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Siebtes Kapitel

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Rolf wartete neben der Stalltür, bis der Stallmeister und seine Helfer erschienen.

»Garith, kümmere dich darum, dass sich die Stallburschen besonders um den Wallach kümmern. Sein Name ist Sturm.« Er deutete auf einen jungen Burschen und befahl: »Bring mir einen weichen Ledergurt, der für einen Frauenhals geeignet ist, und eine Leine, die nicht länger als drei Schritte ist.« Der Junge lief sogleich los. Rolf sah die anderen Stallburschen an und runzelte die Stirn. »Lasst das Pferd und die Frau niemals allein. Sie hat ihr Tier gut ausgebildet.«

Meghan sog die Luft durch die Zähne ein und starrte ihn böse an.

Rolf übergab seine Zügel dem Stallmeister. »Kümmere dich darum, dass mein Pferd dieselbe Behandlung …«

Meghans lauter Spott unterbrach ihn.

»Sein Name ist Luath«, teilte sie dem Stallmeister mit. »Schnelligkeit ist seine hervorragendste Eigenschaft. Da dein Herr es versäumt hat, dem Tier einen passenden Namen zu geben, habe ich das nun für ihn getan.«

Der Stallmeister sah rasch seinen Herrn an. Als Rolf keine Einwände machte, nickte er Meghan zu.

Der jüngst so benannte Luath stupste sie in den Rücken, wieherte und warf den Kopf herum, sodass seine seidige Mähne flatterte. Er wirkte stolz und stampfte ein paar Mal erregt auf, bevor er sich wieder beruhigte.

»Du musst mir nicht dankbar sein. Du hast einen edlen Namen verdient«, sagte sie feierlich.

Diese Frau war verrückt! Sie sprach mit einem Pferd, als ob es ihre Worte verstehen könnte. Kaum war sie im Schloss, und schon erteilte sie seinen Leuten Befehle. Doch der Name passte. Warum war er nicht selbst darauf gekommen? Er würde ihre Anordnung nicht rückgängig machen.

Der Hauptfalkner stand im Hintergrund, hielt den Kopf geneigt und wartete lächelnd. Seine freundlichen Augen schielten hinüber zu dem Sperber und suchten dann Meghans Gesicht.

»Das kleine Federvieh wird es bei Malcolm gut haben«, sagte Rolf.

Meghan sah den Falkner eine Weile an, dann schien sie zu einer Entscheidung gekommen zu sein. »Komm, Liebes.« Sie fuhr mit der Hand über den Kopf des Sperbers und streckte dann Malcolm ihr Handgelenk hin.

Der Falkner legte ihre Fingerspitzen auf seine Hand und brachte den geschützten Arm neben ihren. Rolf zuckte unter dem bösen Blick des Falkners zusammen, als dieser Meghans aufgescheuerte Haut und die Verbrennungen bemerkte. Der Mann flüsterte dem Vogel etwas zu. Dieser schaute ihn von Meghans Arm aus an, dann machte er einen zögernden Schritt auf Malcolm zu.

»Es wird dir gut ergehen, Dummerchen. Malcolm wird dafür sorgen, dass du anständig gefüttert wirst.« Sie pfiff leise. »Geh jetzt.«

Der Sperber hüpfte auf Malcolms Handgelenk und wartete geduldig, bis der Falkner ihm eine Haube aufgesetzt und ihn festgebunden hatte.

»Brauchst keine Angst zu haben. Werd gut auf den kleinen Vogel aufpassen.« Er ging fort, während er dem unruhigen Sperber besänftigende Worte zuflüsterte.

Rolf wandte sich an Alpin und Eda, die nebeneinander standen. Alpins silberblondes Haar vermischte sich beinahe mit Edas feurig roten Locken. »Ich treffe euch in der großen Halle, wenn ich mit Meghan of Blackthorn fertig bin.«

Alpin grinste. In seinen eisblauen Augen blitzte Befriedigung über das Seil um Meghans Hals. Dann ging er fort. Eda hingegen weigerte sich, ihm zu folgen. Flammen schlugen aus ihren tiefblauen Augen und machten diese noch eindrucksvoller.

»Geh! Ich will nicht mit dir darüber streiten, wie ich mit dieser Frau umzugehen habe.«

Gereizt drehte sie sich um und murmelte sich selbst etwas zu, während sie in den äußeren Hof lief.

