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Kapitel 5

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Donnerstag, 07.08.2008 Wellington, 11:21 Uhr

Der geplante Mädelstag fand später statt, als ursprünglich von Laura gedacht. Durch die durchzechte Kartennacht, war keiner vor 11 Uhr aus dem Bett gekommen. Einzig William schälte sich gezwungenermaßen um 8 Uhr aus dem Bett, um zumindest bis zur Sitzung um 10 Uhr im Büro aufzutauchen. Der Rest dagegen hielt es mit der Devise „Ausschlafen“. Mit hämmernden Kopfschmerzen, aufgrund des vielen Rotweins, den Isabella absolut nicht gewohnt war, ging sie unter die Dusche und ließ das Wasser über sich prasseln. Sie hoffte auf Entspannung, doch es nützte nicht viel. Daher entschloss sie sich noch eine Runde im Pool zu schwimmen. Auf dem Weg zum Pool begegnete sie Laura, die fleißig ein Frühstück Deluxe für drei vorbereitete, wie Isabella den gedeckten Tellern entnahm.

„Willst du Mike nicht einladen?“

„Wer sagt, dass er nicht eingeladen ist?“

„Du hast nur für drei gedeckt!“, folgerte Isabella die Situation vor ihr.

„Liegt daran, dass William schon weg ist. Er hat um 10 Uhr eine Sitzung, die er nicht absagen konnte. Aber du glaubst gar nicht, wie glücklich er gestern war.“

„Ich wollte noch eine Runde im Pool drehen. Hat dein Frühstück noch so lange Zeit?“

„Kein Problem. Mike schwimmt selbst noch. Aber lasst mich bloß nicht ewig hier alleine herum hocken!“

Isabella ging zur Terrasse hinaus und blickte hinunter zum Pool, in dem Mike bereits seine Runden drehte. Mit kräftigen Zügen hatte er im Nu den 25 Meter langen Pool durchschwommen und drehte wieder um. Er hatte wirklich einen gut gebauten Oberkörper, muskulös, aber nicht übertrainiert, dachte Isabella. Das war ihr bisher gar nicht so aufgefallen, auch wenn sie schon die wildesten Gedanken über ihn hatte. Doch seit gestern Nacht hatte auch ihre Meinung über ihn eine deutliche Wendung genommen. Sie hatte es genossen mit ihm zusammen zu spielen. Er war geistreich und kreativ gewesen und taktisch absolut genial. Sie hatte nie einen Anfänger in diesem Spiel gesehen, der sie so beeindruckt hatte. Viele, die Isabella kannte, darunter auch Ralf, der als Geschäftsstellenleiter der Bank keineswegs dumm war und es weit im Leben gebracht hatte, gaben bei Canasta schließlich auf. Sie war beeindruckt, wie schnell er das Spiel, aber auch die Taktik von ihr und den anderen Spielern begriffen hatte. Er konnte ihr durchaus geistig das Wasser reichen und das faszinierte sie umso mehr. Sie musterte ihn weiterhin von der Terrasse aus. Mike war am Ende des Beckens angelangt und sprang mit einem Satz aus dem Wasser. Er schnappte sich das Handtuch vom Stuhl und ging zur Terrasse, als er Isabella bemerkte.

„Guten Morgen, Bella. Gut geschlafen?“

„Mahlzeit, trifft es wohl schon eher, oder? Gut geschlafen, aber leider mit Dröhnen im Kopf aufgewacht. War wohl gestern etwas viel Wein für mich. Du siehst dagegen sehr erholt aus. Keinen Kater?“

„Ehrlich gesagt nein. Nach dem morgendlichen Schwimmen geht es mir immer gut. Solltest du vielleicht auch mal probieren?“

„Hatte ich eigentlich vor. Deshalb stehe ich auch hier.“

„Komisch, ich dachte immer man schwimmt im Pool und nicht auf der Terrasse!“, sagte Mike mit einem unverschämt frechen Grinsen im Gesicht.

„Danke, das wusste ich auch schon. Aber die Aussicht von hier aus, war wesentlich besser!“, konterte sie.

„Ach nein. Frau, ich bin verheiratet, schaut halbnackten Männern hinterher? Hat dir die Aussicht wenigstens gefallen?“, zog er sie auf.

Unter normalen Umständen hätte es ihr jetzt die Schamesröte ins Gesicht getrieben, doch Isabella lernte auch dazu und ging daher in die Offensive.

„Ist das von Belang für dich?“

„Nein, denn ich weiß ja, dass ich gut aussehe. Da bin ich auf deine Meinung nicht angewiesen!“ fertigte er sie dennoch schnell ab.

„Wenn das so ist, behalte ich meine Meinung lieber für mich! Laura hat Frühstück für uns gemacht. Ich schwimme schnell ein paar Runden und komm dann nach.“

„Warum hat Laura Frühstück gemacht? Ist Martha nicht da?“ fragte er überrascht. Mike hatte fest damit gerechnet, Martha heute wieder zu sehen.

