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Paladin 1573115 ließ sich mit ausgebreiteten Armen durch das All gleiten. Er hatte sich vor wenigen Sekunden vom Asteroiden, hinter dem er sich versteckt gehalten hatte, abgestoßen und überließ nun Fliehkraft und Masseträgheit den Großteil der Arbeit.

Das System trug den Namen Istani und befand sich am äußersten Rand des strategisch wichtigen Tibat-Sektors. Dieser Sektor diente als Aufmarschgebiet für alle Operationen gegen die linke Flanke der Sekarifront und war aus diesem Grund von hoher Bedeutung. Das war vermutlich der Grund, weshalb die Rebellen hier eine Basis errichtet hatten.

Die Paladine hatten den kompletten Sektor in den letzten Monaten nahezu lückenlos überwacht. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis ihnen ein Rebellenschiff ins Netz ging. Als es dann so weit war und sie eines ihrer Bergungskommandos im Fokus hatten, waren sie ihm schlichtweg bis zu seiner Heimatbasis gefolgt. Es war lächerlich einfach gewesen.

Paladin 1573115 war ein guter Soldat. Er liebte das Imperium. Und er liebte seinen Dienst am Imperium. Mehr noch: Er war der felsenfesten Überzeugung, dass das Imperium ein strahlendes Leuchtfeuer der Zivilisation in einem dunklen und unbarmherzigen Universum darstellte. Für die Rod’Or und ihr gewaltiges Reich zu leben, zu kämpfen und im Bedarfsfall zu sterben, war die höchste Ehre, die irgendein Lebewesen erreichen könnte. Paladin 1573115 hatte keine Angst vor dem Tod. Im Gegenteil war er jederzeit bereit, sein Leben zu geben für die Rod’Or und den Traum, den sie erschaffen hatten.

Seinen früheren Namen kannte er gar nicht mehr. Kein Paladin tat das. Wer auch immer sie zuvor gewesen waren, verschwand nach Ausbildung und Konditionierung. Diese Existenz verblasste und ging auf in einem neuen Leben.

Die Paladine sprachen sich untereinander mit einer verkürzten Version ihrer Kennnummern an. So war Paladin 1573115 bei seinen Vorgesetzten und unter seinen Kameraden einfach nur als Einsfünf bekannt. Es war alles an Identität, was er benötigte. Er brauchte einfach nicht mehr. Das Imperium wusste sehr genau, was das Beste für ihn war. Das Imperium hatte ihm alles gegeben. Wie könnte er sich weigern, für die Rod’Or weniger zu geben?

Einsfünf streifte mit der Hand leicht über einen vorüberziehenden Asteroiden und verlangsamte dadurch seine Geschwindigkeit. Er hob die geballte Faust. Die Paladine hinter ihm taten es ihm gleich. Das Team bestand aus fünfzig Mann und war eines von vieren, die sich der Rebellenbasis näherten.

Zweihundert Paladine würden reichen, den feindlichen Stützpunkt einzunehmen. Einsfünf verzog vor Abscheu die Miene unter seinem Helm. Es war schon genug, gegen Syall, Sekari und andere Feinde des Imperiums zu kämpfen, aber Rebellen stellten für ihn den niedersten Dreck, den schlimmsten Abschaum dar. Sie hatten die Chance gehabt, Teil von etwas wahrhaft Großem zu werden. Und welchen Weg hatten sie gewählt? Sie hatten sich gegen die Rod’Or gestellt, gegen das Imperium. Sie mussten vernichtet werden.

Einsfünf betrachtete die vor ihm liegende Basis genau. Der überwiegende Teil lag auf der Oberfläche eines Asteroiden. Es handelte sich um miteinander verbundene Bunkeranlagen. Sie waren durch Abwehrwaffen gut geschützt. Ihre Verteidigung war auf einen Großangriff von Kriegsschiffen ausgelegt. Aber keine wehrhafte Basis – ganz gleich, wie gut sie gesichert und bewaffnet war – bot einen hundertprozentigen Schutz gegen eine verdeckte Operation. Vor allem nicht, wenn die angreifenden Soldaten bereit waren, für die Erfüllung ihrer Aufgabe notfalls auch ihr Leben zu geben. Und Einsfünf und seine Kameraden waren mehr als bereit.