Rolf holte verärgert Luft und betrachtete seine Gefangene.

»Du bleibst hier«, verkündete er ihr, als er sie tiefer in den Stall führte und sich umschaute. Es ärgerte ihn immer noch maßlos, dass sie es gewagt hatte, eine Waffe gegen ihn zu richten. Falls sie einen solch dummen Widerstand vor seinen Kriegern zeigen sollte, würde ihm nichts anderes übrig bleiben, als sie auszupeitschen. Beim Gedanken daran, wie die Peitsche ihr die zarte Haut zerfetzte, drehte sich ihm der Magen um. Wie konnte er sie schützen? Er durfte ihre Arme nicht ungefesselt lassen, sonst würde sie sich von ihren übrigen Fesseln rasch befreien und wäre im Handumdrehen aus der Tür. Ihre Gelenke waren so wund, dass er sie unmöglich zusammenbinden konnte. Ihre Oberarme hingegen nicht.

Der Junge kehrte mit einem kleinen Riemen zurück, der in Meghans Hals weniger einschneiden würde als das grobe Seil. Rolf führte sie zur Seitenwand, in die ein Eisenring eingelassen war, an dem man ein Pferd anbinden konnte. Sie versteifte sich, als sie sein Vorhaben erahnte.

»Bin ich für dich etwa nicht besser als ein Tier?« Die Luft zwischen ihnen knisterte vor unsichtbaren Funken, und ihr Gesicht wurde rot vor Wut. Bevor er die Schlinge entfernte, legte er ihr den Lederriemen um den Hals und zog ihn nur so fest, dass sie ihn sich nicht über den Kopf schieben konnte. Die Lederleine befestigte er an einem Eisenring, der in dem Riemen steckte.

Er bemerkte, wie sie die Hände zusammenballte, und zweifelte nicht daran, dass sie ihm am liebsten die Augen ausgekratzt hätte. Er biss die Zähne zusammen. In jeder seiner Bewegungen lag tiefe Entschlossenheit, als er die Leine durch den Ring zog und verknotete.

»Dreh dich um.« Sie stand reglos da. Er stellte sie so, dass ihr Gesicht zur Wand wies, und befreite sie von der Schlinge. Dann schlang er ein Lederband auf Ellbogenhöhe um ihren rechten Arm und zurrte ihn fest. Anschließend packte er ihren anderen Ellbogen, machte mit ihm dasselbe und ließ eine Spanne von vier Händen zwischen ihren Armen. So konnte sie weder das Band bis zu den Gelenken hinunterschieben noch die Arme heben, um das Leder um ihren Hals abzunehmen. Dennoch bezweifelte er nicht, dass sie versuchen würde zu entkommen. Eine Wache vor der Tür würde zusätzliche Sicherheit bringen.

Er verließ sie, kehrte bald mit einem kleinen Korb zurück und stellte ihn umgekehrt vor die Wand, damit Meghan sich darauf setzen konnte.

»Warum steckst du mich nicht in eine Pferdebox und schüttest etwas Stroh auf den Boden und Hafer in einen Kübel?«

Ihr Kinn zitterte, als sie die Zähne fest zusammenbiss und ihm den Rücken zuwandte. Beim heiligen Kreuz, sie hatte Recht. Die Pferde, die seine Männer striegelten und hätschelten, waren in einem besseren Zustand als Meghan. Warum war er dieser Frau gegenüber so verhärtet, dass er sie derart grob behandelte? Die Antwort erhielt er, als er hörte, wie sein Bruder mit Sturm redete.

Verrat hatte ihn gegenüber dieser Frau verhärtet.

Weil sein junger Bruder wegen Connor den rechten Arm kaum mehr gebrauchen konnte.

Weil seine Frau und sein Sohn wegen Connor gestorben waren.

Vor der Stalltür warteten Alpin und Dougald auf ihn. Rasch erzählten sie ihm, was während seiner kurzen Abwesenheit auf Rimsdale geschehen war. Nachdem er die große Halle erreicht hatte, wies er alle Fragen über Meghan zurück. Sein grimmiges Gesicht und die stahlharten Augen sagten mehr als Worte. Er wollte nicht über seine Gefangene reden. Als der Abend hereinbrach, wuchs die Spannung. Die Küchenhelfer trugen Schüsseln mit dampfendem Essen auf, doch nicht einmal der appetitliche Duft vermochte seine Stimmung aufzuhellen.

