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Vorwort

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Dieses Buch wuchs in häuslicher Abgeschiedenheit im März 2020. Eigentlich wäre das nichts Besonderes. Wie sonst, wenn nicht in Ruhe und Einsamkeit, könnten Bücher geschrieben werden? Doch die Arbeit an diesem Buch vollzog sich anders als gewöhnlich. Ein wenig erinnerte Augsburg in diesen Wochen an die Atmosphäre Giovanni Bocaccios Decamerone. Die von ihm beschriebene Isolation in Fiesole während der ersten mittelalterlichen Pestphase transportiert ein ähnliches Gefühl: Unsichtbar war die Bedrohung in einer menschenleeren Stadt, in der Kirchturmglocken und Vögel den Ton angaben und für die markantesten Lärmemissionen sorgten. In dieser unwirklichen, leisen, bescheiden gewordenen Welt tippte ich Gedanken über den urbanen Raum und das Leitbild der authentischen Stadt auf die Festplatte. Das Buch wollte ich verstanden wissen als einen Vorschlag zur kulturellen Nachhaltigkeit, beziehungsweise einer Kultur der Nachhaltigkeit, in der Stadt der Zukunft. Ich ging davon aus, die urbane Zukunft sei leise, verzichtete auf den Lärm der Verbrennungsmotoren. Arbeit bedeute, so glaubte ich, am Computer im Homeoffice zu agieren und in Webkonferenzen zusammenzukommen. Fern, so dachte ich, seien diese Vorstellungen. Nun war diese Zukunft durch Ausgangsbeschränkungen unerwartet Gegenwart. SARS-Cov-2 hieß der Grund. Es war keineswegs ein Umdenken für den Klimaschutz, der diese Zukunft zum Jetzt gemacht hatte. Plötzlich verordnete ein Virus den radikalen Klimaschutz, den niemand für möglich gehalten hätte. Plötzlich wurden auch die enormen Verluste sichtbar, die ein radikaler Eingriff bewirkt. Obwohl die Möglichkeit des Klimaschutzes in greifbare Nähe zu rücken schien, wurde seine Ferne schmerzlich spürbar.

Das Virus und seine pandemische Verbreitung wirkten sich auf das Buch sehr wohl aus. In Bayern waren die Bibliotheken geschlossen, der Zugriff auf Literatur war nicht annähernd im gewohnten Maße möglich. So verzichtete ich weitgehend auf Fußnoten. Das Buch stellt die Weiterentwicklung meiner Habilitationsschrift dar. Sie wurde in Teilen publiziert. Im November 2016: Kategorien historischer Authentizität in Architektur und Denkmalschutz. Ein Jahr später folgte die grundlegende Methode im Passagen Verlag: Der Umgang mit Gewordenem. Signifikanten-Interaktionsanalyse (SIA). Nach vielen Lehrveranstaltungen und Vorträgen und den damit verbundenen Diskussionen erscheint Die authentische Stadt. Zwischen Klimaschutz und Denkmalkult. Das Buch unterscheidet sich teils erheblich von den Positionen der Habilitationsschrift Architekturen des Authentischen, wäre aber nicht ohne sie möglich gewesen. Mein Dank gilt deswegen den Mitgliedern meines Habilitationsmentorats Marita Krauss, Lothar Schilling und Anselm Doering-Manteuffel, die mich kritisch begleiteten. Winfried Nerdinger und der verstorbene Michael Petzet beeinflussten mich mit ihrem kritischen Denken und ihren analytischen Blicken auf die Rekonstruktion.

Ohne die vielen Diskussionen mit Studierenden wären die entscheidenden Weiterentwicklungen nicht möglich gewesen. Ich danke deswegen allen voran den Teilnehmerinnen und Teilnehmern meiner Vorlesung im Wintersemester 2019/2020. Die vielen Diskussionen und Anregungen waren überaus hilfreich. Die kritischen Nachfragen brachten mich immer wieder in Erklärungsnöte. Diese wöchentlichen Auseinandersetzungen waren wichtig für Gestaltung und Aufbau des Buchs, aber auch für die mehrfache Überarbeitung der hier vorgestellten historischen Werte. Raphael Huppmann danke ich für die wöchentlichen Diskussionen und Anregungen. Nicolas Pols versorgte mich zielsicher mit Literatur und Beispielen. Unermüdlich telefonierte er mit Ämtern und Behörden, um an Materialien aktueller Projekte zu kommen.

Meinen Schwiegereltern, Christa Grune-Wild und Frank Wild, gilt ebenso mein Dank. In deren Garten entstand das erste Kategoriensystem der historischen Werte. Das Buch atmet die anregende Atmosphäre des Nordschwarzwalds unter dem Hausberg Baden-Badens, dem Merkur.

Die Tage des Schreibens waren geprägt von Gesprächen mit meiner Frau Cornelia Wild. Die Relationen von Authentizität als ästhetische Kategorie, Körper, Leib und Emotion beruhen auf den Schwerpunkten ihrer wissenschaftlichen Arbeit. Erst diese Worte und Begriffe ermöglichten es mir, den Argumentationsstrang zu vervollständigen.

Die universelle Denkmaltheorie des Wiener Kunsthistorikers Alois Riegl steht Pate für das Leitbild „Authentische Stadt“. Riegls Denkmalwerte ermöglichten es, eine Reihe von historischen Werten abzuleiten, die teils losgelöst von der Materie im sozial-konstruierten Raum siedeln. Der Kulturabteilung der Stadt Wien danke ich für die Druckförderung.

Augsburg, am 25. April 2020

Stefan Lindl

Die authentische Stadt

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