Читать книгу Briefe über den Yoga - Sri Aurobindo - Страница 30
V. Die Seele und das seelische Wesen
Оглавление4Die Seele kann nicht als derjenige Teil bezeichnet werden, der sich in direkter Berührung mit der supramentalen Ebene befindet –, doch ist einmal die Verbindung mit dem Supramental hergestellt, dann ist sie es, die am unmittelbarsten darauf reagiert. Unser seelischer Wesensteil stammt direkt vom Göttlichen und steht in Kontakt mit dem Göttlichen. Seinem Ursprung nach ist er ein Zentrum voller göttlicher Möglichkeiten, das diese niedere dreifache Manifestation von Mental, Leben und Körper trägt. Es gibt dieses göttliche Element in allen lebenden Wesen, doch ist es hinter dem gewöhnlichen Bewusstsein verborgen, ist zunächst nicht entwickelt, und selbst wenn es entwickelt ist, tritt es nicht immer hervor; es verleiht sich in dem Maße Ausdruck, wie es die Unvollkommenheit seiner Instrumente erlaubt, und ist an deren Mittel und Begrenzungen gebunden. Es wächst an Bewusstsein durch die auf Gott gerichtete Erfahrung und gewinnt jedes Mal Kraft, wenn eine höhere Regung in uns ist; schließlich wird durch die Anhäufung dieser tieferen und höheren Regungen eine seelische Individualität entwickelt – das, was wir meist das seelische Wesen nennen. Das seelische Wesen ist immer die wahre, doch oft verborgene Ursache dafür, dass sich ein Mensch dem spirituellen Leben zuwendet, und ist für diesen Schritt seine größte Hilfe. Aus diesem Grund müssen wir es im Yoga aus dem Hintergrund hervortreten lassen.
Das Wort „Seele“ und „seelisch“ wird in der englischen Sprache sehr unbestimmt und mit ganz unterschiedlicher Bedeutung gebraucht. Sehr häufig wird in der gewöhnlichen Umgangssprache kein deutlicher Unterschied zwischen Mental und Seele gemacht, und ein noch ernster zu nehmendes Durcheinander entsteht dadurch, dass mit dem Wort „Seele“ das vitale Begierdenwesen – die falsche Seele oder Begierdenseele – bezeichnet wird und nicht die wahre Seele, das seelische Wesen. Das seelische Wesen ist vom Mental oder Vital völlig verschieden; es steht hinter ihnen, dort wo diese sich im Herzen treffen. Dies ist sein zentraler Ort, doch eher hinter dem Herzen als im Herzen; denn was die Menschen gewöhnlich das Herz nennen, ist der Sitz des Gefühls, und menschliche Gefühle sind mental-vitale Impulse und im Allgemeinen nicht von seelischer Natur. Diese meist verborgene Macht im Hintergrund ist von Mental und Lebenskraft verschieden, sie ist die wahre Seele, das seelische Wesen in uns. Die Macht der Seele besteht darin, auf Mental, Vital und Körper einzuwirken, sie vermag das Denken, die Wahrnehmung, das Gefühl (welches dann ein seelisches Gefühl wird) sowie die Empfindung und Tat und alles Übrige in uns zu läutern und sie auf diese Weise darauf vorbereiten, zu göttlichen Regungen zu werden.
Das seelische Wesen würde in der indischen Sprache als der Purusha im Herzen bezeichnet werden, als Chaitya Purusha:5 doch mit Herz ist das innere oder geheime Herz gemeint, hydaye guhayam, und nicht das äußere, vital-emotionale Zentrum. In dem Abschnitt im „Arya“, auf den du dich beziehst, ist die Rede von der wahren seelischen Wesenheit, der Seele (die sich vom vitalen Begierden-Mental unterscheidet).
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Vom seelischen Wesen wurde in den alten (philosophischen) Systemen als dem Purusha im Herzen gesprochen (dem geheimen Herzen – hydaye guhayam), was voll mit dem übereinstimmt, was wir als das seelischen Wesen hinter dem Herz-Zentrum bezeichnen. Es verlässt den Körper beim Tod und besteht fort – dies stimmt wiederum mit unserer Auffassung überein, dass es das seelische Wesen ist, das hinausgeht und zurückkehrt und ein neues mit einem früheren Leben verbindet. Wir sagen, dass die Seele der göttliche Teil in uns ist – und auch dort wird der Purusha im Herzen als der Ishvara der individuellen Natur beschrieben.
Das Wort „Seele“ wird im Englischen auf sehr unbestimmte Art gebraucht – häufig bezieht es sich auf das ganze nicht-physische Bewusstsein und schließt sogar das Vital mit all seinen Begierden und Leidenschaften ein. Daher musste der Ausdruck „seelisches Wesen“ geprägt werden, um diesen göttlichen Teil von den instrumentalen Teilen der menschlichen Natur zu unterscheiden.
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X vermutet anscheinend, dass ich mit seelischem Wesen das erleuchtete Ego meine. Die Menschen verstehen deshalb nicht, was ich mit dem Ausdruck „seelisches Wesen“ meine, da das Wort „Seele“ im Englischen für alles gebraucht wird, was sich auf das innere Mental, das innere Vital oder das innere Physische bezieht oder auch auf alles Anormale oder Okkulte, sogar auf die feineren Regungen des äußeren Wesens – alles in kunterbuntem Durcheinander; selbst okkulte Phänomene werden häufig als psychisch bezeichnet. Eine Unterscheidung dieser verschiedenen Teile des Wesens ist unbekannt. Selbst in Indien ist das alte Wissen der Upanishaden, das diese Unterscheidung kannte, verlorengegangen. Der Jivatman, das seelische Wesen (Purusha Antaratman), der Manomaya Purusha, der Pranamaya Purusha – alles wird in einen Topf geworfen.