Er bemerkte, dass das Wild, das Meghan erlegt hatte, den schmackhaften Eintopf noch verfeinerte. Als er das Essen halb beendete hatte, spürte er Edas gequälten Blick.

»Wenn du mit dem Essen fertig bist, Eda, kümmerst du dich darum, dass die Blackthorn-Frau auch etwas bekommt.« Eda schob ihren Teller fort; der Hunger der Gefangenen lag ihr näher als der eigene.

»Binde sie bloß nicht los. Füttere sie nur mit deiner eigenen Hand«, befahl er und presste den Mund zu einer dünnen Linie zusammen.

Eda nahm einer Magd ein Tablett ab, einer anderen eine Schüssel mit Eintopf und einer dritten einen Krug mit Bier. Während sie alles auf das Tablett stellte, verunzierte ein Runzeln ihr liebliches Gesicht. »Was ist nur aus uns geworden, dass wir eine hochgeborene Frau auf diese Weise behandeln? Daraus wird uns nichts Gutes erwachsen. Wartʼs nur ab.« Sie schüttelte den Kopf; ihre Besorgnis war deutlich an der gerunzelten Stirn abzulesen. »Wenn das alles vorbei ist, wird Rimsdale leiden müssen.«

»Rimsdale leidet jetzt schon, und zwar wegen Connor of Blackthorn. Wenn er nicht versucht hätte, meine geliebte Ingirid zu entführen, würden sie und mein Sohn noch leben. Wenn Garith nicht versucht hätte, meine Frau zu verteidigen, wäre sein Arm noch heil. Sage mir nie wieder etwas darüber, wie ich Connors Schwester behandle.«

Eda wandte ihm den Rücken zu und ging zur Tür. Sie behielt das letzte Wort, als sie zu ihm zurückrief: »Meghan of Blackthorn ist nicht Connor. Sie war bei dem Überfall nicht dabei. Es ist falsch, das Mädchen für die Untaten ihres Bruders verantwortlich zu machen.«

Er zuckte zusammen. Bevor er etwas erwidern konnte, war sie schon gegangen.

Angebunden im Stall wie ein wildes Tier und mit völlig verfilzten Haaren, wurde Meghans Entschluss mit jedem Atemzug stärker. Noch nie war sie so müde gewesen, so voller Schmerzen von den Wunden am Hals bis zu den wund gelaufenen Füßen.

Doch, sie war schon einmal so müde gewesen, berichtigte sie sich selbst. Nämlich, als ihr Vetter Mereck sie zum ersten Mal mit zur Ausbildung im Lanzenstechen genommen hatte. Bevor es Abend geworden war, hatten ihre Fehler sie viele Prellungen am Rücken gekostet. Sie war sogar so oft vom Pferd gefallen, dass sie beim Abendessen nicht hatte sitzen können. Doch die Schmerzen waren ihr gleichgültig gewesen, denn an jenem Tag hatte sie viel gelernt. Und Merecks Lob am Abend vor den Versammelten in der großen Halle hatte jede Pein aufgewogen.

Nicht so an diesem Tag. Um ehrlich zu sein, waren es nicht die wund gescheuerten Handgelenke oder die Prellungen am ganzen Körper, die ihr solch große Qualen bereiteten. Auch waren es nicht der Hunger oder die Müdigkeit, die es ihr so schwer machten, den Rücken und die Schultern gerade zu halten.

Es war ihr Stolz, der am meisten gelitten hatte.

War sie verrückt gewesen, Zuflucht in jener Höhle zu suchen? In jener besonderen Höhle? Wenn sie gewusst hätte, wer sie verfolgte, wäre sie niemals dorthin gegangen. Es war Rolf gewesen, der ihr die Höhle vor vielen Jahren gezeigt hatte. Damals, als sie geglaubt hatte, er werde bei Großvater um ihre Hand anhalten. Bevor die Dinge so schrecklich schief gelaufen waren.

Und jetzt behandelte er sie, als wäre sie ein wildes Tier.

