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VI. Integraler Yoga
ОглавлениеMit Umwandlung meine ich nicht irgendeine Umwandlung der menschlichen Natur – zum Beispiel meine ich nicht Heiligkeit oder ethische Vervollkommnung oder yogische siddhis (wie die der Tantriker) oder einen transzendenten Körper (cinmaya). Ich gebrauche das Wort Umwandlung in einem ganz bestimmten Sinne, nämlich dem einer radikalen und vollständigen Bewusstseinsveränderung, die gewissermaßen so speziell ist, dass sie einen kraftvollen und sicheren Schritt nach vorne in der spirituellen Evolution des [menschlichen] Wesens herbeiführen wird; dieser Schritt wird von größerer und höherer Art sein und ein weiteres Maß, eine umfassendere Vollständigkeit haben als jener, der getan wurde, als ein mentales Wesen erstmals in einer vitalen und stofflich-tierischen Welt erschien. Wenn etwas Geringeres als das stattfindet oder zumindest wenn ein wirklicher Beginn auf dieser Grundlage nicht gemacht wird, ein grundlegender Schritt nach vorne auf diese Vollendung zu, dann ist mein Ziel nicht erreicht. Eine teilweise Verwirklichung, etwas Vermischtes und nicht Überzeugendes entspricht nicht der Forderung, die ich an das Leben und den Yoga stelle.
Licht der Verwirklichung ist nicht das gleiche wie Herabkunft. Verwirklichung als solche wandelt nicht notwendigerweise das menschliche Wesen als Ganzes; sie vermag lediglich ein Öffnen, Erhöhen oder Weiten des Bewusstseins in seiner höchsten Erhebung herbeizuführen und auf diese Weise etwas im Purusha-Teil verwirklichen, ohne radikale Veränderung in den Teilen der Prakriti. Man kann ein Licht der Verwirklichung im spirituellen Höhepunkt des Bewusstseins erlangen, doch bleiben die Teile darunter unverändert. Ich kenne jede Menge Beispiele dieser Art. Es muss ein Herabkommen des Lichtes stattfinden, nicht nur in das Mental oder einen Teil des Mentals, sondern in das ganze Wesen bis hinunter in das Physische und darunter, bevor eine wirkliche Umwandlung stattfinden kann. Ein Licht im Mental mag spiritualisieren oder das Mental oder einen Teil des Mentals in dieser oder jener Weise wandeln, doch es muss nicht die vitale Natur verändern; ein Licht im Vital mag die vitalen Regungen läutern und weiten oder auch das vitale Wesen ruhig und reglos werden lassen, doch den Körper und das physische Bewusstsein belassen, wie sie waren, oder sie sogar träge machen und ihr Gleichgewicht stören. Und die Herabkunft des Lichtes ist nicht genug, es muss die Herabkunft des gesamten höheren Bewusstseins sein, sein Frieden, seine Macht, sein Wissen, seine Liebe, sein Ananda. Überdies, die Herabkunft mag zur Befreiung ausreichen, aber nicht zur Vervollkommnung, oder sie mag ausreichen, um eine große Veränderung im inneren Wesen herbeizuführen, während das äußere ein unvollkommenes Instrument bleibt, schwerfällig, krank und ausdruckslos. Letztlich kann die durch die Sadhana ausgelöste Umwandlung nicht vollständig sein, wenn es nicht eine Supramentalisierung des Wesens ist. Die Durchseelung ist nicht genug, sie ist nur ein Beginn; die Spiritualisierung und die Herabkunft des höheren Bewusstseins sind nicht genug, sie sind nur ein mittlerer Weg; die höchste Vollendung erfordert das Wirken des supramentalen Bewusstseins, der supramentalen Kraft. Etwas Geringeres als dies kann vom einzelnen sehr wohl als ausreichend empfunden werden, doch genügt es nicht für den entscheidenden Schritt vorwärts, den das Erd-Bewusstsein in dieser oder einer anderen Zeit tun muss.
Ich habe niemals behauptet, dass mein Yoga in all seinen Elementen etwas völlig Neues ist. Ich habe ihn den integralen Yoga genannt, was bedeutet, dass er die Essenz und viele Vorgänge alter Yogasysteme in sich aufnimmt – das Neue liegt in seinem Ziel, seinem Ausgangspunkt und der Vollständigkeit seiner Methode. In den frühen Stadien, mit denen ich mich hauptsächlich in Büchern wie „The Riddle of the World“ oder „Lights on Yoga“ oder in dem neuen, noch zu erscheinenden Buch10 befasse, gibt es nichts, das ihn von alten Yogasystemen unterscheiden würde, außer dem Ziel, das seiner Weite zugrunde liegt, dem Geist seiner Bewegungen und der höchsten Bedeutung, die ihm innewohnt – und auch dem Schema seiner Psychologie und ihres Wirkens; doch nachdem das in diesen Briefen weder schematisch noch systematisch entwickelt werden konnte, wurde es von jenen nicht erfasst, die nicht schon damit vertraut waren dadurch dass sie sich mental oder durch ein gewisses Maß an Praxis damit auseinandergesetzt haben. Über die Einzelheiten oder die Methode der späteren Stadien des Yoga, die in wenig bekannte oder betretene Regionen führen, habe ich nichts veröffentlicht und beabsichtige gegenwärtig auch nicht, dies zu tun.
Ich weiß sehr wohl, dass es scheinbar ähnliche Ideale und Erwartungen gab – die Vervollkommnung der Menschheit, gewisse tantrische Sadhanas, die Bemühung um vollkommene physische siddhi bestimmter Yoga-Schulen usw. Ich habe diese Dinge erwähnt und dabei die Ansicht vertreten, dass die spirituelle Vergangenheit der Menschheit eine Vorbereitung der Natur nicht nur zur Erlangung des Göttlichen jenseits der Welt gewesen ist, sondern ebenfalls auf diesen nach vorwärts gerichteten Schritt, den die Evolution des Erdbewusstseins noch zu machen hat. Es interessiert mich aus diesem Grund nicht im geringsten – obwohl diese Ideale bis zu einem gewissen Grad den meinen gleichen, wenn sie auch nicht mit ihnen identisch sind –, ob dieser Yoga, sein Ziel und seine Methode als etwas Neues angesehen werden oder nicht; das ist als solches unbedeutend. Das einzig Wichtige ist, dass er in sich als wahr von denjenigen erkannt wird, die ihn annehmen oder ausüben oder selber durch ihre Verwirklichung wahr machen; es spielt keine Rolle, ob er als neu bezeichnet wird oder als Wiederbelebung und Wiederholung des alten, das vergessen war. Ich habe ihn in einem Brief an einige Sadhaks als neu bezeichnet, um ihnen zu erklären, dass eine Wiederholung des Ziels und der Idee alter Yogasysteme in meinen Augen nicht genüge, weshalb ich etwas zu Erreichendes aufgezeigt habe, das bislang noch nicht erreicht und noch nicht klar erkannt wurde, obwohl es das Natürliche, wenn auch noch verborgene Ziel des ganzen vergangenen Strebens gewesen ist.
Mein Yoga ist, verglichen mit alten Yogasystemen, insofern neu:
1) Weil er nicht auf eine Abkehr von der Welt und dem Leben um des Himmels und nirvana willen zielt, sondern auf eine Wandlung des Lebens und Daseins, und dies nicht als etwas untergeordnetes oder Zufälliges, sondern als deutliches und im Mittelpunkt stehendes Ziel. Wenn es ein Herabkommen in anderen Yogasystemen gibt, so ist dies lediglich ein Zufall auf dem Weg oder etwas, das sich aus dem Aufsteigen [des Bewusstseins] ergibt – das Aufsteigen jedoch ist [dort] das Ziel. Hier ist das Aufsteigen der erste Schritt, es ist ein Hilfsmittel für das Herabkommen. Stempel und Siegel dieser Sadhana ist das Herabkommen des neuen Bewusstseins, das durch das Aufsteigen erreicht wird. Selbst Tantrismus und Vishnuismus enden in der Befreiung vom Leben; hier ist das Ziel die göttliche Erfüllung des Lebens.
2) Weil das Ziel, nach dem gesucht wird, nicht eine individuelle Verwirklichung des Göttlichen zum Heile des einzelnen ist, sondern etwas, das für das Erdbewusstsein hier gewonnen werden muss, eine kosmische, nicht allein eine überkosmische Verwirklichung. Das zu Gewinnende ist das Einbringen einer neuen Bewusstseins-Macht (der des Supramentals), die bislang noch nicht in der Erdnatur geformt und direkt tätig wurde, nicht einmal im spirituellen Leben, die also noch geformt und unmittelbar wirksam gemacht werden muss.
3) Weil eine Methode zur Erreichung dieses Ziels erarbeitet wurde, die so total und umfassend ist, wie dieses Ziel selbst, nämlich die gänzliche und integrale Wandlung des Bewusstseins und der [menschlichen] Natur; sie greift zwar alte Methoden auf, doch nur als Teilaspekt und augenblickliche Unterstützung anderer [Methoden], die sich von diesen unterscheiden. Ich habe in alten Yogasystemen diese Methode (in ihrer Ganzheit) oder etwas Ähnliches weder verkündet noch verwirklicht gesehen. Wäre dem nicht so, hätte ich meine Zeit nicht damit vergeudet, in dreißigjähriger Suche und innerer Schöpfung einen Pfad auszuhauen, wenn ich statt dessen sicher zu meinem Ziel hätte heimeilen können, leichten Galopps, auf Wegen, die bereits gebahnt wurden, ausgetreten, kartographiert, asphaltiert, gesichert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Unser Yoga ist kein alter Pfad, sondern ein spirituelles Abenteuer.
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Ich meinte damit das Herabkommen des supramentalen Bewusstseins auf die Erde; alle Wahrheiten unterhalb des Supramentals (selbst jene der höchsten spirituellen auf der mentalen Ebene, welche die höchste ist, die sich bislang manifestierte) sind teilweise oder relative Wahrheiten oder auf andere Weise ungenügend und nicht fähig, das Erdenleben umzuwandeln; sie können es bestenfalls modifizieren oder beeinflussen. Das Supramental ist das weite Wahrheits-Bewusstsein, von dem die alten Seher sprachen; zuweilen gelang es, einen Schimmer von ihm zu erhaschen, sei es als indirekte Einwirkung oder als Druck, doch wurde es nicht in das Erdbewusstsein herabgebracht und dort gefestigt. Es daher herabzubringen, ist das Ziel unseres Yoga.
Es ist besser, keine unfruchtbaren intellektuellen Diskussionen zu beginnen. Das intellektuelle Mental kann sich nicht einmal vorstellen, was das Supramental ist; warum also sollte man es über etwas diskutieren lassen, das es nicht kennt? Nicht durch Argumentation, sondern durch ununterbrochene Erfahrung, durch Wachsen des Bewusstseins, durch Weiten in das Licht vermag man jene höheren Bewusstseinsebenen über dem Verstand zu erreichen, von denen man dann zur Göttlichen Gnosis aufblicken kann. Diese Ebenen sind noch nicht das Supramental, doch können sie etwas von seinem Wissen empfangen.
Die vedischen rsis erlangten das Supramental niemals für die Erde oder versuchten es vielleicht gar nicht einmal. Sie versuchten, einzeln die supramentale Ebene zu erreichen, doch sie brachten diese nicht herab, um sie zu einem dauernden Bestandteil des Erdbewusstseins zu machen. Es gibt sogar Verse in den Upanishaden, in denen angedeutet ist, dass es unmöglich sei, die Pforten der Sonne (Symbol des Supramentals) zu durchschreiten und dennoch den Erdkörper zu bewahren. Dieses Misslingen war der Grund, weshalb das spirituelle Streben Indiens im Mayavada gipfelte. Unser Yoga besteht aus einer doppelten Bewegung, dem Aufsteigen und dem Herabkommen; man erhebt sich zu immer höheren Ebenen des Bewusstseins, doch zur gleichen Zeit bringt man ihre Macht nicht nur in Mental und Leben herab, sondern schließlich sogar in den Körper. Die höchste dieser Ebenen, diejenige, die unser Ziel ist, ist das Supramental. Erst wenn diese herabgebracht werden kann, ist eine göttliche Umwandlung im Erdbewusstsein möglich.
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Ich weiß nicht, ob einige von ihnen [den vedischen rsis] die supramentale Ebene erreichten, doch war der Aufstieg dorthin ihr Ziel. Svar bedeutet offensichtlich die erleuchteten Bereiche des Mentals zwischen dem Supramental und dem menschlichen Verstand, die von den Strahlen der Sonne gebildet werden. Wie es in den Upanishaden heißt, kehren jene, die in die Strahlen der Sonne aufsteigen, zurück, doch jene, die in die Sonne selbst aufsteigen, kehren nicht zurück. Man sah also einen Aufstieg zum Supramental als möglich an, doch sein Herabkommen und seine Formung auf Erden wurden nicht erwogen. Die Wiedergeburt jener rsis soll nicht unsere Sorge sein; ich vermute, sie werden wiederkommen, wenn sie gebraucht werden.
