Читать книгу Briefe über den Yoga - Sri Aurobindo - Страница 36

XI. Das Physische Bewusstsein, das Physische Mental

Оглавление

Jede Ebene unseres Wesens, die mentale, vitale und physische, hat ihr eigenes Bewusstsein, das für sich besteht und dennoch mit den anderen verbunden ist und auf diese einwirkt; doch in unserem äußeren Mental und Gefühl, in unserer Wacherfahrung, geraten sie alle durcheinander. Der Körper zum Beispiel hat sein eigenes Bewusstsein, das ihn handeln lässt, selbst ohne unseren mentalen Willen oder sogar gegen ihn; unser Oberflächenmental weiß sehr wenig über dieses Körperbewusstsein, es fühlt es in nur unvollständiger Weise, sieht lediglich seine Ergebnisse und hat die größten Schwierigkeiten, ihre Ursachen herauszufinden. Es gehört zu unserem Yoga, dieses für sich bestehende Körperbewusstsein wahrzunehmen, seine Bewegungen und die Kräfte, die von innen und außen darauf einwirken, zu erkennen und zu fühlen und weiterhin zu lernen, wie es zu bewachen und zu lenken ist, selbst in seinen verborgensten und unbewusstesten Vorgängen. Doch das Körperbewusstsein als solches ist nur ein Teil des individualisierten physischen Bewusstseins in uns, das wir aus den verborgen bewussten Kräften der universalen physischen Natur sammeln und aufbauen.

Es gibt das universale physischen Bewusstsein der Natur, und es gibt unser eigenes, das ein Teil davon ist, das von ihm bewegt und vom zentralen Wesen dazu benützt wird, seinen Ausdruck in der physischen Welt zu stützen, damit es mit allen äußeren Objekten, Bewegungen und Kräften umgehen kann. Diese physische Bewusstseins-Ebene erhält von anderen Ebenen ihre Kräfte und Einflüsse und gestaltet sie in ihrem Bereich. Daher haben wir sowohl ein physisches als auch ein vitales Mental und unser eigentliches Mental, wir haben einen vital-physischen Teil in uns – das Nervenwesen – und ebenso das eigentliche Vital; beide werden weitgehend durch den grobstofflichen körperlichen Teil bestimmt, der für unsere Erfahrung nahezu gänzlich unterbewusst ist.

Das physische Mental ist jenes Mental, das auf physische Objekte und Ereignisse gerichtet ist, nur diese sieht und versteht und sie ihrer Natur gemäß behandelt, das jedoch auf höhere Kräfte nur widerwillig reagiert. Sich selbst überlassen, steht es dem Dasein überphysischer Dinge, von denen es keine direkte Erfahrung hat und für die es keinen Schlüssel finden kann, skeptisch gegenüber; selbst wenn es spirituelle Erfahrungen erlangt, vergisst es diese leicht, ihr Eindruck und ihre Auswirkung gehen ihm verloren, und es hat Schwierigkeiten zu glauben. Das physische Mental durch das Bewusstsein der höheren spirituellen und supramentalen Ebenen zu erleuchten, ist ein Ziel dieses Yoga, ebenso wie die Erleuchtung des physischen Mentals durch die Macht der höheren vitalen und mentalen Wesenselemente die Grundlage der menschlichen Zivilisation, Selbstentwicklung und Kultur ist.

Das Vital-Physische ist andererseits der Mittler der nervlichen Reaktion unserer physischen Natur; es ist das Feld und Instrument der kleineren Erregungen, Wünsche, der Reaktionen aller Art auf die Einwirkungen des äußeren physischen und grobstofflichen Lebens. Dieser vital-physische Teil (der vom niedersten Teil des eigentlichen Vitals gestützt wird) ist daher der Verursacher der meisten niederen Regungen unseres äußeren Lebens; seine gewohnheitsmäßigen Reaktionen und hartnäckige Begrenztheit sind das hauptsächliche Hindernis auf dem Weg der Umwandlung des äußeren Bewusstseins im Yoga. Es ist ebenso weitgehend verantwortlich für die meisten Leiden und Krankheiten des Mentals oder Körpers, denen das physische Wesen in der Natur unterworfen ist.

