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Der große Abend, der Abend der Aufführung war da. In den beiden Garderoben wirbelte es von keuchenden, zuckenden, blassen Schauspielern. Del Snafflin, der Friseur, der ebensosehr vom Bau war wie Ella, da er einmal in einem ständigen Theater in Minneapolis bei einer Massenszene mitgewirkt hatte, schminkte sie und bewies seine Verachtung für Dilettanten: »Halten Sie still! Wie soll ich denn um Gottes willen ihre Augenlider dunkel machen können, wenn Sie immer wackeln?« Die Schauspieler flehten: »Del, geben Sie mir doch bißchen Rot in die Naslöcher! Bei Rita haben Sie's gemacht – Sie machen ja fast gar nichts mit meinem Gesicht.«

Sie waren kolossal theatermäßig. Sie untersuchten Dels Schminkkasten, sie schnüffelten den Geruch der Fettschminke ein, jede Minute liefen sie auf die Bühne, um durch das Guckloch im Vorhang zu sehen, kamen wieder zurück, um ihre Perücken und Kostüme zu mustern.

Carola, flott in der Mädchentracht, brachte die Aushilfsbühnenarbeiter mit Schmeicheleien dazu, den ersten Akt fertig zu bauen, jammerte Kennicott, den Beleuchter, an: »Denk um Gottes willen an die Stichwortänderung für das gelbe Licht im zweiten Akt«, lief hinaus, um Dave Dyer, den Billeteur, zu fragen, ob er noch einige Stühle hineinstellen könne, erinnerte die verschüchterte Myrtle Cass daran, sie solle nicht vergessen, den Papierkorb umzuwerfen, wenn John Grimm ruft: »He, du, Reddy.«

Del Snafflins Orchester, das aus Klavier, Violine und Piston bestand, fing an zu stimmen, und alle hinter der magischen Linie der Rampenlichter gerieten in paralytische Angst. Carola wankte zum Guckloch im Vorhang. So viele Menschen waren da draußen, sie sahen so streng aus –

In der zweiten Reihe erblickte sie Miles Bjornstam, ohne Bea, allein. Er wollte wirklich das Stück sehen! Das war ein gutes Zeichen. Was konnte man wissen? Vielleicht würde dieser Abend Gopher Prairie wirklich zum Schönheitssinn bekehren.

Sie lief in die Damengarderobe, weckte Maud Dyer aus ihrem ohnmächtigen Schrecken, schob sie in die Kulissen und ließ den Vorhang aufziehen.

Der ging zögernd hoch, schwankte und zitterte, aber er kam hinauf, ohne hängen zu bleiben – diesmal. Dann merkte sie, daß Kennicott vergessen hatte, das Licht im Zuschauerraum auszuschalten. Ganz vorne lachte jemand.

Sie galoppierte nach links hinüber, schaltete selbst das Licht aus, warf dabei Kennicott einen so wilden Blick zu, daß er murrte, und lief wieder zurück.

Frau Dyer kroch auf die halbdunkle Bühne hinaus. Das Spiel hatte begonnen.

Und in diesem Augenblick erkannte Carola, daß es ein grauenhaft gespieltes, schlechtes Stück war.

Die Spielenden mit verlogenem Lächeln ermutigend, sah sie zu, wie ihre Arbeit in Trümmer ging. Das Bühnenbild war läppisch, die Beleuchtung langweilig. Sie beobachtete, wie Guy Pollock stotterte und an seinem Schnurrbart zupfte, als er ein tyrannischer Magnat sein sollte; wie Vida Sherwin als Grimms schüchterne Frau ins Publikum plauderte, als wäre es ihre Englischklasse in der Hochschule; wie Juanita in der Hauptrolle Herrn Grimm Trotz bot, als wiederholte sie sich eine Liste der Dinge, die sie heute vormittag beim Kaufmann holen müßte; wie Ella Stowbody bemerkte: »Ich möchte eine Tasse Tee«, als ob sie rezitierte: »Priams Feste war gesunken«; und wie Dr. Gould, Rita Simons den Hof machend, quiekte: »Ach – ach – Sie – sind – ein – wunnerbares Mädel.«

Myrtle Cass, als Laufbursche, war vom Beifall ihrer Verwandten so entzückt, dann von den Bemerkungen, die Cy Bogart in der letzten Reihe über ihre Hosen machte, so in Aufregung versetzt, daß sie kaum von der Bühne wegkonnte. Nur Raymie war so ungemütlich, sich ganz dem Theaterspielen hinzugeben.

Daß ihre Ansicht über das Stück richtig war, dessen wurde Carola gewiß, als Miles Bjornstam nach dem ersten Akt hinausging und nicht wiederkam.

Sinclair Lewis: Die großen Romane

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