Einsfünfs Blick folgte den sichtbaren Einrichtungen der Basis bis über den Äquator hinunter, der den Asteroiden astronomisch in zwei Hälften teilte. Noch während er den Rebellenstützpunkt angestrengt musterte, öffnete sich ein großes Hangartor wie das gefräßige Maul einer Bestie und ein Angriffskreuzer des Imperiums sowie mehrere Schwere Korvetten der Syall schwebten heraus. Die Flottille änderte den Kurs und steuerte den Rand des Asteroidenfelds an.

Einsfünf bedeutete den anderen Paladinen zurückzubleiben. Die Elitesoldaten verbargen sich inmitten der Gesteinsbrocken. Einsfünf beobachtete die Schiffe genau. Sie passierten den Standort seines Teams in weniger als zwanzig Kilometern Abstand.

Es war unwahrscheinlich, dass man sie von dort drinnen würde entdecken können, trotzdem verharrten die Paladine an Ort und Stelle.

Kaum hatten die Rebellenschiffe das Asteroidenfeld verlassen, da beschleunigten sie und sprangen bereits kurz darauf aus dem System.

Einsfünf knirschte mit den Zähnen. Es wurmte ihn, dass ihr Angriff nun nicht hundertprozentig erfolgreich verlaufen würde. Diese Schiffe waren ihnen durch die Lappen gegangen. Sein Blick richtete sich erneut auf den Stützpunkt. Aber wenigstens konnten sie dafür sorgen, dass es in diesem System keine Basis mehr gab, zu der sie zurückkehren konnten.

Er öffnete eine Frequenz. »Einsfünf an alle«, sprach er leise in das Kommgerät. »Los!«

Einsfünf gab sich selbst im selben Moment einen Stoß und die Paladine, angeführt von seiner Person, steuerten auf die immer noch geöffnete Hangarbucht zu.

Das Maul schloss sich mit zunehmender Geschwindigkeit, aber Einsfünf überkam weder Panik noch Unsicherheit. Er wusste genau, was er tat.

Die Paladine schwebten durch die Öffnung, nur wenige Sekunden bevor sich diese zur Gänze schloss. Wenn alles nach Plan verlief, drangen zwei weitere Teams gerade an der Oberfläche in einen der Bunker ein, um die Mannschaftsquartiere anzugreifen. Der letzte Trupp würde sich in diesem Moment auf die Suche nach der Kommandozentrale machen.

Die Paladine nutzten ihre letzte Bewegungsenergie, um die Stege und Galerien zu erreichen, die den Hangar auf einer Seite umschlossen. Von hier an herrschte künstliche Schwerkraft.

Die Elitesoldaten packten die Geländer und schwangen sich darüber hinweg. Ihre metallenen Stiefel verursachten ein schweres Tong, als sie das Deck berührten.

Direkt vor ihm befand sich ein Rebellensoldat. Der Mann drehte sich um. Sein Helm war geschlossen. Dennoch konnte sich Einsfünf durchaus vorstellen, wie verwundert der Kerl reagieren musste, angesichts einer halben Hundertschaft Paladine, die gerade den Hangar stürmten.

Einsfünf hätte den Mann niederschießen können. Es wäre ein denkbar einfaches und schnelles Ende für den Rebellen gewesen. Aber im Bruchteil einer Sekunde entschied der Paladin anders. Er zog die speziell gehärtete Klinge von einer Scheide auf dem Rücken. Das Schwert war dafür geschmiedet worden, Rüstungen problemlos zu durchdringen. Und tatsächlich hatte die Klinge keinerlei Mühe mit dem Rebellensoldaten. Einsfünf schlug dem Mann ungerührt den Kopf ab, als dieser noch dabei war, seine Seitenwaffe zu ziehen.

Der Torso blieb noch einen Moment aufrecht stehen, dann kippte dieser seitlich um. Der Kopf des Rebellen lag bereits am Boden – immer noch im Helm.

Die Paladine gingen zum Angriff über. Pulsgewehre zischten und knatterten. Schwerter wurden gezogen und Rebellen damit gnadenlos niedergemacht. Innerhalb kürzester Zeit entbrannte ein heftiger Kampf. Die Rebellen verteidigten den Hangar bis aufs Blut. Für einen Augenblick überkam Einsfünf fast so etwas wie Respekt für seine Gegner. Er schob die unerwartete Gefühlsaufwallung jedoch schnell wieder beiseite. Das hier waren Rebellen. Sie hatten die Rod’Or verraten. Sie verdienten weder Respekt noch Mitgefühl.