Draußen vor der Tür redete jemand mit der Wache. Als sich die Pforte quietschend öffnete, versteifte Meghan sich. Sie blinzelte, und als der Geruch von schmackhaftem Eintopf durch die Luft strömte, lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Die rothaarige Frau, die das schwere Tablett trug, war dieselbe wie jene, die Rolf vorhin gescholten hatte. Er hatte sie Eda genannt. Sie war klein und wohl gestaltet; alle Rundungen saßen an der richtigen Stelle. Der Wächter wartete einige Schritte entfernt und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Also wollte Rolf sie nicht einmal mit seiner Kusine allein lassen.

»Meghan, ich bin gekommen, um dir beim Essen zu helfen.« Eda wandte sich an den Wächter. »Bring einen Kübel Wasser und ein Tuch, damit ich ihr das Gesicht säubern kann.«

»Nein. MacDaidh hat gesagt, sie soll nichts anderes bekommen als Bier und Essen.« Er runzelte die Stirn und zuckte die Achseln.

»Du hast vielleicht Angst vor Rolf, ich aber nicht. Dann hole ich die Dinge eben selbst.« Sie ging zu ihm hinüber und hielt ihm das Tablett hin.

»Nein, Lady. Wenn Ihr das tut, muss ich es ihm berichten.« Er machte einen Schritt zurück und weigerte sich, das Tablett zu nehmen.

»Bitte reg dich nicht auf, Eda.« Meghan zwang ein Lächeln auf ihre Lippen und versuchte sich so zu verhalten, als sei sie in der großen Halle von Blackthorn. Ohne ihrem beklagenswerten Zustand Beachtung zu schenken, hob sie stolz den Kopf.

»Du könntest wenigstens etwas herbeiholen, worauf ich das Tablett absetzen kann«, sagte sie und blickte den Mann finster an.

Er nickte und holte ein kleines Fass aus dem ersten Stall. Nachdem er es vor Meghan gestellt hatte, ging er wieder zur Tür.

Meghan setzte sich und unterdrückte ihren Unmut darüber, dass sie wie ein Kind gefüttert wurde. Obwohl es entwürdigend war, brauchte sie das Essen, um sich bei Kräften zu halten. Doch nach einigen Bissen brachte sie nichts mehr herunter.

»Es ist nett von dir, dass du dich um mich kümmerst, aber ich bin eher durstig als hungrig. Wenn es dir recht ist, möchte ich gern das Bier austrinken.« Als Eda ihr den Krug an die Lippen hielt, zwang sie sich, alles herunterzuschlucken, dann lächelte sie die Frau an. »Vielen Dank für deine Freundlichkeit.«

Eda schenkte ihr ein kurzes Lächeln, bevor sie sich umwandte und zu den Schlafquartieren zur Rechten ging. »Bringt mir einen frischen Strohsack«, befahl sie den beiden jungen Stallburschen. Nachdem sie ihn geholt hatten, schüttelte Eda ihn auf und legte ihn gegen die Wand. »Das ist nicht das Beste, aber es wird dir etwas Entspannung geben.« Nachdem sie alles für Meghans Bequemlichkeit getan hatte, was in ihrer Macht stand, schenkte sie ihr ein entschuldigendes Lächeln und ging zusammen mit der Wache hinaus.

Meghan seufzte und entspannte die Schultern. Ihre Bemühungen, ruhig zu wirken, hatten sie erschöpft. Sie setzte sich wieder und wartete, bis sie nichts mehr als Nachtgeräusche hörte, dann kniete sie sich auf den Boden und bettete ihren müden Körper auf den Strohsack.

Irgendwann mitten in der Nacht hörte sie ein Flüstern hinter der Tür und den Klang von Münzen, die den Besitzer wechselten. Zwar war Meghan für gewöhnlich sehr beweglich, doch als sie auf die Beine zu kommen versuchte, taumelte sie. Mit katzenartigen Bewegungen betrat ein Mann den Stall und wartete, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Das verschaffte ihr Zeit, sich aufzurichten. Er schlich näher.

Eine Hand wurde ausgestreckt und packte ihre Arme. Nachdem er sie eng an sich gedrückt hatte, stieß er ihren Kopf zurück. Der Gestank von Schweiß und Urin, der von seinem ungewaschenen Körper ausging, erstickte sie beinahe. Obwohl sie wie eine Wilde zuckte und sich aufbäumte, gab sie keinen Laut von sich. Es würde sie noch mehr beschämen, wenn sie um Hilfe rief.