„Ich habe sie noch nicht gesehen. Hast du nicht gestern gesagt, dass sie abends wieder kommen wollte?“ erinnerte Isabella ihn daran.

„Ja. Das sieht ihr gar nicht ähnlich. Hoffentlich ist nichts passiert!“ sagte er mehr zu sich selbst, als zu Isabella.

„Ich werde später sicherheitshalber zu ihr fahren und nachsehen. Und du sieh zu, dass du endlich los schwimmst, sonst wird Laura mich noch verhungern lassen, bis du fertig bist.“

„Eye, eye Sir“, salutierte Isabella und machte einen Hechtsprung ins Wasser. Das Wasser war noch kalt, aber es erfrischte sie ungemein und die Müdigkeit wich zugleich aus ihren Gliedern. Schnell und hektisch kraulte sie die ersten Bahnen, bis sie schon fast aus der Puste war. Warum hatte sie sich nur so aus dem Rhythmus bringen lassen? Das passierte ihr doch sonst nie! Eine Bahn weiter setzte auch schon das ungeliebte Seitenstechen als Folge des hektischen Atmens ein. Er schaffte es wirklich mit seiner Art, sie aus der Bahn zu werfen. Sie tauchte ab, um den Wasserdruck zu spüren, der ihren Körper einengte. Sie liebte dieses Gefühl, da es den eigenen Körper und dessen Grenzen spüren ließ. Sie konzentrierte sich und atmete immer wieder ein Stück aus, bis sie endlich langsam wieder auftauchte. Das Seitenstechen hatte nachgelassen und sie war wieder mit sich im Einklang. Nur der Kopfschmerz wollte einfach nicht nachlassen. Dann muss eben doch Plan B – eine Aspirin – herhalten. Isabella verabscheute Medikamente. Bei Tabletten bekam sie immer einen Würgereiz, sobald sie diese schlucken sollte und vor Spritzen hatte sie Angst. Tropfen und Säfte dagegen schmeckten einfach nur abscheulich. Dadurch war ihr Medikamenteneinfluss geringer, als medizinisch manchmal sinnvoll. Doch den ganzen Tag mit Hämmern und Dröhnen in ihrem Kopf wollte sie heute Lauras Mädelstag auch nicht verbringen. Nach vier weiteren Bahnen sprang sie aus dem Wasser und wickelte sich in ihren Bademantel ein.

„Fangt schon mal ohne mich an, ich bin gleich umgezogen“, erklärte sie im vorbeigehen den beiden und verschwand schon im Flur und die Treppe nach oben. Als sie wieder herunter kam, saßen Mike und Laura bereits im Esszimmer und sahen bedrückt aus.

„Ist jemand gestorben, während ich oben war oder was ist passiert? Ihr seht schrecklich aus!“

„Wir machen uns Sorgen um Martha. Es ist absolut untypisch für sie, sich nicht zu melden, wenn sie nicht kommt. Und zu Hause ist sie einfach nicht erreichbar. Selbst wenn sie ins Krankenhaus gekommen wäre, hätte sie sich gemeldet, solange sie sprechen könnte.“

„Habt ihr ihren Mann schon gefragt? Vielleicht ist sie bei ihm im Krankenhaus geblieben?“

„Im Krankenhaus wird sie wahrscheinlich nicht geblieben sein, außer, dass es ihm schlechter ging. Aber dann hätte sie von dort aus angerufen“ erklärte Laura.

„Peter hat schon genug mitgemacht. Wir sollten ihn nicht verunsichern, solange wir nichts wissen. Also kein Wort darüber zu ihm, bis wir mehr wissen. Okay?“, legte Mike fest.

„Ist eine gute Idee! Aber irgendetwas müssen wir doch machen können?“ protestierte Laura.

„Ich werde mich schon darum kümmern! Ihr genießt in der Zeit euren Frauentag und wenn ich etwas herausgefunden habe, kann ich euch anrufen. Wo soll es überhaupt hingehen?“, klärte Mike seinen Standpunkt.

„Ich dachte an Salem. Als ich nach Boston kam, beeindruckte mich Salem als Stadt und die Geschichte am meisten. Mal sehen, vielleicht lassen wir dich dann verfluchen“, lachte Laura ihn frech an.

„Wenn ich daran glauben würde, hätte ich jetzt wohl Angst. Aber ich halte nicht viel von dem Hokuspokus. Das war früher schon immer Geldmacherei und eine gute Möglichkeit ungeliebte Leute los zu werden. Und heute ist es nicht viel anders, außer dass die Hexen nicht mehr verbrannt werden, sondern auf die Männer losgelassen werden.“

Mike grinste breit übers ganze Gesicht und kostete seinen Triumph aus.

„Wie immer sehr witzig. Frieden hin oder her, aber eine Frau, die dich erträgt, muss erst noch geboren werden.“

„Ja, ja! Wer sagt überhaupt, dass ich eine haben will? Jedenfalls vielen Dank fürs Frühstück. Ich mach mich auf den Weg ins Krankenhaus.“


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