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Es ist durchaus möglich, dass sich der sloka auf ein Aufsteigen in höhere Welten der Glückseligkeit und des Lichtes bezieht, und dies kann man eine Befreiung oder Erlösung nennen. In späterer Zeit setzte sich die Vorstellung durch, dass die Rückkehr aus all diesen höheren Welten unvermeidlich sei und nur die Erlösung vom kosmischen Dasein zur mukti führe. Die vedischen rsis scheinen einen Aufstieg in eine lichthafte Welt oder einen Zustand jenseits von Falschheit und Unwissenheit als möglich erkannt zu haben. In den Upanishaden ist die Sonne das Symbol der supramentalen Wahrheit, und man sagt, dass jene, die in sie eingehen, zurückkehren können, doch jene, die durch die Pforten der Sonne selbst schreiten, nicht zurückkehren; möglicherweise bedeutet dies, dass ein Aufsteigen in das Supramental, das über dem goldenen Lid des Obermentals liegt, die endgültige Befreiung ist. Der Veda spricht von der Wahrheit, die von einer Wahrheit verhüllt wird, dort wo die Sonne die Pferde von ihrem Wagen abschirrt und Myriaden von Strahlen in einen zusammenfließen – und dies wurde als das Ziel erkannt. Die Isha-Upanishad spricht ebenfalls vom goldenen Lid, welches das Gesicht der Wahrheit verbirgt und durch dessen Beseitigung das Gesetz der Wahrheit erkannt wird; das höchste Wissen, in welchem man den einen Purusha (so‘hamasmi) erkennt, wird als die „kalyanatama“ – Form der Sonne beschrieben. All dies scheint sich auf die supramentalen Bereiche zu beziehen, deren Symbol die Sonne ist.
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Die vedischen rsis waren Mystiker des althergebrachten Typs, die überall, in Indien, Griechenland, Ägypten und anderswo die geheimen Wahrheiten und Methoden, die sie kannten, als etwas sehr Heiliges und Geheimes bewahrten, als etwas dem Unberufenen nicht zu Offenbarendes, der es missverstehen, falsch anwenden und missbrauchen und dadurch das Wissen mindern würde. Ihre Schriften waren aus diesem Grunde so verhüllt, dass sie in ihrer geheimen Bedeutung allein dem Eingeweihten verständlich waren, ninya vacamsi niyacanani (Rig Veda IV.3.16) – verschlüsselte Worte, deren Bedeutung nur der Seher erkennt. Sie hatten eine sichtbare, äußerliche und religiöse Bedeutung für das Volk, für die Eingeweihten dagegen waren sie esoterisch, okkult und spirituell. Es war Absicht, dass die Menschen die eigentliche Wahrheit nicht erkennen sollten, sondern nur die äußeren Wahrheiten, für die sie reif waren.
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Der grundlegende Unterschied liegt in der Lehre, dass es eine dynamische göttliche Wahrheit gibt (das Supramental), die in die gegenwärtige Welt der Unwissenheit herabkommen, ein neues Wahrheits-Bewusstsein schaffen und das Leben vergöttlichen kann. Die alten Yogasysteme erreichten das absolute Göttliche direkt vom Mental und betrachteten das ganze dynamische Sein als Unwissenheit, als Illusion oder lila; wenn du in die statische und unveränderliche Göttliche Wahrheit eintrittst, so sagen sie, verlässt du das kosmische Dasein.
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Dieser Yoga hat eine bewusste Einung mit dem Göttlichen im Supramental und die Umwandlung der menschlichen Natur zum Ziel. Die gewöhnlichen Yogasysteme erreichen direkt vom Mental aus einen eigenschaftslosen Zustand kosmischer Stille und versuchen, sich nach oben im Höchsten zu verlieren. Das Ziel dieses Yoga ist, das Mental zu übersteigen und in die sowohl statische als auch dynamische Göttliche Wahrheit des Sachchidananda einzutreten und schließlich das ganze Wesen zu jener Wahrheit zu erheben.
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Göttliche Einung, ja – doch für die Schulen der Asketen war es die Einung mit dem eigenschaftslosen Brahman, dem Unerkennbaren jenseits des Daseins, oder, falls es die Einung mit dem Ishvara war, dann mit dem Ishvara in einem überkosmischen Bewusstseins. Aus dieser Sicht gesehen besteht Patanjalis Aphorismus zu Recht (yogascittavrittinirodhah11). Wenn er Yoga sagt, meint er das Ziel, das im Verlauf des Yoga-Vorgangs im Auge behalten werden muss – denn durch die Beendigung der cittavrtti erreicht man den samadhi-Zustand, und samadhi ist die einzige Möglichkeit der alleinigen und vollständigen Einung mit dem Brahman jenseits des Daseins.
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In früheren Yogasystemen war die Erfahrung, die gesucht wurde, die des Spirits, der immer frei und eins mit dem Göttlichen ist. Die menschliche Natur hatte sich nur genügend zu wandeln, damit sie für jenes Wissen und jene Erfahrung kein Hindernis darstellte. Die vollkommene Veränderung bis hinunter ins Physische wurde nur von wenigen gesucht und dann hauptsächlich als siddhi, nicht als Manifestation einer neuen Natur im Erdbewusstsein.
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Es gibt viele Ebenen über dem menschlichen Mental – das Supramental ist nicht die einzige –, und auf allen kann das Selbst verwirklicht werden, denn alle sind spirituelle Ebenen.
Mental, Vital und das Physische sind im Oberflächenbewusstsein unentwirrbar miteinander verflochten – das innere Mental, das innere Vital, das innere Physische hingegen sind voneinander getrennt. Diejenigen, die das Selbst mit Hilfe der alten Yogasysteme suchen, lösen sich vom Mental, Leben und Körper ab und verwirklichen das Selbst als etwas von diesen Dingen Verschiedenes. Es ist durchaus möglich, das Mental, das Vital und das Physische ohne Hilfe des Supramentals voneinander zu trennen. Dies geschieht durch die üblichen Yogasysteme. Der Unterschied zwischen unserem Yoga und den alten Yogasystemen besteht nicht darin, dass jene unzulänglich oder unfähig wären diese Dinge durchzuführen – sie sind hierzu durchaus in der Lage –, sondern dass sie von der Verwirklichung des Selbstes zum nirvana fortschreiten oder zu irgendeinem Himmel und sich vom Leben abwenden, während dieser Yoga sich vom Leben nicht abwendet. Das Supramental ist für die Umwandlung des Lebens und Seins der Erde erforderlich, aber nicht um nur das Selbst zu erreichen. Zuerst hat man das Selbst zu verwirklichen, dann kann man das Supramental verwirklichen.
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Man kann die Erfahrung jeder Sadhana als einen Teil unserer Sadhana haben.
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Die Verwirklichung des Spirits findet lange vor der Entfaltung des Obermentals oder Supramentals statt; zu allen Zeiten erreichten Hunderte von Sadhaks die Verwirklichung des Atman auf den höheren mentalen Ebenen, buddheh paratah, doch nicht die supramentale Verwirklichung. Man kann eine teilweise Verwirklichung des Selbstes oder Spirits oder des Göttlichen auf jeder Ebene erlangen, sowohl der mentalen, vitalen als sogar auch der physischen; aber sobald man sich über die gewöhnliche mentale Ebene des Menschen in ein höheres und weiteres Mental erhebt, beginnt das Selbst sich in seiner ganzen bewussten Weite zu zeigen.
Ist man einmal voll in diese Weite des Selbstes eingetreten, wird die Beendigung der mentalen Aktivität möglich; man erlangt die innere Stille. Diese innere Stille kann dann anhalten selbst bei jeder Art von Tätigkeit; das Wesen bleibt innerlich still, die Tätigkeit nimmt ihren Fortgang in den Instrumenten, und alle erforderliche Anweisung und Durchführung einer Tat, sei es mental, vital oder physisch, empfängt man von einem höheren Ursprung, ohne dass der grundlegende Frieden und die Stille des Spirits gestört werden.
Die obermentalen und supramentalen Stadien sind etwas noch Höheres als dies; doch bevor man sie verstehen kann, muss man erst zur Selbst-Verwirklichung gelangen, zur vollen Tätigkeit des spiritualisierten Mentals und Herzens, zum seelischen Erwachen, zur Befreiung des gefesselten Bewusstseins, zur Läuterung und völligen Öffnung des adhara. Denke jetzt nicht an derartige höchste Dinge (Obermental, Supramental), sondern erreiche erst diese Grundlagen einer befreiten Natur!
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Spiritualisierung bedeutet die Herabkunft des höheren Friedens, der Kraft, des Lichtes, des Wissens, der Reinheit, des Ananda usw., die auf jeder der höheren Ebenen, vom Höheren Mental bis zum Obermental, zu finden sind, denn auf jeder von ihnen kann das Selbst verwirklicht werden. Dies führt zu einer subjektiven Umwandlung; die instrumentale Natur wird nur insoweit umgewandelt, dass sie zu einem Instrument des Kosmisch-Göttlichen wird, damit eine Arbeit geschieht; doch das Selbst zuinnerst bleibt ruhig und frei und mit dem Göttlichen geeint. Doch dies ist eine unvollkommene, individuelle Umwandlung – die volle Umwandlung der instrumentalen Natur kann erst mit der supramentalen Wandlung stattfinden. Bis dahin bleibt die menschliche Natur mit vielen Unvollkommenheiten behaftet, doch das Selbst auf den höheren Ebenen nimmt sie nicht wahr, da es in sich frei und unberührt ist. Auch das innere Wesen bis hinunter zum inneren Physischen kann frei und unbeeinflussbar werden. Das Obermental ist noch an Begrenzungen in der Ausübung eines wirksamen Wissens gebunden, an Begrenzungen im Wirken der Macht und abhängig von einer teilweisen und begrenzten Wahrheit usw. Erst im Supramental tritt das volle Wahrheits-Bewusstsein in Erscheinung.
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Im wahren Bewusstsein zu leben heißt, in einem Bewusstsein zu leben, in dem man sich auf die eine oder andere Weise spirituell im Einssein mit dem Göttlichen befindet. Doch so zu leben heißt nicht, dass man damit die vollständige, genaue und untrügliche Wahrheit allen Tuns, aller Dinge und aller Personen besitzt.
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Das Göttliche kann auf jeder Ebene entsprechend ihren Möglichkeiten verwirklicht werden, denn das Göttliche ist überall. Yogis und Heilige verwirklichen das Göttliche auf der spiritualisierten Mental-Ebene; das bedeutet aber nicht, dass sie supramental werden.
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Reicht die Tatsache, dass er ein bedeutender Mann ist, dazu aus, dass alles, was er denkt und sagt, richtig ist? Oder bist du der Meinung, da er im Licht lebt, müsse dieses Licht absolut und vollständig sein? Das „Wahrheits-Bewusstseins“ ist ein Ausdruck, den ich für das Supramental benütze. X hat das Supramental nicht erreicht. Er mag ein wahres Bewusstsein haben oder hat es sogar – doch das ist etwas anderes.
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Vielleicht bist du der gleichen Meinung wie X: „Das Göttliche ist hier; warum sollte es von irgendwoher herabkommen?“ Das Göttliche mag hier sein, doch hat es sein Licht hier mit der Finsternis der Unwissenheit und seinen Ananda mit Leiden verhüllt, und ich möchte meinen, dass dies einen großen Unterschied für die [Erd-] Ebene ausmacht, und selbst wenn man in jenes versiegelte Licht einzutreten vermag, ist es zwar von großer Bedeutung für das Bewusstsein, jedoch nicht für die Energie, die auf dieser [Erd-] Ebene wirkt und die einen dunklen und vermischen Charakter behält.
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Die Göttliche Kraft kann auf jeder Ebene wirken, sie ist nicht an die supramentale Kraft gebunden. Das Supramental ist nur ein Aspekt der Macht des Göttlichen.
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Der Sadhak des integralen Yoga, der bei der Verwirklichung des Unpersönlichen halt macht, ist nicht länger ein Sadhak des integralen Yoga. Die Verwirklichung des Unpersönlichen ist die Verwirklichung des schweigenden Selbstes, des reinen Daseins, Bewusstseins und der Seligkeit ohne Wahrnehmung eines Daseienden, Bewussten, Seligen. Aus diesem Grund führt sie zu nirvana der integralen Erkenntnis ist die Verwirklichung des Selbstes und des unpersönlichen Sachchidananda nur ein Schritt, obwohl ein sehr wichtiger Schritt – oder sie ist ein Teil der integralen Erkenntnis. Sie ist der Beginn, doch nicht das Ende der höchsten Verwirklichung.
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Diese Gefühle kennzeichnen die übliche Haltung des sich selbst überlassenen physischen Bewusstseins gegenüber dem Göttlichen – vollkommener Agnostizismus und keiner Erfahrung fähig.
