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Kennicott war mit ihr an den Lac-Qui-Meurt, in den Urwald gefahren. Dort war der Eingang in eine Indianerreservation der Chippewas, eine Ansiedlung im Sand unter norwegischen Föhren am Ufer eines riesigen, in seiner Schneedecke schimmernden Sees. Sie lernte seine Mutter kennen, die sie bei der Hochzeit nur flüchtig gesehen hatte. Frau Kennicott hatte eine stille, zarte Feinheit, die ihrer vielgescheuerten Hütte mit den abgenützten Kissen auf schwerfälligen Schaukelstühlen eine gewisse Würde verlieh. Sie hatte nie die Wunderkraft des Kindes zum Verwundern verloren. Sie erkundigte sich nach Büchern und nach den Städten. Sie murmelte:

»Will ist ein lieber, fleißiger Junge, aber er neigt dazu, zu ernst zu sein, und du hast ihm beigebracht, wie man spielt. Gestern abend hab' ich gehört, wie ihr beide über den alten indianischen Korbverkäufer gelacht habt; ich habe im Bett gelegen und mich an euerem Glück gefreut.«

In der Sicherheit dieses ruhigen Familienlebens vergaß Carola ihre Jagd nach Sorgen. Sie gehörte zu ihnen; sie kämpfte nicht allein. Wenn sie Frau Kennicott in der Küche umhereilen sah, konnte sie sich Kennicotts Wesen klarer machen. Er war sachlich, ja, und unheilbar erwachsen. Er spielte nicht wirklich; er ließ Carola mit ihm spielen. Aber er hatte das Talent seiner Mutter zum Vertrauen, ihren Widerwillen gegen zudringliche Neugier, ihre nie wankende Lauterkeit.

Die zwei Tage am Lac-Qui-Meurt riefen Carolas Selbstvertrauen wach, und auf der Fahrt nach Gopher Prairie genoß sie eine zitternde Ruhe, ähnlich jenen goldenen betäubten Sekunden, in denen ein kranker Mensch, weil er für einen Augenblick keinen Schmerz empfindet, sich schwelgerisch am Leben freut.

Ein strahlend kalter Wintertag, der Wind pfiff, schwarze Wolken mit Silberrändern jagten über den Himmel, alles war während der kurzen Helligkeit in aufgeregter Bewegung. Sie kämpften gegen den Wind an, arbeiteten sich durch tiefen Schnee. Kennicott war guter Laune. Er rief Loren Wheeler zu: »Habt ihr euch anständig benommen, während ich weg war?« Der Redakteur brüllte zurück: »Weiß Gott, Sie sind so lang' weg gewesen, daß Ihre Patienten alle gesund geworden sind!« und machte sich mit wichtiger Miene Notizen über die Reise für den »Unverzagten«. Jackson Elder schrie: »Na, Herrschaften! Was gibt's im Norden Neues?« Frau McGanum winkte ihnen von ihrer Veranda zu.

»Sie sind froh, daß sie uns sehen. Wir bedeuten hier etwas. Diese Menschen sind zufrieden. Warum kann ich's nicht sein? Aber ich kann nicht mein ganzes Leben lang brav dasitzen und mich mit ›Na, Herrschaften‹ begnügen. Die wollen laute Grüße in der Hauptstraße, und ich will Geigen in einem schönen Zimmer. Warum –?«

Sinclair Lewis: Die großen Romane

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