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IV. Jivatman (Zentrales Wesen)

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Der Ausdruck „zentrales Wesen“ wird in unserem Yoga gewöhnlich für jenen Teil des Göttlichen in uns angewendet, der alles Übrige stützt und der Tod und Geburt überdauert. Dieses zentrale Wesen hat zwei Formen – über uns befindlich ist es der Jivatman, unser wahres Wesen, dessen wir uns bewusst werden sobald das höhere Selbsterkennen eintritt; darunter [in uns] ist es das seelische Wesen, das hinter Mental, Körper und Leben steht. Der Jivatman befindet sich über der Manifestation im Leben und ist ihr übergeordnet; das seelische Wesen steht hinter der Manifestation im Leben und stützt sie.

Die natürliche Haltung des seelischen Wesens ist, sich als Kind zu fühlen, als Sohn Gottes, als bhakta; es ist Teil des Göttlichen, essentiell eins mit Ihm, doch in der Dynamik der Schöpfung, ja sogar in der Identität, besteht immer die Verschiedenheit. Im Gegensatz hierzu lebt der Jivatman im Essentiellen und kann in der Identität mit dem Göttlichen aufgehen; doch auch er sieht sich, wenn er über der Dynamik der Schöpfung steht, als ein Zentrum des vielfältigen Göttlichen und nicht als Parameshvara. Es ist wichtig, diesen Unterschied zu erkennen; denn wenn der geringste vitale Egoismus vorhanden ist, besteht die Gefahr, sich als Avatar zu betrachten oder sein Gleichgewicht zu verlieren, wie Hridaya bei Ramakrishna.

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Im Sanskrit hat das Wort Jiva zwei Bedeutungen; einmal „lebende Geschöpfe“ und zum anderen individualisierter Spirit, der das lebende Wesen in seiner Evolution von Geburt zu Geburt aufrechterhält. In diesem letzteren Sinn lautet der volle Ausdruck Jivatman – der Atman, der Spirit oder das ewige Selbst des lebenden Wesens. In der Gita wird von ihm bildlich als von einem „ewigen Teil des Göttlichen“ gesprochen, doch ist das Wort Zersplitterung, das du gebrauchst, übertrieben; man könnte es für die Formen anwenden, doch nicht für den Spirit in ihnen. Zudem ist das vielfältige Göttliche eine ewige Wirklichkeit. die dieser Schöpfung hier vorangeht. Eine genaue Beschreibung des Jivatman wäre diese: „Das vielfältige Göttliche, das als individualisiertes Selbst oder als individualisierter Spirit des erschaffenen Wesens hier manifestiert ist“. Der Jivatman in seiner Essenz verändert oder entwickelt sich nicht. Er steht über der Evolution der Person; innerhalb der Evolution wird er durch das sich entfaltende seelische Wesen dargestellt, das die ganze übrige Natur stützt.

Der Advaita Vedanta (Monismus) erklärt, dass der Jiva kein wirkliches Dasein besitze, da das Göttliche unteilbar sei. Eine andere [philosophische] Richtung schreibt dem Jiva ein reales, doch kein unabhängiges Dasein zu;er ist, so sagen sie, essentiell eins mit dem Göttlichen, verschieden in der Manifestation doch da diese Manifestation wirklich und ewig und keine Illusion ist, kann er nicht unwirklich genannt werden. Die dualistischen Schulen betrachten den Jiva als eine unabhängige Kategorie und bestehen auf der Trinität Gottes, der Seele und der Natur.

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Der Jivatman ist nicht das seelische Wesen; wir betrachten den Sanskritausdruck caitya purusa als gleichbedeutend mit dem seelischen Wesen. Jivatman ist das individuelle Selbst, das zentrale Wesen.

Das zentrale Wesen ist das, was nicht geboren wird, sich nicht entfaltet, doch der gesamten individuellen Schöpfung übergeordnet ist. Das seelische Wesen ist seine Spiegelung in der Schöpfung, denn das seelische Wesen befindet sich in der Evolution und stützt von innen und außen diese gesamte Evolution; es nimmt die Essenz aller Erfahrung auf und entwickelt durch sie die Persönlichkeit auf Gott hin.

Das Selbst ist gleichzeitig eins in allem und in den vielen; eins in seiner Essenz, manifestiert es sich ebenfalls als das individuelle Selbst, das als ewiger Teil des Göttlichen in der Natur beschrieben werden kann; es ist seinem Wesen nach ein individuelles Zentrum der Manifestation, das jedoch seine Universalität ausbreitet und sich in die Transzendenz erhebt.

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Mit Jivatman meinen wir das individuelle Selbst. Essentiell ist es ein Selbst wie alle anderen, doch in der Vielheit des Göttlichen ist es das individuelle Selbst, ein individuelles Zentrum des Universums – es erkennt alles in sich und sich in allem oder beides zugleich, je nach seinem Bewusstseinszustand oder Gesichtspunkt.

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Das Selbst, der Atman, ist seinem Wesen nach entweder transzendent oder universal (Paratman, Atman). Sobald es sich individualisiert und zum zentralen Wesen wird, ist es der Jivatman. Der Jivatman empfindet sein Einssein mit dem Universalen und gleichzeitig sein innerstes Getrenntsein als Teil des Göttlichen.

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Die Seele, die das zentrale Wesen verkörpert, ist ein Funke des Göttlichen, der alles individuelle Dasein in der Natur stützt; das seelische Wesen ist eine bewusste Form dieser Seele, die in der Evolution wächst, in jenem langwierigen Prozess, der zuerst das Leben in der Materie entwickelt, dann das Mental im Leben, bis sich schließlich das Mental in das Obermental und das Obermental in die supramentale Wahrheit zu entwickeln vermag. Die Seele stützt die Natur in dieser ihrer stufenweisen Evolution, doch sie ist selbst nichts von all dem.

Diese äußere objektive und oberflächlich subjektiv erscheinende Natur, die die ganze Vielheit von Mental, Leben und Körper manifestiert, nennt man die niedere Natur, aparaprakriti. Die höchste Natur, paraprakriti, die sich dahinter verbirgt, ist die eigentliche Natur des Göttlichen, seine höchste Bewusstseinskraft, die das mannigfache Göttliche als die Vielen manifestiert. Diese Vielen als solche sind die ewigen Selbste des Höchsten in seiner höchsten Natur, paraprakriti. Hier in Bezug auf diese Welt erscheinen sie als die Jivatmas, welche die Evolution der natürlichen Geschöpfe, sarvabhutani, stützen in dem veränderlichen Werden, aus dem das Dasein des Kshara (des beweglichen oder veränderlichen) Purusha besteht. Der Jiva (oder Jivatman) und die Geschöpfe, sarvabhutani, sind nicht das gleiche. Die Jivatmas stehen in Wirklichkeit über der Schöpfung, obwohl sie an ihr teilnehmen; die natürlichen Wesen, sarvabhutani, sind die Geschöpfe der Natur. Mensch, Vogel, Tier und Reptil sind natürliche Wesen, doch das individuelle Selbst in ihnen ist nicht auch nur einen Augenblick lang charakteristisch für Mensch, Vogel, Tier oder Reptil; in seiner Evolution bleibt es durch all diese Wandlungen dasselbe, ein spirituelles Wesen, das dem Spiel der Natur zustimmt.