Die Erkenntnis des unpersönlichen Göttlichen als solches berührt nicht die stofflichen Dinge der Erde oder braucht sie zumindest nicht zu berühren. Sie bringt lediglich eine subjektive Wandlung im Wesen selbst zustande und, wenn sie vollständig ist, auch eine neue Sicht und Einstellung gegenüber allen Dingen, unstofflich oder stofflich. Die vollkommene Erkenntnis des Göttlichen jedoch kann eine Veränderung in den stofflichen Dingen bewirken, denn sie setzt eine Kraft in Tätigkeit, die am Ende auf diese stofflichen Dinge einwirkt, die dem physischen Bewusstsein als so absolut, unüberwindlich und unwandelbar erscheinen.
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Warum sollte man es [das Kosmische und Transzendente Göttliche] nicht lieben oder erfahren können? Viele haben es getan. Und warum nimmst du an, Es sei reglos, schweigend und fern? Das Kosmische Göttliche kann einem so nahe sein wie das eigene Selbst und das Transzendente so vertraut wie der nächste Freund oder Liebende. Nur für das physische Bewusstsein besteht einige Schwierigkeit, dies zu erkennen.
Die Jain-Verwirklichung einer individuellen Gottheit ist, so weit sie reicht, in Ordnung – ihr Mangel ist, dass sie zu individuell und isoliert ist.
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Ich habe niemals gehört, dass in anderen Yogasystemen die Stille herabkommt – das Mental tritt vielmehr in die Stille ein. Seit ich jedoch über ein Aufsteigen und ein Herabkommen schrieb, wurde mir immer wieder mitgeteilt, dass es in meinem Yoga nichts Neues gäbe. Ich frage mich daher, ob die Menschen dieses Aufsteigen und Herabkommen erlebten, ohne es zu erkennen oder zumindest ohne den Vorgang zu bemerken. Genauso war es mit dem Aufsteigen des Bewusstseins über den Kopf und seiner Verankerung dort, das ich und andere in diesem Yoga erfuhren. Als ich zuerst davon sprach, wunderten sich die Menschen und dachten, es sei Unsinn. Die Weite muss auch in den alten Yogasystemen gefühlt worden sein, sonst hätte man das Universum nicht in sich wahrnehmen oder sich vom Körperbewusstsein lösen oder sich mit dem Unendlichen Brahman – Anantam Brahman – einen können. Allgemein aber spricht man wie im tantrischen Yoga von dem Bewusstsein, das zum brahmarandhra aufsteigt, zum höchsten Punkt des Kopfes. Der Rajayoga hingegen betont den samadhi-Zustand als Mittel der höchsten Erfahrung. Doch ganz offensichtlich hat, solange man nicht brahmasthiti – den Brahmazustand – im Wachen erreicht hat, keine vollständige Verwirklichung stattgefunden. Die Gita spricht deutlich von samhita (welches dem samadhi-Zustand entspricht) und bramisthiti als einem Wachzustand, in dem man lebt und alle Tätigkeit tut.
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Ich erkläre mir die fehlende Erfahrung des Herabkommens damit, dass die alten Yogasysteme hauptsächlich auf die seelisch-spirituell-okkulte Erfahrungsebene begrenzt waren – auf welcher die höheren Erfahrungen in das stille Mental oder das gesammelte Herz durch eine Art Filtrierung oder Widerspiegelung gelangten – der Bereich dieser Erfahrung erstreckt sich vom brahmarandhra abwärts. Die Menschen haben sich nur im samadhi-Zustand darüber erhoben oder in einem Zustand statischer mukti, wobei jede dynamische Herabkunft fehlte. Alles Dynamische fand im Bereich des spiritualisierten Mentals und des vital-physischen Bewusstseins statt. In diesem Yoga erhebt sich das Bewusstsein (nachdem der untere Bereich durch eine gewisse seelisch-spirituell-okkulte Erfahrung vorbereitet wurde) über den brahmarandhra zu den Bereichen darüber, die dem eigentlichen spirituellen Bewusstsein angehören, und anstatt nur von dort zu empfangen, muss es dort leben und von dort das untere Bewusstsein insgesamt verändern. Denn dort gibt es eine Dynamik des spirituellen Bewusstseins, dessen Natur Licht ist, Macht, Ananda, Frieden, Wissen, unendliche Weite; und all das muss erlangt werden und in das ganze Wesen herabkommen; andernfalls kann man wohl mukti erreichen, doch nicht Vervollkommnung oder Umwandlung (eine entsprechende seelisch-spirituelle Wandlung ausgenommen). Wenn ich dies nun ausspreche, wird sich ein großes Geschrei erheben gegen die unverzeihliche Anmaßung, ein Wissen zu beanspruchen, das die alten Weisen und Heiligen nicht besessen haben sollen, und vorzugeben, sie zu übertreffen. In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass in den Upanishaden (besonders der Taittiriya) Andeutungen dieser höheren Ebenen und ihrer Natur zu finden sind sowie der Möglichkeit, das gesamte Bewusstsein in ihnen zu sammeln und in sie aufzusteigen. Doch dies wurde später vergessen, und man sprach nur noch von der buddhi als dem Höchsten mit dem Purusha oder Selbst unmittelbar darüber, aber eine klare Vorstellung von diesen höheren Ebenen gab es nicht. Ergo, ein Aufstieg zu unbekannten und unbeschreiblichen himmlischen Regionen im samadhi-Zustand ist möglich, doch kein Herabkommen – daher von dort auch keine Hilfe und keine Möglichkeit der Umwandlung auf Erden; nur Flucht aus dem Leben und mukti in Goloka, Brahmaloka, Sivaloka oder im Absoluten.
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Es ist durchaus möglich, dass Menschen das Herabkommen empfangen können ohne zu bemerken, dass es ein Herabkommen ist, da sie nur das Resultat wahrnehmen. Der übliche Yoga geht über das spirituelle Mental nicht hinaus – man fühlt am höchsten Punkt des Kopfes die Einung mit dem Brahman, doch ein Bewusstsein über dem Kopf nimmt man nicht wahr. In gleicher Weise fühlt man im üblichen Yoga das Aufsteigen des erwachten niederen Bewusstseins (Kundalini) zum brahmarandhra, wo die Prakriti sich mit dem Brahman-Bewusstsein verbindet, doch fühlt man kein Herabkommen. Manche mögen diese Dinge erlebt haben, doch weiß ich nicht, ob sie deren Natur, Prinzip oder Stellung in einer vollständigen Sadhana erkannten. Zumindest habe ich nie über diese Dinge von anderen gehört, bevor ich sie in meiner eigenen Erfahrung entdeckte. Der Grund hierfür ist, dass die alten Yogis, sobald sie sich über das spirituelle Mental erhoben, in den samadhi-Zustand eintraten, was bedeutet, dass sie keinen Versuch machten, auf diesen höheren Ebenen bewusst zu sein; ihr Ziel war, in das Überbewusste einzutreten und nicht das Überbewusste in das Wachbewusstsein herabzubringen, welches das Ziel meines Yoga ist.
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Im Veda gibt es nicht die Vorstellung oder Erfahrung einer persönlichen Emanation oder Inkarnation eines der vedischen Götter. Wenn die rsis von Indra oder Agni oder Soma im Menschen sprechen, dann meinten sie Gott in seiner kosmischen Gegenwart, Macht oder Funktion. Das geht deutlich aus dem Gesagten selbst hervor, nämlich wenn sie von Agni als dem Unsterblichen in den Sterblichen sprechen, vom unsterblichen Licht im Menschen, vom inneren Krieger, vom Gast im menschlichen Wesen. Ebenso ist es mit Indra oder Soma. Das Erschaffen der Götter im Menschen bedeutet ein Hervorbringen göttlicher Mächte in der menschlichen Natur, zum Beispiel Indra, die Macht des Lichts, Soma, die Macht des Ananda.
Kein Zweifel, die rsis fühlten die unmittelbare Gegenwart der Götter über sich, ganz nahe, um oder in sich, doch war dies eine allgemeine Erfahrung aller, nicht etwas Besonderes und Persönliches, nicht eine Emanation oder Inkarnation. Man kann die Gegenwart des Göttlichen, eine göttliche Macht über dem Kopf oder im Herzen sehen oder fühlen, oder man kann die Gegenwart in einem oder allen Zentren fühlen, die lebendige Form dort sehen; man kann davon in seinem ganzen Tun, in seinen Gedanken und Gefühlen gelenkt werden; man kann seine gesonderte Personalität in ihr verlieren, kann sich mit ihr identifizieren oder mit ihr verschmelzen. Doch all dies macht keine Inkarnation oder Emanation des Göttlichen oder der Macht aus. Solche Dinge sind universale Erfahrungen, die jeder Yogi erreichen kann; einen solchen Zustand im Hinblick auf das Göttliche zu erlangen ist sogar ein allgemeines Ziel des Yoga.
Eine Inkarnation ist etwas mehr, etwas Spezielles und Individuelles für ein individuelles Wesen. Es ist die Ersetzung der menschlichen Person durch die Person eines göttlichen Wesens und sein Eindringen in alle Regungen, wodurch diese und die gesamte menschliche Natur eine dynamisch-persönliche Wandlung erfahren; und zwar nicht nur eine Wandlung des Bewusstseins-Charakters oder eine allgemeine Überantwortung, sondern eine subtile, innere, persönliche Wandlung. Doch sogar bei einer Inkarnation von Geburt an müssen die menschlichen Elemente mit einbezogen werden, bei einem Herabkommen jedoch findet eine totale, bewusste Ersetzung statt.
Dies ist ein langer, subtiler und anhaltender Vorgang. Die sich inkarnierende Person wirft ihre Schatten zunächst als Einfluss, dann tritt sie in die Zentren, eines nach dem anderen ein, manchmal in der gleichen Form, manchmal in verschiedenen Formen, und erfasst dann die gesamte Natur und ihre Tätigkeiten. Was du beschreibst, stimmt mit diesem Vorgang nicht überein; es scheint sich um ein Bemühen zu handeln, die Götter im vedischen Sinn und auf die vedische Weise in dir zu formen. Das kann, wenn es Erfolg hat, ihre Macht und eine Empfindung ihrer Gegenwart mit sich bringen, doch kann es keine Inkarnation herbeiführen. Eine Inkarnation ist vorherbestimmt, für dich erwählt; die menschliche Person kann eine Inkarnation weder wählen noch durch ihren persönlichen Willen für sich erschaffen. Dies zu versuchen hieße, eine spirituelle Katastrophe herbeizuführen.
Eines muss gesagt werden – eine Inkarnation ist nicht das Ziel dieses Yoga; sie ist lediglich eine Gegebenheit oder ein Mittel zum Zweck Das eine und einzige Ziel, das wir vor uns haben, ist, das supramentale Bewusstsein und die supramentale Wahrheit in die Welt herabzubringen; die Wahrheit und nichts als die Wahrheit ist unser Ziel, und wenn wir die Wahrheit nicht verkörpern können, zählen hundert Inkarnationen nicht. Doch das wahre Supramental herabzubringen und allem mentalen Wirrwarr zu entkommen, ist nicht einfach. Das reine Herabkommen der Sonnen in die Zentren, selbst aller sieben Sonnen in alle sieben Zentren ist nur ein Anfang; es ist nicht die vollbrachte und beendete Sache selbst. Man mag das Herabkommen der Sonnen fühlen, man mag eine Inkarnation versuchen oder beginnen und doch am Ende scheitern, wenn sich ein Makel in der Natur findet oder man im Bestehen von Prüfungen und in der Erfüllung all der harten Bedingungen für einen vollkommenen spirituellen Erfolg versagt. Nicht nur die ganze mentale, vitale und physische Natur des unwissenden menschlichen Wesens muss überwunden und gewandelt werden, sondern auch die drei Bereiche des mentalen Bewusstseins, die zwischen dem menschlichen und supramentalen Bewusstsein liegen und die, wie das gesamte Mental, große und entscheidende Fehler zulassen können. Bis dahin mag der supramentale Einfluss herabkommen, das Licht, die Macht, der Ananda, doch die supramentale Wahrheit kann nicht in Besitz genommen und geordnet und in die gesamte menschliche Natur gebracht werden. Zuvor aber ist nicht einmal daran zu denken, das Supramental zu besitzen, denn das wäre eine Täuschung und würde die Erfüllung verhindern.
Und noch eines: je intensiver die Erfahrungen sind, je höher die Kräfte, die herabkommen, umso größer werden die Möglichkeiten des Abweichens und Irrens. Denn gerade die Intensität und Höhe der Kräfte erregen und vergrößern die Bewegungen der niederen Natur und lassen alle widersetzlichen Elemente sich in ihrer vollen Stärke erheben, häufig in der Verkleidung der Wahrheit und die Maske einer einleuchtenden Rechtfertigung tragend. Große Geduld wird benötigt, Besonnenheit, Ernsthaftigkeit, Gleichgewicht, ein unpersönliches Losgelöstsein und eine Wahrhaftigkeit, die frei von jedem Makel durch das Ego oder persönliches, menschliches Begehren ist. Es darf kein Verhaftetsein mit einer eigenen Idee geben, mit einer Erfahrung, mit irgendeiner Einbildung, mit einem mentalen Gerüst oder einem vitalen Begehren; der Lichtstrahl der Unterscheidung muss immer spielen, um diese Dinge aufzudecken, wie richtig und einleuchtend sie auch erscheinen mögen. Andernfalls wird sich die Wahrheit in ihrer Reinheit in der menschlichen Natur nicht festigen können.