Was den grobstofflichen Teil anbelangt, so ist es nicht notwendig, seinen Bereich genauer zu bezeichnen, denn dieser ist klar ersichtlich; doch sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass auch er ein eigenes Bewusstsein besitzt, das dunkle Bewusstsein, das den Gliedern, Zellen, Geweben, Drüsen und Organen eigen ist. Diese Dunkelheit zu erhellen und für die höheren Ebenen und die göttliche Bewegung beeinflussbar zu machen, ist das, was wir in unserem Yoga mit der Bewusstwerdung des Körpers meinen – es bedeutet, durchdrungen zu sein von einer echten, erwachten und responsiven Bewusstheit, statt der ihm eigenen begrenzten und dunklen Halb-Unterbewusstheit.

Es gibt ein inneres und ein äußeres Bewusstsein in unserem gesamten Wesen, auf all seinen Ebenen. Der gewöhnliche Mensch ist sich nur seines Oberflächen-Selbstes bewusst, er ist sich aber all dessen nicht bewusst, was von der Oberfläche verdeckt wird. Und dennoch ist das, was wir von unserer Oberfläche kennen oder zu kennen glauben und wovon wir sogar annehmen, es umfasse alles, was wir sind, nur ein kleiner Teil unseres Wesens, während unser bei weitem größerer Teil sich unterhalb dieser Oberfläche befindet. Oder genauer gesagt, er befindet sich hinter dem frontalen Bewusstsein, hinter dem Schleier, okkult, und nur durch okkultes Wissen erkennbar. Moderne Psychologie und psychologische Forschung beginnen gerade, diese Wahrheit ein wenig zu erkennen. Die materialistische Psychologie nennt diesen verborgenen Teil das Unbewusste, doch gibt sie praktisch zu, dass dieses weit größer, weit mächtiger und tiefer ist als das bewusste Selbst der Oberfläche; in ganz ähnlicher Weise nannte die Upanishad das Überbewusste in uns das „Schlaf-Selbst“, obwohl auch sie von diesem Schlaf-Selbst annahm, dass es eine unendlich größere Intelligenz sei, allwissend, allmächtig, prajna, der Ishvara. Die psychologische Wissenschaft nennt dieses verborgene Bewusstsein das unterschwellige Selbst, und auch sie erkennt, dass es mehr Macht, mehr Wissen und einen freieren Bereich der Bewegung besitzt als das kleinere Selbst der Oberfläche. Die Wahrheit jedoch ist, dass alles, was sich dahinter befindet, dieses Meer, in dem unser Wachbewusstsein nur eine Welle oder eine Anzahl von Wellen bildet, nicht durch einen einzigen Ausdruck umschrieben werden kann, denn es ist sehr komplex. Ein Teil davon ist das Unterbewusste, tiefer als unser Wachbewusstsein, ein Teil davon befindet sich auf der gleichen Ebene, die jedoch dahinter liegt und viel größer als jene [des Wachbewusstseins] ist; ein Teil ist darüber und für uns überbewusst. Was wir unser Mental nennen, ist nur ein äußeres Mental, eine mentale Tätigkeit der Oberfläche, die Instrument ist für den teilweisen Ausdruck eines größeren Mentals dahinter, dessen wir uns meist nicht bewusst sind und das wir nur erkennen können, indem wir in uns gehen.

Ebenso ist das, was wir vom Vital in uns kennen, nur das äußere Vital, ein Oberflächen-Vital, das teilweise ein größeres, geheimes Vital ausdrückt, das wir allein dann wahrnehmen, wenn wir uns nach innen wenden. Auch das, was wir unser physisches Wesen nennen, ist lediglich eine sichtbare Projektion eines größeren und feineren, unsichtbaren physischen Bewusstseins, das viel komplexer ist als jenes, viel bewusster, viel umfassender in seiner Empfangsbereitschaft, viel offener und plastischer und freier.