Das, was sich ursprünglich und ewig im Göttlichen befindet, ist das Sein – das, was mit Hilfe der Göttlichen Macht entwickelt wird, wie Bewusstsein, Beschaffenheiten, Formen, Kräfte usw., ist das Werden. Das ewig Göttliche ist das Sein; das Universum in der Zeit und alles in ihm Sichtbare ist ein Werden. Das ewige Sein in seiner höchsten Natur, Para Prakriti, ist gleichzeitig der Eine und die Vielen; doch die ewige Vielheit des Göttlichen, wenn sie hinter den erschaffenen Geschöpfen steht, sarvabhutani, erscheint als (oder wie wir sagen, wird) der Jiva, para prakrtir jivabhuta. In der Seele hinwiederum gibt es zwei Aspekte, im Hintergrund das seelische Dasein oder die Seele und im Vordergrund jene Form der Individualität, die sie im Laufe ihrer Evolution in der Natur annimmt.

Die Seele oder Psyche ist allein in dem Sinn unveränderlich, dass sie alle Möglichkeiten des Göttlichen in sich enthält, doch muss sie diese entwickeln und im Verlauf ihrer Evolution nimmt sie die Form einer sich entwickelnden seelischen Individualität an, welche die individuelle Prakriti in der Manifestation entfaltet und an der Evolution teilhat. Die Seele ist der Funke des Göttlichen Feuers, die mit Hilfe des seelischen Wesens hinter Mental, Vital und dem Physischen wächst, bis sie fähig ist, die Prakriti der Unwissenheit in eine Prakriti des Wissens umzuwandeln. Dieses sich entfaltende seelische Wesen ist daher in keinem Augenblick alles, was die Seele oder das essentiell seelische Dasein enthält; es manifestiert und individualisiert in dieser einen Projektion des Spirits das, was potentiell ewig und essentiell transzendent ist.

Das zentrale Wesen ist jenes Wesen, das über den verschiedenen aufeinanderfolgenden Geburten steht, jedoch selbst ungeboren ist, da es nicht in das Wesen herabkommt, sondern darüber ist; es hält das mentale, vitale und physische Wesen und all die übrigen Teile der Persönlichkeit zusammen und wacht über dem Leben, entweder mit Hilfe des mentalen Wesens, des mentalen Denkens und Willens oder mit Hilfe der Seele, je nachdem, was sich gerade im Vordergrund befindet oder was in der menschlichen Natur am machtvollsten entwickelt ist. Sobald es seine Kontrolle nicht ausübt, befindet sich das Bewusstsein in großer Unordnung, und jeder Teil der Person handelt für sich, so dass es weder im Denken und Fühlen noch im Handeln Übereinstimmung gibt.

Die Seele befindet sich nicht darüber, sondern im Hintergrund – ihr Sitz ist hinter dem Herzen;ihre Macht ist nicht die des Wissens, sondern die eines essentiellen oder spirituellen Fühlens; sie besitzt den klarsten Sinn für die Wahrheit und eine Art innerer Wahrnehmung für sie, und diese sind für die Seelen-Wahrnehmung und das Seelen-Fühlen kennzeichnend. Sie ist unser innerstes Wesen und stützt alle Übrigen, das mentale, vitale und physische Wesen; sie ist durch diese jedoch stark verhüllt und kann sie nur indirekt beeinflussen, anstatt aufgrund ihres höchsten Rechts direkt zu handeln; dieses direkte Handeln wird erst in einem hohen Entwicklungsstadium oder mit Hilfe des Yoga etwas Normales und Vorherrschendes. Nicht das seelische Wesen gibt dir, wie du glaubst, die Intuition von künftigen Ereignissen oder warnt dich vor den Folgen bestimmter Taten; dies tut ein Teil des inneren Wesens, manchmal das innere Mental, das innere Vital oder manchmal sogar der innere oder feinstoffliche Purusha. Dieses innere Wesen, also das innere Mental, das innere Vital, das innere oder feine Physische, weiß viel von dem, was dem äußeren Mental, dem äußeren Vital, dem äußeren Physischen unbekannt ist, denn es steht in einem direkten Kontakt mit den geheimen Kräften der Natur. Die Seele aber ist das innerste Wesen von allen, sie zeichnet sich durch ein Wahrnehmungsvermögen für die Wahrheit aus, das der tiefsten Substanz des Bewusstseins innewohnt, einem Gefühl für das Gute, Wahre, Schöne, für das Göttliche.

Das zentrale Wesen, der Jivatman, der weder geboren wird noch sich entwickelt, sondern über der individuellen Geburt und Evolution steht, ist auf jeder Ebene des Bewusstseins vertreten. Auf der mentalen Ebene ist es das wahre (oder innere) mentale Wesen manomaya purusa, auf der vitalen Ebene das wahre (oder innere) vitale Wesen, pranamaya purusa, auf der physischen Ebene das wahre (oder innere) physische Wesen, annamaya purusa. Jedes Geschöpf ist daher, solange es sich in der Unwissenheit befindet, um seinen mentalen, vitalen oder physischen Purusha zentriert, entsprechend der Ebene, auf der es vorwiegend lebt, und dieser erscheint ihm dann als sein zentrales Wesen. Doch der wahre Vertreter ist immer hinter Mental, Vital und Körper verborgen – es ist die Seele, unser innerstes Wesen.

Sobald das innerste Wissen sich auszubreiten beginnt, können wir das seelische Wesen in uns wahrnehmen, es tritt hervor und lenkt die Sadhana. Dann werden wir auch des Jivatman gewahr, des ungeteilten Selbstes oder des Spirits über der Manifestation, den die Seele hier vertritt.

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Das wahre innere Wesen, das wahre Mental, das wahre Vital, das wahre Physische vertreten, jedes auf seiner Ebene, das zentrale Wesen und gehorchen ihm, doch gehorcht ihm weder die Gesamtheit der menschlichen Natur, insbesondere die äußere, noch die normale mentale, vitale oder physische Persönlichkeit. Für die Ziele der Evolution ist das seelische Wesen das zentrale Wesen – es wächst und entwickelt sich. Doch es gibt ein zentrales Wesen darüber, welches vom Mental nicht wahrgenommen wird, das ungesehen über dem Dasein steht und durch das seelische Wesen in der manifestierten Natur vertreten wird. Dieses nennt man den Jivatman.

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Die Seele ist ein Funke des Göttlichen, doch glaube ich nicht, sie als einen Teil des Jivatman bezeichnen kann – beides ist das gleiche, das auf verschiedene Weise in Erscheinung tritt.

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Nun, dies zu erklären, ist ein wenig schwierig. Vielleicht ist es das beste, meine Antwort in eine Anzahl verschiedener Punkte aufzugliedern, sonst wird die ganze Sache zu kompliziert.