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Die beschriebenen Methoden sind die gut fundierten Methoden des Jnana-Yoga. 1. Eingleisige Konzentration, der die Loslösung vom Denken folgt, 2. die Methode, das wahre Selbst zu unterscheiden oder zu entdecken, indem man es vom Mental, Leben und Körper trennt und zu dem reinen „Ich“ dahinter gelangt; dieses [Selbst] kann auch in das unpersönliche Selbst eingehen. Das normale Ergebnis ist ein Eintauchen im Atman oder Brahman – womit vermutlich das Überselbst gemeint ist, denn Brahman ist das tatsächliche Überselbst. Dieser Brahman oder Atman ist überall, alles ist in ihm, er ist in allem, doch nicht als individuelles Wesen, sondern in allen gleich – so wie der Äther in allem ist. Wenn das Eintauchen im Überselbst vollendet ist, gibt es kein Ego mehr, kein erkennbares Ich, keine geformte, gesonderte Person oder Personalität. Alles ist unteilbares und nicht unterscheidbares Einssein, entweder ohne jede Gestaltung oder alle Gestaltung in sich bergend, ohne von ihr berührt zu sein. Man kann es auf beide Arten verwirklichen. Es gibt eine Verwirklichung, in der das eine Selbst alle Dinge enthält, und dieses Selbst ist unveränderlich in allen Wesen; es gibt eine andere, vollständigere und durchgreifendere Verwirklichung, in der nicht nur dies enthalten ist, sondern in der alles als das Selbst, das Brahman, das Göttliche dynamisch erkannt wird. In der ersteren kann man alle Wesen als Gebilde der Maya von sich weisen, was dann einzig das eine Selbst als wahr zurücklässt – in der anderen Verwirklichung ist es einfacher, sie [alle Wesen] als wirkliche Manifestationen des Selbstes zu betrachten, nicht als Illusionen. Doch man kann auch alle Wesen als Seelen ansehen, als unabhängige Wirklichkeiten einer ewigen Natur, die auf dem einen Göttlichen beruht. Dies sind die charakteristischen Verwirklichungen des Überselbstes im Vedanta. Andererseits aber sagst du, dass dieses Überselbst als im Herz-Zentrum befindlich verwirklicht wird, und es wird als etwas Verborgenes beschrieben, das, sobald es sich manifestiert, als der wahre Denker erscheint, die Quelle allen Tuns, jedoch Gedanken und Tat in der Wahrheit lenkend. Nun, die erste Beschreibung trifft auf den Purusha im Herzen zu, der von der Gita als der im Herzen wohnende Ishvara beschrieben wird und von den Upanishaden als der Purusha Antaratman; die zweite Beschreibung könnte man für den mentalen Purusha, manomayah prana sarira neta der Upanishaden anwenden, das mentale Wesen oder der mentale Purusha, der Leben und Körper leitet. Deine Frage stimmt also mit den gegebenen Tatsachen und Erfahrungen überein, doch ist alles durcheinander geworfen, ohne genügende Unterscheidung oder Abstufung, ohne notwendige Differenzierung zwischen den verschiedenen Aspekten des einen Wesens. Es gibt tausend Wege, sich dem Göttlichen zu nähern und es zu verwirklichen, und jeder Weg hat seine Erfahrungen mit eigenen Wahrheiten, die im wesentlichen eine Grundlage haben, in ihren Aspekten aber vielfältig sind, das heißt allen gemeinsam, doch nicht von allen auf die gleiche Weise ausgedrückt. Es hat nicht viel Sinn, diese Unterschiede zu diskutieren; wichtig ist, seinem eigenen Weg richtig und ernsthaft zu folgen. In diesem Yoga kann man das seelische Wesen als Teil des Göttlichen im Herzen verwirklichen – dieses seelische Wesen nimmt sich der Sadhana an und wendet die gesamte Natur dem Göttlichen und der Wahrheit zu, was Folgen im mentalen, vitalen und physischen Bewusstsein zeitigt, auf die ich hier nicht einzugehen brauche – das ist die erste Umwandlung. Als nächstes erkennen wir das eine Selbst, Brahman, das Göttliche, nicht mehr allein im Herzen, sondern über dem Körper, dem Leben und dem Mental; es stützt sie und ist einerseits als statisches Selbst frei und ungebunden über ihnen und in allem, andererseits dynamisch als das aktive Göttliche Wesen, die Göttliche Macht, Ishvara-Shakti, die sowohl die Welt in sich enthält und durchdringt als auch übersteigt und alle kosmischen Aspekte manifestiert. Doch was das Wichtigste für uns ist, sie manifestiert sich als Licht, Wissen, Macht, Reinheit, Frieden, als Ananda der Transzendenz, deren wir uns bewusst werden und die in das Wesen herabkommen und in zunehmendem Maße das gewöhnliche Bewusstsein durch ihre eigenen Bewegungen ersetzen – das ist die zweite Umwandlung. Wir verwirklichen also das Bewusstsein als nach oben steigend durch viele Ebenen, der physischen, vitalen, mentalen, obermentalen bis zur supramentalen und Ananda-Ebene. Das ist nichts Neues; in der Taittiriya-Upanishad werden fünf Purushas aufgezählt, der physische, vitale, mentale, der Wahrheits-Purusha (supramentale) und der Seligkeits-Purusha; es heißt dort, dass man das physische Selbst in das vitale Selbst zu ziehen habe, das vitale in das mentale, das mentale in das Wahrheits-Selbst, das Wahrheits-Selbst in das Seligkeits-Selbst, und so die Vollkommenheit erlangt. Doch in diesem Yoga werden wir uns nicht nur dieses Aufnehmens bewusst, sondern auch eines Herabfließens der Macht des höheren Selbstes, so dass die Möglichkeit eines Herabkommens des supramentalen Selbstes, der supramentalen Natur hinzukommt, damit sie unsere gegenwärtige menschliche Natur beherrschen und ändern und diese Natur der Unwissenheit in die Natur des Wahrheits-Wissens umwandeln kann (und über das Supramental in die Natur des Ananda) – dies ist die dritte oder supramentale Umwandlung. Es geht nicht immer in dieser Reihenfolge, denn für viele beginnt das spirituelle Herabkommen in unvollkommener Weise, bevor die Seele hervortreten und die Leitung übernehmen kann. Die seelische Entwicklung muss zuerst erfolgen, bevor ein vollkommenes und ungestörtes spirituelles Herabkommen,stattfinden kann, und die letzte oder supramentale Wandlung ist unmöglich, solange die beiden ersten nicht vollzogen sind. Das ist die ganze Angelegenheit, so kurz wie möglich dargestellt.
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Was du von mir verlangst, heißt nicht einen Brief, sondern ein ganzes Buch zu schreiben – zumal dies Dinge sind, von denen die Menschen so gut wie nichts wissen und daher nichts verstehen oder alles missverstehen würden. Eines Tages, glaube ich, werde ich etwas darüber schreiben, doch erträgt es das Supramental im Augenblick nicht, dass man von ihm spricht. Ich werde dir etwas über die spirituelle Umwandlung schreiben und den Brief mit diesem Thema beenden.
Ich möchte nicht weiter auf die Frage von M.s Verwirklichung eingehen. Ich sagte bereits, Vergleiche sind ohne Wert; jeder Pfad hat sein eigenes Ziel, seine Richtung und Methode, und die Wahrheit des einen entwertet nicht die Wahrheit des anderen. Das Göttliche (oder wenn du so willst das Selbst) hat viele Aspekte und kann auf vielen Wegen verwirklicht werden – diese Unterschiede hervorzuheben bringt uns nicht weiter und ist nutzlos.
Umwandlung [transformation] ist ein Wort, das von mir stammt (wie Supramental), um gewisse spirituelle Vorstellungen und Tatsachen des integralen Yoga zu formulieren. Die Menschen aber übernehmen und gebrauchen sie in einem Sinn, der nichts mit der Bedeutung zu tun hat, die ich ihnen gab. Die Läuterung der Natur durch den „Einfluss“ des Spirits ist nicht das, was ich mit Umwandlung bezeichne; Läuterung ist nur ein Teil der seelischen oder einer seelisch-spirituellen Wandlung – außerdem hat das Wort viele Bedeutungen, oft mit moralischem oder ethischem Sinn, der nichts mit meinem Ziel zu tun hat. Was ich mit spiritueller Umwandlung meine, ist etwas Dynamisches (nicht nur die Befreiung des Selbstes oder die Verwirklichung des Einen, was sehr wohl ohne jedes Herabkommen erreicht werden kann). Es ist ein Annehmen des spirituellen Bewusstseins, sowohl dynamisch als auch statisch, in jedem Teil des Wesens bis hinunter ins Unterbewusste. Dies kann nicht durch den Einfluss des Selbstes geschehen, welches das Bewusstsein grundsätzlich so belässt wie es ist, wenn auch geläutert und mit einem erleuchteten Mental und Herzen und einem beruhigten Vital. Es bedeutet ein Herabbringen des Göttlichen Bewusstseins, statisch und dynamisch, in all diese Teile und die völlige Ersetzung des gegenwärtigen Bewusstseins durch jenes. Es befindet sich unverhüllt und rein über dem Mental, Leben und Körper. Die unleugbaren Erfahrungen vieler bestätigen, dass dieses herabzukommen vermag, und meine Erfahrung ist, dass nichts Geringeres als die volle Herabkunft jenen Schleier, jenes Gewirr beseitigen und die volle spirituelle Umwandlung bewirken kann. Kein metaphysisches oder logisches Schlussfolgern im Leeren, was der Atman tun muss oder kann, was er soll oder nicht soll, trifft hier zu oder hat irgendwelchen Wert. Ich möchte hinzufügen, dass diese Umwandlung nicht das eigentliche Ziel anderer Pfade ist, so wie in meinem Yoga. Diese anderen Yogasysteme verlangen nur so viel Läuterung und Wandlung, wie für die Befriedung und das jenseitige Leben notwendig sind. Der Einfluss des Atman vermag dies ohne Zweifel – und für eine spirituelle Flucht aus dem Leben ist das volle Herabkommen eines neuen Bewusstseins in die ganze menschliche Natur von oben bis unten zur Umwandlung des Lebens auf Erden ganz und gar nicht nötig.
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Das Herz, von dem in den Upanishaden die Rede ist, stimmt mit dem physischen Herzzentrum überein; es ist das hrdpadma der Tantriker. Als feinstoffliches Zentrum, cakra, hat es vermutlich seinen Scheitelpunkt auf der Wirbelsäule und weitet sich nach vorne aus. Wo der eine oder andere es genau fühlt, ist nicht so wichtig; die Hauptsache ist, es zu fühlen und von ihm gelenkt zu werden. Ich vermag nicht zu sagen, was M. verwirklicht hat – doch was als das Selbst beschrieben wird, ist sicherlich dieser Purusha Antaratma, der hier jedoch eher auf mukti und ein befreites Tun ausgerichtet ist als auf die Umwandlung der Natur. Was die seelische Verwirklichung tatsächlich mit sich bringt, ist eine seelische Wandlung der Natur, die diese läutert und insgesamt dem Göttlichen zuwendet. Danach oder gleichzeitig damit erfolgt die Verwirklichung des kosmischen Selbstes.
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Diese beiden Dinge sind es, die von den alten Yogasystemen mit einbezogen wurden und mit deren Hilfe sie moksha, nirvana oder den Eintritt in eine Art himmlischer Transzendenz erreichten. Der Yoga, der hier ausgeübt wird, umfasst sowohl die Befreiung als auch die Transzendenz, doch betrachtet er die Befreiung und selbst eine Art nirvana, sofern sich dies einstellt, als einen ersten Schritt und nicht als den letzten seiner siddhi. Welchen Durchbruch zur oder auf die Transzendenz hin er auch immer erreicht, es ist ein Aufstieg, begleitet von einem Herabkommen der Macht, des Lichtes, eines erlangten Bewusstseins, und durch solche Herabkünfte kommt die spirituelle und supramentale Umwandlung hier zustande. Dies scheint in M.s Denken keine Zustimmung zu finden, und er sieht die Herabkunft als überflüssig und logisch unmöglich an. „Das Göttliche ist hier, von woher will es herabkommen?“ ist sein Argument. Doch das Göttliche ist überall, es ist über uns und in uns, es hat viele Wohnungen, und der Bogen seiner Macht hat viele Saiten, es gibt viele Ebenen seines dynamischen Bewusstseins, und jede hat ihr eigenes Licht und ihre eigene Kraft. Es ist nicht auf seinen Ort im Herzen beschränkt oder auf ein einzelnes Wort seelisch-spiritueller Verwirklichung. Seine supramentale Bleibe ist auch über dem Herz- und Mental-Zentrum, und es kann von dort herabkommen, wenn es dies will.
