagnachmittag heimlich tanzen ins Nachbardorf. Wenn die Mutter das gewusst hätte!»

Bevor Maria Dennis heiratete, hatte sie Schwaninger geheissen. «Fast alle im Dorf haben Schwaninger geheissen.» Früher, erzählt Maria, seien viele im Alter dement geworden. «Als man dann anfing, aus dem Dorf hinauszuheiraten, wurde es besser.» Auch Marias «Schuelerschatz» war ein Schwaninger gewesen. Walter wartete auf Maria, wenn sie nach dem Kon­fir­man­den­unterricht abends alleine über das Feld nach Hause musste, und begleitete sie. Durch «dick und dünn» seien sie zusammen gegangen, während der ganzen Schulzeit und auch nachher noch. Aber Walter hatte dann eine andere geheiratet, eine Deutsche. «Es tat ein wenig weh.»

Auf dem kleinen Tischchen in Marias Wohnzimmer, auf dem Sofa und auf den Kommoden, liegen gestickte Untersätze und gehäkelte Decken. Rosa und weiss. Wenn Maria in der «Talrose» in Guntmadingen zu Besuch war, hatte die Mutter ihr jedes Mal etwas Gesticktes oder Gehäkeltes mitgegeben – für die «Talrose» in England.

Marias Mutter hatte einen Beruf gelernt, Modistin. Was er denn mit einer Hutmacherin wolle, hatte man den Vater im Dorf gefragt, als die Eltern heirateten. Die könne doch wohl nicht bauern. «Dabei hat sie mehr gearbeitet als alle andern!» Abends, wenn die Kinder schliefen, sass die Mutter bis um Mitternacht in der Stube, nähte Kleider für die Familie.

Die Mutter hatte Maria einige Male in England besucht, der Vater war nie gekommen: «Er konnte es nicht begreifen, dass ich ins Ausland ging. Ich sagte oft, er solle uns doch einmal besuchen, damit er sehe, wo ich wohne. Er meinte dann, er sterbe lieber auf dem Boden, als dass er fliege. Ein richtiger Bauer! Er ging überhaupt nie fort.»

Während des Kriegs, als der Vater im Militär war, schauten die Mutter und Bruno, der Sohn, zum Hof. Bruno, der älteste der sieben Geschwister und einziger Sohn, hätte den Hof später übernehmen sollen. Bruno starb 1946 an Leukämie. Er war 21 Jahre alt, Maria vierzehn.



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