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Ich weiß nicht, was mit diesem Ausdruck genau gemeint sein soll – er ist für eine Beschreibung der Seele zu unbestimmt und begrenzt. Antahkarana bedeutet meist Mental und Vital, im Gegensatz zum Körper, da der Körper das äußere Instrument und manah prana das innere Instrument der Seele ist. Mit Seele meine ich etwas, das sich von einem geläuterten Mental und Vital unterscheidet. Ein geläutertes Mental, ein geläutertes Vital gehen aus dem Wirken eines erwachten und befreiten seelischen Wesens hervor, sie sind jedoch nicht die Seele selbst.
Nochmals, es hängt davon ab, was mit ahambhava, dem „Ich“-Zustand gemeint ist. Doch die Seele ist kein Seinszustand, bhava. Sie ist ein Purusha. Ahambhava ist ein Gebilde der Prakriti, es ist kein Wesen oder Purusha. Ahambhava kann sich auflösen, der Purusha aber bleibt.
Unter einem befreiten seelischen Wesen verstehe ich, dass dieses nicht länger gezwungen ist, sich unter den Bedingungen seiner dunklen und unwissenden Instrumente auszudrücken – wie hinter einem Schleier –, sondern dass es hervorzutreten vermag, um das Wirken von Mental, Leben und Körper zu kontrollieren und zu verändern.
Manchmal spricht man von einem geläuterten und vollkommenen seelischen Wesen; damit ist vermutlich das seelische Wirken im Mental, Vital und in den physischen Instrumenten gemeint. Ein geläutertes inneres Wesen ist nicht gleichbedeutend mit einer geläuterten Seele, sondern es ist ein geläutertes inneres Mental, Vital, ein geläuterter Körper. Die Ausdrücke, die ich für die Seele benutzte, waren „erwacht“ und „befreit“.
„Spirituelle Individualität“ ist eine ziemlich unbestimmte Formulierung und kann auf verschiedene Weise gedeutet werden. Über das seelische Wesen schrieb ich, dass die Seele ein Funke Göttlichen Feuers sei, der die individuelle Evolution auf Erden stütze; das seelische Wesen ist das sich entfaltende Seelen-Bewusstsein oder besser noch seine Manifestation von einem Leben zum anderen, mit Mental, Vital und Körper als seinen Instrumenten, bis sie alle für die Einung mit dem Göttlichen bereit sind, ich glaube nicht, dass ich dem noch etwas hinzufügen kann.
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Der Purusha in der Prakriti wird der Kshara Purusha genannt – wenn er sich von ihr loslöst, ist es der Akshara Purusha.
Ego-Sinn und Purusha sind zwei ganz verschiedene Dinge – der Ego-Sinn ist ein Mechanismus der Prakriti, der Purusha dagegen ist das bewusste Wesen.
Das seelische Wesen entfaltet sich, es ist daher nicht unveränderlich.
Das seelische Wesen ist hauptsächlich die Seele der Individualität, die in der Manifestation die individuelle Prakriti entfaltet und an der Evolution teilnimmt. Es ist jener Funke Göttlichen Feuers, der hinter Mental, Vital und dem Physischen als seelisches Wesen wächst, bis es fähig ist, die Prakriti der Unwissenheit in eine Prakriti des Wissens umzuwandeln. Diese Dinge findest du nicht in der Gita, doch kann ich mein Wissen nicht auf das in der Gita Dargelegte beschränken.
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Nein, das intuitive Selbst oder, besser gesagt, das intuitive Bewusstsein, das sich irgendwo oberhalb des Mentals befindet, ist etwas ganz anderes. Die Seele steht hinter dem Wesen. Ihre deutlichsten Merkmale sind eine einfache und aufrichtige Hingabe an das Göttliche, das unmittelbare und augenblickliche Gefühl dessen, was recht ist, was zur Wahrheit und zum Göttlichen führt, und das instinktive Zurückweichen vor allem Gegenteiligen.
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Zwischen der Seele in ihrer Essenz und dem seelischen Wesen muss unterschieden werden. Hinter allem und jedem steht die Seele, der Funke des Göttlichen – keiner könnte ohne sie bestehen. Es ist jedoch durchaus möglich, ein vitales und physisches Wesen zu besitzen, die durch eine derartige Seelen-Essenz aufrechterhalten werden, doch ohne ein deutlich entwickeltes seelisches Wesen dahinter.
Ganz richtig. es gibt ein inneres Wesen, das aus dem inneren Mental, dem inneren Vital, dem inneren Physischen besteht – doch ist dies nicht das seelische Wesen. Die Seele ist das innerste Wesen von allen und von jenen ganz verschieden. Im Englischen wird das Wort Seele tatsächlich für alles angewendet, das etwas anderes oder Tieferes ist als das äußere Mental und Leben und der äußere Körper oder auf etwas Okkultes oder Überphysisches hinweist; doch diese Anwendung bringt Verwirrung und Fehler mit sich, und wir müssen sie nahezu gänzlich fallenlassen.
Das seelische Wesen ist durch Oberflächenregungen verhüllt und drückt sich, so gut es dies vermag, durch seine drei äußeren Instrumente aus, die aber eher durch von außen wirkende Kräfte als durch das innere Wesen oder die seelische Wesenheit gelenkt werden. Doch dies bedeutet nicht, dass sie von der Seele völlig abgeschnitten sind. Die Seele befindet sich ebenso im Körper wie das Mental oder Vital – doch ist der Körper nicht nur dieser grobstoffliche Leib, sondern auch der feinstoffliche. Wenn der grobstoffliche Körper abfällt, dann bleiben die vitalen und mentalen Hüllen des Körpers als Gefäß der Seele übrig, bis auch diese sich auflösen.
