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FÜNF

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Wo warst du die ganze Nacht?«, quengelte Josephine, als er morgens mit Marla in die Küche kam. »Und wieso kommst du so spät? Es gab Thunfisch!«

Die anderen hatten ihre Näpfe bereits geleert, aber Filou verspürte keinen Hunger. Er trottete bedrückt zu seinem Lager, hockte sich auf die Hinterbeine, zog die Vorderpfoten ein und machte sich ganz klein und steif. Es lag etwas in der Luft. Es war nicht Gutes. Seine bösen Träume schienen sich zu bewahrheiten.

»Warum isst du nichts?«, zischte ihm Lucrezia zu, die auf ihrem Stuhl ruhte wie eine Königin auf dem Thron. »Hast du Verstopfung?«

Er würdigte sie keines Blickes. Luc war vom guten Leben so fett geworden, dass Ivonne sie regelmäßig bürsten musste, weil sie sich das Fell nicht mehr selbst reinigen konnte. Luc würde nie auch nur eine Mahlzeit auslassen.

Aber ich, dachte Filou, ich brauche mein altes Kampfgewicht wieder.

Er hatte geträumt. Wieder diesen Traum, in dem er einsam und allein war, verfolgt von dunklen Schatten. Und jetzt wusste er, dass das Unheil längst da war. Es hieß Paris. Und ihm fiel auch nach schärfstem Nachdenken nicht ein, was man dagegen machen konnte.

Bevor er sich wieder aus der Küche schlich, leckte er Jos Gesicht und knuffte die beiden Kleinen. Er musste Fidel fragen, was es mit Paris auf sich hatte. Fidel konnte ihm sicher einen Rat geben. Fidel wusste fast alles.

Wie immer lag der Mops da, wo er jeden Morgen und jeden Abend lag: auf der Place de la Patrie, im Schatten des Kriegerdenkmals, von wo aus er das Café de la Paix und Herrchen im Auge hatte. Der Dicke rührte kein Härchen, als Filou angestürmt kam. Cool klappte er das linke Ohr nach vorne und öffnete das rechte Auge.

»What ails ye?«, knurrte er, als Filou sich neben ihn fallen ließ.

»What – wie bitte?«, fragte Filou zurück.

»Das ist Englisch und heißt: Wo drückt der Schuh!«, antwortete Fidel würdig.

»Welcher Schuh?« Filou hätte die Frage am liebsten gleich wieder zurückgezogen. Fidels Erklärungen auch noch der banalsten Redewendungen pflegten sich hinzuziehen. »Ach, lassen wir das. Erzähl mir alles über Paris.«

»Paris? Oh, là, là!«, machte Fidel und legte sich auf die Seite. »Wie viel Zeit hast du?«

»Gar keine! Mach’s kurz!«

»Kurz. Hm. Na gut.« Der Mops legte eine Pfote über die andere. »Also: Paris ist die Hauptstadt Frankreichs. Sein Zentrum liegt etwa 647,73 Kilometer nordwestlich von hier. Der Bürgermeister von Paris…«

Filou seufzte. »Das will ich alles gar nicht wissen. Erzähl mir, wie es sich da lebt.«

Fidel hob die rechte Tatze, leckte sie und fuhr sich damit über das Ohr. »Prächtig. Die größten Boulevards, die feinsten Geschäfte, kultivierte, wohlerzogene Menschen …«

»Als Hund, meine ich. Als Katze. Wie ist Paris so für dich und mich?«

Der Mops hob den runden Kopf und sah ihn aufmerksam an. Dann schüttelte er den Kopf. »Tut mir leid. Für Hunde ist es schlimm. Für Katzen ist es die Hölle.«

Ab da hörte Filou zu, ohne Fidel zu unterbrechen. Er hatte das Gefühl, in einen Abgrund zu schauen. Schnellstraßen, Autos, Stoßstange an Stoßstange, sechs Reihen nebeneinander. Hochhäuser, bei denen man nicht aus dem Fenster springen konnte, ohne tot unten anzukommen. Tauben, die man nicht essen durfte, wenn man nicht vergiftet werden wollte. Katzen, die man am Gängelband führte. Hunde, die man in Mäntel und Stiefel gepackt hatte. Was machten die in Paris wohl mit kleinen Mädchen? Was machten sie mit Marla?

Filou senkte die Schnurrbarthaare vor Kummer. Doch Fidels Gesicht, eben noch voller Sorgenfalten, hellte sich auf.

»Na, ihr beiden?«

Weder Filou noch Fidel hatten gemerkt, dass Herrchen aus dem Café gekommen war, die Zeitung in der Hand.

»Tut mir leid, dass ich euch stören muss!«

Aber Fidel war schon aufgesprungen, ließ die rote Zunge aus dem Maul hängen und hechelte vor Freude, während sein Stummelschwanz wie wild rotierte. Fidel behauptete, bei Hunden sei das Schwanzwedeln ein Zeichen der Freude. Filou würde die seltsame Welt der Hunde nie verstehen. Wenn Katzen mit dem Schwanz schlugen, war es Zeit, das Weite zu suchen.

Filou - ein Kater auf Abwegen

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