1. Es ist unmöglich, meine Auffassung oder Erfahrung des Jivatman mit dem reinen „Ich“ des Advaita gleichzusetzen; du verstehst darunter – wie ich vermute – etwas, das jenes „Ich bin Er“ ausdrückt und das mit Hilfe dieser Formel mit dem Brahman verschmilzt. Der Jivatman ist, wie auch der Ishvara gemäß dem Advaita der Mayavadins, einfach eine Erscheinungsform des Brahman in der Maya der Illusion. Es gibt keinen Ishvara, Herrn der Welt, denn es gibt keine Welt außer in der Maya; daher gibt es auch keinen Jivatman, es gibt nur den Paramatman, der illusorisch als individuelles Selbst vom niederen (an die Illusion gebundenen) Bewusstsein in der Maya wahrgenommen wird. Diejenigen andererseits, die sich mit dem Ishvara einen wollen, betrachten oder erfahren den Jiva entweder als getrenntes, vom Ishvara abhängiges Wesen oder als etwas, das essentiell eins mit ihm und dennoch verschieden von ihm ist; doch sowohl diese Verschiedenheit als auch das essentielle Einssein bestehen ewig; es gibt aber auch noch andere Vorstellungen vom Jivatman und seiner Beziehung zum Göttlichen oder Höchsten. Daher stellt sich dieses reine „Ich“, wenn es so genannt werden kann, verschieden dar, man könnte sagen, verschiedenen Menschen in verschiedenen Aspekten. Und wenn du nach dem Grund fragst, muss ich auf meine Antwort an X verweisen. Das Obermental stellt die Wahrheit der Dinge in allen möglichen Aspekten dar, und das Mental, sogar das spirituelle Mental klammert sich dann an den einen oder anderen als die Wahrheit schlechthin, als die eine wirkliche Wahrheit der Sache. Das Mental ist es, das diese Unterscheidungen trifft, doch ist dies ohne Belang, denn in der ihm eigentümlichen Art, die Seele oder das individualisierte Bewusstsein oder wie immer du es nennen willst zu erkennen und zu erfahren, geht das mentale Wesen den Weg, den zu gehen ihm bestimmt ist. Ich hoffe, dies ist als erster Schritt in dieser Sache soweit klar.

2. Ich streite die Tatsache ganz und gar nicht ab, dass man das Selbst, den Brahman oder Ishvara verwirklichen kann, ohne in die über dem Kopf befindlichen Bereiche einzutreten, in die dynamisch-spirituellen Ebenen, oder ohne sich fortwährend oberhalb des Körpers zu verankern, wie es in diesem Yoga geschieht. Selbst wenn sie [die Verwirklichung des Selbstes] durch das Sahasrara stattfindet – nun, das Sahasrara reicht bis zum spiritualisierten Mental und kann am Scheitelpunkt des Kopfes gefühlt werden, daher ist jeder Aufstieg darüber nicht unerlässlich. Doch abgesehen davon kann man sehr wohl, wie du sagst, den Atman verwirklichen, indem man von Herz und Mental zurücksteht, sich von der Prakriti ablöst, indem man aufhört, sich mit Mental, Leben und Körper zu identifizieren, und in ein inneres Schweigen eintritt. Es ist nicht einmal erforderlich, die Königreiche des inneren Mentals oder inneren Vitals zu erforschen, viel weniger noch ist es unumgänglich, seine Schwingen in die Bereiche darüber zu erheben. Das Selbst ist überall, und indem man in die volle Loslösung, in das volle Schweigen eintritt – oder sogar nur durch eines von beiden – kann man überall einen gewissen Einblick, eine gewisse Spiegelung erhalten, vielleicht sogar eine volle Spiegelung oder das Gefühl der Gegenwart des Selbstes oder des Eintauchens in etwas, das frei ist, weit und schweigend, ewig und unendlich. Und ganz offensichtlich, wenn es ein reines „Ich“ ist – von welcher Art auch immer –, das die Erfahrung hat, muss es von dem verwirklichenden Bewusstsein als das individuelle Selbst des Wesens, Jivatman, angesehen werden.

3. Man kann sich aber auch als ein Denkender erfahren und nicht als Mental; als Selbst oder „Ich“, welches das Fühlen stützt, und nicht als Herz; als das, was das Leben trägt, und nicht als Leben; als das, was einen Körper annimmt, und nicht als Körper. Dieses Selbst kann offensichtlich sowohl dynamisch als auch schweigend sein; oder du kannst es auch so ausdrücken, dass, obwohl still und reglos, es aus seinem Schweigen die Dynamik der Natur erzeugt. Man kann es auch als den Spirit empfinden, eins in allem, oder als das wahre „Ich“ in sich. Alles hängt von der Erfahrung ab. Sehr häufig ist es die Erfahrung des Purusha, der zuerst als schweigender Zeuge gefühlt wird, der die ganze menschliche Natur aufrechterhält; doch der Purusha kann auch als der Wissende und Ishvara erfahren werden. Manchmal kann man sein Selbst, seinen Spirit als oder durch den mentalen Purusha in dem einen oder anderen Zentrum erkennen, manchmal als oder durch den vitalen Purusha. Man kann auch das innerste, verborgene seelische Wesen allein als die wahre Individualität erkennen; oder man wird sich des seelischen Wesens als des reinen „Ich“ bewusst und jener anderen im Mental oder Vital [der mentale oder vitale Purusha] als seiner Vertreter in diesen Bereichen oder auf diesen Ebenen. Der eigenen Erfahrung entsprechend kann man von jedem einzelnen als dem Jiva oder dem reinen „Ich“ sprechen (letzteres ist eine sehr zweideutige Formulierung) oder als der wahren Person oder aber als der wahren Individualität, die sich mit dem universalen oder transzendentalen Sein eins weiß, oder als einem Teil von ihm oder ganz und gar von ihm abhängig, und die versucht, darin einzutauchen oder sich zu ihm zu erheben und es selbst zu sein oder mit ihm in Einheit zu leben. All diese Dinge sind durchaus möglich, ohne dass die Notwendigkeit einer Erfahrung der über dem Kopf liegenden Bereiche oder einer immerwährenden Permanenz dort besteht.

4. Man könnte die Frage stellen, warum dann der Jivatman, der auf diese Weise verwirklicht werden kann, nicht dieses reine „Ich“ ist, das vom niederen Selbst erfahren und durch das es befreit wird; und weiterhin, welche Notwendigkeit überhaupt besteht, in die Bereiche über dem Kopf einzutreten? Nun, was das erstere anbelangt, so scheint dieses reine „Ich“ als Vermittler der Befreiung nicht absolut notwendig zu sein, sei es nun in das unpersönliche Selbst oder den Brahman oder in etwas Ewiges. Die Buddhisten anerkennen keine Seele, kein Selbst oder irgendeine Erfahrung des reinen „Ich“; sie teilen das Bewusstsein in ein Bündel von samskaras auf ,lösen sich dann von diesen und werden so in etwas Bleibendes befreit, das zu beschreiben sie sich weigern, oder in eine Art Leere, sunya. Die Erfahrung eines reinen „Ich“ oder Jivatman ist daher nicht für jeden zwingend notwendig, der Befreiung in das Ewige erlangen will und sich damit zufrieden gibt, diese zu erlangen, ohne über das spiritualisierte Mental in ein höheres Licht darüber aufzusteigen. Ich selbst erfuhr nirvana und das Schweigen in Brahman usw. lange bevor ich eine Kenntnis der spiritualisierten Ebenen über dem Kopf besaß; diese Erfahrung kam durch eine absolute Stille, gleichsam ein Auslöschen aller mentalen, emotionalen und anderen inneren Tätigkeiten. Der Körper hingegen fuhr fort zu sehen, zu gehen, zu sprechen und seine übrige Arbeit zu tun, doch nur als leere, automatische Maschine. Ich wurde mir eines reinen „Ich“ nicht bewusst, nicht einmal eines Selbstes, ob nun unpersönlich oder sonst wie, es gab nur die Erfahrung von Jenem als der einzigen Wirklichkeit, alles Übrige war ziemlich unsubstantiell, leer, nicht-wirklich. Was jene Wirklichkeit realisierte, war ein namenloses Bewusstsein, das von Jenem2 nicht verschieden war; soviel könnte man vielleicht darüber sagen, obwohl selbst das zu viel ist, da weder eine mentale Vorstellung bestand, noch sonst etwas. Ich nahm weder eine niedere Seele noch ein äußeres Selbst wahr, das mit diesem oder jenem persönlichen Namen benannt wurde und das dieses Kunststück bewerkstelligte, zum nirvana-Bewusstsein zu gelangen. Nun, was also wird in all dem aus deinem reinen „Ich“ und dem niederen „Ich“? Das Bewusstsein (nicht dieser oder jener Teil des Bewusstseins oder ein „Ich“ irgendwelcher Art) leerte sich plötzlich von seinem gesamten Inhalt und nahm nur noch eine unwirkliche Umgebung und Etwas Wirkliches, doch Unbeschreibliches wahr. Du magst einwenden, es müsse das Bewusstsein eines wahrnehmenden Daseins gegeben haben, wenn nicht sogar eines reinen „Ich“ – doch wenn es so war, dann erscheinen diese Ausdrücke dafür unangemessen.