Erst wenn du diese Wahrheit verstanden und erfahren hast, wird es dir möglich sein zu erkennen, was mit dem inneren Mental, dem inneren Vital, dem inneren physischen Bewusstsein gemeint ist. Es sei jedoch bemerkt, dass dieser Ausdruck „inneres“ auf zwei verschiedene Arten gebraucht wird. Manchmal bezeichnet es das Bewusstsein hinter dem Schleier des äußeren Wesens, das innere Mental, Vital oder Physische, das in direktem Kontakt mit dem universalen Mental, den universalen Lebenskräften, den universalen physischen Kräften steht. Andererseits meinen wir manchmal ein innerstes Mental, Vital und Physisches, deren mehr spezifische Bezeichnung wahres Mental, wahres Vital, wahres physisches Bewusstsein ist; sie sind der Seele näher und sprechen äußerst leicht und unmittelbar auf das Göttliche Licht, die Göttliche Macht an. Es ist kein echter Yoga möglich, viel weniger ein integraler Yoga, solange wir uns nicht vom äußeren Selbst zurückziehen und uns dieses ganzen inneren Wesens und der inneren Natur bewusst werden. Nur so können wir die Begrenzungen des unwissenden äußeren Selbstes brechen, das allein die äußeren Kontakte bewusst empfängt und die Dinge durch das äußere Mental und die Sinne nur indirekt erkennt; nur so können wir das universale Bewusstsein und die universalen Kräfte, die durch uns und um uns spielen, unmittelbar wahrnehmen. Wir können dann ebenfalls hoffen, uns des Göttlichen in uns direkt bewusst zu werden und in direkte Berührung mit dem Göttlichen Licht und der Göttlichen Kraft zu kommen. Andernfalls würden wir das Göttliche allein durch äußere Zeichen und äußere Auswirkungen fühlen, und das wäre ein schwieriger, unsicherer Weg, von Zufällen abhängig, unbeständig, der nur zum Glauben führt und nicht zum Wissen, nicht zum direkten Bewusstsein und Erkennen der immerwährenden Gegenwart.

Um den Unterschied deutlich zu machen, nenne ich dir zwei Beispiele von entgegengesetzten Polen der Erfahrung, und zwar ein ganz äußerliches, das zeigt, wie das Innere sich der Wahrnehmung universaler Kräfte öffnet, und eines der spirituellen Erfahrung, das zeigt, wie das Innere sich dem Göttlichen öffnet. Nimm die Krankheit. Solange wir nur im äußeren physischen Bewusstsein leben, wissen wir meist erst dann, dass wir krank sein werden, wenn die Symptome der Krankheit sich im Körper zeigen. Doch wenn wir das innere physische Bewusstsein entwickeln, gewahren wir eine feine, uns umgebende physische Hülle und können die Kräfte der Krankheit durch diese auf uns zukommen fühlen; wir können sie sogar in einiger Entfernung und, wenn wir wissen wie, mit Hilfe des Willens oder sonst wie aufhalten. In gleicher Weise fühlen wir um uns eine vital-physische oder Nerven-Hülle, die vom Körper ausstrahlt und ihn beschützt, und wir können spüren, wie die feindlichen Kräfte diese zu durchbrechen suchen, und sie daran hindern, sie aufhalten oder die Nerven-Hülle stärken. Oder wir spüren die Symptome der Krankheit, wie Fieber oder Kälte, in der feinstofflich-körperlichen Schicht, bevor sie sich im groben, stofflichen Körper offenbaren, zerstören sie dort und hindern sie daran, sich im Körper festzusetzen. Nimm nun den Ruf nach der Göttlichen Macht, dem Licht, dem Ananda. Wenn wir nur im äußeren physischen Bewusstsein leben, mögen diese herabkommen und hinter dem Schleier wirken, doch werden wir nichts fühlen und vereinzelte Ergebnisse erst nach langer Zeit erkennen. Oder es ist das, was wir bestenfalls fühlen, eine gewisse Klarheit, ein Friede im Mental, eine Freude im Vital, ein glückliches Befinden im Physischen, und wir schreiben dies dem Kontakt mit dem Göttlichen zu. Doch sind wir im Physischen erwacht, werden wir das Licht, die Macht, den Ananda durch den Körper fließen fühlen, durch die Glieder, die Nerven, das Blut, den Atem und durch den feinstofflichen Körper; wir werden fühlen, wie sie die allerstofflichsten Zellen beeinflussen, sie bewusst und selig machen, und werden unmittelbar die Göttliche Macht und Gegenwart empfinden. Dies sind nur zwei mögliche Beispiele aus tausend, wie sie fortwährend vom Sadhak erfahren werden können.