Die Seele einer Pflanze oder eines Tieres schlummert nicht – ihre Ausdrucksmittel sind lediglich weniger entwickelt als die eines menschlichen Wesens. Es gibt viel Seelisches in der Pflanze, viel Seelisches im Tier. Die Pflanze hat nur die vital-physischen Elemente in ihrer Form entfaltet; das Bewusstsein hinter dieser Form der Pflanze besitzt keine entwickelte oder geordnete Mentalität, die fähig wäre, sich auszudrücken; das Tier hingegen geht einen Schritt weiter; es hat ein vitales Mental und ein gewisses Maß des Selbstausdrucks, doch sein Bewusstsein ist begrenzt, seine Mentalität ist begrenzt, seine Erfahrungen sind begrenzt; auch bringt die seelische Essenz, um sich auszudrücken, ein weniger entwickeltes Bewusstsein und eine weniger entwickelte Erfahrung hervor als diejenige, welche im Menschen möglich ist. Und dennoch haben Tiere eine Seele und können bereitwillig auf die Seele im Menschen ansprechen.
Der „Geist“ [ghost] eines Menschen ist natürlich nicht seine Seele. Er ist entweder der Mensch, der in seinem vitalen Körper erscheint, oder er ist ein Fragment der vitalen Struktur des Menschen, das von einer Kraft oder Wesenheit der vitalen Welt für ihre eigenen Zwecke benützt wird. Normalerweise besteht das vitale Wesen mit seiner Personalität nach der Auflösung des physischen Körpers nur eine Zeitlang fort; anschließend geht es in die vitale Ebene ein, wo es solange bleibt, bis sich seine vitale Hülle auflöst. Hierauf begibt sich die Seele in der mentalen Hülle zu einer mentalen Welt; schließlich aber verlässt die Seele auch ihre mentale Hülle und begibt sich zu ihrem Ort der Ruhe. Wenn das Mental stark entwickelt ist, vermag das mentale Wesen [bei der Seele] zu bleiben, ebenso ein stark entwickeltes Vital, vorausgesetzt sie sind von dem wahren seelischen Wesen geformt und um es zentriert – sie teilen dann die Unsterblichkeit der Seele. Doch für gewöhnlich geschieht dies nicht: es findet eine Auflösung sowohl des Mentals und Vitals als auch der physischen Teile statt, und die Seele, wenn sie wiedergeboren wird, nimmt ein neues Mental, ein neues Leben (Vital) und einen neuen Körper an und nicht, wie oft vermutet wird, die Nachbildung ihrer alten Natur. Eine derartige Wiederholung wäre ohne Sinn und Nutzen und würde den Zweck der Wiedergeburt verfehlen; denn dieser besteht in einer Weiterentwicklung der menschlichen Natur durch Erfahrung und aus einem evolutionären Wachsen der Seele in dieser Natur ihrem Selbstfinden entgegen. Die Seele aber bewahrt den essentiellen Eindruck ihrer vergangenen Leben und Persönlichkeiten, und ihre neue Geburt und Persönlichkeit stellen einen Ausgleich zwischen dieser Vergangenheit dar und dem, dessen die Seele in der Zukunft bedarf.
P. S. Es gibt Fälle einer raschen Wiedergeburt des äußeren Wesens, das seine alte Persönlichkeit fortsetzt und sogar die Erinnerung an das vergangene Leben bewahrt, doch ist dies eine Ausnahme und geschieht meist, wenn durch vorzeitigen Tod eine Frustration stattgefunden hat und im Vital der starke Wille vorherrscht, seine nicht beendete Erfahrung fortzusetzen.
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6Zwischen der Seele in ihrer Essenz und dem seelischen Wesen muss unterschieden werden. Hinter allem und jedem steht die Seele, der Funke des Göttlichen – keiner könnte ohne sie bestehen. Es ist jedoch durchaus möglich, ein vitales und ein physisches Wesen zu besitzen, ohne ein deutlich entwickeltes seelisches Wesen dahinter. Dennoch kann man keine allgemein gültige Regel aufstellen in dem Sinne, dass ein Primitiver keine Seele besitzt oder dass sich bei ihm nirgendwo eine Seele zeigt.
Das innere Wesen setzt sich aus dem inneren Mental, dem inneren Vital und dem inneren Physischen zusammen –, doch dies ist nicht das seelische Wesen. Die Seele ist das innerste Wesen und von jenen ganz verschieden. Im Englischen wird das Wort „Seele“ tatsächlich für alles gebraucht, das etwas anderes oder Tieferes als das äußere Mental und Leben und den äußeren Körper bezeichnet, für alles Okkulte oder Überphysische: doch diese Ausdrucksweise bringt Verwirrung und Fehler mit sich, und wenn wir über den Yoga sprechen oder schreiben, müssen wir sie gänzlich fallenlassen. In der gewöhnlichen Umgangssprache mag ich manchmal das Wort „seelisch“ in einem freieren, populäreren Sinn gebrauchen; oder in der Poesie, die an intellektuelle Genauigkeit nicht gebunden ist, spreche ich manchmal von der Seele in einem mehr allgemeinen und äußerlichen Sinn, jedoch genauso in ihrer wahren Bedeutung.
Das seelische Wesen ist durch Oberflächen-Regungen verhüllt und drückt sich, so gut es kann, durch seine äußeren Instrumente aus, die aber eher durch von außen wirkende Kräfte als durch die inneren Einflüsse der Seele gelenkt werden. Doch dies bedeutet nicht, dass sie von der Seele völlig abgeschnitten sind. Die Seele befindet sich ebenso im Körper wie das Mental oder Vital – doch ist der Körper, in dem sie wohnt, nicht allein dieser grobstoffliche Rahmen, sondern auch der feinstoffliche Körper. So bald die grobstoffliche Hülle abfällt, bleiben die vitalen und mentalen Hüllen des Körpers als Gefäß der Seele noch bestehen, bis auch diese sich auflösen.