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Ich glaube, Ramatirthas Verwirklichungen waren mehr mentaler Art. Sein höheres Mental hatte sich geöffnet, und er erlebte dort eine Verwirklichung des kosmischen Selbstes, doch finde ich keinen Beweis eines umgewandelten Mentals und Vitals; eine derartige Umwandlung ist weder das Ergebnis noch das Ziel des Yoga des Wissens. Die Verwirklichung des Yoga des Wissens besteht darin zu fühlen, wie man in der Weite von etwas Schweigendem lebt, etwas Eigenschaftslosem und Universalem (das Selbst genannt) und alles Übrige nur als Formen und Namen erkennt; allein das Selbst und nichts anderes ist wirklich. Die Verwirklichung von „mein Selbst in anderen Formen“ ist ein Teil hiervon oder ein erster Schritt, doch sollte in der vollen Verwirklichung das „mein“ verschwinden, so dass es nur noch das eine Selbst gibt oder besser noch nur Brahman. Denn das Selbst ist nichts als ein subjektiver Aspekt des Brahman, so wie der Ishvara sein objektiver Aspekt ist. Das ist vedantisches „Wissen“. Sein Ergebnis ist Friede, Schweigen, Befreiung. Was die tätige Prakriti anbelangt (Mental, Vital, Körper), so ist es kein Ziel des Yoga des Wissens, diese umzuwandeln – das wäre nutzlos, da man glaubt, dass nach der Befreiung mit dem Tode alles abfallen würde. Die einzige gewünschte Veränderung ist, sich von der Vorstellung des Ego zu befreien und nur das höchste Selbst, Brahman, als wahr zu erkennen.
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Ich habe R.s Bücher nicht gelesen und weiß weder etwas über seine Person noch über die Ebene seiner Erfahrungen. Die Worte, die du von ihm zitierst, könnten sowohl Ausdruck eines einfachen Glaubens als auch einer pantheistischen Erfahrung sein; es ist ersichtlich, dass sie, falls sie besagen oder die These aufstellen wollen, das Göttliche sei überall und alles und dass daher alles gut, da göttlich sei, für diesen Zweck sehr unzulänglich sind. Doch als Erfahrung ist dieses Gefühl oder diese Verwirklichung etwas sehr Allgemeines in der Sadhana des Vedanta, ja es gäbe in der Tat ohne diese Erfahrung keine vedantische Sadhana. Ich selbst hatte sie auf verschiedenen Ebenen des Bewusstseins und in zahlreichen Formen, und ich kenne eine große Anzahl von Menschen, die sie in sehr überzeugender Form hatten – nicht als intellektuelle Theorie oder Wahrnehmung, sondern als spirituelle Wirklichkeit; zu konkret, um sie in Abrede zu stellen, angesichts der Widersprüche die sie für den gewöhnlichen Verstand mit sich bringen mag.
Natürlich heißt dies nicht, dass alles hier gut sei oder dass in der Einschätzung der Werte ein Bordell nicht schlechter als ein Ashram sei; es heißt vielmehr, dass alle ein Teil der einen Manifestation sind und dass sowohl im inneren Herzen der Dirne als auch des Weisen oder Heiligen das Göttliche wohnt. Und weiterhin besteht die Erfahrung darin, dass es Eine Kraft ist, die in der Welt sowohl im Guten als auch im Bösen wirkt – eine Kosmische Kraft; diese wirkt im Erfolg (oder Misserfolg) des Ashrams und im Erfolg (oder Misserfolg) des Bordells. Die Dinge dieser Welt geschehen durch die Anwendung der Kraft, doch die Art der Anwendung ist abhängig von der Natur des Anwendenden – der eine gebraucht sie für die Werke des Lichtes, der andere für die Werke der Finsternis und wieder ein anderer für beides. Ich glaube nicht, dass irgendein Vedanta-Anhänger (außer vielleicht ein sehr moderner) behaupten würde, auf Erden sei alles gut – vielmehr besteht die orthodoxe vedantische Vorstellung darin, dass alles hier ein unentwirrbares Gemisch von Gut und Böse ist, ein Spiel der Unwissenheit und daher ein Spiel der Dualitäten. Die christlichen Missionare nahmen vermutlich an, alles, was Gott tut, sei moralisch gut, so dass sie entsetzt waren über die taoistischen Priester, welche die Arbeit des Bordells durch ihre Riten stützten. Doch waren es nicht christliche Priester, die Gottes Hilfe für die Vernichtung von Menschen in der Schlacht anriefen, und sangen nicht einige das Te Deum anlässlich eines Sieges, der durch das Hinmorden von Menschen und den Hungertod von Frauen und Kindern errungen wurde? Der Taoist, der nur an das Unpersönliche Tao glaubt, ist folgerichtiger; und der Vedantin, der glaubt, der Höchste sei zwar jenseits von Gut und Böse, doch die Kosmische Kraft hier, die aus dem Höchsten stammt, wirke durch die Dualitäten und daher im Guten und im Bösen, in Freude und in Leid, dieser Vedantin hat eine Theorie, die zumindest den beiden tatsächlichen Erfahrungen des Höchsten hinreichend Rechnung trägt: einerseits Ganz Licht, Ganz Seligkeit, Ganz Schönheit, andererseits eine Welt, in der Licht und Finsternis vermischt sind, Freude und Leid, das Schöne und das Hässliche. Der Vedantin sagt, die Dualitäten kämen durch eine trennende Unwissenheit zustande, und solange du diese trennende Unwissenheit hinnimmst, vermagst du dich von ihr nicht zu befreien; es ist jedoch möglich, sich durch die Erfahrung von ihr zu lösen und die Verwirklichung des Göttlichen in allem und überall zu haben, und dann beginnst du, das Licht zu erkennen, die Seligkeit, die Schönheit hinter allem, und dies ist das einzig Wesentliche, das zu geschehen hat. Du beginnst auch, die eine Kraft zu erkennen, und kannst sie gebrauchen oder dich gebrauchen lassen für das Anwachsen des Lichtes in dir und in anderen – und nicht länger zur Befriedigung des Egos und für die Werke der Unwissenheit und Dunkelheit.
Was das Dilemma hinsichtlich der Grausamkeit der Dinge anbelangt, so weiß ich nicht, welche Antwort R. geben würde. Eine Antwort darauf wäre vielleicht, dass das Göttliche zuinnerst durch das seelische Wesen gefühlt wird und die Natur dieses seelischen Wesens die des Göttlichen Lichtes, der Harmonie, der Liebe ist, dass es aber durch das mentale und trennende vitale Ego verhüllt wird; und hieraus entstehen Kampf und Hass und Grausamkeit. Daher ist es etwas ganz Natürliches, in der Freundlichkeit die Berührung des Göttlichen zu fühlen, während Grausamkeit als Entstellung oder Perversion der Natur empfunden wird; dies jedoch würde denjenigen, der die Verwirklichung erlangt hat, nicht daran hindern, das Göttliche hinter der Verkleidung zu fühlen und zu finden. Mir sind sogar Fälle bekannt, in denen die Wahrnehmung des Göttlichen in allem, begleitet von einer intensiven Erfahrung universaler Liebe oder von einer weiten Erfahrung innerer Harmonie, die außergewöhnliche Wirkung hatte, alles umher freundlich und hilfreich zu machen, selbst das Gröbste und Härteste und Grausamste. Vielleicht ist eine derartige Erfahrung in R.s Behauptung über die Freundlichkeit zu suchen. Was das Göttliche Tun anbelangt, so besteht die Verwirklichung des Vedanta-Anhängers darin, dass hinter dem wirren Durcheinander von Gut und Böse etwas tätig ist, das er als das Göttliche erkennt; und zurückblickend sieht er, was jeder Schritt in seinem Leben, ob glücklich oder unglücklich, für sein Vorankommen bedeutete und wie er schließlich zum Wachsen seines Spirits führte. Dies tritt natürlich voll in Erscheinung, sobald die Verwirklichung fortschreitet; vorher bedarf er des Glaubens, und es mag sein, dass er oft seinen Glauben wanken sah und sich eine Zeitlang dem Schmerz, dem Zweifel und der Mutlosigkeit hingegeben hat.
Was meine Schriften anbelangt, so weiß ich nicht, ob sie die Schwierigkeit beheben würden. Du würdest in ihnen meist die Darlegung der vedantischen Erfahrung finden, denn diese ist es, durch die ich zuerst zu gehen hatte zu etwas, das jenseits davon liegt; und nun, nachdem ich zu diesem „Jenseits davon“ gelangt bin, scheint sie mir die gründlichste und radikalste Vorbereitung für all dies Jenseitige zu sein, wobei ich aber nicht behaupten will, dass sie unerlässlich ist. Wie immer die Lösung auch sei, der Vedanta-Anhänger ist vermutlich im Recht, wenn er, um nach dort zu gelangen, auf der Anerkennung der beiden Tatsachen besteht, nämlich einerseits das Überwiegen des Bösen und des Leidens hier und andererseits die Erfahrung dessen, was frei davon ist – und nur durch eine wachsende Erfahrung kann man zu einer Lösung gelangen, sei es durch einen Ausgleich, durch eine überwältigende Herabkunft oder durch Weltflucht. Wenn wir hingegen von der grundsätzlichen Annahme ausgehen, das Überwiegen des Leidens und des Bösen in der gegenwärtigen harten äußeren Wirklichkeit der Dinge, würde all das widerlegen, was von Weisen und Mystikern erfahren wurde, nämlich das zu verwirklichende Göttliche, dann scheint eine Lösung nicht möglich zu sein.
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Nein, ich meinte natürlich nicht, dass der Anhänger des Vedanta, der ein größeres Wirken hinter den Erscheinungsformen der Welt sieht, in einer anderen als dieser stofflichen Welt lebt – hätte ich dies gemeint, wäre alles, was ich schrieb, ohne Bedeutung oder Sinn gewesen. Ich meinte einen Vedanta-Anhänger, der in dieser Welt mit all ihrem Leid, ihrer Unwissenheit, ihren Widerwärtigkeiten, ihrem Bösen lebt und dem ein volles Maß all dieser Dinge zuteil wurde, Verrat und Treulosigkeit der Freunde, Misslingen der äußeren Ziele und Wünsche im Leben, Angriff und Verfolgung, sich häufende Krankheiten, unentwegte Schwierigkeiten, Kämpfe und das Versagen auf dem Yogaweg. Nicht, dass er in einer anderen Welt leben würde, doch seine Art, die Prüfungen, Schläge und Gefahren dieser Welt zu tragen, ist eine andere. Er sieht sie als die Natur der Welt an, als Ergebnis des Ego-Bewusstseins, in dem er lebt, und versucht daher, in ein anderes Bewusstsein zu wachsen, in welchem er spürt, was sich hinter den äußeren Erscheinungen befindet; und in dem Maße, wie er in dieses größere Bewusstsein hineinwächst, beginnt er, mehr und mehr das Wirken dahinter zu fühlen, das ihm hilft, im Spirit zu wachsen, und das ihn zur Meisterung und Befreiung von Ego und Unwissenheit führt, bis er erkennt, dass alles auf dieses Ziel gerichtet war. Solange er dieses Bewusstsein mit seiner größeren Erkenntnis der Dinge nicht erreicht hat, muss er im Glauben wandern, und dieser Glaube mag ihn manchmal im Stich lassen, doch wird er immer wiederkehren und ihn durch alle Schwierigkeiten tragen. Nicht jeder muss diesen Glauben und dieses Bewusstsein annehmen, doch hinter ihnen steht etwas Großes und Wahres für das spirituelle Leben.