5. Ich habe gesagt, dass das Sich-Erheben in die Bereiche über dem Kopf für gewöhnliche spirituelle Zwecke nicht unerlässlich sei, es ist jedoch unerlässlich für die Ziele dieses Yoga. Denn sein Ziel ist es, das Licht eines Wahrheits-Bewusstseins zu erkennen und das gesamte Wesen darin zu befreien, zu wandeln und zu einen; dieses Wahrheits-Bewusstsein befindet sich über uns und kann ohne eine völlige Wende nach innen und eine transzendierende, aufwärts gerichtet Bewegung nicht erreicht werden. Daher die ganze Kompliziertheit meiner psychologischen Ausführungen, die zwar im wesentlichen nicht neu sind – denn vieles findet man in den Upanishaden und anderswo –, die aber neu in der Fülle ihrer Gesamtdarlegung und Weiterführung sind und auf einen integralen Yoga abzielen. Für niemanden ist es notwendig, diese anzunehmen, außer er stimmt dem Ziel zu; für andere Ziele sind sie nicht notwendig und können sehr wohl als übertrieben gelten.

6. Doch hat man einmal die Forschungsreise nach innen angetreten, hat man einmal den inneren Aufstieg begonnen, ist einmal das Bewusstsein über einem zentriert, dann kann man nicht erwarten, dass die Dinge genauso aussehen wie zuvor. Der Jivatman ist für mich der Ungeborene, der über dem individuellen Wesen und seiner Entwicklung steht, der damit verbunden ist, doch von darüber, und der sich, der eigentlichen Natur seines Daseins entsprechend als universal und transzendent erkennt und ebenso als individuell, der das Göttliche als seinen Ursprung, als die Wahrheit seines Wesens empfindet, als den Herrn seiner Natur, den eigentlichen Stoff des Daseins. Er ist im Göttlichen eingetaucht und für immer eins mit dem Ewigen, er ist sich seines eigenen Ausdrucks, seiner instrumentalen Dynamik als derjenigen des Göttlichen bewusst, er ist vom Göttlichen in Liebe und Entzücken abhängig, voller Verehrung für Es, mit dem er durch eben jene Liebe und jenes Entzücken eins ist; er ist der Beziehung im Einssein fähig, er ist widerspruchslos im Einklang mit dieser Vielfalt, denn dies ist ein anderes Bewusstsein und Dasein als dasjenige des Mentals, selbst des spiritualisierten Mentals; es ist ein innerstes Bewusstsein des Unendlichen, unendlich nicht nur in seiner Essenz, sondern in seiner Möglichkeit; es kann sich in allen Dingen erkennen und ist dennoch für immer ein und dasselbe. Die dreifache Verwirklichung, für das Mental so schwierig, ist daher für das supramentale Bewusstsein oder – mehr allgemein – für das Bewusstsein der oberen Hemisphären ganz natürlich, einfach und fraglos. Sie kann als Wissen auf allen spirituellen Ebenen erkannt und gefühlt werden, doch das völlig unteilbare Wissen, seine volle Dynamik kann allein durch das supramentale Bewusstsein selbst auf der ihm eigenen Ebene oder durch sein Herabkommen in diese Schöpfung verwirklicht werden.

7. Die Beschreibung eines reinen „Ich“ ist gänzlich ungenügend, wenn man die Verwirklichung des Jivatman beschreiben will; man muss ihn vielmehr als die wahre Person oder die Göttliche Individualität beschreiben, obwohl auch dies nicht angemessen ist. Das Wort „Ich“ ist immer mit einem Unterton von Ego verbunden, von Getrenntsein; doch in dieser Selbstschau gibt es kein Getrenntsein, denn hier ist die Individualität ein spirituelles, lebendiges Zentrum des Wirkens für den Einen, sie fühlt kein Getrenntsein von all dem, das der Eine ist.

8. Der Jivatman wird durch eine Macht in der individuellen Natur hier verkörpert; diese Macht ist der Purusha, der die Prakriti aufrechterhält, zentral in der Seele und mehr instrumental im mentalen, vitalen und physischen Wesen und deren Natur. Man kann daher diese Purushas oder jeden einzelnen von ihnen als Jiva ansehen. Dennoch muss ich eine Unterscheidung machen, nicht allein des klaren Denkens wegen, sondern weil Erfahrung und integrale dynamische Selbsterkenntnis eine Notwendigkeit sind, ohne die es schwer ist, in diesem Yoga durchzuhalten. Es ist nicht unbedingt notwendig, sich all dies mental darzulegen, die Erfahrung genügt, und solange man ein klares inneres Wahrnehmungsvermögen besitzt, genügt es, vorwärtszuschreiten dem Ziel entgegen. Dennoch ist es für den Sadhak dieses Yoga leichter, wenn das Mental geläutert ist, ohne dass es dabei in mentale Starre oder in Irrtum verfällt. Plastizität muss vielmehr bewahrt werden, denn ohne Plastizität besteht die Gefahr eines systematischen, intellektuellen Formalismus. Man muss in die Sache selbst hineinblicken und sich nicht von einer Idee einengen lassen. Nichts von alledem kann wirklich verstanden werden, außer durch die tatsächliche spirituelle Erfahrung.

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Ich habe die Worte Jiva und Jivatman in diesem und allen anderen Abschnitten in genau dem gleichen Sinn gebraucht, es ist mir nie aufgefallen, dass da ein Unterschied bestehen könnte. Wäre dies meine Absicht gewesen, hätte ich, da die beiden Worte einander ähnlich sind, sehr deutlich unterschieden und sie nicht der Mutmaßung überlassen.

In dem betreffenden Abschnitt des Kapitels über die drei Zustände des Supramentals beschrieb ich, wie das Supramental, als eine Kraft der höchsten Selbst-Bestimmung des Göttlichen wirkend, dieses in drei Zuständen manifestiert; und ferner, welcher Art das Bewusstsein des Jivatman in einer supramentalen Schöpfung ist. Eine Behauptung, der Jivatman existiere allein auf der supramentalen Ebene, ist nicht gemacht worden; wäre dies der Fall, dann könnte der Mensch sein individuelles Selbst, seinen Spirit nicht erkennen, bevor er sich zur supramentalen Ebene erhebt; er könnte vorher zu keiner Erfahrung des Selbstes gelangen, wohl aber das Gefühl der Auflösung seines Egos in etwas Universalem haben. Tatsächlich aber kann er lange zuvor sein ungeborenes, sich nicht entwickelndes Selbst als Zentrum des Göttlichen Bewusstseins wahrnehmen; das Selbst, ob kosmisch oder individuell, wird lange vor dem Aufstieg zum Supramental erfahren. Wäre dies nicht so, dann wäre spirituelle Erfahrung von so hoher Art dem mentalen Menschen nicht zugänglich, seine Befreiung wäre unmöglich; er müsste zuerst ein supramentales Wesen werden. Was den Purusha anbelangt, so gibt es ihn auf allen Ebenen; es gibt einen mentalen Purusha, manomaya, der Leben und Körper lenkt, wie die Upanishad es ausdrückt; und es gibt einen vitalen und eine physischen Purusha; es gibt das seelische Wesen oder den Chaitya Purusha, der gleichsam alle anderen aufrechterhält und trägt. Man könnte sie auch als Projektionen des Jivatman bezeichnen, dazu bestimmt, die Prakriti auf den verschiedenen Ebenen des Wesens aufrechtzuerhalten. Auch die Upanishad spricht von einem supramentalen und seligen Purusha; würde nun diese supramentale und Selige Natur in der Erd-Evolution geformt werden, dann könnten wir erkennen, wie sie die Bewegungen hier stützt.