Die Seele einer Pflanze oder eines Tieres kann man nicht insgesamt als schlummernd bezeichnen – ihre Ausdrucksmittel sind lediglich weniger entwickelt als die eines menschlichen Wesens. Es gibt viel Seelisches in der Pflanze, viel Seelisches im Tier. Die Pflanze aber hat in ihrer Form nur das Vital-Physische entwickelt, daher kann sie sich nicht ausdrücken; das Tier hat ein vitales Mental und kann sich zwar ausdrücken, doch ist sein Bewusstsein begrenzt, seine Erfahrungen sind begrenzt und daher verfügt die Seelen-Essenz über ein weniger entwickeltes Bewusstsein, eine weniger entwickelte Erfahrung als diejenige, die im Menschen vorhanden oder zumindest möglich ist. Und dennoch haben Tiere eine Seele und können bereitwillig auf die Seele im Menschen ansprechen.
Ein „Geist“ [ghost] ist natürlich nicht die Seele. Er ist entweder der Mensch, der in seinem vitalen Körper erscheint, oder er ist ein Fragment seines Vitals, das von einer vitalen Kraft oder Wesenheit benützt wird. Unser vitales Wesen besteht normalerweise nach der Auflösung des Körpers eine Zeitlang fort und geht dann in die vitale Ebene ein, wo es bleibt, bis sich die vitale Hülle auflöst. Dann begibt sich die Seele, sofern sie mental entwickelt ist, in der mentalen Hülle zur mentalen Welt, und schließlich verlässt sie auch ihre mentale Hülle und begibt sich zu ihrem Ort der Ruhe. Bei einem stark entwickelten Mental kann unser mentaler Teil auch bei der Seele bleiben, genau wie der vitale; Voraussetzung ist, dass sie vom seelischen Wesen geformt und um dieses zentriert sind – dann teilen sie die Unsterblichkeit der Seele. Andernfalls nimmt die Seele die Essenz von Mental und Leben in sich auf und begibt sich zu einer zwischengeburtlichen Ruhe.
Ein reiner Vampir hat keine Seele, denn ein Vampir ist ein vitales Wesen – doch in jedem Menschen (auch wenn er von einem vitalen Wesen oder einer Vampirkraft beherrscht wird) steht hinter allem eine Seele.
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Die Seele wird als der Funke Göttlichen Feuers im Leben und in der Materie bezeichnet, doch ist dies ein Gleichnis. Sie wird nicht als ein Funke des Bewusstseins bezeichnet.
Es gibt ein mentales, ein vitales und ein physisches Bewusstsein, die sich von der Seele unterscheiden. Seelisches Wesen und Bewusstsein sind nicht dasselbe.
Wenn die Seele oder „der Funke Göttlichen Feuers“ eine seelische Individualität zu entwickeln beginnt, dann wird diese seelische Individualität „das seelische Wesen“ genannt.
Die Seele oder der Funke besteht vor der Entwicklung eines geformten Vitals oder Mentals. Die Seele ist ein Teil des Göttlichen, sie kommt in die Evolution gleichsam als ein dieser innewohnendes göttliches Prinzip herab, um die Entwicklung der Individualität aus der Unwissenheit zum Licht zu tragen. Sie formt im Laufe dieser Evolution eine seelische Individualität, die von Leben zu Leben wächst und Mental, Vital und Körper, die sich entfalten, als ihre Instrumente benutzt. Die Seele ist es, die unsterblich ist, während das Übrige sich auflöst; sie aber geht von einem Leben zum anderen und nimmt die essentielle Erfahrung dieser Leben sowie die Kontinuität der individuellen Evolution auf sich.
Das gesamte Bewusstsein, das mentale, vitale und physische, muss aufsteigen und sich mit dem höheren Bewusstsein verbinden; hat diese Verbindung stattgefunden, wird das höhere Bewusstsein in diese Teile herabkommen. Die Seele aber steht hinter all dem und stützt es.
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Das Supramental ist das Wahrheits-Bewusstsein; darunter liegt das Obermental, dessen charakteristische Eigenschaft es ist, die Mächte des Göttlichen zu empfangen und wenn möglich getrennt zu verarbeiten mit dem Ziel, dass jede [dieser Mächte] auf ihre eigene Art handelt und versucht, eine eigene Welt zu schaffen oder aber, im Kontakt untereinander, den anderen möglichst das eigene Prinzip aufzuerlegen. Seelen, die auf die Obermental-Ebene herabkommen, handeln auf die gleiche Weise. Von hier stammt das Prinzip einer für sich bestehenden Individualität. Diese ist sich zunächst noch ihres göttlichen Ursprungs bewusst, doch in dem Maße, wie sie weiter herabkommt, trennt sie sich von diesem mehr und mehr, sie vergisst ihn und wird schließlich durch das Prinzip der Trennung und des Egos gelenkt. Denn das Mental ist von der Wahrheit weiter entfernt als das Obermental, die vitale Natur ist von der Verwirklichung unwissender Kräfte in Anspruch genommen, während in der Materie dann das Ganze in etwas übergeht, das ein fundamentales Unbewusstes zu sein scheint. Es ist die Maya des Obermentals, die diese Welt regiert; doch in der Materie verliert sie sich im Unbewussten, aus welchem Bewusstsein dann wieder auftaucht und emporsteigt, um Leben und Mental in die Materie herabzubringen und sich im Mental den höheren Bereichen zu öffnen – die noch in einer Art direkter Verbindung mit der Wahrheit stehen (Intuition, Obermental, Supramental).
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Geformte Seelen gehen nur in geformte Organismen ein; im Protoplasma besteht der Funke des Göttlichen, jedoch nicht eine geformte Seele.
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Die Seele, die diesem individuellen Dasein hier innewohnt, ist der Funke des Göttlichen. Sie wächst und entfaltet sich in Form des seelischen Wesens, sie kann also noch nicht die Mächte des Göttlichen besitzen. Doch ihr Vorhandensein ermöglicht es dem Individuum, sich dem Göttlichen zu öffnen und dem Göttlichen Bewusstsein entgegenzuwachsen; und wenn sie handelt, geschieht es immer im Hinblick auf das Licht und die Wahrheit und mit der Hinwendung zum Göttlichen.
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Aufgabe der Seele ist es, auf jeder Ebene zu wirken und jeder dazu zu verhelfen, zur wahren Wahrheit und zur Göttlichen Wirklichkeit zu erwachen.