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Ich habe das Gefühl, dass ich etwas zu deiner Äußerung über die Seele Indiens sagen muss und zu dieser „Betonung der Diesseitigkeit bis zum Ausschluss der Jenseitigkeit“, die X bemerkt haben will. Ich verstehe nicht ganz, in welchem Zusammenhang seine Bemerkung gemacht wurde oder was er mit Diesseitigkeit meinte, doch ich erachte es als notwendig, meinen Standpunkt in dieser Sache darzulegen. Mein eigenes Leben und mein Yoga waren, seit ich nach Indien kam, sowohl diesseitig als auch jenseitig, ohne jede Ausschließlichkeit nach einer Seite. Alle menschlichen Interessen sind vermutlich diesseitig, und die Mehrzahl von ihnen hat meinen Gesichtskreis berührt, während andere, wie die Politik, sogar in mein Leben eingetreten sind; in dem Augenblick, da ich meinen Fuß am Apollo-Bunder in Bombay auf indischen Boden setzte, begann ich, spirituelle Erfahrungen zu haben, doch waren diese von der Welt nicht getrennt, sondern hatten einen inneren und unendlichen Bezug zu ihr, wie zum Beispiel das Gefühl des Unendlichen, das den stofflichen Raum durchdringt, und des Immanenten, das in den stofflichen Gegenständen und Körpern wohnt. Gleichzeitig sah ich mich überphysische Welten und Ebenen betreten, welche die stoffliche Ebene beeinflussen und auf sie einwirken, so dass ich keine scharfe Trennung machen oder einen unüberbrückbaren Gegensatz feststellen konnte zwischen dem, was ich die beiden Enden des Daseins nenne, und allem was dazwischenliegt. Für mich ist alles Brahman, und ich erkenne das Göttliche überall. Jeder hat das Recht, sich vom Diesseitigen abzuwenden und das Jenseitige zu wählen, und wenn er Frieden in dieser Wahl findet; umso besser. Für mich selbst bestand diese Notwendigkeit nicht, um zum Frieden zu gelangen. Überdies bewegte mich der Wunsch, in meinen Yoga beide Welten in mein Gesichtsfeld einzubeziehen – die spirituelle und die materielle – und zu versuchen, das Göttliche Bewusstsein und die Göttliche Macht im Herzen der Menschen und im Leben der Erde zu errichten, nicht allein mit dem Ziel einer persönlichen Erlösung, sondern für ein göttliches Leben hier. Dies scheint mir ein ebenso spirituelles Ziel wie jedes andere zu sein, und die Tatsache, dass sich dieses Leben weltlichem Treiben und weltlichen Belangen widmet, kann, glaube ich, seine Spiritualität weder verdecken noch seinen indischen Charakter ändern. Dies jedenfalls ist immer meine Ansicht, meine Erfahrung der Wirklichkeit und der Natur der Welt, der Dinge und des Göttlichen gewesen – es schien mir zutiefst ihre integrale Wahrheit zu sein, und ich habe daher das Streben danach den integralen Yoga genannt. Es ist jedermanns eigene Sache, diese Art Integralität abzulehnen und nicht daran zu glauben oder an die spirituelle Unerlässlichkeit einer absoluten Jenseitigkeit zu glauben, doch würde das die Durchführung meines Yoga unmöglich machen. Mein Yoga kann tatsächlich eine volle Erfahrung anderer Welten mit einbeziehen sowie ihre möglichen Auswirkungen auf unser Leben und die materielle Welt; doch ist es ebenfalls durchaus möglich, allein die Verwirklichung des Höchsten Wesens oder Ishvara anzustreben, sogar in nur einem Aspekt als Shiva oder Krishna, als Herr der Welt, als unser und unserer Werke Meister, oder aber den Universalen Sachchidananda, und dabei die wesentlichen Ergebnisse dieses Yoga zu erreichen; dann kann man zu den integralen Resultaten fortschreiten, sofern man das Ideal eines göttlichen Lebens akzeptiert und das einer stofflichen Welt, von welcher der Spirit Besitz ergreift. Diese Ansicht und Erfahrung der Dinge und der Wahrheit des Daseins befähigten mich, „The Life Divine“ und „Savitri“ zu schreiben. Die Verwirklichung des Höchsten, des Ishvara, ist sicher das Wesentliche; doch ebenfalls wesentlich auf dem Pfad des integralen Yoga ist es, sich Ihm mit Liebe und Hingebung und bhakti zu nähern, Ihm mit Werken zu dienen und Ihn zu erkennen, nicht notwendigerweise in intellektueller Erkenntnis, sondern in spiritueller Erfahrung. Wenn du dem Drängen von K. nachgeben willst, dass dieser und kein anderer dein Pfad zu sein hat, dann hast du dies zu erreichen und zu verwirklichen; eine ausschließliche Jenseitigkeit kann dann dein Weg nicht sein. Ich glaube, du wärst durchaus fähig, dorthin zu gelangen und das Göttliche zu verwirklichen; ich konnte niemals deine ewigen Zweifel an deiner Fähigkeit teilen, und ihre beharrliche Wiederkehr ist kein gültiger Grund anzunehmen, sie könnten nicht überwunden werden. Solche beharrlichen Rückfälle prägen die Sadhana von vielen, bis sie sie endlich überwanden und ihr Ziel erreichten; selbst die Sadhana sehr großer Yogis wurde von solchen heftigen und fortwährenden Rückfällen nicht verschont, und gerade sie waren manchmal besonders ausgesuchte Ziele derartig hartnäckiger Angriffe; ich habe dies in „Savitri“ an mehreren Stellen angedeutet, und das beruht auf meinen eigenen Erfahrungen. Es liegt in der Natur dieser Rückfälle, dass sie meist aus einer ständigen Wiederkehr der gleichen widrigen Erfahrungen bestehen, aus dem selben feindlichen Widerstand, aus Gedanken, die allen Glaubens und Vertrauens, aller Zuversicht in die Zukunft der Sadhana entbehren, aus enttäuschten Zweifeln an dem, was man als die Wahrheit erkannte, aus dem Impuls, sich vom Yogaweg abzuwenden, oder anderen unheilvollen Eingebungen der decheance. Der Verlauf, den diese Angriffe nehmen, ist sicher nicht für alle gleich, doch alle haben eine starke Familienähnlichkeit. Man kann ihrer schließlich Herr werden, sobald man die Natur und Quelle solcher Angriffe zu erkennen beginnt und die Fähigkeit erlangt, sie zu beobachten, sie zu ertragen, ohne in sie verwickelt oder von ihrem Abgrund verschlungen zu werden; schließlich wird man dann zu ihrem Beobachter, man versteht sie und verweigert die Zustimmung des Mentals, selbst wenn das Vital in dem Wirbel noch umhergeworfen wird und das zumeist nach außen gerichtete physische Mental die feindlichen Vorschläge noch immer erwägt. Am Ende verlieren diese Angriffe ihre Kraft und lassen von der menschlichen Natur ab; wenn sie wiederkommen, sind sie schwach und haben nicht mehr die Kraft, sich festzusetzen; sie können sogar, sofern die innere Loslösung stark genug ist, frühzeitig oder gleich eliminiert werden. Die wirksamste Einstellung ist, diese Dinge als das zu betrachten, was sie tatsächlich sind, Einfälle dunkler Kräfte von außerhalb, die sich eine gewisse Bereitschaft im physischen Mental oder im vitalen Teil zunutze machen;sie gehören uns aber nicht wirklich an und sind keine echten Formungen der eigenen Natur. Die bevorzugte Methode dieser Angreifer ist es, Verwirrung und Finsternis im physischen Mental zu schaffen und falsch verstandene Ideen, dunkle Gedanken, unrichtige Eindrücke in dieses zu werfen oder in ihm zu erwecken; sobald sie dann von diesem [physischen] Mental in seinem übergroßen Vertrauen in die eigene Tadellosigkeit oder die natürliche Richtigkeit seiner Eindrücke und Folgerungen unterstützt werden, haben sie einen Festtag – bis das wahre Mental sich wieder behauptet und die Wolken zerstreut. Eine weitere Methode ist die, verletzten oder grollenden Kummer in den niederen Teilen zu wecken und sie solange wie möglich in diesem Zustand zu belassen. In diesem Fall hat man die gewissen Öffnungen seiner Natur zu entdecken und zu lernen, wie man sie für immer jenen Angriffen verschließen oder die Eindringlinge sofort oder schnellstens hinauswerfen kann. Ein Rückfall ist kein Beweis für eine grundlegende Unfähigkeit; sobald man die rechte innere Haltung einnimmt, kann er und wird er überwunden werden. Man muss Glauben an den Herrn unseres Lebens und unserer Werke haben, selbst wenn Er Sich für lange Zeit verbirgt; in dem von Ihm gewählten Augenblick wird Er Seine Gegenwart enthüllen.
Du hast dich immer an Guruvada gehalten. Ich bitte dich daher, Glauben an den Guru und die Führung zu haben, dich zur Erfüllung auf den Ishvara zu verlassen, meiner dauernden Liebe und Zuneigung zu vertrauen, an die Zuneigung und das göttliche Wohlwollen der Mutter zu glauben und standhaft gegen alle Angriffe zu sein, auszuharren und ausdauernd vorwärtszuschreiten dem spirituellen Ziel entgegen sowie der alles erfüllenden, alles befriedigenden Berührung durch den All-Seligen, den Ishvara.
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Ich schicke dir heute den versprochenen Brief; du wirst sehen, dass ich weniger auf die genauen Themen deines Briefes eingegangen bin, sondern vielmehr „die Lehre von der Vergöttlichung des Lebens“ gegen die Kritik des Mentals (oder mehr noch des Vitals) verteidigt habe, die es entweder missversteht oder vor der es zurückschreckt, oder aber sie missversteht, weil es zurückschreckt, und auch zurückschreckt, weil es sowohl mein Ziel als auch meine Methode missversteht. Es ist keine regelrechte Verteidigung, ich gehe vielmehr nur hier und dort auf eine hauptsächliche Frage ein oder beantworte sie. Das Übrige dann später.
Doch alle Worte können missverstanden werden; daher will ich lieber gewisse Dinge klarstellen oder versuchen, sie klarzustellen.
Ich habe die göttlichen Dinge hervorgehoben, um einer übermäßigen entgegengesetzten Betonung der menschlichen Dinge zu begegnen, doch darf dies nicht dahingehend gedeutet werden, dass ich alles Menschliche in diesem Yoga ablehne – sei es menschliche Liebe oder Anbetung oder irgendeine andere hilfreiche Form menschlicher Hinwendung. Ich habe dies nie getan, andernfalls könnte der Ashram nicht bestehen. Die Sadhaks, die den Yoga aufnehmen, sind menschliche Wesen, und würde man ihnen zu Beginn und lange Zeit nachher eine menschliche Hinwendung nicht erlauben, wären sie nicht fähig, den Yoga aufzunehmen oder ihn fortzusetzen. Die Frage entsteht nur deshalb, weil das Wort „menschlich“ in der Praxis als identisch sowohl mit dem menschlichen Vital (oder dem nach außen gerichteten Mental) als auch mit gewissen Formen der menschlich-vitalen Ego-Natur benützt wird. Doch das menschliche Vital enthält auch vieles andere und steckt voll von hervorragendem Stoff. Das einzige, was der Yoga fordert, ist, diesen Stoff in der rechten Weise zu nutzen, in der rechten spirituellen Einstellung, und außerdem die menschliche Hinwendung zum Göttlichen nicht fortwährend in menschlichen Aufruhr und Vorwurf gegen das Göttliche zu verkehren. Und selbst das fordern wir nur um des Erfolgs der Hinwendung willen und nur von jenen Menschen, die sich tatsächlich hinwenden.
Vergöttlichung bedeutet nicht die Zerstörung der menschlichen Elemente; es bedeutet vielmehr, diese aufzunehmen und ihnen den Weg zur Vollkommenheit zu weisen, sie durch Läuterung und Vervollkommnung zu ihrer vollen Macht und Ananda zu erheben – das heißt die Erhebung des gesamten Erdenlebens zu seiner vollen Macht und Ananda. Wenn es nicht den Widerstand in der vitalen menschlichen Natur gäbe, einen Druck von Kräften, die der Veränderung entgegenwirken, Kräfte, die sich an Unvollkommenheit, ja an Perversion entzücken, würde sich diese Veränderung mühelos in einem natürlichen und schmerzlosen Aufblühen vollziehen; dies zeigt dein eigenes Beispiel, wie deine Fähigkeiten zu dichten und zu musizieren hier unter dem Licht und dem Regen eines spirituellen und seelischen Einflusses voller Leichtigkeit sich entfalteten, da alles in dir diese Veränderung wollte und dein Vital bereit war, die Unvollkommenheiten zu erkennen und jede falsche Einstellung aufzugeben – wie zum Beispiel den Wunsch nach bloßem Ruhm – und pflichtbewusst und vollkommen zu sein. Die Vergöttlichung des Lebens bedeutet tatsächlich eine höhere Kunst des Lebens; gegenwärtig ist die Lebenskunst, die von Ego und Unwissenheit geprägt ist, etwas verhältnismäßig Gemeines, Rohes und Unvollkommenes (ähnlich den niederen Formen der Kunst, der Musik und Literatur, die dennoch eine große Anziehungskraft für die gewöhnliche menschliche Mentalität und Vitalität haben); ihre wahre Vollkommenheit muss sie erst durch ein spirituelles und seelisches Öffnen und Verfeinern erreichen. Dies kann aber nur geschehen, indem man sie in das göttliche Licht, die göttliche Flamme taucht, wo ihr Stoff von allen schweren Schlacken befreit und in das echte Metall verwandelt wird.