Was nun das seelische Wesen anbelangt, so tritt es in die Evolution ein, gelangt bei der Geburt in den Körper und verlässt ihn bei seinem Tod; doch der Jivatman, wie ich ihn verstehe, ist ungeboren und ewig, obwohl er die manifestierte Persönlichkeit von oben her aufrechterhält. Das seelische Wesen kann, wenn du so willst, als ein Jivatman beschrieben werden, der in die Geburt eintritt, doch wird diese Unterscheidung nicht gemacht, dann verzerrt sich das Bild des Atman, und es entsteht ein Durcheinander. Es ist eine notwendige Unterscheidung für metaphysisches Wissen und für etwas, das in spiritueller Erfahrung sehr wichtig ist. Das Wort Atman wird ähnlich wie Spirit im Englischen auf alle möglichen Arten gebraucht, doch sowohl für spirituelles als auch für philosophisches Wissen ist es notwendig, im Gebrauch der Ausdrücke klar und genau zu sein, um Verwechslungen von Gedanken und innerer Schau durch das Durcheinander der benutzten Worte zu vermeiden.

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Der Jiva wird als das individuelle Selbst, als Atman, verwirklicht, als das zentrale Wesen über der Natur, ruhig, von ihren Bewegungen unberührt, doch ihre Evolution aufrechterhaltend, obwohl er nicht in sie verstrickt ist. Durch diese Verwirklichung werden Stille, Freiheit und Weite, die Meisterung und Reinheit zur normalen Erfahrung sowie ein Gefühl der Universalität im Individuum als ein Zentrum der göttlichen Universalität. Die Seele wird als der Purusha hinter dem Herzen erkannt. Sie ist nicht universal wie der Jivatman, sondern stützt als individuelle Seele von ihrem Sitz hinter dem Herz-Zentrum die mentale, vitale, physische Evolution des Wesens in der Natur. Ihre Verwirklichung bringt bhakti, Selbstgeben, Hingabe und lenkt alle Regungen zu Gott; sie bringt die Unterscheidung sowie das Wählen von allem, was der Göttlichen Wahrheit, dem Guten, der Schönheit angehört, und die Zurückweisung von allem, was falsch und übel, hässlich und misstönend ist; sie bringt die Einung durch Liebe und Hinwendung zum ganzen Dasein, das Offensein für die Wahrheit des Selbstes und die Wahrheit des Göttlichen.

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Im Bewusstsein des Atman zu leben, heißt in der Ruhe zu leben, im Einssein und in jenem Frieden, der über den Dingen und von der Welt getrennt ist, selbst wenn er diese durchdringt. Doch für das seelische Bewusstsein gibt es zwei Dinge, die Welt und sein eigenes Wirken in der Welt. Der Jivatman ist nicht in die Welt herabgekommen, er steht darüber, immer unverändert, die verschiedenen hier wirkenden Wesen, das mentale usw., aufrechterhaltend. Die Seele dagegen ist herabgekommen – ihre Aufgabe ist es, alle Dinge dem Göttlichen zur Umwandlung darzubieten.

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Das wahre Wesen kann in einem der zwei Aspekte oder in beiden verwirklicht werden – dem Selbst oder Atman und der Seele oder Antaratman, dem seelischen Wesen oder Chaitya Purusha. Der Unterschied besteht darin, dass das eine als universal gefühlt wird, das andere als individuell, Mental, Leben und Körper stützend. Verwirklicht man zuerst den Atman, dann empfindet man ihn als von allen Dingen verschieden, in sich selbst bestehend und losgelöst – für diese Verwirklichung mag das Bild der ausgetrockneten Kokosnuss zutreffen; verwirklicht man das seelische Wesen, dann ist es anders, denn dies bringt das Gefühl der Einung mit dem Göttlichen, der Abhängigkeit von Ihm und der ausschließlichen Weihung an das Göttliche allein; es bringt ferner die Macht, die menschliche Natur zu ändern und das wahre mentale, das wahre vitale und das wahre physische Wesen in sich zu entdecken. Beide Verwirklichungen sind in diesem Yoga notwendig.

Das „Ich“ oder das kleine Ego wird von der Natur geformt und ist gleicherweise ein mentales, vitales und physisches Gebilde, dazu bestimmt, das nach außen gerichtete Bewusstsein und die nach außen gerichtete Tat zu zentralisieren und zu individualisieren. Sobald das wahre Wesen entdeckt wird, ist der Zweck des Egos erfüllt, und dieses Gebilde muss verschwinden – an seiner Stelle wird das wahre Wesen gefühlt.

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Der Spirit ist das Bewusstsein über dem Mental, der Atman oder das Selbst, das sich immer im Einssein mit dem Göttlichen befindet – ein spirituelles Bewusstsein ist jenes, das immer in der Einung mit dem Göttlichen oder zumindest immer in Kontakt mit ihm ist.

Die Seele ist ein Funke, der vom Göttlichen stammt und der sich in allen Dingen befindet, und in dem Maße, wie die Individualität sich entfaltet, wächst er in ihr und manifestiert sich als seelisches Wesen – als Seele, die immer das Göttliche, die Wahrheit sucht, und auf sie reagiert, wann immer sie dem Göttlichen und der Wahrheit begegnet.

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Der Spirit ist Atman. Brahman, das Essentielle Göttliche. Wenn das Eine Göttliche seine ihm ewig innewohnende Vielheit manifestiert, wird dieses essentielle Selbst, dieser Atman für die Manifestation das zentrale Wesen, das von oben die Evolution seiner Personalitäten und Erdenleben hier lenkt, das als solches jedoch ein ewiger Teil des Göttlichen ist und vor der Manifestation auf Erden bestand – para prakrtir jivabhuta.

In der niederen Schöpfung, apara prakriti, erscheint dieser ewige Teil des Göttlichen als Seele, ein Funke Göttlichen Feuers, der die individuelle Evolution, das mentale, vitale und physische Wesen stützt. Das seelische Wesen ist der Funke, der zu einem Feuer wird und sich mit dem wachsenden Bewusstsein entfaltet. Das seelische Wesen ist daher evolutionär und geht nicht wie der Jivatman der Evolution voraus.

Der Mensch aber ist sich des Selbstes oder Jivatman nicht bewusst, er kennt nur sein Ego oder sein mentales Wesen, die Leben und Körper beherrschen. Doch wenn er sich tiefer nach innen wendet, erkennt er seine Seele, das seelische Wesen als seinen eigentlichen Mittelpunkt, den Purusha im Herzen; die Seele ist das zentrale Wesen in der Evolution sie geht aus dem Jivatman hervor, der ein ewiger Teil des Göttlichen ist, und verkörpert ihn hier. Ist einmal das volle Bewusstsein erreicht, dann werden Jivatman und seelisches Wesen eins.