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Es ist nicht jede Seele entwickelt und tätig; und nicht jede Seele ist unmittelbar dem Göttlichen zugewandt, bevor sie den Yoga ausübt. Lange Zeit hindurch sucht sie das Göttliche eher über Menschen und Dinge als auf dem direkten Wege.
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Du scheinst meine Antwort ganz und gar nicht verstanden zu haben. Im gewöhnlichen Bewusstsein, in dem das Mental und das Übrige nicht wach sind, wirkt die Seele so gut sie kann durch jene, doch gemäß den Gesetzen der Unwissenheit.
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Alles gehört zur Natur – die Seele selbst handelt unter den Bedingungen und mit Hilfe der Natur.
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Die Seele ist immer rein, doch Wissen und Kraft sind ihr involviert und treten nur hervor, wenn das seelische Wesen sich entwickelt und stärker wird.
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Das seelische Wesen ist die Seele, die sich im Laufe von Geburt und Wiedergeburt entfaltet; die Seele aber ist ein Teil des Göttlichen, und bei ihr befindet sich immer das verhüllte Göttliche, Hrishikesha.
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Das Göttliche ist immer im inneren Herzen und verlässt es nicht.
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Sie [die Seele] ist in fortwährendem Kontakt mit dem immanenten Göttlichen – dem geheimen Göttlichen in der Individualität.
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Es [das seelische Wesen und die Göttliche Gegenwart im Herzen] sind zwei ganz verschiedene Dinge. Das seelische Wesen ist das eigene individuelle Seelen-Wesen. Es ist nicht das Göttliche, obwohl es vom Göttlichen stammt und sich auf das Göttliche hin entwickelt.
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Die Seele ist es, die in direkter Beziehung zum transzendenten Göttlichen steht und die menschliche Natur zum Höchsten führt.
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Die Seele ist die Stütze der individuellen Evolution; sie ist mit dem Universalen sowohl durch direkten Kontakt als auch durch Mental. Vital und Körper verbunden.
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Was das seelische Wesen zur Sadhana beiträgt ist dies; 1. Liebe und bhakti, doch nicht eine vitale, fordernde und egoistische, sondern eine bedingungslose Liebe, die keine Ansprüche erhebt, die für sich besteht; 2. den inneren Kontakt mit der Mutter oder ihre innere Gegenwart; 3. die untrügliche innere Führung;4. die Beruhigung und Läuterung des Mentals, Vitals und physischen Bewusstseins durch ihre Unterwerfung gegenüber dem seelischen Einfluss und der seelischen Führung; 5. die Öffnung des gesamten niederen Bewusstseins gegenüber dem darüberliegenden höheren spirituellen Bewusstsein, damit dieses in eine Natur herabkommen kann, die darauf vorbereitet ist, es mit vollkommener Aufnahmebereitschaft und in der richtigen Haltung zu empfangen – denn die Seele vermittelt das rechte Denken, die rechte Wahrnehmung, das rechte Fühlen, die rechte Haltung.
Man kann sein Bewusstsein von der mentalen und vitalen Ebene erheben und die Macht herabbringen, den Ananda, das Licht und das Wissen; doch dies ist sehr viel schwieriger und, wenn das Wesen nicht genügend vorbereitet und geläutert ist, in seinem Ergebnis ungewiss, ja sogar gefährlich. Mit der seelischen Kraft zu diesem Ziel aufzusteigen, ist der weitaus beste Weg. Wenn du dich derart vom seelischen Zentrum erheben kannst, umso besser.
Was du sagst bedeutet, dass die Seele und die mentalen Zentren miteinander in Verbindung stehen und du hierdurch fähig bist, Dinge vom höheren Bewusstsein herabzubringen. Doch es ist nicht so, dass du das Zentrum im Kopf mit dem Zentrum oder der Weite darüber ausgetauscht hast. Dies findet meist durch ein allmähliches Aufsteigen der bewussten Teile zum Scheitelpunkt des Kopfes und dann darüber statt. Doch um dies zu erreichen darf man sich nicht abmühen oder versuchen, es herbeizuzwingen; es wird von selbst kommen.
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Das seelische Wesen ist die Seele, der Purusha im geheimen Herzen, das durch seine Gegenwart das Wirken von Mental, Leben und Körper stützt. Das Vital ist der Pranamaya Purusha, von dem in der Taittiriya-Upanishad die Rede ist, das Wesen, das hinter der Lebens-Kraft steht; es bringt in seiner äußeren Form in der Welt der Unwissenheit die Begierden-Seele hervor, von der die meisten Menschen beherrscht werden und die sie oft mit der wirklichen Seele verwechseln.
Der Atman ist das Selbst oder der Spirit, der darüber bleibt, rein und unbefleckt, unberührt von den Makeln des Lebens, von Begehren und Ego und Unwissenheit. Er wird als das wahre Wesen der Individualität erkannt, doch im weiteren Sinn auch als das gleiche Wesen in allen und als das Selbst im Kosmos; er besteht ebenfalls selbständig über dem individuellen und kosmischen Dasein und wird dann der Paratman genannt, das höchste Göttliche Wesen. Diese Unterscheidung hat nichts zu tun mit derjenigen zwischen Seele und Vital; das vitale Wesen ist nicht das, was man als Atman erkennt.
Das Vital in Form der Begierden-Seele und Begierden-Natur beherrscht in großem Umfang das Bewusstsein in den meisten Menschen, denn die Menschen werden vom Begehren gelenkt. Doch ist der eigentliche Lenker des Bewusstseins, sogar in der Oberflächennatur, das mentale Wesen, jener manomayah purusa prana-sarira-neta der Upanishad. Die Seele beeinflusst das Bewusstsein von weiter innen, doch um sie zu finden, muss man das gewöhnliche Bewusstsein ablegen, man muss in das innerste Wesen eintreten und dieses zum Lenker des Bewusstseins machen, das es eigentlich sein sollte. Dies durchzuführen ist eines der hauptsächlichen Ziele des Yoga. Das Vital sollte dem Bewusstsein als Instrument dienen und nicht sein Lenker sein.
