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VIER

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Es ist ein großartiges Angebot. Ich kann es noch gar nicht glauben.«

Die Familie saß beim Abendessen. Filou lag völlig erschöpft auf seinem Lager neben dem Kamin und ließ es zu, dass Mabelle und Monpti mit seinem Schwanz spielten, obwohl sie langsam zu alt waren für kindische Spielchen. Gabeln klapperten auf den Tellern, Messer schabten, Gläser klirrten. Er liebte diese Geräusche. Wenn die Familie zusammensaß und aß, war die Welt in Ordnung. Nur eine musste heute stören: Ivonne. Sie redete schon die ganze Zeit, sie redete und redete. Wer redet, kann nicht essen, dachte er, hob kurz den Kopf. Dabei roch das gar nicht schlecht, was da auf dem Abendbrottisch stand. Aber essen war kein Thema, ermahnte er sich und ließ den Kopf ermattet wieder sinken.

»Es ist eine Riesenchance, Frederick, Marla. Für mich könnte das der Durchbruch sein.«

Durchbruch. Auch so ein Wort, das nicht gut klang.

»Liebes, ich freue mich so für dich.« Frederick. Und Marla? Marla sagte gar nichts.

»Du meinst, ich soll zusagen?« Ivonne schien unsicher zu sein. Das kennt man gar nicht von ihr, dachte Filou, legte sich die Pfote übers Ohr und versuchte, Ivonnes Stimme auszublenden.

»Aber natürlich! Schatz, du musst mit beiden Händen zugreifen! So eine Chance kommt vielleicht nicht wieder!«

»Es wäre erstmal nur für zwei Jahre. Ich bekäme ein Atelier. Und eine Ausstellung. Und ein Stipendium. Aber wer weiß …«

»Eben. Wer weiß, was noch passiert. Ich bin ja so stolz auf dich!«

Stille. Dann ein sanfter Schmatzer. Filou spitzte die Ohren. Wenn Frederick seine Frau küsste, konnte sie wenigstens nicht reden. Das war gut. Das war sehr gut.

»Der Haken ist nur …«

Schon wieder vorbei mit dem Frieden.

»Es bedeutet natürlich für uns alle eine große Veränderung.«

Veränderung? Was für ein hässliches Wort. Katzen lieben keine Veränderung. Kein Möbelrücken, keine Überraschungen, keinen fremden Besuch. Schlimm genug, dass es Jahreszeiten gab.

»Ich müsste für mindestens zwei Jahre nach Paris gehen.«

Ach so. Wenn es mehr nicht ist. Geh du nur, dachte Filou und gähnte.

»Ohne uns? Das lasse ich nicht zu!« Frederick.

»Aber …« Marla. Sie klang verzweifelt. Filou hob ruckartig den Kopf und setzte sich auf. Wer Marla traurig machte, war sein Feind.

»Kann ich euch das zumuten? Marla müsste die Schule wechseln. Neue Freunde finden.«

»Aber …« Entsetzen in Marlas Stimme. Filou schlich sich unter den Esstisch, wo er sich an ihr Bein schmiegte.

»Stell dir vor, Marla, mein Schatz! Paris!«, sagte Frederick in einem Tonfall, der Filou misstrauisch machte. So sprachen Menschen, die einem etwas schmackhaft machen wollten, das unter Garantie unangenehm war. Das war die »Komm, stell dich nicht so an, das ist gut für dich«-Stimme. Und dann träufelte einem jemand Flohtropfen in den Nacken. Der »Hinterher wird es dir besser gehen«-Tonfall. Der klang nach Zeckenzange.

Was immer Paris war: Filou mochte es nicht.

»Aber …« Marlas Stimme war ganz klein geworden.

»Es ist doch noch gar nichts entschieden«, sagte Ivonne hastig.

»Natürlich ist das entschieden. Wir ziehen nach Paris. Zusammen. Und Marla freut sich mit uns, gell, Schatz?«

»Aber …« Marlas Stimme zitterte. Und dann brach sie in Tränen aus, sprang auf und lief aus dem Zimmer. Filou lief hinterher und schlüpfte durch die Tür, bevor Marla sie ins Schloss fallen ließ. Marla, seine Marla, warf sich aufs Bett und weinte. Weinte und weinte, bis Filou es nicht mehr aushielt, mit weichen Pfoten neben sie sprang und ihr einen sanften Nasenstüber gab.

Sie schluchzte auf und ließ es zu, dass er sich an sie kuschelte. Nach und nach ließ der Tränenstrom nach.

»Ich will nicht fort aus Beaulieu«, flüsterte sie. »Du vielleicht?«

Fort von hier? Filou sträubten sich die Haare. »Ich will nicht nach Paris. Nur weil sie da ihre Bilder ausstellen kann!«

Die Bilder. Ivonnes Bilder, diese stinkenden Dinger, denen man nicht zu nahe kommen durfte, sonst hatte man tagelang Farbe im Fell. Mal abgesehen vom Gekreisch, das sie anstimmte, wenn man sich die Krallen an dem Gestell wetzte, auf dem die Dinger standen.

Es war ja gar nicht so, dass er Ivonne nicht mochte. Obwohl sie Lucrezia vorzog. Es war nur … Marlas Mutter hatte gewollt, dass man ihn kastrierte, damals, als er bei Marla eingezogen war. Seither ging er ihr aus dem Weg. Und jetzt – wollte sie, dass alle nach Paris gingen, was immer das war. Alle? Auch die Katzen? Oder – wollte man sie etwa hierlassen, ihn und Josephine, Monpti und Mabelle und Lucrezia?

Filou wusste nicht, ob ihn der Gedanken beruhigen sollte. Marla fort und er hier? Unvorstellbar.

»Marla!« Frederick klopfte an die Tür.

»Liebes! Lass uns über alles reden!« Ivonne.

Aber Marla kuschelte sich an Filou. Gemeinsam schliefen sie ein.

Filou - ein Kater auf Abwegen

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