Das Gemächt des Angreifers versteifte sich. Harte, grausame Lippen pressten sich auf die ihren und drängten sich mahlend gegen ihre Zartheit, bis seine Zähne mit den ihren zusammenstießen.

Eine fleischige Hand um ihren Kiefer zwang sie, den Mund aufzumachen, und seine dicke Zunge drang in sie ein und knebelte sie. Sie biss zu. Fest. Dann ließ sie los. Er keuchte auf, lockerte den Griff um sie und schlug ihr mit der Faust gegen den Kiefer. Unter dem Schlag platzte ihre Lippe.

Schweigend drehte er sie mit dem Gesicht zur Wand.

Was hatte er jetzt vor?

Seine Kleidung raschelte, dann schlang er einen Arm um ihre Hüfte und zog sie gegen seine entblößte Rute. Er zwang ihre rechte Hand um den Schaft, der so hart und heiß wie über dem Feuer erhitzter Stahl war. Sie versuchte die Finger zu öffnen, doch das ließ er nicht zu. Er zog ihre gefangene Hand den Schaft hinauf und hinunter.

Meghan entspannte sich. Sollte dieser verfluchte Tölpel doch glauben, dass sie es genoss. Er war kaum eine Handspanne größer als sie. Sie schmiegte sich an ihn, und er griff höher, riss ihr das Hemd auf und drückte ihre Brust. Sie beugte den Kopf vor, bis ihr Kinn den Brustkorb berührte, und ließ ihn dann so rasch wie möglich zurückschnellen und gegen sein Gesicht schlagen. Ah, dieser süße Klang einer brechenden Nase!

»Satanshure!«

Schritte ertönten auf dem Kiespfad, der zur Stalltür führte. Der Mann warf sie gegen die Wand und taumelte die dunkle Reihe der Ställe entlang. Während sie an der groben Bretterwand heruntersackte und auf dem Strohsack landete, hörte sie, wie der Mann die Hintertür aufzog und in die Nacht floh.

»Nicht nötig, das Mädchen zu überprüfen. Sie kann sich nicht von der Stelle fortbewegen, wo Lord Rolf sie angebunden hat«, hörte sie den Wächter sagen.

»Seit wann überprüfen wir bei Schichtübergabe nicht mehr das, was wir bewachen sollen?«, erwiderte seine Ablösung.

Die Tür knarrte; ein Mann trat ein und hielt eine Fackel hoch über den Kopf. Meghan gab keinen Laut von sich und wandte ihm weiterhin den Rücken zu. Er stand eine Weile da, ging wieder und schloss die Tür leise hinter sich.

Für den Rest der Nacht lehnte sie sich gegen die Wand. Bei jedem Laut raste ihr Herz, und sie wagte nicht zu schlafen.

Als das schwache Licht der Morgendämmerung durch die Spalten in der Stalltür drang, kam der Wächter herein, hielt die Fackel dicht vor sich und warf einen Blick auf Meghan. Dann zuckte er zurück und rief laut und wütend: »Holt Lord Rolf, aber schnell!«

Durch die geöffnete Tür sah Meghan, wie das goldene Licht des Morgens über die Spitzen der Burgmauern kroch. Grundgütiger Himmel, war sie müde! Sie vermutete, dass sie fürchterlich aussah. Ha! Als ob sie vorher nicht schon wie ein gehetzter Hund erschienen wäre.

Der Wächter zögerte, dann streckte er eine Hand aus. Unwillkürlich zuckte sie davor zurück.

»Nein, Mädchen, ich will dir nur helfen«, sagte er zu ihr.

Draußen ertönten schwere Schritte.

»Was ist hier los?«, wollte Rolf mit harscher Stimme wissen, während er durch die Tür trat.

Sie zwang sich, ihr Kinn vorzustrecken, und sah ihn böse an. Es war Rolfs Schuld. Alles. Wenn er sie nicht wie ein Tier behandelt hätte, wäre dieser Mann in der Nacht nie auf den Gedanken gekommen, sie könnte leichte Beute sein.

Rolf drehte sich der Magen um. Meghan lehnte mit dem Rücken gegen die Wand und sah zwar müde, aber kampfbereit aus. Wenn Blicke töten könnten, würde er jetzt aus vielen Wunden bluten.