Das vitale Wesen ist nicht das Ich – das Ego ist mental, vital und physisch. Ego heißt die Identifizierung unseres Daseins mit dem äußeren Selbst sowie die Unkenntnis unseres wahren Selbstes über uns und des seelischen Wesens in uns.
In gewisser Weise sind die verschiedenen Wesen oder Purushas in uns seelische, mentale, vitale und physische Projektionen des Atman, doch gewinnt dies erst dann volle Bedeutung, wenn wir uns unserem inneren Wesen zuwenden und unsere innere Wahrheit erkennen. An der Oberfläche, in der Unwissenheit ist es die mentale, vitale und physische Prakriti, die handelt, und der Purusha wird gleichsam in diesem Handeln der Prakriti außer Kraft gesetzt. Wir sind uns unseres wahren mentalen Wesens, unseres wahren vitalen Wesens, unseres wahren physischen Wesens nicht einmal bewusst; diese bleiben im Hintergrund, verhüllt und schweigend. Es ist das mentale, vitale und physische Ego, das wir für unser Wesen halten, bis wir zur Erkenntnis gelangen.
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Die Seele und das Leben sind zwei ganz verschiedene Mächte. Die Seele ist ein Funke des Göttlichen Spirits, sie stützt die individuelle Natur; Mental, Leben und Körper sind die Instrumente für die Manifestation der Natur. In den meisten Menschen ist die Seele verborgen und durch das Wirken der äußeren Natur verdeckt; sie verwechseln das vitale Wesen mit der Seele, denn das Vital ist es, welches den Körper anregt und antreibt. Doch dieses Vital besteht aus Begierden und ausführenden Kräften, guten und schlechten; es ist die Begierden-Seele und nicht die wahre Seele. Erst wenn die wahre Seele (Psyche) hervortritt und die Tätigkeit der instrumentalen menschlichen Natur zu beeinflussen und dann zu beherrschen beginnt, kann der Mensch seine vitalen Begierden überwinden und einer göttlichen Natur entgegenwachsen.
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1. Die Seele und das seelische Wesen sind praktisch das gleiche, wobei sogar in jenen, die kein seelisches Wesen entwickelt haben, dennoch ein Funke des Göttlichen ist, der als Seele bezeichnet werden kann. Das seelische Wesen wird im Sanskrit der Purusha im Herzen genannt oder der Chaitya Purusha. (Das seelische Wesen ist die Seele, die sich in der Evolution entwickelt.)
2. Die Unterscheidung zwischen Purusha und Prakriti ist im Sankhya-System die folgende: der Purusha ist das schweigende, betrachtende Bewusstsein, welches das Wirken der Prakriti beobachtet – die Prakriti aber ist die Kraft der Natur, die man als Vollbringerin aller Taten empfindet, sobald man sich von dem Gefühl befreit, dass das Ego der Handelnde ist. Darauf findet die Verwirklichung dieser beiden Wesenheiten statt (Purusha-Prakriti). Doch all dies hat mit dem seelischen Wesen nichts zu tun. Dieses wird im Mental, Vital und Physischen gefühlt – am leichtesten im Mental, wo sich das mentale Wesen (Purusha) befindet, das die Übrigen kontrolliert (manomayah purusa prana-sarira-neta).
3. Prajna, Taijasa usw. gehören einer anderen Kategorie an, sie haben mit den einzelnen Teilen des Wesens nichts zu tun, sondern bezeichnen vielmehr drei verschiedene Zustände des Wesens (Wach-Zustand, Traum-Zustand, Schlaf-Zustand – grob, fein, kausal).
Ich glaube, man sollte nicht versuchen, diese verschiedenartigen Dinge miteinander in Beziehung zu bringen – es wäre zu verwirrend. Sie gehören anderen Kategorien und einer anderen Erfahrungsweise an.
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Das innere mentale Wesen bewacht, beobachtet und beurteilt alles, was in dir geschieht. Die Seele bewacht und beobachtet nicht auf diese Weise, so wie ein Zeuge, sondern fühlt und erkennt spontan auf eine viel direktere und lichtvollere Art, eben durch die Reinheit ihrer Natur und den ihr innewohnenden göttlichen Instinkt; daher enthüllt sie sofort, wann immer sie hervortritt, die rechten und falschen Regungen in deiner Natur.
Das Wesen des Menschen setzt sich aus diesen Elementen zusammen, und die Seele dahinter stützt sie alle sowohl das innere Mental, Vital und Physische als auch die äußere, ganz nach außen gerichtete Natur von Mental, Leben und Körper, die deren Instrument des Ausdrucks ist. Darüber jedoch befindet sich das zentrale Wesen (Jivatman), das sie alle für seine Manifestation benutzt: es ist ein Teil des Göttlichen Selbstes: doch diese seine Wirklichkeit ist dem nach außen gerichteten Menschen verborgen, der sein innerstes Selbst, seine innerste Seele durch das mentale und vitale Ego ersetzt. Nur jene, die begonnen haben, sich selbst zu erkennen, werden sich ihres wahren zentralen Wesens bewusst; und dennoch ist es immer vorhanden, es steht hinter der Tätigkeit von Mental, Leben und Körper und wird am direktesten durch die Seele vertreten, die ein Funke des Göttlichen ist. Durch das Wachsen des seelischen Elementes in der Natur gelangt man nach und nach in bewussten Kontakt mit dem zentralen Wesen über sich. Wenn dies geschieht und das zentrale Wesen mit bewusstem Willen die Regungen der Natur kontrolliert und ordnet, dann erlangt man die wahre, die spirituelle Selbst-Meisterung, die mit einer teilweisen und lediglich mentalen oder moralischen nichts zu tun hat.