Einsfünf ging skrupellos und bar jeder Emotion seiner Arbeit nach. Die Paladine metzelten sich quer durch den Hangar. Allein Einsfünf tötete in diesem Zeitraum vierzehn Rebellen. Als der Letzte von ihnen am Boden lag, verharrte der Elitesoldat in Diensten der Rod’Or. Die Stille nach einer Schlacht hatte etwas von der Endgültigkeit des Todes an sich. Er genoss diesen Augenblick jedes Mal, führte es ihm doch vor Augen, dass er seine Sache gut gemacht hatte.

Erneut aktivierte er eine Frequenz. »Dreiacht? Status!«, verlangte er von seinem Adjutanten.

»Sieben Tote, elf Verwundete«, berichtete Dreiacht nicht ohne Stolz in der Stimme.

Einsfünf nickte beifällig. »Sieben Tote? Hätte schlimmer kommen können. Bereich sichern und auf Gegenangriff vorbereiten.«

»Verstanden«, erwiderte Dreiacht.

Einsfünf wechselte die Frequenz. »Team fünf-sieben an Mutterschiff.«

Auf eine Antwort brauchte der Paladin nicht lange zu warten. »Bericht!«, forderte Cha’acko sofort. Der Honuh-ton-Agent hatte bereits darauf gewartet, dass sich der Paladin meldete.

»Hangar unter Kontrolle«, meldete Einsfünf.

»Ausgezeichnet«, honorierte Cha’acko. »Abschluss der gesamten Operation in vierzig Minuten.« Der Honuh-ton-Agent kappte die Verbindung.

Einsfünf nahm sich kurz Zeit, den Hangar in Augenschein zu nehmen. An verschiedenen Dockkragen hingen im Moment acht Schiffe. Drei davon stammten aus den Beständen des Imperiums, bei den übrigen handelte es sich um Syall- und Sekarieinheiten. Er rümpfte die Nase. Diese Schiffe würden nie wieder Jagd auf loyale Diener des Imperiums machen.

Sein Blick richtete sich auf die Leiche des Rebellensoldaten zu seinen Füßen. Vierzig Minuten? Wenn alles weiterhin so reibungslos verlief, dann befand sich die Basis lange vorher in ihrer Hand.

* * *

Der Schwere Kreuzer der Ashrak schwebte elegant in den geöffneten Hangar und machte an einem der freien Dockkragen fest. Eine Rampe wurde ausgefahren und Ashraksoldaten marschierten in perfekter Formation heraus.

Die Paladine, die den Angriff geführt hatten, warteten in Habtachtstellung. Die Körper steif und durchgedrückt. Von den zweihundert Elitesoldaten waren etwas weniger als die Hälfte übrig. Das Ergebnis erfüllte Einsfünf mit nicht geringem Stolz. Die anderen Einheiten waren nicht so effizient gewesen wie seine Leute.

Vor allem der Angriff auf die Kommandozentrale war ganz und gar nicht nach Plan verlaufen. Die Blutläufer hatten sich dort eingeigelt und verbissen gekämpft. Das mit dem Sturm auf die Zentrale beauftragte Team war fast gänzlich ausgelöscht worden. Nur drei der Paladine hatten überlebt und zähneknirschend um Unterstützung ersucht. Es war schließlich Team fünf-sieben gewesen, das die Zentrale eingenommen hatte. Am Ende hatte seine Einheit achtzehn Opfer zu beklagen und darüber hinaus etwa ein Dutzend Verwundete. Aber sie hatten gesiegt – und Team fünf-sieben hatte maßgeblich Anteil daran.

Einsfünf betrachtete die Reihen der aus dem Schiff marschierenden Ashrak-Blutläufer mit einigem Missmut. Nun kamen die Fischköpfe – nachdem die Action bereits vorüber war. Innerlich schüttelte Einsfünf den Kopf. Es waren die Paladine, die die Kastanien aus dem Feuer holten, nicht die Ashrak. Es waren die Paladine gewesen, die diese Basis eingenommen hatten, nicht die Ashrak. Die Paladine waren die einzig wahren Diener des Imperiums.

