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SIEBEN

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Und was, wenn es wieder Winter wird? Was, wenn wir erfrieren?«

Er wusste, was sie meinte. Vor einigen Monaten wären sie im Schnee fast umgekommen, alle vier, wenn sie nicht rechtzeitig bei Marla und ihren Eltern untergekommen wären.

»Es ist erst Frühjahr. Bis zum Winter lassen wir uns etwas einfallen.«

Der kleine Trupp folgte ihm durch die Hecken, erst durch das Gebüsch aus Steinlorbeer, in den Garten der Nachbarn. Es war ein Risiko, ihn bei Tag zu überqueren. Entweder traf man auf kreischende Kinder oder auf kreischende Frauen, die einen aus der Kiste mit dem Sand vertrieben, die wie geschaffen für die Angelegenheiten von Katzen war. Warum stellen sie ein Katzenklo auf, wenn man es nicht benutzen darf, hatte Filou sich schon oft gefragt.

Aber diesmal ging alles gut. Fast alles. Filou marschierte vorneweg, Josephine bildete die Nachhut, zwischen ihnen die beiden Kleinen. Kurz bevor sie bei der Lücke in der Ligusterhecke angekommen waren, ertönte ein Schrei. Ein kleiner Krauskopf lugte um die Ecke, gefolgt von einem Blondschopf. »Wie süüüüß!« Und dann liefen die schreienden Kinder auf sie zu. Monpti und Mabelle stürzten in Panik davon, zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren.

»Guck mal! Ein Kätzchen! Nein, zwei!«, kreischte es wieder. Josephine rannte kopflos den beiden Kleinen hinterher. Filou blieb nichts anderes übrig, als ihnen zu folgen. Zitternd und mit gesträubtem Fell standen die drei wieder in Marlas Garten.

Der Weg durch den Nachbarsgarten war also versperrt. Sie mussten einen Umweg nehmen. Und so war es bereits später Vormittag, als sie beim Kriegerdenkmal ankamen.

Fidel lag an seinem Stammplatz und nickte Filou zu, als der kleine Trupp an ihm vorbeimarschierte.

»Viel Glück, mon ami«, sagte er.

»Das können wir gebrauchen«, murmelte Filou.

Er führte sein Rudel den vertrauten Weg hoch zum Roche du Diable. Doch als sie in der Rue Basse angelangt waren, blieb Josephine stocksteif stehen. »Wo ist dein Keller? Wo ist das Haus von Ma Dame?«

Jetzt sah er es auch. Das heißt, er sah es nicht. Er sah einen Haufen aus Balken, Ziegeln und Steinen, dort, wo noch vor wenigen Tagen Ma Dames Haus gestanden hatte. Das Haus, wo er Josephine das erste Mal begegnet war, existierte nicht mehr.

»Weißt du noch?«, flüsterte sie. Ja, dachte er. Ich werde das nie vergessen, wie die kleine Glückskatze dasaß, hochschwanger und völlig ratlos, schon seit Tagen allein neben der toten alten Frau. Und jetzt verschwand auch noch dieser Ort der Erinnerung.

Sie machen alles kaputt, die Menschen, so oder so, dachte er. Das erste Mal in seinem Leben wünschte er sich ein Leben ohne Menschen. Nur – auf Marla wollte er nicht verzichten. Aber er musste.

»Keine Sentimentalitäten!« Er scheuchte Josephine und die Kleinen voran. »Jetzt ist Mittagszeit, da ist niemand auf der Straße. Je früher wir in unserem Versteck ankommen, umso besser.«

Sie liefen durch die Gemüsegärten. Monpti blieb stehen, um an einer grünen Gießkanne zu riechen, aber Filou jagte ihn weiter. Auch Mabelle, die in der verlockend duftenden Erde wühlte. »Los jetzt«, zischte er und sprang voraus in den dunklen, kühlen Hohlweg.

Das Moos schimmerte zwischen den runden Pflastersteinen. Hier konnten sie endlich langsamer laufen, und Filou erzählte den Kleinen die Geschichte von den Maultieren, um sie abzulenken. Von den großen Tieren, die früher hier entlanggetrabt waren, schwankend unter ihren Lasten.

»Vier Beine?«, fragte Mabelle atemlos. »Und so groß wie ein Mensch?«

»Größer«, antwortete Filou, obwohl er sich nicht sicher war. »Viel größer.«

Endlich waren sie oben, auf dem Roche du Diable. Und wieder war noch jemand anders da. Filou erkannte den Mann sofort. Er saß mit dem Rücken an einen der Steine gelehnt und hatte die Augen geschlossen. Die Frau war nicht dabei. Als Filou sah, dass der Mann weinte, ahnte er, warum. Sie war in den Winter gegangen.

»Du hast gesagt, wir wären hier allein«, wisperte Josephine, die sich kampfbereit vor die beiden Kleinen gestellt hatte. »Du hast gesagt, hier kommt nie jemand hin.«

Filou seufzte. »Der tut uns nichts.«

»Bist du sicher?«

Filou war sich ganz sicher. Nur über eines nicht mehr: ob es wirklich richtig war wegzulaufen.

Er betrachtete den Mann, der den Kopf zurückgelegt hatte und ihre Anwesenheit noch nicht bemerkt zu haben schien. Die dunklen Haare trug er lang, länger als Frederick. Und jünger war er auch. Und viel, viel dünner. In seinem weißen Hemd und den Jeans sah er beinahe schmächtig aus. Und seine Hände … Schmal, mit langen Fingern. Irgendwas faszinierte Filou daran. Er ging auf leisen Sohlen näher, obwohl Josephine warnend zischelte, hockte sich neben den weinenden Mann und begann sanft zu schnurren. Nach einer Weile regte sich eine der Hände. Filou legte seinen Kopf hinein. Und dann begannen die langen Finger des Mannes ihn zu streicheln, hinter den Ohren, im Nacken. Unter dem Kinn.

Nach einer Weile wurde der Atem des Mannes ruhiger. Er war eingeschlafen.

Filou schlich zurück zum Wacholderbusch, unter dem Josephine und die Kleinen hockten und warteten.

»Wir müssen zurück«, sagte er.

»Aber warum? Du hattest recht: Er ist ganz friedlich.« Josephine war verwirrt.

Monpti und Mabelle guckten mit großen vorwurfsvollen Augen zu ihm auf. Sie waren sicher enttäuscht, weil das große Abenteuer schon wieder vorbei zu sein schien.

»Wir können Marla nicht alleinlassen.« Filou ging voran, ohne sich nach ihnen umzuschauen.

»Aber du hast doch gesagt, wir müssten …«

Ja, hab ich. Aber ich ertrage die Vorstellung nicht, dass sie hier sitzen könnte und um uns weint. »Sie war bereit, ihre Eltern zu verlassen, unseretwegen«, sagte er. »Das dürfen wir nicht vergessen.«

»Aber – wenn sie doch mit nach Paris geht. Und wir mitmüssen. Ohne …« Josephine sprach nicht weiter.

Ohne Monpti und Mabelle? Das würde Josephine das Herz brechen.

»Ich lass mir was einfallen«, sagte Filou.

Filou - ein Kater auf Abwegen

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