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Das mentale Wesen, von dem in der Upanishad die Rede ist, ist kein Bestandteil des mentalen nervlich-physischen Systems, sondern der manomayah purusah prana-sarira-neta, das mentale Wesen als Lenker von Leben und Körper. Es könnte nicht so bezeichnet werden, wenn es ein Bestandteil dieses Systems wäre. Auch kann dieses System oder ein Teil von ihm nicht der Purusha sein, denn das System besteht aus der Prakriti. In der Upanishad wird es als manomaya beschrieben, da sich das seelische Wesen hinter einem Schleier befindet; und da der Mensch das mentale Wesen in Leben und Körper ist, lebt er in seinem Mental und nicht in seiner Seele – daher ist für ihn der manomaya purusa der Lenker von Leben und Körper; die dahinterliegende Seele jedoch nimmt er gar nicht oder nur undeutlich in besonderen Augenblicken wahr. Im Menschen wird die Seele, die ein milder und rechtmäßiger König ist, gleichsam durch den Ersten Minister, den manomaya, vertreten; dieser manomaya ist es, an den sich die Prakriti um Zustimmung für ihr Wirken wendet. Und dennoch gibt die Darlegung in der Upanishad nur die scheinbare Wahrheit der Sache wieder, die allein für den Menschen und das Entwicklungsstadium des Menschen gültig ist –, denn im Tier wäre eher der pranamaya purusa das wahre vitale Wesen, das der neta, der Lenker von Mental und Körper ist. Das ist auch der Grund, warum ich der Herausgabe von „Wiedergeburt und Karma“ noch nicht zugestimmt habe7, denn dies muss richtiggestellt und durch die tiefere Wahrheit ersetzt werden. Ich beabsichtigte, dies später zu tun, hatte dann aber keine Zeit, die verbleibenden Artikel zu beenden.
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Die „tragikomische“ Ungereimtheit, von der du sprichst, rührt von der Tatsache her, dass der Mensch nicht aus einem, sondern aus vielen Teilen besteht und dass jeder Teil seine eigene Persönlichkeit besitzt. Dies haben die Menschen noch nicht hinreichend erkannt – die Psychologen beginnen es oberflächlich zur Kenntnis zu nehmen, doch erst dann, wenn ein besonders ausgeprägter Fall einer doppelten oder vielfachen Persönlichkeit vorliegt. Doch tatsächlich sind alle Menschen so. Das Ziel im Yoga sollte sein, ein starkes zentrales Wesen zu entwickeln und unter ihm alles Übrige zu harmonisieren und zu verändern, was verändert werden muss. Ist dieses zentrale Wesen die Seele, dann gibt es keine große Schwierigkeit mehr. Ist es das mentale Wesen, manomayah purusah prana-sarira-neta, dann wird es schwieriger – es sei denn, das mentale Wesen würde lernen, mit dem größeren Willen und der größeren Macht des Göttlichen stets in Kontakt zu bleiben.
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Ich verstehe die Frage, so wie sie gestellt wurde, nicht. Jeder Teil muss deutlich vom anderen unterschieden werden und seine Arbeit tun, und jeder muss von der Seele oder von oben die Wahrheit empfangen. Die herabkommende Wahrheit wird mehr und mehr ihr Wirken harmonisieren, doch wird die vollkommene Harmonie erst mit der supramentalen Vollendung erreicht werden.
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Deine Erfahrung ist der erste Zustand yogischen Bewusstseins und Selbsterkennens. Das durchschnittliche Mental erfährt sich lediglich als Ego mit all den durcheinandergewürfelten Regungen der menschlichen Natur und glaubt, da es sich mit diesen Regungen identifiziert, „ich tue dies und empfinde das, ich denke, ich freue oder sorge mich usw.“ Der erste Anfang einer wahren Selbsterkenntnis ist, wenn du dich von der Natur in dir und ihren Bewegungen getrennt fühlst; dann erkennst du, dass es viele Teile deines Wesens gibt, viele Persönlichkeiten, von denen jede selbständig und auf ihre Weise handelt. Die beiden verschiedenen Wesen, die du in dir fühlst, sind einmal das seelische Wesen, das dich zur Mutter zieht, und dann das äußere Wesen, meist von vitaler Natur, das dich nach außen und nach unten zum Spiel der niederen Natur zieht. Weiterhin gibt es hinter dem Mental in dir das beobachtende Wesen, den Purusha als Zeugen, der, abgelöst vom Spiel der Natur, dieses betrachtet und zu wählen vermag. Er muss sich immer auf die Seite des seelischen Wesens stellen, dessen Regungen zustimmen, sie stützen und die nach unten und außen gerichteten Bewegungen der niederen Natur zurückweisen; diese muss der Seele unterworfen und durch ihren Einfluss verändert werden.
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Der Zustand, den du beschreibst, bedeutet nicht, dass der Yoga nicht ausgeübt werden sollte, sondern dass du stetig weitergehen musst und den Zwiespalt zwischen den beiden Teilen deines Wesens auszugleichen hast. Diese Spaltung ist durchaus normal und beinahe universal in der menschlichen Natur; dem niedrigeren statt dem höheren Impuls zu folgen, passiert beinahe jedem Menschen. Das ist auch das Problem, das in der Frage, die Arjuna an Krishna richtet, auftaucht: „Warum tut man Böses, obwohl man es doch nicht tun will, so als würde man mit Gewalt dazu gezwungen?“. Dies drückt ebenso Horaz aus, wenn er sagt: „Video meliora proboque, Deteriora sequor“ („Ich sehe das Bessere und stimme ihm zu und dennoch folge ich dem Schlechteren“). Durch fortwährende Bemühung und fortwährendes Streben kann man zu jenem Wendepunkt gelangen, an dem die Seele die Oberhand gewinnt: und was eine ganz geringfügige seelische Wende zu sein scheint, ändert das ganze Gleichgewicht der Natur.