Ihre Lippen waren geschwollen und auf der linken Seite geplatzt. Dort hatte sich überdies ihr Gesicht unter einem großen Bluterguss verfärbt. Ihr zerrissenes Hemd verbarg kaum ihre Brüste. Seine Blicke flogen über sie. Ihre Hose war unbeschädigt. Wer immer es gewagt hatte, hier einzudringen und sie zu misshandeln, war in die Flucht geschlagen worden.

»Wer hat das zugelassen?« Seine herausgebrüllten Worte waren nicht an sie gerichtet, sondern an die Männer, die sie hatten bewachen sollen. Er wollte jemanden dafür verdreschen.

»Das warst du, Dummkopf«, antwortete Meghan mutig. »Was hast du erwartet? Dass deine Männer mich mit Freundlichkeit behandeln, während ich für dich weniger wert bin als die Pferde in deinem Stall oder die Schweine in deinem Koben?« Sie wandte sich ab und weigerte sich, ihn anzusehen.

Rolf streckte die Hand aus und strich über ihren geschwollenen Kiefer. Wut und Bedauern durchströmten ihn in heißen, sengenden Wellen. Sie drehte das Gesicht zur Seite. Er konnte es ihr nicht verübeln.

Ganz vorsichtig, damit er ihr nicht den Hals zerkratzte, nahm er den Lederriemen ab. Der Anblick ihrer Haut, die dort so roh und wund wie an den Handgelenken war, trieb ihm die Galle in den Mund.

»Jeder Mann, der Meghan of Blackthorn bewacht hat, muss mir Bericht erstatten.« Seine kalte Stimme klang ruhig, aber war voll tödlicher Drohung, als er mit den Männern um ihn herum sprach. »Ihr werdet euch vor mir verantworten.«

Als er ihre Schultern berührte, versteifte sie sich. Er drehte sie um, und sie kämpfte dagegen an.

»Ruhig, Mädchen. Ich will dir nur die Arme losbinden.« Ihre Haut erbebte unter seiner Berührung. Als sie endlich frei war, drehte er sie erneut um und zog ihr Hemd zusammen. Sie wich vor seinen Händen zurück.

»Komm.« Er machte einen Schritt nach hinten und bot ihr seinen Arm an. Sie beachtete ihn nicht. Am liebsten hätte er sie getragen, aber er wusste, dass es das Beste war, sie in Ruhe zu lassen.

Sie betraten den Innenhof, und Meghan bemerkte die vielen Menschen, die sich hier versammelt hatten, weil sie sehen wollten, warum ihr Lord in solcher Eile gewesen war. Sie blieb stehen. Aber nicht lange. Mit jedem langsamen Schritt, den sie machte, tat Rolfs Herz einen Satz, denn nun wusste er, dass er wirklich der hassenswerte Verbrecher war, als den sie ihn so oft bezeichnet hatte.

Alpin starrte erschrocken auf ihre geschwollenen Lippen und die blutunterlaufene Haut, während er sich zu ihnen gesellte. Rolf sah seinen alten Freund an, in dessen blauen Augen das Entsetzen darüber lag, dass es jemand gewagt hatte, die Autorität seines Herrn zu unterwandern und diese Frau zu berühren.

Fergus, Alpins Knappe, hinkte hinter ihm her. Er zeigte kein Mitgefühl. Immer wieder betastete er verstohlen seine Nase. Sie war geschwollen und rot. Die einfachen Krieger kämpften andauernd um die Gunst der Dirnen. Wahrscheinlich hatte dieser hier besonders hart gekämpft.

Wann würden sie nur endlich den Hof überquert haben und die Tür zur Burg durchschreiten? Noch nie war Rolf dieser Weg so weit erschienen, während er jeden schmerzerfüllten Schritt beobachtete, den Meghan tat. Warum hatte er Eda nicht gebeten, sich um ihre Füße zu kümmern? Zweifellos platzte mit jedem Schritt eine Blase. Als sie taumelte und er ihr helfen wollte, spuckte sie ihn mit solcher Verachtung an, dass er sich schließlich zurückhielt.

Wie kam dieses Mädchen zu einem solchen Stolz? Stolz war Männersache. Er wurde hart erkämpft in Schlachten und mit tapferen Taten. Welchen Grund hatte diese Frau, sich so überlegen zu wähnen?

