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Vida Sherwin kam nach der Schule zehn- oder zwölfmal zu ihr. Sie war taktvoll und strömte von Anekdötchen über. Sie war in der Stadt umhergelaufen und hatte Komplimente eingesammelt: Frau Dr. Westlake hatte Carola eine »sehr liebe, kluge, gebildete junge Frau« genannt, und Brad Bemis, der Klempner in Clarks Eisenwarenladen hatte erklärt, sie sei »angenehm zu bedienen und schrecklich angenehm zum Anschauen«.

Aber Carola konnte ihr noch nicht recht vertrauen. Sie ärgerte sich darüber, daß dieser Eindringling von ihrer Schande wußte. Vida blieb auch nicht zu lange duldsam. Sie bemerkte: »Sie sind eine große Grüblerin, mein Kind. Rappeln Sie sich jetzt auf. Die Stadt hat jetzt damit aufgehört, Sie zu bekritteln, fast ganz. Kommen Sie mit mir in den Thanatopsisklub. Die Damen haben dort wirklich ausgezeichnete Vorträge und Diskussionen über aktuelle Ereignisse, sehr interessant.«

Carola spürte in Vidas Bitten einen Zwang, aber sie war zu gleichgültig, um zu folgen.

Doch ihre eigentliche Vertraute war Bea Sorenson.

So liebevoll gegen die unteren Klassen Carola sich auch vorgekommen sein mochte, sie war zum Glauben erzogen worden, daß Dienstboten zu einer anderen und untergeordneten Spielart gehören. Aber sie fand, daß Bea eine ganz außerordentliche Ähnlichkeit mit den Mädchen hatte, die ihr im College lieb gewesen waren, und daß sie als Gefährtin den jungen Ehefrauen der Lustigen Siebzehn durchaus vorzuziehen war. Täglich wurden sie mit mehr Freimut zwei Mädchen, die Hausarbeit spielten. Bea hielt in aller Unschuld Carola für die schönste und gebildetste Dame im Lande; sie rief immer: »Je, ist das ein feiner Hut!« oder: »Ich glaub', die Damen müssen ganz einfach platzen, wenn sie sehen, wie elegant Sie sich frisieren!«

Aber es war weder die Demut eines Dienstboten noch die Heuchelei einer Sklavin, es war die Bewunderung des Fuchses für die Juniorin.

Sie stellten gemeinsam die Tagesmahlzeiten zusammen. Obgleich es in aller Korrektheit damit begann, daß Carola am Küchentisch saß und Bea beim Abguß war oder den Herd putzte, endete die Besprechung fast immer damit, daß beide am Tisch saßen und Bea glucksend von den Versuchen erzählte, die der Eismann gemacht hatte, um sie zu küssen, oder daß Carola sagte: »Jeder Mensch in der Stadt weiß, daß der Doktor viel tüchtiger ist als Dr. McGanum.«

Wenn Carola vom Einholen heimkam, stürzte Bea ins Vorzimmer, um ihr den Mantel abzunehmen, ihr die erfrorenen Hände zu reiben und sie zu fragen: »Waren heute viele Leute in der Stadt?« Das war der Willkomm, auf den Carola wartete.

Sinclair Lewis: Die großen Romane

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