Das Ego ist ein Gebilde der Natur; doch ist es kein Gebilde der stofflichen Natur allein und endet daher nicht mit dem Körper. Es gibt ebenfalls ein mentales und vitales Ego.

Die Grundlage des stofflichen Bewusstseins hier ist nicht allein die Unwissenheit, sondern auch die Unbewusstheit – das bedeutet, dass Bewusstsein in der Form der Materie und der Energie der Materie involviert ist. Nicht nur das stoffliche Bewusstsein, sondern ebenfalls das vitale und mentale sind durch die Unwissenheit von der Wahrheit getrennt.

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Meist wirkt der Höchste durch den Jiva und seine menschliche Natur; der Jiva und die Natur wirken durch das Ego, und das Ego wirkt durch die äußeren Instrumente – das ist das Spiel der Unwissenheit.

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Es besteht kein Unterschied zwischen Jiva und Jivatman in dieser Sprache, daher kann eine Unterscheidung nicht getroffen werden. Die Apara Prakriti ist die Natur, die diese Vielheit von Mental, Leben und Körper manifestiert. Para Prakriti ist die eigentliche Natur des Göttlichen – eine höchste Bewusstseins-Kraft, die das mannigfache Göttliche als die Vielen manifestiert.

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Der Körper ist nicht das individuelle Selbst – er ist die Grundlage der äußeren Persönlichkeit oder des physischen Selbstes, wenn du es so ausdrücken willst; doch dies ist nicht das individuelle Selbst. Das individuelle Selbst ist das zentrale Wesen (Jivatman), das sich in der niederen Natur als seelisches Wesen manifestiert – es ist ein unmittelbarer Teil des Göttlichen.

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Der Jivatman befindet sich über allen Ebenen. Er hat keine bestimmte Gestalt oder Farbe; er kann sich jedoch in einer Gestalt darstellen.

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a) Er [jeder Jivatman] ist gleich und dennoch verschieden von anderen Jivatmans. Die Gita gebraucht die Formulierung, der Jiva sei ein amsasa sanatanah, ein ewiger Teil des Einen. Man könnte ihn ebenfalls als eines der vielen Zentren des Universalen Seins und Bewusstseins bezeichnen.

b) Im wesentlichen hat jeder einzelne Jiva die gleiche Natur wie alle anderen, doch in der Manifestation folgt jeder der ihm eigenen Linie seines svabhava.

c) Nein, Kutastha ist der aksara purusa – es ist nicht der Jivatman.

d) Der Jivatman befindet sich immer auf der spirituellen Ebene über der Mental-Ebene. Er ist dort jedoch nicht auf eine bestimmte Ebene festgelegt.

e) Nein. [Ein seelisches Wesen kann sich mit einem anderen nicht einen]. Affinität, Gleichklang, Sympathie, doch keine Einung. Die Einung findet mit dem Göttlichen statt.

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Der Jivatman, der Seelen-Funke und das seelische Wesen sind drei verschiedene Formen der gleichen Wirklichkeit und dürfen nicht miteinander verwechselt werden, da dies die Klarheit der inneren Erfahrung trüben würde.

Der Jivatman oder Spirit besteht selbständig über dem manifestierten oder dem instrumentalen Wesen – er steht über Geburt und Tod und ist immer der gleiche, er ist das individuelle Selbst, der Atman, das ewig wahre Wesen des einzelnen.

Die Seele ist ein Funke des Göttlichen im Herzen der lebenden Geschöpfe der Natur. Sie befindet sich nicht über dem manifestierten Wesen, sondern tritt in die Manifestation des Selbstes ein, sie nimmt an seinem natürlichen, äußeren Werden teil und stützt seine Evolution in der Welt der stofflichen Natur. Zu Beginn bringt sie eine ungeformte Macht göttlichen Bewusstseins mit und mit dieser alle Möglichkeiten, die bislang noch nicht geformt wurden und denen Form zu geben Aufgabe der Evolution ist. Dieser Göttliche Funke besteht in allen lebenden Wesen der Erde, von ihren höchsten bis zu ihren niedersten Geschöpfen.

Das seelische Wesen ist eine spirituelle Persönlichkeit, die von der Seele in ihrer Evolution hervorgebracht wird; seine Entwicklungsphase bezeichnet dasjenige Stadium, das die spirituelle Evolution des Individuums erreicht hat mit seinen unmittelbaren Möglichkeiten für die Zukunft. Es steht hinter der mentalen, vitalen und physischen Natur, es wächst durch deren Erfahrungen und trägt das Bewusstsein von Leben zu Leben. Es ist die seelische Person, caitya purusa. Zu Beginn ist es durch die mentalen, vitalen und physischen Teile verhüllt, in seinem Ausdruck durch deren Begrenzungen eingeschränkt und an die Reaktionen der Natur gebunden; doch in dem Maße, wie es wächst, wird es fähig hervorzutreten und Mental, Leben und Körper zu beherrschen. Von diesen ist es, um sich Ausdruck zu verleihen, im gewöhnlichen Menschen noch abhängig und ist nicht fähig, sie zu ergreifen und frei zu gebrauchen. Das Leben des [Menschen-] Wesens ist tierisch und menschlich, nicht göttlich. Sobald jedoch das seelische Wesen mit Hilfe der Sadhana das Übergewicht gewinnen und seine Instrumente frei gebrauchen kann, wird das Streben nach dem Göttlichen vorherrschend und die Umwandlung von Mental, Vital und Körper – nicht nur ihre Befreiung – möglich.

Da das Selbst oder der Atman frei ist und über Geburt und Tod steht, genügt die Erfahrung des Jivatman und seines Einsseins mit dem höchsten oder universalen Selbst, um das Gefühl der Befreiung hervorzurufen; doch für die Umwandlung des Daseins und der Natur ist ebenso das volle Gewahrsein und Erwachen unseres seelischen Wesens unerlässlich.

Das seelische Wesen erkennt in diesem Stadium sein Einssein mit dem wahren Wesen, dem Selbst, doch löst es sich weder darin auf, noch wandelt es sich darin um; es bleibt als dessen Instrument für den seelischen und spirituellen Ausdruck bestehen, eine göttliche Manifestation in der Natur.

Der bindu, den du über dir sahst, mag als eine symbolische Art gelten, den Jivatman zu sehen – das individuelle Selbst als einen Tropfen im Ozean, als individuellen Teil des universalen Göttlichen; das Streben auf jener Ebene wäre natürlich auf das Sich-Öffnen des höheren Bewusstseins gerichtet, damit das Wesen dort und nicht in der Unwissenheit weile. Der Jivatman ist in Wirklichkeit bereits eins mit dem Göttlichen, doch besteht vielleicht sein spirituelles Anliegen darin, dass das übrige Bewusstsein dies ebenfalls verwirklicht.

Das Streben des seelischen Wesens hingegen würde sich in einem Sich-Öffnen der gesamten niederen Natur, dem Mental, Vital und Körper, zum Göttlichen hin ausdrücken, in einem Streben nach Liebe und Einung mit dem Göttlichen, nach seiner Gegenwart und Macht im Herzen, nach der Umwandlung von Mental, Leben und Körper durch das Herabkommen des höheren Bewusstseins in dieses instrumentale Wesen, diese instrumentale Natur.

