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8. Es geht weiter

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Gar nichts tun kann Maria dagegen, dass es sich so aus ihr heraus wächst. Sie weiß, alle schauen. Sie weiß, alle wollen etwas von ihr, als gäbe ihr übergroßer Körper Antworten auf irgendwelche Fragen. Sie ist doch bloß ein Schulkind! Das singen will, träumen und ein wenig den Pepi lieben, so ganz geheim. Aber auch der hat irgendwie Angst vor ihr, betrachtet sie immer nur mit viel zu großen Augen.

Doch das macht ihr nichts mehr aus, nach außen hin. Denn das Leben geht weiter. Der Alltag. Die Arbeiten zu Hause und auf dem Feld, die Maria mit Geschick verrichtet; das brauchen die Eltern, weiß Maria Bescheid. Sie haben nämlich wenig Geld, und da heißt es, sie brav zu unterstützen! Auch das Lernen betreibt die Riesin weiterhin. Auch das muss so sein.

Zumindest gibt es im Winter einen Monat, der sie erfreut. Dezember heißt er. Denn da ist Nikolaus und auch Weihnachten.

Doch bevor es so weit ist, dürfen sie in diesem Jahr einmal ausnahmsweise Onkel Beppo besuchen, der Koch in der großen Stadt Wien ist. Und: Wien ist magisch. Das wurde ihr erzählt, und das darf sie jetzt selbst erleben. Denn überall stehen sie, diese besonderen Läden. Sowohl um St. Stephan herum als auch in den Vorstädten. Es sind Zelte von Zauberern.

Und als sie ankommen in der großen Stadt, schimmert es bereits überall in scharlachroter Glut, im Zittern der flackernden Kienspäne im Licht. Blasse, offene Kerzen. Backwerk duftet Maria entgegen, ja, es türmt sich hier in diesen Bretterbuden auf, ist Gebirge, das man in den buntesten schillernden Farben verziert hat.

„Gefallen dir die Lebzelten?“, fragt Theresia, und Maria nickt.

Gierig saugt sie den Geruch von zarten Gewürzen ein, wieder und wieder. Der Anblick von verkleideten Nikoläusen, die mit Rauschebärten umherstreifen, vermischt sich mit denen von Wachslichtern und Tannenbäumen, und die Welt ist vermengt mit Staunen.

Abends, wenn Maria die Petroleumlampe an ihrem Bett anzündet, schimmert dieses Staunen noch weiter, und in Maria gehen dann Welten auf. Die Sehnsucht beginnt in ihr zu flammen, sie denkt kurz an die weite Welt, an das Singen, und ob es nicht vielleicht doch noch etwas zu entdecken gibt!

Doch bald wird sie wieder zu Hause sein, der Ausflug in die Stadt ist kurz und der Alltag hat mehr Gewicht, weiß die Riesin, und sie schiebt ihre Sehnsüchte wieder fort, genau wie die Gedanken an den Pepi. Denn alles geht irgendwie weiter.

Mariedl

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