*

Alles hat einen physischen Teil – sogar das Mental hat einen physischen Teil; es gibt ein mentales Physisches, ein Mental des Körpers und der Materie. Auch das emotionale Wesen hat einen physischen Teil. Dieser hat keinen bestimmten Ort, der sich vom übrigen Emotional unterscheidet. Man vermag ihn nur zu erkennen, wenn das Bewusstsein sich genügend verfeinert.

*

Es [das Stoffliche] ist der physischste Grad des Physischen – es gibt das mentale Physische, das vitale Physische, das stoffliche Physische.

*

Ja, das stoffliche Bewusstsein ist ein gesonderter Teil des physischen Bewusstseins. Das physische Mental zum Beispiel ist eng, begrenzt und häufig dumm, doch nicht träge. Stoffliches Bewusstsein ist im Gegensatz hierzu sowohl träge als auch größtenteils unterbewusst und nur dann aktiv, wenn es durch eine Energie angetrieben wird – andernfalls ist es untätig und bewegungslos. Wenn man erstmals in direkten Kontakt mit dieser Ebene kommt, ist das Gefühl im Körper das der Trägheit und Bewegungslosigkeit, im vitalen Physischen das der Erschöpfung und Müdigkeit, im physischen Mental das der Abwesenheit von Licht und Dynamik, prakasa und pravrtti, oder es sind nur die allergewöhnlichsten Gedanken und Impulse vorhanden. Es kostete mich lange Zeit, irgendeine Art Licht oder Macht in diese Ebene herabzubekommen. Doch ist sie einmal erhellt, dann bringt das den Vorteil, dass das Unterbewusste bewusst wird, und dies beseitigt ein ganz fundamentales Hindernis in der Sadhana.

*

Mit dem groben Physischen ist das erdhafte und körperliche Physische gemeint – wie es von dem äußeren Sinnen-Mental und den Sinnen erfahren wird. Doch dies ist nicht die Gesamtheit der Materie. Es gibt auch ein feinstoffliches Physisches mit einem feineren Bewusstsein, das sich zum Beispiel vom Körper entfernen kann und doch die Dinge in einer nicht nur mentalen oder vitalen Weise fühlt oder wahrnimmt. Was Mental und Vital anbelangt, so sind sie überall – es gibt ein dunkles Mental, ein dunkles Leben sogar in den Zellen des Körpers, in den Steinen oder in den Molekülen und Atomen.

*

Die physischen Nerven sind ein Teil des stofflichen Körpers; doch reichen sie bis in den feinstofflichen Körper, und es besteht eine Verbindung zwischen beiden.

*

Ja, es gibt Nerven im feinstofflichen Körper.

Ja, Hülle ist lediglich der Ausdruck für Körper, denn eine jede befindet sich über der anderen und wirkt als Hülle, die abgeworfen werden kann. Daher wird der physische Körper als solcher die Nahrungs-Hülle genannt, ihr Abwerfen bezeichnet man als Tod.

*

Dies ist die Nerven-Hülle, die den Körper umgibt. Du verwechselst wahrscheinlich suksma, das Feinstoffliche, mit der Nerven-Hülle. Der suksma de ha enthält den sthula deha, ist aber nicht an seine Begrenzungen gebunden.

*

Du kannst die verschiedenen Hüllen entweder durch Intuition oder durch Erfahrung unterscheiden und hast damit bereits eine direkte Erkenntnis der verschiedenen Hüllen erlangt.

*

Das Erscheinungsbild des menschlichen Wesens auf anderen Ebenen ist nicht notwendigerweise das des physischen Körpers. Sehr häufig ist die Form, die das Vital, die Seele oder das mentale Wesen annimmt, von der physischen Form ganz verschieden. Selbst wenn sie sich als Ganzes gleichen, besteht doch immer ein Unterschied.

* * *

Briefe über den Yoga

Подняться наверх