Für die Fülle dieses Yoga sind beide Arten der Aspiration notwendig, die Forderung des Selbstes an die menschliche Natur von oben und das seelische Streben der menschlichen Natur von unten. Sobald die Seele ihr Streben dem Mental, Vital und Körper auferlegt, werden auch diese mit Aspiration erfüllt, und dies ist es, was du als das Streben auf der Ebene des niederen Wesens fühlst. Die Aspiration, die darüber empfunden wird, ist die des Jivatman nach dem höheren Bewusstsein mit seiner Verwirklichung des Einen, sich im ganzen Wesen zu manifestieren. Beide Arten der Aspiration sind notwendig und bedürfen einander. Doch das Suchen des niederen Wesens wird zu Beginn immer wieder unterbrochen und durch die Dunkelheit und Begrenzungen des gewöhnlichen Bewusstseins unterdrückt. Es muss sich in der Sadhana läutern, es muss beständig, stark und ausdauernd werden, erst dann vermag es die Verwirklichung zu erzwingen und sie unumgänglich zu machen.

Deine Empfindung von Frieden, Reinheit und Ruhe wird durch eine Einung oder einen intensiven Kontakt des niederen mit dem höheren Bewusstsein herbeigeführt. Sie kann zu Beginn nicht beständig sein, erst durch das immer häufigere Andauern der Ruhe und des Friedens wird sie es werden, und am Ende durch das volle Herabkommen des höheren Bewusstseins in die niedere Natur mit seinem ewigen Frieden, seiner ewigen Ruhe und seinem ewigen Schweigen.

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3Der Jivatman, der Seelen-Funke und das seelische Wesen sind drei verschiedene Formen der gleichen Wirklichkeit und dürfen nicht miteinander verwechselt werden, da dies die Klarheit der inneren Erfahrung trüben würde.

Der Jivatman oder der Spirit, wie er gewöhnlich im Englischen genannt wird, besteht selbständig über dem manifestierten oder instrumentalen Wesen – er steht über Geburt und Tod und ist immer derselbe, das individuelle Selbst oder der Atman. Er ist das ewig wahre Wesen des Individuums.

Die Seele ist ein Funke des Göttlichen und befindet sich nicht über dem manifestierten Wesen, sondern kommt in die Schöpfung herab, um deren Evolution in der stofflichen Welt zu stützen. Zu Beginn ist sie eine ungeformte Macht des Göttlichen Bewusstseins, die alle Möglichkeiten enthält, die bislang noch nicht geformt wurden, denen eine Form zu geben jedoch Aufgabe der Evolution ist. Dieser Funke besteht in allen lebenden Wesen der Erde, vom niedersten bis zum höchsten.

Das seelische Wesen wird in seiner Evolution von der Seele geformt. Es stützt Mental, Vital, Körper, es wächst durch deren Erfahrungen und trägt die Natur von Leben zu Leben. Es ist der seelische oder der caitya purusa. Zu Beginn ist es von Mental, Vital und Körper verhüllt, doch in dem Maße seines Wachsens wird es fähig hervorzutreten und Mental, Leben und Körper zu beherrschen; von diesen ist es, um sich Ausdruck zu verleihen, im gewöhnlichen Menschen abhängig, es ist nicht fähig, sie zu ergreifen und frei zu gebrauchen. Das Leben des [Menschen-] Wesens ist tierisch oder menschlich, doch nicht göttlich. Wenn jedoch das seelische Wesen durch die Sadhana das Übergewicht gewinnen und seine Instrumente frei gebrauchen kann, wird der Impuls zum Göttlichen vorherrschend und die Umwandlung von Mental, Vital und Körper – und nicht nur ihre Befreiung – möglich.

Das Selbst oder der Atman ist frei und steht über Geburt und Tod; die Erfahrung des Jivatman und seines Einsseins mit dem höchsten oder universalen Selbst ruft das Gefühl der Befreiung hervor, und dies ist es, was für die höchste spirituelle Erlösung notwendig ist. Doch für die Umwandlung des Daseins und der menschlichen Natur ist das Erwachen des seelischen Wesens und seine Herrschaft über die Natur unerlässlich.

Das seelische Wesen erkennt sein Einssein mit dem wahren Wesen, dem Jivatman, doch es wandelt sich nicht in diesem um.

Der bindu, den du über dir sahst, kann eine symbolische Art sein, den Jivatman, der ein Teil des Göttlichen ist, zu sehen; das Streben dort (auf dieser Ebene) wäre natürlich auf das Sich-Öffnen des höheren Bewusstseins gerichtet, damit das Wesen dort und nicht in der Unwissenheit weilt. Der Jivatman ist in Wirklichkeit bereits eins mit dem Göttlichen, doch ist es notwendig, dass das übrige Bewusstsein dies verwirklicht.

Das Streben des seelischen Wesens ist auf ein Sich-Öffnen der gesamten niederen Natur – von Mental, Vital und Körper – zum Göttlichen hin gerichtet, auf die Liebe zum Göttlichen und die Einung mit ihm, auf seine Gegenwart und Macht im Herzen, auf die Umwandlung von Mental, Leben und Körper durch das Herabkommen des höheren Bewusstseins in dieses instrumentale Wesen, diese instrumentale Natur.

Für die Fülle dieses Yoga sind beide Arten der Aspiration notwendig und unerlässlich. Sobald die Seele ihr Streben dem Mental, Vital und Körper auferlegt, werden auch diese mit Aspiration erfüllt, und dies wird dann als Aspiration auf der Ebene des niederen Wesens gefühlt. Das Streben, das darüber empfunden wird, ist das des Jivatman nach dem höheren Bewusstsein mit seiner Verwirklichung des Einen, sich im Wesen zu manifestieren. Beide Arten der Aspiration stützen sich daher gegenseitig. Das Suchen des niederen Wesens wird notwendigerweise zu Beginn immer wieder unterbrochen und vom gewöhnlichen Bewusstsein unterdrückt. Es muss durch die Sadhana geläutert und beständig, stark und ausdauernd werden.

Das Gefühl des Friedens, der Reinheit und Ruhe wird durch die Einung des niedrigeren mit dem höheren Bewusstsein erreicht. Dieses Gefühl ist meist nicht andauernd oder bleibt in einer tieferen Bewusstseinsschicht, die häufig an der Oberfläche durch Stürme und Gemütserregungen verhüllt wird. Es ist zu Beginn selten beständig; doch kann es beständig werden, wenn Ruhe und Frieden immer häufiger verweilen, und schließlich durch das volle Herabkommen des höheren Bewusstseins in die niedere Natur mit seinem ewigen Frieden, seiner ewigen Ruhe, seinem ewigen Schweigen.

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In der Erfahrung des Yoga ist das Selbst oder Wesen essentiell eins mit dem Göttlichen oder zumindest ein Teil des Göttlichen und im Besitz aller göttlichen Möglichkeiten. Doch in der Manifestation nimmt es zwei Aspekte an, den des Purusha und den der Prakriti, das bewusste Wesen und die Natur. Hier in der Natur ist das Göttliche verhüllt und das individuelle Wesen der Natur unterworfen, die als die niedere Prakriti wirkt, als eine Kraft der Unwissenheit, Avidya. Der Purusha als solcher ist göttlich, doch in seiner äußeren Gestalt in der Unwissenheit der Natur ist er die scheinbare Individualität, unvollkommen durch ihre Unvollkommenheit. Daher birgt die Seele oder seelische Essenz – die der Purusha ist, der in die Evolution eintritt und diese stützt – in sich alle göttlichen Möglichkeiten; doch das individuelle seelische Wesen, das die Seele vertritt, nimmt die Unvollkommenheit der Natur an und entfaltet sich in ihr, bis es seine volle seelische Essenz wiedergefunden und sich mit dem Selbst darüber, dessen individuelle Projektion in der Evolution es ist, geeint hat. Diese Dualität im Wesen auf all seinen Ebenen – denn dies trifft auf andere Art und Weise nicht nur für das Selbst und die Seele zu, sondern auch für den mentalen, vitalen und physischen Purusha – muss erkannt und angenommen werden, bevor die Erfahrungen des Yoga voll verstanden werden können.

