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Blind Dates

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Um nochmals die Gefahr von Blind Dates zu verdeutlichen, erzähle ich nun folgende heikle Story, die meine Lebensgeschichte vorweisen kann. Durch eine Antwort auf eine Kontaktanzeige in einer Tageszeitung meldete sich ein Käfer. Eine weiblicher Käfer mit Namen Wilma. Wir telefonierten eine Weile und amüsierten uns prächtig. Während des Gespräches verstärkte sich mir der Eindruck aufgrund zweideutiger Bemerkungen, die sie so vom Stapel ließ, dass die liebe Wilma nicht in der Lage ist, den Wunsch auf sexuelle Befriedigung richtig zu artikulieren. Zum Glück gab sie mir ihre Telefonnummer und ich bekam im Computer ihre Adresse heraus. Wie wäre es mit einem Überraschungsbesuch? Dachte ich mir.

Die Geisterstunde rückte zwar näher, aber egal. Also organisierte ich, Kavalier alter Schule, mir einen hübschen Blumenstrauß. Das kommt immer gut an! Dachte ich mir. Aber woher nehmen um diese Uhrzeit? Ich schlich mich also in die elterliche Wohnung, da ich ganz genau wusste, dass sich dort noch ein Strauß befand, weil Muttertag erst vor zwei Tagen gewesen war.

Die Blumen geklaut setzte ich mich in meinen frisierten Fiat Panda, brachte die Tachonadel gewaltig zum Zittern, überholte auf der Autobahn einen Alfa Romeo bei Tempolimit 50 mit Tempo 130 auf der rechten Spur und gelangte schließlich sicher zu Wilmas Wohnung. Und so klopfte ich kurz nach Mitternacht an ihre Wohnungstür. Dieses riskante Manöver könnte der Anfang einer vielversprechenden Aktion sein, die am Schluss mit einem Nümmerchen belohnt werden könnte. Ich spielte in Gedanken Pornopoly. Gehe mit ihr ins Bett. Begib dich direkt dorthin. Leg sofort mit dem Bumsen los. Ziehe keinen Pariser über. Dachte ich mir. Wer nichts riskiert, kann auch nichts gewinnen. Welch fataler Fehler, der mit nichts zu vergleichen wäre, es sei denn, man hätte den im Gletschereis gefundenen Ötzi damals auf die Sonnenbank zum Auftauen platziert. Am Telefon hörte sich ihre Stimme gut an. Hübsches Stimmchen bedeutet aber noch lange nichts. Vorsicht, bei Frauen mit solchen Eigenschaften ist meistens etwas faul. Als sie mir die Tür öffnete, diagnostizierte ich sofort ihre astrologische Zugehörigkeit. Sternzeichen: Nilpferd. Aszendent: Mops.

Meine schlimmsten Befürchtungen gingen also in Erfüllung. Hier befanden sich Optik und Akustik nicht im Einklang. Wilma die Wuchtige, war, wie der Name schon andeutet, halt eine etwas in die Jahre gekommene zweieinhalb Zentner schwere promovierte Fleischfachverkäuferin. Vollschlanke Akademikerin in den besten Jahren, stand da übrigens in der Anzeige. Mit so einer Reizüberflutung an unerotischen Accessoires war ich noch nie konfrontiert worden. Dass ich in diese Situation gekommen bin, hat wahrscheinlich etwas mit meinen karmischen Schulden zu tun. Badelatschen, Trainingshose, weiße Tennissocken. So was kannte ich eigentlich nur von mir. Diese Aufmache einer Frau sollte übrigens mal in die Genfer Konvention aufgenommen und verboten werden. Auch nützte es recht wenig, als das dicke Luder begann, sich auf dem Sofa verlockend zu rekeln und zu rollen. Auf mich wirkte dies jedoch nicht besonders einladend. Auch noch ein Rollmops!

Da sprang absolut kein Funken der Begeisterung für ein kleines Abenteuer bei mir über. Wie viel Bier muss jemand wie ich eigentlich trinken, damit da eine sexuelle Inspiration in Gange kommt? Schnell raus hier! Um aus ihren Fängen zu entkommen, verließ ich unter einem Vorwand hektisch ihre Wohnung. Die floristische Kavaliersgeste nahm ich wieder mit und brachte sie am nächsten Tag wieder zurück nach Muttern in die Blumenvase, da wo sie hingehörte. Aber diese Aktion interessiert ja jetzt niemanden mehr. Dachte ich mir.

In dieser Nacht war ich so aufgedreht und ich musste einfach noch etwas unternehmen. Ich begab mich in eine Disco, den Tummelplatz für alle Tussies, die nur darauf warten, von einem Typ wie mir verdorben zu werden. Dachte ich mir. Dort traf ich zu meiner Verwunderung Charakter-Nick, einen alten Kumpel, der sich in Begleitung eines Mädels befand. Er begrüßte mich herzlich und stellte mir seine Bekannte mit Cousine Sabine, eine vereinsamte Naturliebhaberin aus dem Ruhrgebiet, vor. Sie kämpft gerade in ihrem Ghetto für eine idyllische Parkanlage, meinte er, mit Bäumen, wo Nachtigallen nisten können. Naturliebhaberin? Ghetto? Überm Ghetto weht der Wind, ging mir zu der Melodie von Sag mir wo die Blumen sind durch den Sinn.

Ich musterte sie einen Augenblick. Ihr eichhörnchenblondes Haar war schlechter frisiert als ihr Vibrator, vermutete ich. Zwei Probleme also. Der elektrische Stimulator könnte ihr zum Verhängnis werden, wenn knapp vor dem Höhepunkt der Vibrator einen Kurzschluss bekommt. Die Haare wären eine Sache für den Friseur gewesen. Das Problem mit dem Massagestab machte ich zu meiner Chefsache. Wollte sie ins Bett locken, damit sie dort ungestört flöten konnte wie eine Nachtigall. Wo kommst du denn her?, fragte ich als Einstieg für eine anspruchslose Konversation, die auch jede Tussie mit hohem Intelligenzmangel locker beantworten kann. Bochum! Ich darauf: Was ist denn so gebacken in Bochum? Sie teilte mir mit, dass man in Bochum recht gut weggehen und etwas unternehmen kann. Ob ich schon mal das Bochumer Bermuda Dreieck erkundet hätte? Bochumer Bermuda Dreieck? Kenn ich nicht! Hört sich ja gefährlich an. Verschwinden dort plötzlich Menschen in Kneipen, wie Kaninchen im Zauberhut? Oder hat das was damit zu tun, dass dir auf dem Weg zur Toilette die Unschuld abhandengekommen ist? Diese Vermutung schien ihr zu intim. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und zog ein entstelltes Gesicht. Trägst du eigentlich keinen BH?, fragte ich. Der Spruch reichte. Ich hatte sie vergrault! Anstatt Mädchen zu verderben, hatte ich mir selbst den Abend verdorben. So kann es gehen. Lockerungsübungen auf der Latex-Matratze musste ich jene Nacht alleine machen.

Die Pastorin und der Punk

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