Doch unglücklicherweise ist ein Widerstand vorhanden, ein sehr dunkler und hartnäckiger Widerstand. Dies macht ein negatives Element im Yoga notwendig, ein Element der Zurückweisung von Dingen, die im Wege stehen, und auch einen Druck auf jene Erscheinungen, die roh und nutzlos sind, damit sie sich auflösen, sowie auf jene, die zwar nützlich, doch unvollkommen oder entstellt sind, damit sie ihre wahre Bewegung zurückerhalten oder wiederentdecken. Für das Vital ist dieser Druck schmerzhaft, erstens, da es dunkel ist und nicht versteht, und zweitens, da es Teile gibt, die ihre Rohheit beibehalten und sich nicht ändern wollen. Daher ist der Einfluss der Seele so hilfreich. Denn die Seele besitzt das glückliche Vertrauen, das bereitwillige Verstehen und Reagieren, die spontane Hingabe; sie weiß, die Berührung durch den Guru soll helfen und nicht verletzen, sie weiß – wie Radha in dem Gedicht –, was auch immer der Geliebte tut, dazu dient, zum Göttlichen Entzücken zu führen.
Und dennoch darfst du den Yoga nicht von der negativen Seite her beurteilen, sondern von seiner positiven, denn die negative Seite ist etwas Vorübergehendes, ein Übergang, sie wird schwinden; und allein die positive zählt für das Ideal und die Zukunft. Wenn du die Umstände, die zur negativen Seite, zu einer Art Übergangsbewegung gehören, als das Gesetz der Zukunft und als Merkmal des Yogaweges ansiehst, beurteilst du die Dinge ganz falsch und unterliegst einem schwerwiegenden Irrtum. Dieser Yoga besteht nicht aus einer Zurückweisung des Lebens oder einer Zurückweisung der Nähe und Intimität zwischen dem Göttlichen und dem Sadhak. Sein Ideal ist die größtmögliche Nähe, das größtmögliche Einssein sowohl auf der physischen als auch auf anderen Ebenen, es ist auf die göttlichste Weite und Fülle und Freude des Lebens ausgerichtet.
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Sri Aurobindo hat nichts zu Huxleys12 Kommentar zu bemerken, mit dem er völlig übereinstimmt. Doch in der Formulierung „seine Höhen können wir immer erreichen“ bezieht sich das „wir“ ganz offensichtlich nicht auf die Menschheit im Allgemeinen, sondern auf jene, die genügend entwickeltes inneres, spirituelles Leben besitzen. Es ist anzunehmen, dass Sri Aurobindo dabei an seine eigene Erfahrung dachte. Nach drei Jahren spiritueller Bemühung mit nur unbedeutenden Ergebnissen wurde ihm von einem Yogi der Weg gewiesen, sein Mental zum Schweigen zu bringen. Dies gelang ihm völlig innerhalb von zwei oder drei Tagen, indem er der angewiesenen Methode folgte. Es trat eine absolute Stille des Denkens und Fühlens und all der üblichen Bewusstseinsregungen ein, ausgenommen das Wahrnehmen und Erkennen der Dinge ringsum, was aber von keinerlei Vorstellungen oder sonstigen Reaktionen begleitet wurde. Das Gefühl des Egos verschwand, und sowohl die Bewegungen des gewöhnlichen Lebens als auch Rede und Tat wurden allein als eine Art gewohnheitsmäßiger Tätigkeit der Prakriti fortgesetzt, die er als nicht zu sich gehörend empfand. Die verbleibende Wahrnehmung erkannte alle Dinge als etwas völlig Unwirkliches, und diese Empfindung der Unwirklichkeit war überwältigend und allumfassend. Als wahr erkannt wurde lediglich eine unbestimmbare Wirklichkeit, jenseits von Raum und Zeit und ohne Verbindung zu einer kosmischen Aktivität, doch überall gegenwärtig, wohin man sich auch wandte. Dieser Zustand hielt unverändert mehrere Monate an, und selbst als das Gefühl der Unwirklichkeit schwand und das Teilhaben am Weltbewusstsein zurückkehrte, blieben der innere Friede und die innere Freiheit, die aus dieser Verwirklichung hervorgingen, ständig hinter allen Oberflächenregungen bestehen, und das Wesentliche der Verwirklichung als solcher ging nicht verloren. Gleichzeitig kam noch eine Erfahrung hinzu: etwas anderes als er selbst nahm seine dynamische Aktivität auf und sprach und handelte durch ihn, doch ohne jeden persönlichen Gedanken, ohne persönliche Initiative. Was dieses „andere“ war, blieb unerkannt, bis Sri Aurobindo zur Verwirklichung der dynamischen Seite des Brahman, des Ishvara, gelangte und sich durch diese in seiner ganzen Sadhana und Tätigkeit bewegt fühlte. Diese und andere darauffolgende Verwirklichungen, wie diejenige des Selbstes in allen und aller im und als Selbst, das Göttliche in allem und alle im Göttlichen, sind jene Höhen, auf die Sri Aurobindo sich bezieht und von denen er sagt, wir können immer zu ihnen aufsteigen; denn für ihn bedeuteten sie keine große oder hartnäckige Schwierigkeit. Die einzig wirkliche Schwierigkeit, die Jahrzehnte spiritueller Anstrengung bedurfte, um sie einigermaßen vollständig auszuarbeiten, war, diese spirituelle Erkenntnis gänzlich auf die Welt sowie auf das oberflächlich-psychologische und äußere Leben anzuwenden und seine Umwandlung herbeizuführen, und zwar sowohl auf den höheren Ebenen der Natur als auch auf den gewöhnlichen mentalen, vitalen und physischen Ebenen bis hinunter ins Unterbewusste und tiefste Unbewusste und hinauf bis zum höchsten Wahrheits-Bewusstsein oder Supramental, in welchem allein die dynamische Umwandlung voll und integral und absolut sein kann.
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Ich kann in diesen Auszügen die wahre Natur jener Umwandlung, die ich meine, nicht erkennen. Es scheint etwas Mentales und Moralisches verbunden mit der Liebe zu Gott zu sein und eine Art Einung, die durch diese göttliche Liebe als spiritualisierendes Element herbeigeführt wird.
Liebe zu Gott und die Einung im Getrenntsein durch diese Liebe sowie eine Umwandlung der menschlichen Natur durch die Verwirklichung gewisser mentaler, ethischer und emotionaler, vielleicht sogar physischer Möglichkeiten (die Vaishnavas sprechen von einem neuen cinmaya-Körper) ist das Prinzip des Vaishnava-Yoga. Es gibt hier also nichts, das nicht bereits in dieser Richtung des asiatischen Mystizismus vorhanden war, der eine Persönliche Gottheit anerkennt und ein ewiges vorgeburtliches und nachgeburtliches Dasein des individuellen Wesens betont. Ein spirituelles Erhöhen der menschlichen Natur zu ihren höchsten Möglichkeiten ist dagegen Bestandteil der tantrischen Disziplin – also auch dies fehlt im indischen Yoga nicht. Der Verfasser scheint, ähnlich den meisten europäischen Autoren, lediglich den Illusionismus und Buddhismus zu kennen und sie als die ganze Weisheit Asiens zu betrachten (sagesse asiatique); doch selbst ihre Idee und Erfahrung deutet er falsch. Der Advaita zielt nicht einmal in seiner übertriebensten Form auf das Verlöschen des Daseins und das Annehmen des Nicht-Seins, auf das Ende des Wesens und die Zerstörung der Essenz. Dies hat lediglich ein gewisser nihilistischer Buddhismus zum Ziel, und selbst hier wird das andere Ende des Nichts, sunya, als das Bleibende beschrieben, Worauf diese Disziplinen abzielen, ist ein Übergang von der Zeit zur Ewigkeit, ein Ablegen des Endlichen und Annehmen des Unendlichen, ein Abwerfen der Ego-Fesseln und von dem, was mit ihnen verbunden ist, wie Begehren, Leid, ein entstelltes Dasein, um im wahren Selbst zu leben. Diese Darstellungen des christlichen Autors verraten eine völlige Unkenntnis der Verwirklichung, die er herabsetzt, ihrer Unendlichkeit und Freiheit, ihres überwältigenden Friedens und der Ekstase des Brahmananda. Sie besteht aus einem Verlöschen der begrenzten individuellen Personalität und aus einer Befreiung in das kosmische und dann in das transzendente Bewusstsein – ein Verlöschen des Denkens und Lebens in einem unbegrenzten Bewusstsein und Wissen und Sein. Die Persönlichkeit ist ausgelöscht, doch in etwas Größerem, nicht in etwas Kleinerem oder in einem bloßen „neant“ [Nichts]. Wenn behauptet wird, dass dies eine Negierung des Erdenlebens sei, so kann man das auch vom christlichen Ideal behaupten, denn es zielt auf das Erlangen eines himmlischen Daseins jenseits dieses Erdenlebens (jenseits dieses einen Erdenlebens, denn eine Wiedergeburt wird nicht anerkannt), das ein einziges Jammertal und eine Prüfung sei, die vorübergehe. Es betont die Erhaltung der spirituellen Personalität, doch tun dies Vaishnavismus und Shivaismus und andere „asiatische“ Schulen ebenfalls. Des Autors Unkenntnis der Vielseitigkeit asiatischer Weisheit macht seine Kritik wertlos.
Die Formulierungen, die in deinen Augen wenigstens oberflächlich unserem Ideal der Umwandlung zu gleichen scheinen, haben allgemeinen Charakter und könnten ohne Bedenken von beinahe jeder spirituellen Disziplin akzeptiert werden; selbst der Illusionismus wäre willens, sie als ein gewisses Stadium oder als Erfahrung auf dem Weg anzunehmen. Alles hängt davon ab, welchen Inhalt du den Worten gibst, welche tatsächliche Veränderung des Bewusstseins und des Lebens sie bezeichnen sollen. Wenn es die Umwandlung „von der Sünde zur Heiligkeit“ durch die Einung der Seele mit Gott ist, „in einem intellektuellen Licht voller Liebe“ – das ist die genaueste Aussage in diesen Auszügen –, dann ist sie ganz und gar nicht identisch damit, was ich mit Umwandlung bezeichne, sondern vielmehr sehr weit davon entfernt. Denn die Umwandlung, die ich meine, ist nicht diejenige von der Sünde zur Heiligkeit, sondern von der niederen Natur der Unwissenheit zur Göttlichen Natur des Lichtes, des Friedens, der Wahrheit, der Göttlichen Macht und Seligkeit jenseits der Unwissenheit. Sie ist auf ein höchstes, selbstbestehendes Gutes gerichtet und lässt die begrenzte, schwerfällige menschliche Vorstellung von Tugend und Sünde hinter sich; die Sonne ihres Strebens ist kein intellektuelles Licht, sondern ein spirituelles, überintellektuelles, supramentales Licht; nicht Heiligkeit ist ihr Höhepunkt, sondern das göttliche Bewusstsein oder – wenn du so willst – die Seelen-heit, die Spirit-heit, die bewusste Selbst-heit, die Göttlich-keit. Daher besteht zwischen diesen beiden Arten oder Graden der Umwandlung ein gewaltiger Unterschied.
I. „C‘est un abandon heroique ou l‘ame parvient au sommet de I‘activite libre, ou la personne se transforme, ou ses facultes sont epurees, deifiees par la grace, sans que son essence soit detruite.“13
Was ist mit „freier Aktivität“ gemeint? Für mich besteht Freiheit im Freisein von Dunkelheit, Begrenzung, Irrtum, Leiden, von der Vergänglichkeit der unwissenden niederen Natur, doch ebenfalls in einer vollkommenen Hingabe an das Göttliche. Freies Wirken ist das Wirken des Göttlichen in uns und durch uns; keine andere Tätigkeit kann frei sein. Das scheint in II und III akzeptiert zu werden; doch diese Erkenntnis, diese Auffassung ist so alt wie spirituelles Wissens selbst – es ist keine besondere Eigenart des Katholizismus. Und wiederum, was ist gemeint mit der Läuterung und Vergöttlichung der Fähigkeiten durch die Gnade? Sofern eine ethische Läuterung gemeint ist, so ist dies ein sehr kleiner Weg, der nicht zur Vergöttlichung führt. Und wiederum, wenn die Vergöttlichung durch das intellektuelle Licht begrenzt ist, kann sie auch nur eine ziemlich unbedeutende Angelegenheit sein. Es gab ein ähnliches Ziel in der alten indischen Spiritualität, doch hatte es einen größeren Maßstab und mehr Höhe als dies. Keine spirituelle Disziplin zielt auf Läuterung oder Vergöttlichung durch die Zerstörung der Essenz – etwas Derartiges kann es nicht geben, und die Formulierung als solche ist sinnlos und widerspricht sich selbst. Die Essenz des Wesens ist unzerstörbar. Selbst die strengste Advaita-Disziplin zielt auf keine derartige Zerstörung; ihr Ziel ist die reinste Reinheit des essentiellen Selbstes. Umwandlung zielt auf diese essentielle Reinheit des reinen Spirits, doch fordert sie ebenfalls die Reinheit und Göttlichkeit der höchsten Natur; nicht die Essenz unseres Wesens, sondern die Zufälligkeiten unserer unentwickelten, unvollkommenen Natur werden zerstört und durch die Manifestation der göttlichen Natur ersetzt. Der monistische Advaita hat die Auflösung des Ego zum Ziel und nicht die der Essenz der Person; er erreicht diese Auflösung durch Identität mit dem Einen, durch Auflösung des von der Natur geformten Ego in der Wirklichkeit des ewigen Selbstes, denn dieses und nicht das Ego – sagt er – ist die Essenz der Person, so-ham tat tvam asi. Auch in unserer Auffassung der Umwandlung gibt es die Zerstörung des Egos, seine Auflösung im kosmischen und göttlichen Bewusstsein, doch durch diese Zerstörung erlangen wir die wahre oder spirituelle Person, die ein ewiger Teil des Göttlichen ist.