Cha’acko kam in Sicht. Die Paladine, einschließlich Einsfünf, hielten sich mit einem Mal noch ein klein wenig steifer. Der Honuh-ton-Agent verharrte für einen Moment oben an der Rampe und ließ den Blick über den Hangar und die erbeuteten Schiffe schweifen. Selbst über diese Entfernung spürte Einsfünf dessen tiefe Befriedigung. Cha’acko verhielt sich wie ein Feldherr, der nach der gewonnenen Schlacht die Beute des Krieges inspizierte. Einsfünf hatte keinerlei Zweifel daran, dass die Rod’Or den Agenten für seine Verdienste großzügig belohnen würden.

Cha’acko stapfte die Rampe herunter, die allgegenwärtige Entourage seiner Offiziere, Adjutanten und Ordonnanzen im Schlepptau.

Der Honuh-ton-Agent kam vor den versammelten Paladinen zum Stehen. Einsfünf war einer von nur zwei Teamführern, die den Kampf überlebt hatten. Nach Sitte des Imperiums wurden die nun führungslosen Männer unter den anderen beiden Teams aufgeteilt, um die erlittenen Verluste auszugleichen. Die führungslosen Teams hörten von diesem Moment an auf zu existieren, bis sich die Ashrak irgendwann einmal vielleicht dazu entschlossen, diese Einheiten neu aufzustellen.

Der Kopf des fischähnlichen Wesens bewegte sich in der Karikatur eines menschlichen Nickens steif vor und zurück. Nicht zum ersten Mal fragte sich Einsfünf, ob das eine natürliche Geste der Ashrak war oder ob sich Cha’acko dies angewöhnt hatte, sobald er sich in der Gegenwart menschlicher Blutläufer und Paladine aufhielt.

»Gut gemacht«, hallte Cha’ackos Stimme durch den Hangar. »Ihr habt dem Imperium heute Ehre erwiesen und eine große Bedrohung für diesen Teil der Front neutralisiert. Die Rod’Or werden davon erfahren. Eure Einheiten werden für diese Operation ausgezeichnet.«

Die Paladine blieben stocksteif stehen. Keiner rührte auch nur einen Muskel. Die Ankündigung Cha’ackos löste nicht mehr Reaktionen aus, als hätte der Ashrak gerade verkündet, dass es heute Abend Haferbrei zum Abendessen geben würde. Ehrungen waren irrelevant. Für das Imperium kämpfen zu dürfen, war Ehre genug.

Cha’acko trat näher, bis er unmittelbar vor Einsfünf stand. Mit einer knappen Geste bedeutete er dem Paladin, seinen Helm zu öffnen. Einsfünf zögerte, aber nur für einen Sekundenbruchteil. Die Paladine fühlten sich unwohl, wenn sie ihr Gesicht öffentlich zeigten. Normalerweise hielten sie ihren Helm fast die ganze Zeit über geschlossen. Lediglich zum Essen und Schlafen nahmen sie ihn ab.

Aber die Aufforderung des Ashraks war eindeutig und Befehl war schließlich Befehl. Einsfünf fuhr den Helm ein und die Metallplättchen zogen sich nacheinander in den Kragen der Rüstung zurück. Der Paladin blinzelte im ungewohnten Licht. Er war den Blickwinkel aus dem Inneren seiner Rüstung gewohnt.

Cha’acko wartete geduldig, bis Einsfünf sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatte. Die Schuppen des Ashraks waren von einem tiefen Grün erfüllt, was dessen Freude zum Ausdruck brachte.

»Wie ich hörte, sind wir dir und deinen Leuten zu besonderem Dank verpflichtet. Ihr habt gut gekämpft.«

Einsfünf starrte weiterhin über einen imaginären Punkt hinter Cha’ackos linker Schulter. Er wusste nichts zu sagen. Was hätte er auch vorbringen können? Als Paladin hatte er schließlich nur seine Pflicht getan und die Feinde der Rod’Or zur Strecke gebracht.

Cha’acko trat einen Schritt näher, bis nur noch eine Handbreit Boden die beiden Männer voneinander trennte.

»Willst du dem Imperium weiterhin dienen, mein Freund?«

Nun richtete Einsfünf doch seinen Blick auf den Ashrak. Die Augen des Paladins glänzten feurig vor unverhohlenem Fanatismus.

Cha’acko lehnte sich leicht zurück. Seine Schuppen nahmen sogar einen noch tieferen Grünton an. »Ich denke, wir werden für dich und die Deinen eine neue Aufgabe finden.«

Blutläufer 2: Aufstand der Sklaven

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