Du betrachtest das äußere Wach-Bewusstsein als die wahre Person oder das wahre Wesen und folgerst daraus, dass dieses und nichts anderes die Verwirklichung erlangen oder sich daran halten müsse – denn hier [auf Erden] gäbe es nur das Wach-Bewusstsein. Das ist ein Irrtum, durch den die Unwissenheit andauert und von dem man sich nicht befreien kann. Der erste eigentliche Schritt aus der Unwissenheit besteht darin, die Tatsache zu akzeptieren, dass dieses äußere Bewusstsein nicht die eigene Seele ist, nicht das Selbst, nicht die wirkliche Person, sondern nur eine vorübergehende Gestaltung an der Oberfläche, die den Zwecken des Oberflächenspiels dient. Die Person ist innen, nicht an der Oberfläche – die äußere Persönlichkeit ist Person lediglich im Sinne des lateinischen Wortes persono mit der ursprünglichen Bedeutung: „die Maske“.
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Die Seele hat den Rang, von dem du sprichst, da die Seele mit dem Göttlichen in der niederen Natur in Berührung steht. Das innere Mental, das innere Vital und Physische hingegen sind Teile des Universums und den Dualitäten offen – nur sind sie umfassender als das äußere Mental, das äußere Leben, der äußere Körper und können umfassender und leichter den göttlichen Einfluss empfangen.
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Das Wort Antaratma wird auf sehr unbestimmte Weise gebraucht, so etwa wie das Wort Seele im Englischen – auf diese Weise gebraucht, bezieht es das ganze innere Wesen mit ein, das innere Mental, das innere Vital und Physische, sogar das innerste Wesen, die Seele.
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Europäisches Denken war größtenteils unfähig, über die Formel „Seele und Körper“ hinauszugehen, und bezog hierbei meist das Mental in die Seele mit ein sowie alles, außer dem Körper, in den Begriff Mental. Einige Okkultisten machten einen Unterschied zwischen Spirit, Seele und Körper. Gleichzeitig aber muss ein unbestimmtes Gefühl vorhanden gewesen sein, dass Seele und Mental nicht ganz das gleiche sind, denn es gibt die Redewendung „dieser Mensch hat keine Seele“ oder „er ist eine Seele“, was besagen soll, dass er etwas in sich hat, das über sein bloßes Mental und seinen Körper hinausgeht. Doch all dies ist sehr unbestimmt. Eine deutliche Unterscheidung wird weder zwischen Mental und Seele gemacht noch zwischen Mental und Vital, und häufig wird sogar das Vital für die Seele gehalten.
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Aber das ist es ja gerade8, was von der westlichen Wissenschaft diskutiert wird oder zumindest bis gestern diskutiert wurde und was man immer noch als nicht erwiesen ansieht. Es wird behauptet, die Vorstellung eines Selbstes außerhalb des Körpers sei eine Täuschung. Es seien die Erfahrungen des Körpers, die zur Vorstellung eines Selbstes führten, und der Wunsch zu leben nähre sich illusorisch von der Idee, ein Selbst überdauere den Körper. Zudem ist der Westen an die christliche Auffassung gewöhnt, das Selbst würde mit dem Körper erschaffen – eine Idee, welche die Christen von den Juden übernahmen, die an Gott, doch nicht an die Unsterblichkeit glauben;und das ist die Ursache, warum westliches Denken für jede Vorstellung einer Reinkarnation unzugänglich ist. Man glaubt, die Seele würde im Körper geboren, und zwar, dass Gott zuerst den Körper erschüfe und dann die Seele hineinhauche (prana?). Für Europäer ist es schwierig, dieses vergangene geistige Erbe abzulegen.
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In den Upanishaden wird das seelische Wesen in der Größe eines Daumens beschrieben. Das ist natürlich ein symbolisches Bild. Denn gewöhnlich ist das seelische Wesen, wenn man es in einer Gestalt sieht, größer. Was das innere Wesen anbelangt, so empfindet man es als groß, da das wahre Mental, das wahre Vital oder selbst das wahre Physische bewusstseinsmäßig viel weiter sind als das äußere Bewusstsein, das vom Körper begrenzt wird. Wenn man in das Physische herabkommt und alle Tätigkeiten der Natur in ihm spielen fühlt, scheinen die äußeren Teile das gesamte Bewusstsein zu beherrschen – selbst die mentalen und vitalen Regungen werden dann durch den Körper und als Dinge einer gesonderten Ebene gefühlt. Doch wenn man im inneren Wesen lebt, nimmt man ein Bewusstsein wahr, das sich ins Universale auszudehnen beginnt, während das äußere zu einer von äußeren Kräften aufgewühlten Oberflächenbewegung wird.
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Ja, das seelische Wesen hat eine Form. Doch diese erscheint nicht auf der Photographie; denn die Seele hat nicht immer eine Form, die der des Körpers ähnelt, sie ist manchmal sogar ganz verschieden von ihm. Betrachten wir eine Photographie, dann sehen wir nicht die Form, sondern etwas vom Bewusstsein, das sich entweder im Körper ausdrückt oder sonst irgendwie durchbricht; man kann es über die Photographie wahrnehmen oder fühlen.
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Die Seele ist nicht durch eine Form begrenzt doch das seelische Wesen bringt, um sich auszudrücken, eine Form hervor, genau wie die mentalen, vitalen und feinstofflichen Purushas; das heißt, dass man selbst oder auch jemand anderer das eigene seelische Wesen in dieser oder jener Form sehen kann. Doch es gibt zwei Arten des Sehens: nämlich in der gültigen, charakteristischen Form, die von dem seelischen Wesen in diesem Leben angenommen wurde, und in der symbolischen Form, wenn man die Seele zum Beispiel als neugeborenes Kind im Schoß der Mutter sieht.
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Wenn der Sadhak, von dem die Rede ist, seine Seele tatsächlich in der Gestalt einer Frau gesehen hat, kann es nur eine erdachte Erscheinung gewesen sein, die auf eine Eigenschaft oder ein Attribut der Seele hinweist.
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