lI. „La contemplation du Chretien est inseparable de l‘etat de la Grace14 et de vie divine. S‘il doit s‘aneantir, c‘est encore sa personnalite qui triomphe en se laissant arracher a tout ce qui n‘est pas elle, en brisant tous les liens qui I‘unissent a son individu de chair, afin que le Dieu vivant puisse s‘en saisir, l‘assumer, I‘habiter.“15
III. „Liberte consiste d‘abord a subordonner ce qui est inferieur dans sa nature a ce qui lui est superieur.“16
Diese Stellen kann man im obigen Sinn auffassen und als eine Annäherung an unser Ideal betrachten; doch die Verwirrung hier entsteht durch den Gebrauch des Wortes „Person“. Die Person ist ein zeitweiliges Gebilde, sie unsterblich zu machen hieße, Unwissenheit und Begrenzung unsterblich zu machen. Das wahre „Ich“ ist nicht das mentale Ego oder die gegenwärtige Person, die nichts als Maske ist, sondern das ewige „Ich“, das verschiedene Personalitäten in verschiedenen Leben annimmt. Die Ursache dieses Irrtums ist die christliche und europäische Vorstellung eines einmaligen Lebens auf Erden, da sie uns unsere gegenwärtige Person als unser ganzes Selbst erscheinen lässt... Und wiederum, es ist nicht allein die physische Individualität, die uns an die Unwissenheit bindet, sondern auch die mentale und vitale Individualität. All diese Fesseln müssen zerbrochen werden, die unvollkommenen Formen des Mentals und Lebens müssen zurückgelassen, das Mental in etwas jenseits des Mentals, das Leben in ein göttliches Leben umgewandelt werden, wenn die Umwandlung eine wirkliche sein soll und nicht nur ein neues Gestalten oder Erhöhen der Lichter der Unwissenheit.
IV. „Cette solitude de l‘ame (de l‘ascete asiatique) ... n‘est pas le vrai loisir spirituel, la solitude active ou s‘opere la transformation du peche en saintete par I‘union de l‘ame avec Dieu dans une lumiere intellectuelle toute pleine d‘amour.“17
Ich habe diese Beschreibung der zu erzielenden Umwandlung bereits kommentiert und nur noch einen Vorbehalt hinzuzufügen. Die Einsamkeit des Selbstes im Göttlichen muss ohne Zweifel sowohl aktiv als auch passiv und statisch sein; denn einer, der nicht das Schweigen und die regungslose Stille des ewigen Selbstes erlangt hat, kann nicht die freie und integrale Aktivität der höheren göttlichen Natur besitzen. Wirken gründet sich auf Schweigen und ist durch Schweigen frei.
V. „... la vie chretienne – mystique progressive qui est un enrichissement, un elargissement infini de la personne humaine.“18
Dies ist nicht unsere Vorstellung der Umwandlung, denn die menschliche Person ist das mentale Wesen, das von Leben und Körper begrenzt ist. Ihre Bereicherung und Erhöhung vermögen nicht die äußerste Grenze ihrer Gegebenheiten zu überschreiten, sondern nur ihre gegenwärtige Armut und Enge zu weiten und zu schmücken. Sie kann nicht aus der mentalen Unwissenheit in eine größere Wahrheit, ein größeres Licht aufsteigen oder sie in ihrer Fülle in die Erd-Natur herabbringen, welches das Ziel der Umwandlung ist, wie wir sie auffassen.
VI. „Pour I‘asiatique la personnalite est la chute de I‘homme; pour le chretien, c‘est le dessein meme de Dieu, le principe de l‘union, le sommet naturel de la creation, qu‘il appelle tout entiere d la Grace.“19
Die Personalität dieses einzigen Menschenlebens ist eine Schöpfung der Unwissenheit und daher ein Fall; sie kann nicht der Höhepunkt des Daseins sein. Wir gestehen ihr nicht einmal zu, der Gipfel der natürlichen Schöpfung zu sein, sondern sind der Meinung, dass es höhere Gipfel zu erklimmen gibt, deren Mächte in der Erd-Natur zu enthüllen sind. Die natürliche Schöpfung ist eine Evolution des verborgenen Göttlichen Bewusstseins in der Natur, das vor allem durch die Unwissenheit begrenzt und verhüllt ist. Sie hat diese Unwissenheit zu überschreiten und jenseits der menschlichen Person zur göttlichen Person zu gelangen. In dieser spirituellen Evolution weist der Göttliche Plan seine zentrale und kennzeichnende Richtung auf und ruft die gesamte Schöpfung zur krönenden Gnade.
Du wirst daher erkennen, dass eine Ähnlichkeit der Umwandlung mit unserem Ideal nur an der Oberfläche besteht, in den Worten, nicht im Inhalt der Worte, der viel begrenzter ist und einer anderen Kategorie angehört. Wenn wir Übereinstimmung und Gleichartigkeit antreffen, dann deshalb, da dort etwas enthalten ist, was allen spirituellen Disziplinen gemein ist (eine Art Bewusstseins-Veränderung); denn alle, sowohl im Osten als auch im Westen, haben einen gemeinsamen Kern der Erfahrung – es ist die Art ihrer Entwicklung, ihrer Reichweite, ihrer Hinwendung zu diesem oder jenem Aspekt der Wahrheit oder auch ihres Strebens nach der Totalität der Wahrheit, worin sie sich unterscheiden.
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Es besteht kein Zusammenhang zwischen der christlichen Auffassung (des Himmlischen Königreiches) und der Vorstellung der supramentalen Herabkunft. Die christliche Auffassung spricht von einem Zustand der Dinge, der durch religiöses Gefühl und moralische Läuterung entsteht; doch all dies, welchen Wert es auch immer für den einzelnen haben mag, kann die Welt ebensowenig verändern wie geistiger Idealismus oder irgendeine andere Kraft, auf die man sich bislang für diesen Zweck berief. Der Christ will das Ego des rajas und tamas durch das religiöse Ego des sattva ersetzen; doch obwohl dies als individuelle Vollendung durchaus möglich wäre, hat es in der Masse nie Erfolg gehabt und wird nie Erfolg haben. Es hat keine höhere spirituelle oder psychologische Erkenntnis hinter sich und missachtet die Grundlage des menschlichen Charakters und den Ursprung des Problems – nämlich die Dualität von Mental, Leben und Körper. Wenn nicht die Herabkunft einer neuen Bewusstseins-Macht stattfindet, die den Dualitäten nicht unterworfen, aber dennoch dynamisch ist, und durch sie eine neue Grundlage und ein Erheben des Bewusstseins-Zentrums über das Mental geschaffen wird, kann das Königreich Gottes auf Erden lediglich ein Ideal sein, aber keine Wirklichkeit gewordene Tatsache im allgemeinen Erdbewusstsein und Erdenleben.
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1 Maya ist nichts anderes als Brahman, frei von den Umständen, durch die er sich ausdrückt. Sri Aurobindo: The Yoga and its Objects, 1968, S. 39.
2 Es ist tatsächlich keine Illusion in dem Sinne, dass dem Bewusstsein etwas Grundloses und Unwirkliches auferlegt wird, sondern eine Fehldeutung durch das bewusste Mental und die Sinne und ein verfälschender Missbrauch des manifestierten Daseins.
3 Sri Aurobindo bezieht sich hierauf Bertrand Russell, den bekannten englischen Philosophen und Empiriker.
4 „Denn hinter dem sad atman, dem Selbst als reinem Daseins, ist das Schweigen des asat, welches die buddhistischen Nihilisten als sunyam, die Leere, erkannten, und jenseits dieses Schweigens ist der paratpara purusa, der höchste purusa“. Sri Aurobindo, The Yoga and lts Obiects, 1968, S. 12-13 (vgl. S. 50)
5 „Die Großen... entsagen ihrem Recht, zu einer noch Höheren Evolution weiterzugehen, und bleiben innerhalb des Kosmos zum Wohle aller fühlenden Wesen... Diese Bodhi-Kräfte sind es, welche die Menschheit... zu einer vollkommenen sozialen Ordnung auf Erden führen werden.“ W. Y. Evans-Wentz. Tibetian Yoga and Secret Doctrines (vgl. S. 50)
6 Auf diese Weise setzt die Lehre von sunyata, die dem ganzen Prajna-Paramita zugrunde liegt, ein Absolutes als der Erscheinungswelt innewohnend voraus, denn das Absolute ist der Ursprung und die Grundlage der Erscheinungen. ...und in der letzten Analyse der Dinge durch das Bodhi-erleuchtete Mental, das von der Unwissenheit befreit ist, verschwindet die Dualität und nichts bleibt als der Eine in Allen und Alle im Einen. Ibid.
7 Die mikrokosmische Darstellung des Makrokosmischen besteht als unpersönliches Prinzip in allem Dasein oder in Zuständen von bedingtem Sein innerhalb des samsara (das gewöhnliche Leben in der Unwissenheit)... Doch das unpersönliche Bewusstseinsprinzip kann in keiner Weise mit der Persönlichkeit identifiziert werden, die durch einen Namen, eine körperliche Form oder ein samsara-Mental vertreten wird.. es gehört selbst nicht dem samsara an, da es unerschaffen, ungeboren, ungeformt ist, jenseits menschlicher Vorstellung und Bestimmung und daher Raum und Zeit übersteigend... es ist anfangslos und endlos. Ibid.
8 „Befreie das Selbst mit Hilfe des Selbstes“ (Gita VI-5) und „Lass alles dharma hinter dir“ Ibid. XVIII, 66 (vgl. S. 73 + 3)
9 Vishnuismus :Eine Sekte von Anhängern des Gottes Vishnu, die besonders den bhakti-Weg bevorzugt. Im folgenden wird sowohl der im Deutschen übliche Ausdruck Vishnuismus verwendet als auch das Wort Vaishnavismus, das Sri Aurobindo gebraucht.
10 „Bases of Yoga“
11 Yoga ist die Beherrschung mentaler Regungen.
12 Dieser Brief wurde von Sri Aurobindo diktiert und bezog sich auf die Formulierung „seine Höhen können wir immer erreichen“ aus dem Werk „The Life Divine“, die von Aldous Huxley zitiert und kommentiert wurde in seinem Buch „The Perennial Philosophy“ (1946, 5. 7 4).
Das Zitat lautete: „Die Berührung der Erde stärkt immer wieder den Sohn der Erde, selbst wenn er überphysisches Wissen sucht. Es kann sogar gesagt werden, dass das Überphysische in seiner Fülle wirklich nur dann gemeistert werden kann – seine Höhen können wir immer erreichen –, wenn wir mit den Füßen fest im Physischen stehen. „Die Erde ist Sein Halt“, sagt die Upanishad, wann immer sie sich auf das Selbst bezieht, das sich im Universum manifestiert.“
13 Es ist heroische Hingabe, in welcher die Seele den Höhepunkt der freien Aktivität erreicht, in welcher die Person sich umwandelt, in welcher ihre Fähigkeiten durch die Gnade geläutert und vergöttlicht werden, ohne die Zerstörung ihrer Essenz.
14 Gnade ist keine Vorstellung, die der christlichen spirituellen Idee eigentümlich ist, es gibt sie im Vaishnavismus, Shivaismus, in der Shakta-Religion – dieser Begriff ist so alt wie die Upanishaden selbst.
15 Für den Christen ist die Kontemplation untrennbar mit dem Zustand der Gnade und des göttlichen Lebens verbunden. Wenn er sich auszulöschen hat, so ist es dennoch seine Person, die triumphiert, indem diese sich entreißen lässt, was nicht zu ihr gehört, indem sie alle Bande zerschneidet, die sie mit ihrer inkarnierten Individualität verbinden, damit der lebende Gott von ihr Besitz ergreifen, sie annehmen und bewohnen kann.
16 Freiheit besteht vor allem darin, das Niedere der eigenen Natur dem Höheren unterzuordnen.
17 Diese Einsamkeit der Seele (des asiatischen Asketen)... ist nicht die wahre spirituelle Muße, jene aktive Einsamkeit, in der sich die Umwandlung von der Sünde zur Heiligkeit vollzieht durch die Einung der Seele mit Gott in einem intellektuellen Licht voll Liebe.
18 ...das christliche Leben – mystisch, progressiv – das eine unendliche Bereicherung und Erhöhung der menschlichen Person ist.
19 Für den Asiaten ist die Personalität des Menschen sein Fall; für den Christen ist sie das eigentliche Ziel Gottes, das Prinzip der Einung, die natürliche Krönung der Schöpfung, die er insgesamt zur Gnade ruft.