Garith lief auf ihn zu und unterbrach seine Gedanken.

»Am besten beeilt ihr euch, wenn ihr nicht durchnässt werden wollt«, sagte er und deutete zum Himmel.

Rolf musste nicht in die angedeutete Richtung sehen. Schon fielen die ersten dicken Tropfen in den Staub des Innenhofes und schufen kleine Berge mit Kratern, die mit Wasser gefüllt wurden, das rasch in die Erde eindrang.

Er hob Meghan hoch und achtete nicht auf ihre Proteste. Sie hielten nicht lange an. Sie sah in sein Gesicht und hatte darin seine Entschlossenheit bemerkt, deshalb hielt sie ihre Zunge im Zaum. Wenn sie das bloß öfter täte!

Sie erreichten den Schutz der Burg keinen Augenblick zu früh, denn nun öffnete der Himmel erbarmungslos seine Schleusen.

»Eda, unser Gast benötigt deine Künste. Hol deine Heilkräuter.« Rolf eilte an allen anderen vorbei und nahm auf der Treppe in den ersten Stock jeweils zwei Stufen auf einmal. Dabei bellte er den Dienstboten, die ihn mit offenem Mund anstarrten, Befehle zu. »Bringt heißes Wasser und saubere Kleidung in mein Gemach!«

Jemand hatte in seiner Kammer schon ein Torffeuer angezündet. Die mageren Flammen kämpften darum, die feuchte Luft trockener zu machen. Talgkerzen, die so dick waren, dass sie vier Dochte hatten, vertrieben die Schatten aus den Ecken.

»Verdammt, setz mich ab!« Meghan schlug mit der Faust gegen seine Schulter. »Ich kann sehr gut allein durch diesen Raum gehen.«

Rolf tat so, als wäre sie nur ein Bündel dreckiger Laken. Doch er wusste genau, dass er sich von dem Bündel in seinen Armen nicht losreißen konnte. Die Berührung mit ihrer zarten, weiblichen Haut und der leise Duft von Heidekraut stachelten seine Sinne an.

Sie strampelte mit den Beinen und trommelte mit den Fäusten gegen seine Brust. Er geriet ins Taumeln und stieß gegen eine große Kriegstruhe rechts neben der Tür. Danach wäre er beinahe gegen den Ständer geprallt, an dem sein Kettenhemd und Helm hingen. Zornig stapfte er an seinem Arbeitstisch und einem geschnitzten Holzstuhl vorbei, die beide neben dem Fenster standen.

»Sei ruhig, oder ich werfe dich sofort ab. Und zwar durch das geöffnete Fenster«, brummte er. Mit entschlossenen Schritten ging er hinüber zum Bett. Es war weit genug vom warmen Feuer entfernt, sodass es ihm in der Nacht nie zu heiß wurde.

»Wenn du mir nicht sofort meinen Willen lässt, werde ich einen so Grauen erregenden Schrei ausstoßen, dass deine Männer denken, du hättest eine Banshee in deinen Gemächern.«

Er schaute hinunter auf ihr Gesicht. Sie war wirklich bereit, einen schrecklichen Schrei auszustoßen. Er hob sie noch höher. Und ließ sie fallen.

Auf sein Bett.

»Uff!« Sie sank in die mit Daunen gefüllte Matratze ein und ruderte wild mit Armen und Beinen.

»Grauen erregend? Wie eine Banshee?« Seine Augen funkelten, als er eine Braue hob. »Gariths Geburtsschrei wäre beeindruckender.«

Meghan sog die Luft ein, schloss die Augen und stieß einen Schrei aus, der geeignet war, bei jedem Mann eine Gänsehaut zu verursachen. Die Zimmertür schlug mit einem lauten Knall zu, der ihren Schrei dämpfte. Sie öffnete die Augen und runzelte die Stirn. Am Fuß des Bettes stand Eda. Sie hielt sich die Ohren zu und machte ein verbissenes Gesicht. Rolf war nirgendwo mehr zu sehen.

»Verdammter Höllenhund«, murmelte Meghan und starrte die Tür an. »Er hat sich aus dem Staub gemacht, bevor er diesen Streit verlieren konnte.«

Kampf der Leidenschaft

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