Das Wesen ist durch und durch eins, doch auf jeder Ebene der Natur wird es durch eine Form seiner selbst vertreten, welche jener Ebene entspricht, durch den mentalen Purusha auf der mentalen Ebene, durch den vitalen Purusha auf der vitalen Ebene, durch den physischen Purusha auf der physischen Ebene. Die Taittiriya-Upanishad spricht von zwei weiteren Ebenen des Wesens, der Ebene des Wissens oder der Wahrheit und der Ananda-Ebene, jede mit ihrem Purusha; diese sind jedoch, obwohl Einflüsse von ihnen herabkommen können, für das menschliche Mental überbewusst, und ihre Natur ist bislang hier noch nicht geformt.

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Das individuelle Selbst wird meist als Teil des Transzendenten und des kosmischen Selbstes beschrieben; in den höheren und feineren Bereichen des Bewusstseins erkennt es sich als solches, doch auf den niederen Ebenen, auf denen das Bewusstsein sich mehr und mehr verhüllt, identifiziert es sich mit den Oberflächenformen der Persönlichkeit, den Gebilden der Prakriti, und nimmt seinen göttlichen Ursprung nicht mehr wahr. Das Selbst, sobald man seiner gewahr wird, wird als etwas selbständig Bestehendes und Ewiges erkannt, das sich mit den Formen der mentalen, vitalen und physischen Personalität nicht identifiziert, denn diese sind nichts anderes als geringe Ausdrucksformen seiner Möglichkeiten in der Natur. Was der Mensch als sein Selbst bezeichnet, ist nur sein Ego oder sein Mental, die Lebenskraft, sein Körper; der Grund hierfür ist, dass er allein die Gestaltungen der Prakriti wahrnimmt und nicht sieht, was dahinter steht.

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Sowohl das zentrale Wesen als auch die Seele sind auf verschiedene Weise Teile des Göttlichen. Tatsächlich sind sie zwei Aspekte der gleichen Wesenheit, doch befindet sich der eine, ohne sich zu entwickeln, über der Natur, der andere entwickelt ein seelisches Wesen in der Natur.

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Es ist das individuelle Wesen, das ein Teil des Göttlichen ist. Das universale Selbst oder der Atman, der in allen gleich ist, ist kein Teil, sondern ein Aspekt des Göttlichen.

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Das Selbst ist das Göttliche als solches in einem essentiellen Aspekt; es ist kein Teil von ihm. Die Formulierung „nicht einmal ein Teil“ oder „nur ein Aspekt“ hat keine Bedeutung. Ein Aspekt ist nichts Geringeres als ein Teil.

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Weißt du, was „essentiell“ bedeutet? Es besteht ein Unterschied zwischen der Essenz einer Sache, die immer die gleiche ist, und ihren Gestaltungen und Entwicklungen, die verschieden sind. Es gibt zum Beispiel die Essenz des Goldes, und es gibt viele verschiedene Formen, die das Gold annehmen kann.

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Eine Essenz kann nicht definiert werden – sie ist einfach.

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Das Göttliche ist mehr als der Atman. Es ist ebenfalls die Natur. Es enthält alles in Sich.

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Um die dynamische Verwirklichung zu erlangen, reicht es nicht aus, den Purusha von der Unterwerfung an die Prakriti zu befreien; man muss die Ergebenheit des Purusha gegenüber der niederen Prakriti mit ihrem Spiel unwissender Kräfte auf die Höchste Göttliche Shakti übertragen, auf die Mutter.

Es ist ein Fehler, die Mutter mit der niederen Prakriti und ihrem Mechanismus der Kräfte zu identifizieren. Die Prakriti hier ist lediglich ein Mechanismus, der für das Wirken der evolutionären Unwissenheit in Gang gesetzt wurde. Genauso wie das unwissende mentale, vitale oder physische Wesen nicht das Göttliche ist, obwohl es vom Göttlichen stammt, so ist auch der Mechanismus der Prakriti nicht die Göttliche Mutter. Kein Zweifel, etwas von ihr ist in diesem Mechanismus enthalten und steht dahinter, um ihn für das evolutionäre Ziel aufrechtzuerhalten; doch in sich ist sie nicht eine Shakti der Unwissenheit, Avidya, sondern das Göttliche Bewusstsein, die Macht, das Licht, Para Prakriti, an die wir uns um Befreiung und die göttliche Erfüllung wenden.

Die Verwirklichung des Purusha-Bewusstseins, ruhig, frei, das Spiel der Kräfte beobachtend, doch ihm weder verhaftet noch darin verstrickt, ist ein Weg der Befreiung. Die Ruhe, die Loslösung, eine friedvolle Starke und Freude (atmarati) müssen in das Vital und Physische herabgebracht werden und ebenso in das Mental. Ist dies gefestigt, dann ist man nicht länger eine Beute für die Stürme vitaler Kräfte. Doch diese Ruhe, dieser Friede, die verhaltene Stärke und Freude sind nichts als ein erstes Herabkommen der Macht der Mutter in das menschliche System; den adhara. Dahinter steht ein Wissen, eine ausführende Macht, ein dynamischer Ananda, die nicht von der gewöhnlichen Prakriti, auch nicht von ihrer besten und lichtvollsten Seite stammen, sondern die ihrem Wesen nach Göttlich sind.

Zuerst jedoch bedarf man der Ruhe, des Friedens, der Befreiung. Zu versuchen, die dynamische Seite zu früh herabzubringen, ist nicht ratsam, denn dies würde ein Herabkommen in eine unruhige und ungeläuterte Natur sein, die unfähig wäre, dies zu verarbeiten, was ernste Störungen zur Folge haben könnte.

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Was ich mit Prakriti oder Natur meine, ist die äußere oder ausführende Seite der Shakti oder Bewusstseins-Kraft, welche die Welten bewegt. Diese äußere Seite scheint mechanisch zu sein, ein Spiel der Kräfte, gunas usw. Dahinter steht das lebendige Bewusstsein und die Kraft des Göttlichen, die göttliche Shakti. Die Prakriti als solche ist in eine niedere und höhere geteilt, die niedere ist die Prakriti der Unwissenheit, die Prakriti des Mentals, Lebens und der Materie, in ihrem Bewusstsein vom Göttlichen getrennt; die höhere ist die Göttliche Prakriti des Sachchidananda mit ihrer manifestierenden Kraft des Supramentals, immer des Göttlichen bewusst und frei von der Unwissenheit und ihren Folgen. Der Mensch, solange er sich in der Unwissenheit befindet, ist der niederen Prakriti unterworfen doch mit Hilfe der spirituellen Evolution wird er sich der höheren Natur bewusst und versucht, mit ihr in Berührung zu kommen. Er kann in sie aufsteigen, und sie kann in ihn herabkommen – und ein derartiges Aufsteigen und Herabkommen vermag die niedere Natur von Mental, Leben und Materie umzuwandeln.

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Briefe über den Yoga

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